Trichterförmige Eingänge neolithischer Häuser - Funktion?

El Quijote

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Auf der Seite des frz. Instituts für präventive archäologische Untersuchungen (inrap.fr, Institut National de Recherches Archeologiques Préventives) findet man immer sehr liebevoll aufbereitete Informationen zu aktuell laufenden Grabungen. Darunter auch die zu einem neolithischen Gehöft. Wenn man sich die Bilder ansieht, dann fallen die großen trichterförmigen Eingänge an den Schmalseiten der Gebäude auf.

Welche Funktion mögen die gehabt haben?

Bilder: Un site néolithique exceptionnel à Pont-sur-Seine - INRAP - institut national de recherches archeologiques preventives

Panoramaschwenk 1: Pont-sur-Seine : la fosse centrale du bâtiment de 900 m2 - INRAP - institut national de recherches archeologiques preventives
Panoramaschwenk 2: Pont-sur-Seine : les deux bâtiments monumentaux - INRAP - institut national de recherches archeologiques preventives
Panoramaschwenk 3: Pont-sur-Seine : les deux bâtiments monumentaux (vue2) - INRAP - institut national de recherches archeologiques preventives

Eine denkbare Lösung wäre, dass diese trichterförmigen Eingänge den Bewohnern helfen sollten, das Vieh ins Haus zu treiben, die frz. Archäologen allerdings vermuten etwas anderes. Sie meinen, dass diese Gebäude eine Art Tempel darstellten. ("Ces deux bâtiments, ou plutôt monuments car on est probablement dans un lieu cultuel, ont une morphologie quasi-identique qui dessine une forme trapézoïdale au sol. [...] S'il est encore trop tôt pour se prononcer sur leur fonction, ces fosses avaient probablement un rôle rituel et pourraient nourrir l'hypothèse que l'on se trouve bien dans des lieux cultuels." Un site néolithique exceptionnel à Pont-sur-Seine - INRAP - institut national de recherches archeologiques preventives)
 
Ich kann aufgrund meiner Unwissenheit in der Materie leider nicht wirklich beurteilen, was typisch neolithisch ist. Ebenso fehlt mir das Wissen über die damalige Lebensweise und die mögliche Größe von Familien/Sippen, so das es mir schwer fällt nachzuvollziehen ob nun in so einem Gehöft Menschen und Tiere leben konnten oder ob man nicht ein separates Gebäude erwarten sollte.
Was mir jedoch bei den Bildern aufgefallen ist und mich schon sehr überrascht hat, war die Verstärkung der zentralen Pfosten, für das große Haus, durch Steine im Fundament. Ich war im Sommer bei einer Ausgrabung von bronzezeitlichen Siedlungsfunden dabei, dort war keines der gefunden "schiffförmigen" Häuser durch Steine gesichert. Eventuell verleitet dieser Umstand die franz. Archäologen dazu, mehr als nur ein Gehöft in den Funden zu sehen.
 
Ich kann aufgrund meiner Unwissenheit in der Materie leider nicht wirklich beurteilen, was typisch neolithisch ist.

Cette découverte est sans équivalent connu en France, voire en Europe.
- Diese Entdeckung hat kein bekanntes Äquivalent in Frankreich oder Europa.

Ebenso fehlt mir das Wissen über die damalige Lebensweise und die mögliche Größe von Familien/Sippen, so das es mir schwer fällt nachzuvollziehen ob nun in so einem Gehöft Menschen und Tiere leben konnten oder ob man nicht ein separates Gebäude erwarten sollte.

Die französischen Archäologen schreiben, dass die Gebäude außergewöhnlich groß sind und auch sonst außergewöhnliche Facetten haben.

Le village mis au jour est exceptionnel par la densité de l'occupation, la monumentalité des bâtiments et le caractère inédit de certaines architectures.
Cette découverte est sans équivalent connu en France, voire en Europe.


