lynxxx
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Hi,
es wurden einige Fragen hier gestellt:
http://www.geschichtsforum.de/f42/t...ch-ihre-sprecher-34260/index3.html#post514176
Und ich möchte einige davon vielleicht beleuchten.
(Zu Anfang ein Link zu den wenigen Aussprache-Tipps der türkischen Buchstaben. Alle Laute gibt es auch im Deutschem, zudem bleiben die Laute immer gleich, egal welcher Buchstabe nebeneinander steht. Also nicht wie im Deutschem, wo das S mal scharf, mal weich ausgesprochen wird - solche Kompliziertheiten gibt es nicht im Türkischem. Niemand braucht sich die Zunge verrenken... (<-ein wenig vereinfacht, für die Korinthenka..er )
http://www.geschichtsforum.de/f42/einf-hrung-die-geschichte-des-osmanischen-reiches-20740/ )
Informationen zu den kemalistischen Reformen allgemein, darunter auch kurze Infos zu dieser Namensreform und dem geschichtlichen Kontext findet man hier im Forum:
http://www.geschichtsforum.de/f75/atat-rks-reformen-und-davon-heute-brig-ist-32758/
und
http://www.geschichtsforum.de/f75/mustafa-kemal-atat-rk-32116/#post283794
Bei dieser Nachnamens-Reform am 21. Juni 1934 mussten sich alle Bewohner der Türkei einen Nachnamen zulegen.
Bislang war es so, dass im Prinzip alle Osmanen besonders auf dem Lande nur einen Namen hatten. Es gab aber zahlreiche Ausnahmen, entweder inoffiziell (z.B. Murat der Schwarze) oder offiziell (z.B. Ahmed 'Aşık-Paşazâde).
Im Prinzip kamen die Zunamen oder die angehängten Wörter - zwecks besserer Unterscheidbarkeit bei Vornamensgleichheit - aus den gleichen Quellen, wie sie auch im Abendland schöpften:
"Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich die Familiennamen aus fünf Bildungsformen:
Wer also schon mehr oder minder einen weiteren religiösen, sozialen, familiären, örtlichen und/oder beruflichen Zunamen besaß, z.B. hohe Beamte, konnte diesen ggf. fortführen. Alle anderen mussten einen weiteren Namen hinzufügen.
Dieser konnte im Prinzip frei gewählt werden, musste jedoch in dem türkischen Wörterbuch vorkommen.
Das heißt, z.B. Kurden mussten somit offiziell einen türkischen Nachnamen annehmen. Diese Vorgehensweise war durch den türkischen Staat auch beabsichtigt, wollte es doch eine Homogenisierung des Staatsvolkes und besonders die Assimilation der Kurden vorantreiben.
Es gab jedoch einige Ausnahmen, so das wir trotzdem Dutzende (oder so; möchte nicht quantifizieren) kurdische (und arabische, lazische, usw.) Nachnamen auch nach der Namensreform 1934 vorfinden. Weitere Infos siehe unten in den ausführlicheren Zitaten.
Namenswahl:
Die Bewohner konnten sich also entweder
http://www.duden.de/deutsche_sprache/sprachberatung/newsletter/archiv.php?id=62
Gerne griff Mann auch auf historische oder mythologische Helden zurück:
Ausländische Familiennamen
Wer die Verbreitung eines Namens in der Türkei betrachten möchte, also solche oder ähnliche Fragen wie rena8 hat, der kann sich mal auf dem Ableger der deutschen verwandt.de-Seite in der Türkei umschauen (Ich glaube eine Registrierung ist notwendig):
Ücretsiz online soy a?ac? / akrabaonline.com'da soy ara?t?rmas?
Nun kommen wir nach den eher allgemeinen und eher oberflächlichen Betrachtungen mal zu einigen Zitaten aus seriösen Büchern:
Interessant ist z.B., dass ein Name bzw. ein Zuname auch im Laufe der (osmanischen) Zeit Veränderungen unterliegen kann. Anhand des Beispieles von Mustafa Kemal aka Kemal Atatürk:
It should be remembered, however, that family names were only made compulsory in Turkey in 1934 and that until then they were the exception rather than the rule. Before 1934 people were known by their birth name or by the name they were given at an early age (for instance on entering school). They would often also have a surname denoting a special quality of the person involved or of his family. In addition, many of the leading figures held a title (Bey or Pasha in the case of bureaucrats and officers or Efendi in the case of ulema). To take an example, the first president of the Republic of Turkey was given the name Mustafa at birth and Kemal in primary school. [weil es mehrere Mustafas in seiner Klasse gab] To his fellow students he would be known as Kemal or Selânikli Kemal (Kemal from Salonica). From his graduation from the military academy until 1916 he was addressed as Kemal Bey, but when he was promoted to the rank of brigadier he
became Kemal Pasha. After his victory in the War of Independence the surname Gazi (conquering hero) was often used. From 1934 onwards, he was officially known as Kemal Atatürk (‘Father Turk’)."
