Traditionspflege und Traditionserlass

Köbis17

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Hallo Zusammen,

der Gedanke zu dem Thema kam bei mir auf, weil sich immer wieder bei historischen Filmaufnahmen um die Bundesregierung auch bis zum Ende der sechziger Jahre, entsprechendes Militär im Bereich der Regierung mit dem typischen Wehrmachtstahlhelm präsentiert.

1.)Warum war das so?
2.)Wie passte diese äußere Erscheinungsbild zum Traditionserlass bzw. zu einer eigenen Identität der Bundeswehr, vor allem hier bei Anlässen von Regierungsbesuchen die Kapelle mit Wehrmachtstahlhlem auflaufen zu lassen?

Und 3.) Wurde der Versuch über den Traditionserlass überhaupt ernsthaft versucht, sich alter militärischer Traditionen abzuwerfen und interessant wäre hier auch ein Blick zur NVA.
 
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Hallo Zusammen,

der Gedanke zu dem Thema kam bei mir auf, weil sich immer wieder bei historischen Filmaufnahmen um die Bundesregierung auch bis zum Ende der sechziger Jahre, entsprechendes Militär im Bereich der Regierung mit dem typischen Wehrmachtstahlhelm präsentiert.

1.)Warum war das so?
2.)Wie passte diese äußere Erscheinungsbild zum Traditionserlass bzw. zu einer eigenen Identität der Bundeswehr, vor allem hier bei Anlässen von Regierungsbesuchen die Kapelle mit Wehrmachtstahlhlem auflaufen zu lassen?

Und 3.) Wurde der Versuch über den Traditionserlass überhaupt ernsthaft versucht, sich alter militärischer Traditionen abzuwerfen und interessant wäre hier auch ein Blick zur NVA.

ich kann dazu direkt nichts sagen, aber soviel, alsdass heute fast jede Armee der Welt die Form des "Wehrmachtshelmes" benutzt.
Nur halt heute aus Kevlar und mit Tarnspann überzogen.
Wenn ich heute bei meinem Bundeswehrhelm den Tarnüberzug abmache sieht er von weitem auch fast exakt aus wie ein Wehrmachtshelm.

Die Form ist nah dran an der Perfektion, welcher Soldat läuft heute noch mit einem britischen Tellerhelm herum?

Die Bundeswehr benutzte bei ihrer Neugründung jedoch eigtl. einen anderen Helm - ähnlich dem amerikanischen. Das aber nur aus politischen Gründen und nicht weil es sinnvoll war.
 
Hallo Zusammen,

der Gedanke zu dem Thema kam bei mir auf, weil sich immer wieder bei historischen Filmaufnahmen um die Bundesregierung auch bis zum Ende der sechziger Jahre, entsprechendes Militär im Bereich der Regierung mit dem typischen Wehrmachtstahlhelm präsentiert.

1.)Warum war das so?
2.)Wie passte diese äußere Erscheinungsbild zum Traditionserlass bzw. zu einer eigenen Identität der Bundeswehr, vor allem hier bei Anlässen von Regierungsbesuchen die Kapelle mit Wehrmachtstahlhlem auflaufen zu lassen?

Und 3.) Wurde der Versuch über den Traditionserlass überhaupt ernsthaft versucht, sich alter militärischer Traditionen abzuwerfen und interessant wäre hier auch ein Blick zur NVA.

zunächst zum Helm:

Die Bw hatte bis in die späten 1990er Jahre den Helm M56 (siehe: Uniform (Bundeswehr) ? Wikipedia) auf ihrem Kopf. Äußerlich ähnelte er den von der US-Armee im Zweiten Weltkrieg getragenen. Ich selber trug ihn Ende der 80er Jahre als "W15er" (Grundwehrdienstleistender 15 Monate), während die in der gleichen Kaserne stationierten US-Kameraden einen Helm trugen, der optisch an den alten Wehrmachtsstahlhelm erinnerte, aber der US-Helm war aus einem Kunststoff gefertigt. Bilder von Bw-Soldaten mit "Wehrmachtsstahlhelm" sind mir nicht bekannt, aber ich meine, dass ein ähnlicher Helm beim Bundesgrenzschutz in den 50er (oder 60er Jahren?) im Gebrauch war.
 
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Hallo Zusammen,

der Gedanke zu dem Thema kam bei mir auf, weil sich immer wieder bei historischen Filmaufnahmen um die Bundesregierung auch bis zum Ende der sechziger Jahre, entsprechendes Militär im Bereich der Regierung mit dem typischen Wehrmachtstahlhelm präsentiert.

Ich würde da auf Bundesgrenzschützer tippen. Die behielten die alte Form bei, die Uniform war auch insgesamt der der Wehrmacht sehr ähnlich.

Im Wiki-Beitrag Bundesgrenzschutz sind ein paar Fotos aus den 60ern. Schon fast ein bisschen gruselig.
 
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Ich würde da auf Bundesgrenzschützer tippen. Die behielten die alte Form bei, die Uniform war auch insgesamt der der Wehrmacht sehr ähnlich.

