Überlegungen rund um die Brukterer

CStraetmans

Mitglied
Dieser Einzelbeleg von den aufständischen, weit entfernten Stämmen, 200 Jahre nach der Schlacht durch Cassius Dio niedergelegt, ist doch eigentlich zu legendenhaft, um darauf weiterführende Argumentationen zu stützen. Ich möchte aber auch daran erinnern, dass wir uns hier im haud procul-Thread befinden. Wenn wir also bitte versuchen, die Kurve zur haud procul-Diskussion wieder zu kriegen?

Bei Dellbrück habe ich gelesen, dass er auch das Gebiet zwischen Teutoburger Wald und dem Wiehengebirge auch den Brukterern zuordnet. Wie er darauf gekommen ist weiß ich allerdings nicht - keine Quellenangabe. Wenn das aber stimmt könnten dies durchaus, aus Sicht der Römer an Rhein und Lippe, die entlegensten Gebiete der Brukterer gewesen sein. Dellbrück lässt Germanicus dieses Gebiet auch erreichen - bekanntlich lokalisiert er die Varusschlacht allerdings in der Dörenschlucht. Jedenfalls ist es aus diesem Gebiet ja wirklich nur noch "haud procul" bis nach Kalkriese.
 
Bei Dellbrück habe ich gelesen, dass er auch das Gebiet zwischen Teutoburger Wald und dem Wiehengebirge auch den Brukterern zuordnet. Wie er darauf gekommen ist weiß ich allerdings nicht - keine Quellenangabe. Wenn das aber stimmt könnten dies durchaus, aus Sicht der Römer an Rhein und Lippe, die entlegensten Gebiete der Brukterer gewesen sein. Dellbrück lässt Germanicus dieses Gebiet auch erreichen - bekanntlich lokalisiert er die Varusschlacht allerdings in der Dörenschlucht. Jedenfalls ist es aus diesem Gebiet ja wirklich nur noch "haud procul" bis nach Kalkriese.

ich vermute, es ist Hans Delbrück ? Wikipedia gemeint, ein Militärhistoriker, der um die vorletzte Jahrhundertwende Professor an der Universität Berlin war.

Wo hat denn Delbrück die Zuweisung des Gebietes an die Brukterer gemacht?
 
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@ Carolus

Genau der ist es, Hans Dellbrück ! Ich weiß, die Literatur ist uralt, nur habe ich zu dem Thema sonst nur populärwissentschaftliches oder noch älteres im Regal.
Jedenfalls ist die Literaturstelle:
Hans Dellbrück - Geschichte der Kriegskunst - Die Germanen - 1. Buch 5. Kapitel - Abschnitt " Der Hauptfeldzug i.J. 15" (S.112)
Zitat:
Tacitus Quelle wird den Landstrich zwischen Lippe und Ems besonders genannt haben, da hier die Wohnstätten der Brukterer lagen; zu ihrem Gebiet gehörten aber auch noch die nördlich daranstoßenden Waldgebiete und das Tal zwischen ihnen, in dem Osnabrück liegt. Auch diese Gegend werden die Römer nach Möglichkeit abgesucht haben.

Inwieweit das von Wert ist kann ich nicht sagen, da Dellbrück keine Quelle angibt.
 
der Name der Brukterer wird oft vom germanischen Wort für Sumpf hergeleitet.

Germanisches Wörterbuch

Zitat:

*bræka-, *brækam, germ., st. N. (a): nhd. Sumpf, Sumpfland, Bach, Bruch (M.) (2); ne. swamp, marshland, brook; RB.: ae., as., ahd.; Hw.: s. *bræka- (M.); E.: Etymologie unbekannt; W.: s. ae. bræc (1), st. M. (a), Bach; W.: s. as. *bræk? (1), st. M. (a), Sumpf, Bruch (M.) (2); mnd. bræk, N., Spalt, Bruch (M.) (1); W.: ahd. bruoh* (2) 10, st. N. (a)?, st. M. (a)?, Bruch (M.) (2), Sumpf, Moor, Morast; mhd. bruoch, st. N., st. M., Moorboden, Sumpf; nhd. Bruch, N., M., Bruch (M.) (2), Moor, Sumpf, DW 2, 410; L.: Falk/Torp 278, EWAhd 2, 394, Kluge s. u. Bruch 2


Wenn man heutige Orts-/Strassennamen mit -BROOK, -BRUCH, -BROICH, -BROCK, -BROOCK mit einem Punkt auf einer Karte markiert bekommt man für das Gebiet zwischen Teutoburgerwald und Wiehengebirge sogar eine Häufung. Möglicherweise war dies Ursache für Dellbrücks Überlegungen.

sumpf.jpg

Ptolemaios sieht das Gebiet der Brukterer aber auch über das Ems-Lippe Gebiet in Richtung Weser hinausgehend.

brukterer.jpg
Karte nach Koordinaten von Stückelberger-Grasshoff

Die Eingrenzung des Brukterergebietes ausschließlich zwischen Ems und Lippe erfolgt also nur anhand der Tacitusstelle. Obwohl selbst das meiner Meinung nach fragwürdig ist. Der Text beschreibt schliesslich in erster Linie einen Feldzug und nicht primär den Siedlungsraum der Germanen.