Was mir jedoch bei den Bildern aufgefallen ist und mich schon sehr überrascht hat, war die Verstärkung der zentralen Pfosten, für das große Haus, durch Steine im Fundament. Ich war im Sommer bei einer Ausgrabung von bronzezeitlichen Siedlungsfunden dabei, dort war keines der gefunden "schiffförmigen" Häuser durch Steine gesichert. Eventuell verleitet dieser Umstand die franz. Archäologen dazu, mehr als nur ein Gehöft in den Funden zu sehen.

Die These von dem rituellen Zweck der Bauten haben sie nicht aufgrund der Form der Eingänge sondern wegen mit Steinen aufgefüllten "Gräben" (fosse) innerhalb der Gebäude aufgestellt:

Certaines structures à l'intérieur de ces deux bâtiments retiennent également plus particulièrement l'attention des archéologues. Notamment la fosse d'un mètre de profondeur environ, comblée avec plusieurs niveaux de pierres, placée au centre du grand bâtiment. Une fosse similaire a été découverte dans le bâtiment plus petit.
S'il est encore trop tôt pour se prononcer sur leur fonction, ces fosses avaient probablement un rôle rituel et pourraient nourrir l'hypothèse que l'on se trouve bien dans des lieux cultuels.
 
Die Anordnung der Pfostenreihen erinnert etwas an die bandkeramischen Langhäuser. Das Vieh wurde mW in der Bandkeramik noch nicht im Haus gehalten.
Wie wurden die Funde zeitlich eingeordnet, ich kann leider kein französisch?
 
Es sind zwei Ansiedlungen, die eine entstammt dem mittleren Neolithikum und ist auf 4700 - 4400 vor der Zeitenwende datiert, die zweite auf die jüngere Jungsteinzeit (3500 - 3200 v.d. ZW). Zu dieser zweiten Besiedlungsperiode des Areals gehören die Gebäude mit den trichterförmigen Eingängen.
 
Cette découverte est sans équivalent connu en France, voire en Europe.
- Diese Entdeckung hat kein bekanntes Äquivalent in Frankreich oder Europa.
sowie

Die französischen Archäologen schreiben, dass die Gebäude außergewöhnlich groß sind und auch sonst außergewöhnliche Facetten haben.

Le village mis au jour est exceptionnel par la densité de l'occupation, la monumentalité des bâtiments et le caractère inédit de certaines architectures.
Cette découverte est sans équivalent connu en France, voire en Europe.
Ich habe diese Aussage der Archäologen auf den gesamten Befund bezogen. Soll heißen die Größe und Ausmaße und nicht besondere Bautypische Merkmale.



Die Besonderheit mit den verstärkten Pfosten wird im Album bei einem oder zwei Photos beschrieben, darauf wollte ich mich eigentlich beziehen. Die Formulierung oben war daher etwas unglücklich gewählt.

Nochmal die Punkte die mir nicht so klar sind:
Waren neolithische Häuser immer von Palisaden umgeben und wie sehen "typische" Grundrisse für diese Zeit aus?
Wie geläufig ist die Verwendung von Steinen und Bruchstein zur Stützung der Architektur?
Wie war das Vieh untergebracht?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das frage ich mich auch, man konnte es ja im Winter schlecht draussen lassen.
Hoi zäme

Ohne jetzt die konkret Situation zu kennen - ich glaube schon, dass das Vieh das ganze Jahr draussen war. Die Stallhaltung ging glaub mit dem Futteranbau einher. Und beides wurde erst wesentlich später "Standart".

Ich lass mich da aber auch gerne korrigieren...


Gruss Pelzer


.
 
