Truppengattung im DK

Matthias

Neues Mitglied
Hallo,

für eine Dissertation soll ich eine Aufstellung sämtlicher im DK aufgetretenen Truppen skizzieren. D.h. Sinngemäß von wann bis wann es Musketiere, Pikeniere (Infanterie) bzw. Lanzierer, Kürrassiere…(Kavallerie) gab. Besonders bei den mit Lanzen ausgestattenen Einheiten fehlen mit Einheiten und Daten. Wer kann mir helfen?

Vielen Dank

Matthias
 
Ich glaube die Fragestellung versteht niemand. Was heißt von wann bis wann? Meinst Du innerhalb des 30-jährigen Krieges, z.B. der Wandel des Prozentsatzes der Pikeniere im Verhältnis zu den Musketieren innerhalb der Infanterie oder meinst Du wie lange es die Truppengattungen nach dem 30-jährigen Krieg noch gab? So könnte man im Falle der Pikeniere untersuchen, wann diese endgültig durch die Einführung des Bajonetts verdängt wurden. Dann kann man natürlich in besonderen Situationen das Aufkommen von Truppen mit Stangenwaffen und deren Erfolge oder Niederlagen anschauen.
 
Hallo,
ich glaube, dass war meine Schuld.
Also: Es geht tatsächlich darum, wie lange die einzelnen Truppengattung im Zeitalter des DK existiert haben. Zu Beginn des Krieges gab es noch Lanzenreiter, die allerdings recht schnell verschwunden sein sollen. Dann kamen die Dragoner, Husaren... auf. Ähnlich bei der Infanterie: Rondtaschiere, schwer bewaffnete Pikeniere usw. im Vergleich zu den später mehr verbreiteten Musketieren... Hier ist hauptsächlich der Zeitpunkt des Eintritts in die verschiedenen Heere interessant.
Als nächstes dann erst, wie sich die verschiedenen Truppen innerhalb der Heere entwickelt haben. Die kaiserlichen Truppen mit einer anfänglichen Übermacht an Pikenieren und die Schweden mit einem ausgeglichenen Verhältniss dazu.

Vielen Dank
 
Die Verstärkung der Musketiere auf Kosten der Pikeniere vollzog zuerst das schwedische Heer unter Gustav II. Adolf, da jene die Truppenmobilität erhöhten (Pikeniere kämpften sinnvollerweise in großen Gevierthaufen). Um 1630 bestand so ein schwedisches Regiment (etwa 3000 Mann) aus ca. 1500 Musketieren, 300 Schützen, 1200 Pikenieren und 200 Hellebardieren. Auch beim Vorgehen der Kavallerie änderte Gustav II. Adolf die bis dato gebräuchliche Caracolla-Taktik, bei der Reiter mit der Pistole (dann i.d.R. zwei mal) oder dem Karabiner auf die gegnerischen Pikenierreihen schossen und sich dann wieder einreihten, bis die feindlichen Reihen licht genug für einen geschlossenen Angriff der Reiterei waren, und ließ seine Reiter höchsten einmal schießen und dann sofort angreifen. Das war auch sinnvoll, da die Pikeniere einen immer kleineren Teil des gesamten Heeres ausmachten und die gezogenen (oder zumindest längeren) Läufe der Musketiere (die zudem besser zielen konnten als ein berittener Schütze) über eine größere Reichweite verfügten und ein mehrfacher Schusswechsel der Kavallerie zum Nachteil gereicht hätte.

Die Zahlen habe ich dem Magazin "Pax Geschichte" entnommen.
 
Die Verstärkung der Musketiere auf Kosten der Pikeniere vollzog zuerst das schwedische Heer unter Gustav II. Adolf, da jene die Truppenmobilität erhöhten (Pikeniere kämpften sinnvollerweise in großen Gevierthaufen).

Das ist für das schwedische Heer zwar durchaus richtig charakterisiert, nur das "zuerst" sollte vorsichtiger verwendet bzw. genauer spezifiziert werden, denn Gustav II. Adolf war keineswegs derjenige, der zuerst einen gegenüber den Pikenieren erhöhten Anteil an Musketieren/Arkebusieren/Schützen aufstellte - eine solche Aussage wäre weder allgemein noch auf Europa noch auf das Gebiet des HRRDN vor 1648 bezogen korrekt.
Dies - verbunden mit der Linientaktik anstatt der Gewalthaufen - geht bereits auf Moritz von Oranien-Nassau zurück: Delbrück, Hans/Geschichte der Kriegskunst/4. Teil. Die Neuzeit/2. Buch. Das Zeitalter der Religionskriege/3. Kapitel. Moritz von Oranien - Zeno.org
(Auch wenn das Werk von Dellbrück bereits einige Jahre auf dem Buckel hat...)

Anm.: Diese Anmerkung paßt übrigens ebenfalls zur Thematik, da der Kontext des Achtzigjährigen Krieges der Niederlande (1568/1648) in gewisser Interaktion mit dem Dreißigjährigen Krieg steht und die Vereinigten Niederlande offiziell erst mit den Friedensschlüssen von 1648 aus dem Reichsverband ausscheiden...



