These: Cyber History ersetzt familiäre Geschichtstradierung (Oral History?)

Melchior

Aktives Mitglied
Hallo Eohan, es ist immer schade, wenn jemand sich verabschiedet:cry:, aber zu zwei Punkten möchte ich kurz was antworten.

zu 1. Das ist ein Problem, mit dem man in allen Foren leben muss. Und in diesem Forum kann man durch die Qualität der eigenen Beiträge durchaus das allgemeine Niveau steigern. Ich bin eher im Bereich der neueren Geschichte unterwegs und empfinde die Qualität der Beiträge als akzeptabel bis hervorragend. Und vielen Beiträgen merkt man das individuelle Engagement für die einzelnen Themen durchaus an.

Aber selbst die Beiträge, die vielleicht nicht so fundiert sind, ermöglichen demjenigen, der den Beitrag erstellt, seine Position auszuformulieren und vielleicht selber etwas zu lernen. Über die Zeit wird man besser, wenn man sich ein wenig anstrengt, habe ich selber an mir gesehen!:red: Und dieser Aspekt ist auch sehr wesentlich für ei Geschichtsforum, finde ich persönlich.

zu 2. Es ist mir nicht ganz klar, was Du unter "Cyber-History" vestehst, aber ich interpretiere mal, dass es eine Kritik ist, dass nur noch Links zu Inernetportalen als Informationsquellen angeführt werden.

Diese Entwicklung sehe ich auch als problematisch an für die Wissenswahrnehmung und Wissensproduktion, da sie das Spektrum des zugänglichen Wissens reduziert, uniformiert und standardisiert. Einerseits!

Andererseits und das ist sicherlich die positive Seite, Schüler, Studenten und allgemein Geschichts-Interessierte bekommen sehr schnell einen fundierten Einstieg in Themengebiete. Alternativ müßten sie in Bibliotheken gehen oder Bücher kaufen. Zwei Möglichkeiten die wenig komfortabel erscheinenund aus Bequemlichkeit bzw. reduzierten Zugang nicht so häufig genutzt werden wie der schnelle "Klik" auf Internet-Informationen.

Unter dieser Persepktive ist die Wahrnemung von geschichtlichen Informationen - quasi als volkswirtschaftliche Informations-Gesamtrechnung - unter den Bedingungen des Internets höher als in der traditionellen, printbasierten Informationsgesellschaft.

Und damit erfüllt dieses Forum auch die Aufgabe, Wissen zu generieren und es zu "distribuieren". Zwei ausgesprochen wichtige gesellschaftliche Funktionen, wie ich persönlich finde.

@ursi

Danke für den Hinweis, aber Thane sprach in seinem Beitrag etwas an, daß mich sehr nachdenklich macht.

@ursi und @thane

Klar, wird hier Studenten, Schülern etc. sehr gerne geholfen, auch mit der Verlinkung auf Internetseiten resp. Internetportalen. Zugegeben, mir macht das auch ungeheuren Spaß. Ich finde, daß die Qualität der Beiträge hier im Forum sehr hoch ist und sich die meisten der Mitdiskutanten Mühe geben, und zwar sehr viel Mühe.

"Und damit erfüllt dieses Forum auch die Aufgabe, Wissen zu generieren und es zu "distribuieren". Zwei ausgesprochen wichtige gesellschaftliche Funktionen, wie ich persönlich finde..."

Thane, hier sprichst Du zwei Funktionen an, "Wissensgenerierung" und "Wissensdistribution". Hinsichtlich der "Wissensdistribution" läuft hier im Forum alles sehr gut, bei der "Wissensgenerierung" bin ich mir nicht so sicher.

Ich bin noch nicht solange hier aktiv, also hält sich naturgemäß mein Kenntnisstand in Grenzen und natürlich auch mein Beurteilungsvermögen. Aber vielleicht sollten wir darüber diskutieren, mal abgesehen von der 'Soforthilfe', ob wir nicht tatsächlich einen Beitrag im Bereich der "Wissensgenerierung" leisten können.

These: "Cyber history ersetzt oral history".

Was denkt Ihr?


M.
 
Alles schön und gut und sicher auch interessant. Aber:

Oral History ist eine Methode der Geschichtswissenschaft und streng zu unterscheiden von der hier sicher gemeinten mündlichen Überlieferung. Merkt´s euch halt mal...



Oral History – Wikipedia


@floxx

Nun, ich denke, daß Du mir glauben kannst, daß ich weiß, was "oral history" ist und ich meine auch, daß Repo weiß was das ist.