Ich muss mich präzisieren. Das Vieh von "urtümlichen Rassen" (Pferde und Rinder) konnte man schon draussen lassen, wie man es sogar heute noch oder wieder bei der Landschaftspflege macht.
Aber: Wenn eine Schneedecke vorhanden ist, so wie jetzt gerade liegt, wird es eng. Ohne Zufütterung gibt es hohe Verluste, die kein Bauer gern sieht. Selbst das Wild lockt man heute an sogenannte Kirrungen.
http://www.nihk.de//downloads/5/stallhaltung.pdf
 
Ich muss mich präzisieren. Das Vieh von "urtümlichen Rassen" (Pferde und Rinder) konnte man schon draussen lassen, wie man es sogar heute noch oder wieder bei der Landschaftspflege macht.
Aber: Wenn eine Schneedecke vorhanden ist, so wie jetzt gerade liegt, wird es eng. Ohne Zufütterung gibt es hohe Verluste, die kein Bauer gern sieht. Selbst das Wild lockt man heute an sogenannte Kirrungen.
http://www.nihk.de//downloads/5/stallhaltung.pdf
... wobei eine Zufütterung noch keine Stallhaltung bedingt, Viehperche reichen dazu. Und diese lassen sich glaub schon sehr früh nachweisen.

Gruss Pelzer

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Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube, dass die Stallhaltung seit Anbeginn der Viehwirtschaft, zumindest in nördlichen Breiten im Winter Usus war. Schließlich sind fast alle Nutztiere - außer Schweinen - wertvolle Wäremlieferanten, auf die man nur ungern verzichtet haben dürfte.
 
Ich glaube, dass die Stallhaltung seit Anbeginn der Viehwirtschaft, zumindest in nördlichen Breiten im Winter Usus war.

Das habe ich bis heute auch gedacht, aber so ist es nicht. Google mal "Stallhaltung + Neolithikum", da erscheinen auch Fachartikel als pdf, die das widerlegen.
 
Ich glaube, dass die Stallhaltung seit Anbeginn der Viehwirtschaft, zumindest in nördlichen Breiten im Winter Usus war. Schließlich sind fast alle Nutztiere - außer Schweinen - wertvolle Wäremlieferanten, auf die man nur ungern verzichtet haben dürfte.

Bei den bandkeramischen Häusern habe ich gelesen, dass Tiere nicht im Haus gehalten wurden, man kann das anhand der Phosphat? - Rückstände feststellen. Quelle müsste ich suchen, wir hatten das schon irgendwo.
Nun sind die französchen Häuser jünger, ab wann und wo man zumindest im Winter zur Stallhaltung überging, wäre interessant.
 
...
Nun sind die französchen Häuser jünger, ab wann und wo man zumindest im Winter zur Stallhaltung überging, wäre interessant.
Die Stallhaltung hat üblicherweise nichts mit dem Winter zu tun. Die Tiere haben kein Problem mit der Witterung; das ist auch heute noch so.

Vielerts ging die Stallhaltung mit dem Aufkommen der Labkäserei überein. Das war aber mancherorts erst im späten Mittellater der Fall...


Gruss Pelzer


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Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht helfen die folgenden Links zum Thema Hausbau im Neol.
Weiteres folgt bei Gelegenheit.

Benutzer:Catou/Hausbau im Neolithikum – Wikipedia

Ulrike Sommer Uebung Neolithikum
Unter Hausbau und Siedlungen

http://www.jungsteinsite.uni-kiel.de/pdf/2005_kelm_web.pdf
http://www.uni-leipzig.de/~ufg/reihe/files/dammers.pdf


H. Luley, Urgeschichtlicher Hausbau in Mitteleuropa. Universitätsforschungen zur
prähistorischen Archäologie 7 (Bonn 1992).

Gerade der Luley ist ein sozusagen ein Standartwerk zu Thema.

LG DerGeist
 
Betrifft trichterförmige Eingänge an der Schmalseite neolithischer Häuser.
Mir sind die Befunde nicht bekannt, aber möglicherweise sollte man bedenken wenn diese Eingänge als zugang für Vieh gedeutet wird, dass dann das Vieh mitten durch die neolithische Hauswirtschaft getrieben wird. Im übrigen gabe es im neolithikum nur im begrenzten Umfang eine Stallhaltung für Schafe und ziegen denkbar. Ansonsten war das Vieh ganzjährig im freien.
 
Was sagt denn die Phosphatanalyse zu deinen Thesen? Ich weiß, man kann hier Zeiträume schwer abschätzen aber gibt es Werte zu den Häusern auf die du dich beziehst?
 
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