Dann geht der Autor noch darauf ein, dass auf viele (entlegene) Dörfer, all die Reformen Atatürk weniger Einfluss gehabt haben dürften:
"He [der Dörfler] had to take a family name in 1934, but the whole village would continue to use first names (as is still the case) and the family names remained for official use only."
aus: Erik Zürcher: Turkey – A Modern History. 2004.
es wurden einige Fragen hier gestellt:
http://www.geschichtsforum.de/f42/t...ch-ihre-sprecher-34260/index3.html#post514176
Und ich möchte einige davon vielleicht beleuchten.
(Zu Anfang ein Link zu den wenigen Aussprache-Tipps der türkischen Buchstaben. Alle Laute gibt es auch im Deutschem, zudem bleiben die Laute immer gleich, egal welcher Buchstabe nebeneinander steht. Also nicht wie im Deutschem, wo das S mal scharf, mal weich ausgesprochen wird - solche Kompliziertheiten gibt es nicht im Türkischem. Niemand braucht sich die Zunge verrenken... (<-ein wenig vereinfacht, für die Korinthenka..er )
http://www.geschichtsforum.de/f42/einf-hrung-die-geschichte-des-osmanischen-reiches-20740/ )
Informationen zu den kemalistischen Reformen allgemein, darunter auch kurze Infos zu dieser Namensreform und dem geschichtlichen Kontext findet man hier im Forum:
http://www.geschichtsforum.de/f75/atat-rks-reformen-und-davon-heute-brig-ist-32758/
und
http://www.geschichtsforum.de/f75/mustafa-kemal-atat-rk-32116/#post283794
Bei dieser Nachnamens-Reform am 21. Juni 1934 mussten sich alle Bewohner der Türkei einen Nachnamen zulegen.
Bislang war es so, dass im Prinzip alle Osmanen besonders auf dem Lande nur einen Namen hatten. Es gab aber zahlreiche Ausnahmen, entweder inoffiziell (z.B. Murat der Schwarze) oder offiziell (z.B. Ahmed 'Aşık-Paşazâde).
Im Prinzip kamen die Zunamen oder die angehängten Wörter - zwecks besserer Unterscheidbarkeit bei Vornamensgleichheit - aus den gleichen Quellen, wie sie auch im Abendland schöpften:
"Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich die Familiennamen aus fünf Bildungsformen:
- patronymisch, das heißt aus Rufnamen,
- nach der Wohnstätte,
- nach dem Beruf,
- nach der Herkunft und
- aus so genannten Übernamen, die den Träger verschiedentlich charakterisierten. "
Wer also schon mehr oder minder einen weiteren religiösen, sozialen, familiären, örtlichen und/oder beruflichen Zunamen besaß, z.B. hohe Beamte, konnte diesen ggf. fortführen. Alle anderen mussten einen weiteren Namen hinzufügen.
Dieser konnte im Prinzip frei gewählt werden, musste jedoch in dem türkischen Wörterbuch vorkommen.
Das heißt, z.B. Kurden mussten somit offiziell einen türkischen Nachnamen annehmen. Diese Vorgehensweise war durch den türkischen Staat auch beabsichtigt, wollte es doch eine Homogenisierung des Staatsvolkes und besonders die Assimilation der Kurden vorantreiben.
Es gab jedoch einige Ausnahmen, so das wir trotzdem Dutzende (oder so; möchte nicht quantifizieren) kurdische (und arabische, lazische, usw.) Nachnamen auch nach der Namensreform 1934 vorfinden. Weitere Infos siehe unten in den ausführlicheren Zitaten.
Namenswahl:
Die Bewohner konnten sich also entweder
- einen schon geläufigen Namen beim Einwohnermeldeamt nennen
- sich frei einen ausdenken; solange er im türk. Wörterbuch vorkam
- weiterhin gab es Listen, wo Einwohnermeldeamts-Beamte Namensvorschläge erdachten, die den Zeitgeist Europas spiegelten. So kommt es, dass heute einige Namen gehäuft vorkommen, weil eben damals viele Türken diese Namen attraktiv empfanden (oder sich vereinzelt von den Beamten überreden ließen, wenn sie sich partout nicht entscheiden konnten).
- Aktürk = heller Türke
- Baştürk = Führer/Chef/Kopf der Türken
- Türkoğlu = Sohn des Türken
- Öztürk = echter Türke/reiner Türke/Ur-Türke
- Ertürk = heldenhafter Türke
- Büyüktürk = großer Türker
- zuletzt müsste es vielleicht auch sowas gegeben haben, dass z.B. nicht jeder Bürger persönlich zum Amt ging, sondern z.B. der Dorfvorsteher stellvertretend hinging um seine Dorfbewohner mit den ihm bekannten Namen und Zunamen (also Murat der Lahme, usw.) zu registrieren. Denn ansonsten kann ich mir nicht erklären, dass auch solch unschmeichelhafte Nachnamen existieren, wie Canavar = Monster, Deli = Verrückt, Meme = Busen, usw. :roflVielleicht hatte der Dorfvorsteher mit einigen ja noch ein Hühnchen zu rupfen?... )
http://www.duden.de/deutsche_sprache/sprachberatung/newsletter/archiv.php?id=62
- Ateş= Feuer, Eifer
- Çelik= Stahl
- Çetin= hart
- Coşkun= feurig, lebhaft
- Demir= Eisen
- Erol= sei ein Mann
Gerne griff Mann auch auf historische oder mythologische Helden zurück:
- Arslan = Alp Arslan (Sultan der Groß-Seldschuken )
- Cengiz = Dschingis Khan
- Dede = Dede Korkut (Die Figur des türkischen Erzählzyklus Dede Korkut)
- Yıldırım = Beiname von Sultan Bayezid I.