Im Wiki-Beitrag Bundesgrenzschutz sind ein paar Fotos aus den 60ern. Schon fast ein bisschen gruselig.

Daher auch der Bezug zu dem politischen Aspekt des Trationserlass zur Bundeswehr. Galt dieser nicht für die BGS?
 
Bei der Polizei wurden ja auch noch lange Uniformen getragen, die sowohl im Schnitt wie auch in den Details (Kragenspiegel, Epauletten) stark an den Uniformen aus dem dritten Reich anlehnten. Bei den Bildern der Strassenkämpfe in Berlin 1968 sieht man die Polizisten in diesen Uniformen aber mit dem traditionellen Tschako der Polizei.

Ich meine mal gesehen zu haben, dass diese auch einen Helm zur verfügung hatten der ebenfalls aus alten Wehrmachtsbeständen stammte, der wurde aber so gut wie nie getragen.

Bei der Bundeswehr war der "alte" Helm m.W. nicht mehr in Gebrauch.

Bei dem amerikanischen Stahlhelm M1 bestand die Möglichkeit, im Kasernendienst nur das Innenfutter zu tragen, dass so aussah wie der richtige Helm jedoch aus einer art Kunststoff bestand. In Filmen tragen die Darsteller oft nur dieses Innenfutter.
Das Tragen des Helmes mit dem großen Futter soll aber im Feld auch Probleme verursacht haben, so dass man nach einigen Jahren bei der Bundeswehr den M1 anpasste und ein optisch ähnliches Modell jedoch mit besseren Trageverhalten einführte.

Der NVA-Helm stammt übrigens von dem Wehrmachtshelm M45 ab der jedoch nicht mehr eingeführt wurde.
 
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@Köbis17

Für protokollarische Aufgaben gibt es seit 1957 das Wachbataillion der Bundeswehr, das die protokollarischen Aufgaben vom BGS seither übernommen hat. Die Bundeswehr greift beim Stahlhelm nicht auf das M34 Grundmodell zurück, der BGS tat dieses in der Nachkriegszeit nach der Aufstellung schon.

Für protokollarische Aufgaben war innerhalb der NVA das Wachregiment "Friedrich Engels" zuständig, Uniformierung: Uniform für Berufssoldaten, Ärmelstreifen mit der gestickten Schrift: "Wachregiment Friedrich Engels", Waffenfarbe "weiß" <= Mot. Schützen. Bei einigen protokollarischen Einsätzen wurden auch Soldaten des Wachregiments F.E. Dzierzynski eingesetzt, läßt sch auf Fotos oder Filmmittschnitten leicht erkennen.

Schnitt und Farbe der Uniform der NVA und GT lehnten sich sehr eng an die RW und Wehrmacht an, warum, schwer zu sagen, es gab in der Traditionspflege der NVA keine Tradierung in die RW oder Wehrmacht. Die Tradierung endete bei den preußischen Militätreformern und eventuell noch Schill.

M.

Wachregiment Friedrich Engels ? Wikipedia
 
Traditionspflege in der Bw ist eine heikle Angelegenheit. Ehrt man einen "Kriegshelden" des 2. Weltkriegs, ehrt man nicht gleich seinen "Führer" mit? Am ehesten unverdächtig sind noch die Verschwörer des 20. Juli (obgleich sicherlich auch nicht immer lupenreine Demokraten). Es gab in den letzten Jahrzehnten immer wieder Diskussionen über Namen von Kasernen, die nach Soldaten des Dritten Reiches benannt worden sind.

Die Bw-Uniformen waren vom Schnitt her ganz anders als die der Wehrmacht. Irgendwo gab es auch einen DDR-Wochenschaubericht, in dem die Bw-Uniform vorgestellt wurde. Dabei wurde darauf verwiesen, dass es sich dabei um einen "amerikanischen Schnitt" handelt, während die NVA-Uniform auf deutschen Traditionen beruhte. Damit sollte die Bw wohl als "US-Söldnertruppe" diffamiert werden.

Gleichzeitig wurde das "Eiserne Kreuz" als Zeichen der Bw übernommen, der Name Bundeswehr in Tradition der Reichswehr. Die "Erstausstattung" an Offizieren / Unteroffiziere der Bw (wie wohl auch der NVA) waren Soldaten der Wehrmacht.

Also Kontinuitäten und Diskontinuitäten beiderseits der deutsch-deutschen Grenze.

Als ich übrigens das erste Mal (vor dem Mauerfall) mit einem Tagesvisum von Berlin (West) nach Berlin (Ost) fuhr und dort "Unter den Linden" den Wachwechsel in der Alten Wache sah, fühlte ich mich fast in einen Film über den 2. Weltkrieg versetzt, so sehr erinnerten mich die Uniformen der NVA an die der Wehrmacht.