@Matthias:
Zur Kavallerie kann ich Dir z.T. die Lektüre des Threads http://www.geschichtsforum.de/f76/kavallerie-einheiten-der-neuzeit-5553/ empfehlen; Du müßtest Dich da ein wenig durcharbeiten, da nur einige Beiträge die frühneuzeitliche Kavallerie thematisieren und es zudem hauptsächlich eine Diskussion interessierter Laien - hier im Forum mehrheitlich vertreten (und nicht abwertend gemeint, denn ich bin selbst einer) - ist.
Die Beiträge http://www.geschichtsforum.de/162704-post57.html und http://www.geschichtsforum.de/162724-post58.html von Tejason dürften für Dich dabei besonders interessant sein.
 
Lancierer

Eine wichtige Frage bleibt für mich die Kavallerie. Wie lange gab es die Lancierer und in welchen Regimentern. Ich habe vom Regiment Hardegg (wohl eine der Leibwachen Wallensteins) gelesen, das bis 1634 mit Lanzen bewaffnet war. In den Schlachten habe ich bisher nur den Weissen Berg gefunden, bei dem Kavallerie als Lancierer aufgetreten sind. Wer kann da weiterhelfen?
Vielen Dank
 
Wie lange gab es die Lancierer und in welchen Regimentern. Ich habe vom Regiment Hardegg (wohl eine der Leibwachen Wallensteins) gelesen, das bis 1634 mit Lanzen bewaffnet war. In den Schlachten habe ich bisher nur den Weissen Berg gefunden, bei dem Kavallerie als Lancierer aufgetreten sind. Wer kann da weiterhelfen?

Da kann ich Dir leider so gut wie gar nicht weiterhelfen, denn ich kenne auch nur die allgemeinen Aussagen, daß die Lanzierer spätestens um die Mitte des 17. Jh. verschwanden bzw. in den Kürassieren aufgingen.
Vgl. dazu bspw. auch folgende:
Lanzierer - Wikipedia
Lanzierer - LernWerkstatt Geschichte
Taktik
Allerdings gab es bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr nur die schweren Lanzierer, sondern ebenso leichte (ungerüstete) Lanzenreiter, zwischen denen von den Zeitgenossen wohl auch mehr nur bedingt unterschieden wurde. Siehe dazu auch die Abhandlung Delbrück, Hans/Geschichte der Kriegskunst/4. Teil. Die Neuzeit/2. Buch. Das Zeitalter der Religionskriege/1. Kapitel. Die Umbildung der Ritterschaft in Kavallerie - Zeno.org
So Delbrücks Aussagen noch immer haltbar sind, ließe sich demnach vom bloßen Vorhandensein von mit Lanzen bewaffneten Reitern nicht zwangsläufig auf Lanzierer i.S.v. schwerer Kavallerie schließen.
 
Ich weiß zwar nicht, ob die Damen und Herren noch an weiterem Material interessiert sind, aber ich möchte noch etwas zur Kavallerie anmerken:

Die schwere oder eigentliche Reiterei bestand zur Beginn des Krieges der damaligen Militärlehre gemäß aus Lanzierern und Kürissern. Der letzte größere Einsatz von Lanzierern erfolgte meines Wissens nach 1600 bei Nieuport durch die Spanier, bezeichnenderweise erfolglos. Zu Beginn des Dreissigjährigen Krieges stellten die in West- und Mitteleuropa angeworbenen Kürisser und Arkebusiere (zu Pferde) praktisch allein die schwere Kavallerie dar und wurden als solche eingesetzt, wobei die Arkebusiere eigentlich noch zur leichten Kavallerei gezählt wurden. Die Ausrüstung und Pferdeverwendung beider Reitertypen glich sich im Verlauf des Krieges immer weiter an, so daß unmittelbar nach dem Kriege eine einheitliche schwere Kavallerie (die Regimenter zu Pferde) entstanden war, die sich wie folgt darstellte: Verwendung großer, starker Pferde, Helm oder Hut mit Eisenreifen, Brust- und Rückenpanzer, teilweise auch nur Lederkoller, Karabiner, schwerer Degen oder Pallasch und zwei Pistolen.

Die Aufgabe der Arkebusierer, also der traditionellen leichten Kavallerie, übernahmen zwei neue Reitertypen:
In West- und Mitteleuropa, wo es keine Rekruten gab, die "auf dem Pferderücken" groß wurden, wurden Infanterieregimenter mit billigen Pferden beritten gemacht. Anfangs hatten diese sogenannten Dragoner sogar Pikeniere, die allerdings bald wegfielen. Dragoner bewegten sich zu Pferde, fochten aber zu Fuß; sie übernahmen den Vorpostendienst, Überfälle auf feindliche Kolonnen etc.
Allein die kayserliche Armee verfügte über in Osteuropa, vornehmlich in Südungarn, angeworbene leichte Reiterregimenter, die sogenannten Kroaten oder Krabaten, später (nach der Erwerbung Ungarns) Husaren (nicht zu verwechseln mit den schwerbewaffneten polnischen Husaren). Sie verwendeten leichte, schnelle Pferde und ein ganzes Sammelsurium an Bewaffnung, auch Lanzen. Sie wurden für den "Kleinen Krieg" eingesetzt und waren insbesondere unter Wallenstein eine der effizientesten Truppengattungen des kaiserlichen Heeres. Aufgrund ihrer Zusammensetzung und taktischen Verwendung dürfen sie als die erste wirkliche leichte Kavallerie überhaupt angesehen werden.
 
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