- Ay = Mond
- Aydın = licht, hell
- Ceylan = Gazelle
- Çiçek = Blume
- Gül = Rose
- Güneş = Sonne
- Akça = weißlich, sehr weiß
- Bostancı = abgeleitet von bostan:
1. Gemüsegarten
2. Honigmelonen- und Wassermelonenfeld
3. bostancı: jemand, der sich mit dem bostan beschäftigt (Gemüsegärtner, Melonen- oder Gurkenzüchter, aber auch Angehöriger der Leibwache des Sultans) - Bulut = Wolke
- Demirci = Schmied (unser Schmidt )
- Duman = Nebel, Rauch
- Emir = Befehl, Auftrag oder durch andere Schreibweise (Emîr: ) Fürst
- Erdoğan: türkischer Familienname abgeleitet von Doğan = Falke; Erdoğan = männlicher Falke; türkische volkstümliche Übersetzung = als Mann geboren, von Geburt Mann
- Esen = gesund, wohlbehalten
- Keser = türkisch „keser“ = kommt vom Inf. kesmek = schneiden, Keser = Breit-, Querbeil, Krummhaue
- oğlu: ist ein öfters vorkommender Bestandteil eines Nachnamens und bedeutet: "Sohn des". Ähnlich der Silbe "-sen, -son, ..." im Deutschem. Z.B. Selimoğlu = Sohn des Selim.
- ÖZ: unter den Bestandteilen moderner türkischer Namen - Vornamen, wie Familiennamen - steht die Silbe „öz“ an erster Stelle; sie bedeutet „Mark, selbst, ganz echt“ und kann praktisch mit jedem Substantiv oder Adjektiv verbunden werden (z.B. „Öztürk“ und „Özkan“)
„Öz“ bedeutet:
1. selbst, ich
2. Kern, Wesen, Substanz
3. echt rein - Şen = fröhlich, heiter, lustig; mehrfach wird „şen“ (fröhlich) als Bindungselement verwendet, wie in „şener“ = froher Mann
- Üstgül: eine Komposition aus den türkischen Wörtern „üst“ und „gül“ („üst“ = ober-, -e , hoch, höchste; gül“ = Rose)
- Yılmaz = unerschrocken, furchtlos, unbeugsam; einer der häufigsten türkischen Familiennamen; ursprünglich ist „Yılmaz“ ein türkischer Vorname
Ausländische Familiennamen
Wer die Verbreitung eines Namens in der Türkei betrachten möchte, also solche oder ähnliche Fragen wie rena8 hat, der kann sich mal auf dem Ableger der deutschen verwandt.de-Seite in der Türkei umschauen (Ich glaube eine Registrierung ist notwendig):
Ücretsiz online soy a?ac? / akrabaonline.com'da soy ara?t?rmas?
Nun kommen wir nach den eher allgemeinen und eher oberflächlichen Betrachtungen mal zu einigen Zitaten aus seriösen Büchern:
Interessant ist z.B., dass ein Name bzw. ein Zuname auch im Laufe der (osmanischen) Zeit Veränderungen unterliegen kann. Anhand des Beispieles von Mustafa Kemal aka Kemal Atatürk:
It should be remembered, however, that family names were only made compulsory in Turkey in 1934 and that until then they were the exception rather than the rule. Before 1934 people were known by their birth name or by the name they were given at an early age (for instance on entering school). They would often also have a surname denoting a special quality of the person involved or of his family. In addition, many of the leading figures held a title (Bey or Pasha in the case of bureaucrats and officers or Efendi in the case of ulema). To take an example, the first president of the Republic of Turkey was given the name Mustafa at birth and Kemal in primary school. [weil es mehrere Mustafas in seiner Klasse gab] To his fellow students he would be known as Kemal or Selânikli Kemal (Kemal from Salonica). From his graduation from the military academy until 1916 he was addressed as Kemal Bey, but when he was promoted to the rank of brigadier he
became Kemal Pasha. After his victory in the War of Independence the surname Gazi (conquering hero) was often used. From 1934 onwards, he was officially known as Kemal Atatürk (‘Father Turk’)."
Dann geht der Autor noch darauf ein, dass auf viele (entlegene) Dörfer, all die Reformen Atatürk weniger Einfluss gehabt haben dürften:
"He [der Dörfler] had to take a family name in 1934, but the whole village would continue to use first names (as is still the case) and the family names remained for official use only."
aus: Erik Zürcher: Turkey – A Modern History. 2004.
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