Schnitt und Farbe der Uniform der NVA und GT lehnten sich sehr eng an die RW und Wehrmacht an, warum, schwer zu sagen, es gab in der Traditionspflege der NVA keine Tradierung in die RW oder Wehrmacht. Die Tradierung endete bei den preußischen Militätreformern und eventuell noch Schill.

M.

Nach Schill wurde auch in Wesel eine Bundeswehr-Kaserne benannt. Einige seiner Offiziere wurden in der Festung von Wesel gefangen gehalten und dort von den Truppen Napoléons hingerichtet.
 
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...
Die Bw-Uniformen waren vom Schnitt her ganz anders als die der Wehrmacht. Irgendwo gab es auch einen DDR-Wochenschaubericht, in dem die Bw-Uniform vorgestellt wurde. Dabei wurde darauf verwiesen, dass es sich dabei um einen "amerikanischen Schnitt" handelt, während die NVA-Uniform auf deutschen Traditionen beruhte. Damit sollte die Bw wohl als "US-Söldnertruppe" diffamiert werden. ...

Die Vorläuferorganisation der NVA, die KVP, trug Uniformen, die in Schnitt und Farbe an russische Uniformen angelehnt war. Diese Uniformierung wurde in der Bevölkerung abgelehnt. Es gab nicht nur Wochenschauberichte ("Augenzeuge") über die tradierten Uniformen der NVA sondern auch Propagandaheftchen, in denen die Uniformen inkl. Tradierung begründet wurden.

Z.B. in den Memoiren von Gerald Götting, schildert Götting sein "Entsetzen" als ihm die Uniformen der neuen NVA vorgestellt wurden. Die mitgelieferte Begründung lautete: "Sollen die Soldaten russische Uniformen tragen (?)"

Ich denke, die Uniformierung mit ihrer Tradierung halfen der NVA in der Gründungsphase, das Akzeptanzproblem der NVA zu überwinden oder zu verkleinern.

Zur Traditionspflege:

Die NVA hat niemals in ihrer Traditionspflege auf "Kriegshelden" des I. bzw. II. WK zurück gegriffen, auch nicht auf preußische Generäle w.z.B. Moltke.

Bei der Namensgebung von Kasernen und Truppenteilen wurden "antifaschistische Widerstandskämpfer" und sowjetische Truppenführer bevorzugt oder es erfolgte ein Rückgriff in den "kommunistischen Olymp", bei den GT auch getötete Grenzsoldaten.

Ja, in der Gründungs- Startphase der NVA dienten auch ehemalige Offiziere und Unteroffiziere der WM in der NVA, der bekannteste, weil Dienstgradhöchste und in hervorragender Dienststellung, war wohl V. Müller. Diese ehemaligen WM-Angehörigen wurden aber Ende der 1950'er, Anfang der 1960'er Jahre aus der NVA sukzessive entfernt (Pensionierung etc.).

M.
 
Nach meiner Erinnerung wurde Schill aber eher als ein Wirrkopf gesehen. Eher bevorzugt wurden meines Erachtens die Lützower, vielleicht wegen des teilw. bürgerlichen Offizierskorps?:grübel:
 
Nach meiner Erinnerung wurde Schill aber eher als ein Wirrkopf gesehen. Eher bevorzugt wurden meines Erachtens die Lützower, vielleicht wegen des teilw. bürgerlichen Offizierskorps?:grübel:

Da hast Du vollkommen recht. Schill wurde als "Wirrkopf", aber eben als tapferer "Wirrkopf" tradiert; die Lützower, nicht lachen, als Vorläufer eines nationalen Aufgebotes.

M.
 
Nach meiner Erinnerung wurde Schill aber eher als ein Wirrkopf gesehen. Eher bevorzugt wurden meines Erachtens die Lützower, vielleicht wegen des teilw. bürgerlichen Offizierskorps?:grübel:
Da hast Du vollkommen recht. Schill wurde als "Wirrkopf", aber eben als tapferer "Wirrkopf" tradiert; die Lützower, nicht lachen, als Vorläufer eines nationalen Aufgebotes.
Wirrkopf?
In einer Publikation der DDR zu Schill findet sich (auch) dies:
"Schill verband den Kampf um Unabhängigkeit nicht mit dem Streben nach bürgerlichen Fortschritt, sondern trat aus konservativem Bewusstsein letztlich für die Restauration feudaler gesellschaftlicher Verhältnisse ein." [1]

Wie auch immer, die DDR hat ihn ja durchaus geehrt:
"Anlässlich des 200. Geburtstags prägte die Münze der DDR 1976 eine 5-Mark-Gedenkmünze in einer Auflage von 100.000 Stück. Das Kampfhubschraubergeschwader 67 (später: Kampfhubschraubergeschwader 3) der Armeefliegerkräfte der NVA erhielt 1984 den Traditionsnamen „Ferdinand von Schill“."
Ferdinand von Schill ? Wikipedia

Grüße
excideuil

[1] Autorenkollektiv: Wörterbuch zur deutschen Militärgeschichte, Militärverlag der DDR, Berlin, 1985, Seite 860
 
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