Es war eine Idee nach dem Lesen von Thanes Beitrag, sei bitte so freundlich und gib mir einfach Zeit, dann werde ich, wie Repo vorgeschlagen hat, einen Thread eröffnen und dort auch die methodischen Überlegungen darlegen.

Also bis dahin. :friends:

M.
 
Alles schön und gut und sicher auch interessant. Aber:

Oral History ist eine Methode der Geschichtswissenschaft und streng zu unterscheiden von der hier sicher gemeinten mündlichen Überlieferung. Merkt´s euch halt mal...



Oral History – Wikipedia
Ich bin ja nicht pingelich, aber das musst du mir mal näher erklären.
In deinem verlinkten Wiki steht doch
Oral History ist eine Methode der Geschichtswissenschaft, die auf der Befragung von Zeitzeugen basiert. Dabei sollen die Zeitzeugen möglichst wenig vom Historiker beeinflusst werden. Nicht nur, aber gerade Personen aus der Unterschicht sollen auf diese Weise ihre Lebenswelt und Sichtweisen für die Nachwelt darstellen können.
Einen Unterschied sehe ich da nur, dass ein Zeitzeuge etwas erzählt, was er selber erlebt hat oder irgend jemand erzählt, was er mal von Oma erzählt bekommen hat und weitergibt.
Meinst du das so?
 
Einen Unterschied sehe ich da nur, dass ein Zeitzeuge etwas erzählt, was er selber erlebt hat oder irgend jemand erzählt, was er mal von Oma erzählt bekommen hat und weitergibt.
Meinst du das so?

Nein. Die Oral History ist eine wissenschaftliche Methode, die sich auf mündliche Überlieferungen stützt. Ob die Überlieferung aus erster oder zweiter Hand stammt, spielt dabei erstmal keine Rolle. Wichtig ist jedoch, dass eine wissenschaftliche Auswertung des Überlieferten erfolgt. Dazu ist z. B. eine Verschriftlichung nötig, um eine zitierfähige Quelle zu schaffen. Nötig ist auch eine quellenkritische Auswertung dieser Verschriftlichungen, denn es ist ja bekannt, dass der Zeitzeuge der natürliche Feind des Historikers ist.

Die Oral History zeichnet sich also gegenüber der mündlichen Tradierung von Geschichte durch ihren wissenschaftlichen Charakter aus.
 
Deshalb auch meine derzeitige Signatur:
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie ein Geschichtsbuch oder fragen Sie Ihre Großeltern.
 
Ja, das war vielleicht unglücklich ausgedrückt.

Oral History ist sozusagen die wissenschaftliche Erforschung der mündlichen Tradierung (und meint eben nicht schon die mündliche Überlieferung selbst).
 
Aber vielleicht sollten wir darüber diskutieren, mal abgesehen von der 'Soforthilfe', ob wir nicht tatsächlich einen Beitrag im Bereich der "Wissensgenerierung" leisten können.

Du hast sicherlich mit Deinem Einwand Recht. Wir produzieren in diesem Forum keine neuen Erkenntnisse im Sinne von historischer Forschung.

In diesem Sinne ist unser Beitrag für den Fortgang der Erkenntnisgewinnung im Rahmen der Scientific Community sehr begrenzt.

Auf der individuellen Ebene produzieren wir jedoch duchaus Wissen, sowohl durch lesen, analysieren und bewerten. Diese Funktion würde ich als "bewustseinsfördernd" bezeichnen, da es die betroffenen stärker immunisiert gegenüber problematischen Interpretationen von Geschichte und die Legendenbildung verhindern hilft.

Es hat damit auch einen aufklärerischen Impuls.

Insofern hat Wissensgenerierung immer zwei Aspekte, die Produktion und auch die individuelle Inkorpurierung von Fakten und Theorien (bin ein Fan der Theorien zum Wissensmanagement von Takeuchu (und hoffe, ich habe ihn richtig geschrieben=))).
 
Du hast sicherlich mit Deinem Einwand Recht. Wir produzieren in diesem Forum keine neuen Erkenntnisse im Sinne von historischer Forschung.

Dies geschieht zwar vielleicht selten, aber man sollte die synergtischen Effekte eines solchen Forums nicht unterschätzen. Gerade Langzeitdiskussionen können, wenn sie auf einem gewissen Niveau geführt werden, durchaus neue Erkenntnisse hervorrufen. Aber du hast schon Recht, im Normalfall findet hier Reproduktion von wissenschaftlichen Erkenntnissen statt, teilweise leider auch solchen, die längst nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entsprechen oder solchen die von nichtwissenschaftlichen Kämpfen um Deutungshoheit von Geschichte geprägt sind.
 
Zurück
Oben