Gruss
jchatt
 
Nein, Ursache für Delbrücks Überlegungen dürften tatsächlich die literarischen Quellen sein, die z.B. von einer Schlacht zwischen Drusus und den Brukterern auf der Ems berichten, sowie die Lokalisierung der Brukterer druch Strabon (zur Küste hin) und Tacitus, u.a. zwischen Ems und Lippe (wie weit das Brukterergebiet darüber hinaus geht, lässt sich dieser Stelle nicht entnehmen).

Die Orstnamen mit Brook etc. in Richtung Stammesgebiet der Brukterer zu lesen, ist linguistisch nicht haltbar. Ich will nicht ausschließen, dass die Brukterer die Leute vom Bruch sind, also die Sumpfleute, aber das Wort Brook oder Bruch ist eben nicht umgekehrt auf die Brukterer zurückzuführen, zumal es sich bei den auf -k auslautenden Varinaten schlicht um die niederdeutsche, bei dem palatalen Frikativ als Auslaut (-ch) um die hochdeutsche (lautverschobene) Variante handelt.
 
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Die Orstnamen mit Brook etc. in Richtung Stammesgebiet der Brukterer zu lesen, ist linguistisch nicht haltbar. Ich will nicht ausschließen, dass die Brukterer die Leute vom Bruch sind, also die Sumpfleute, aber das Wort Brook oder Bruch ist eben nicht umgekehrt auf die Brukterer zurückzuführen, zumal es sich bei den auf -k auslautenden Varinaten schlicht um die niederdeutsche, bei dem palatalen Frikativ als Auslaut (-ch) um die hochdeutsche (lautverschobene) Variante handelt.

Danke für den Hinweis. Aufgrund diesen Zeitungsbericht habe ich meine Auswahl der Sumpfnamen gemacht:
Der Brockmann wohnte am Bruch | Namensforscher - Münsterländische Volkszeitung

Also heißt Brook nicht unbedingt Sumpf ?

Gruss
jchatt
 
Kommt halt darauf an, ob der Name niederdeutscher oder oberdeutscher Herkunft ist. Bei der oberdeutschen Herkunft ist das -ch ein klares Indiz für den Bruch, also Sumpf, o.ä. und das -k eher eines für die Brücke. Bei der der niederdeutschen Herkunft des Namens ist das -k ein starkes Indiz für Sumpf o.ä., wohingegen das -g eher ein Indiz für eine Herkunft von der Brücke ist.
Nun ergibt sicher aber durch die Auslautverhärtung folgender Schönheitsfehler: Durch die Auslautverhärtung könnte das niederdeutsche -g zu -k werden und damit wird natürlich die Namensherkunft etwas nebelig. Nehmen wir mal ein standarddeutsches Wort zur Illustration: Burg.
Burg spricht man (von Varianten wie Buich mal abgesehen) ['burk]. Sobald aber der Plural verwendet wird, sind's die ['burgən]. Da wir eine standardisierte Rechtschreibung haben, die auf morphologische Kriterien Rücksicht nimmt - Burg-ø und Burg-en teilen sich dasselbe lexikalische Morphem (es gibt allerdings auch das Allomorph Bürg- z.B. in Bürger, was letztendlich nichts anderes ist, als der 'Burgbewohner') - schreiben wir Burg trotz Auslautverhärtung mit <g>. Ohne eine standardisierte Rechtschreibung wird aber eher phonetisch geschrieben, bzw. man versucht phonetisch zu schreiben, und so findet man in alten Dokumenten Lexeme mit Auslautverhärtung entsprechend mit dem verhärteten Auslaut geschrieben, also -k statt -g, -t statt -d oder -p statt -b, obwohl die Worte in flektierter Form dann plötzlich wieder - natürlich der Phonetik entsprechend - mit dem weichen Buchstaben geschrieben werden.
Sollte allerdings Brook auf Brücke hinweisen, dann hätte es noch zusätzlich zu einer Metathese kommen müssen, aber die sind nicht selten (dorf - dorp - drup/drop, Brunnen - Born, Ross - horse...).
 
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Kommt halt darauf an, ob der Name niederdeutscher oder oberdeutscher Herkunft ist. Bei der oberdeutschen Herkunft ist das -ch ein klares Indiz für den Bruch, also Sumpf, o.ä. und das -k eher eines für die Brücke. Bei der der niederdeutschen Herkunft des Namens ist das -k ein starkes Indiz für Sumpf o.ä., wohingegen das -g eher ein Indiz für eine Herkunft von der Brücke ist.

Geboren und aufgewachsen bin ich am zum niederdeutschen Sprachgebiet gehörigen Niederrhein. Das dortige "Bruch" (mit ch) steht heute schlicht für Wald.
Aus der häufigen Verwendung von -dyk ( =deich, damm) in den Straßennamen dieser Gebiete, sowie alten Erzählungen (im xyz Bruch versanken Napoleons Kanonen) ergibt sich aber, dass diese Wälder früher ziemlich sumpfig gewesen sein müssen. Nur so am Rande.
 
Mir stellt sich da noch die Frage, welchen Einfluss mögliche "Verballhornungen" germanischer Bezeichnungen durch die römischen Geschichtsschreiber es gegeben hat. Dass in römischen Texten von "Brukterern" die Rede ist, muss ja nicht heißen, dass die so bezeichneten Leute sich selbst auch so benamst haben. Das macht Überlegungen nach Wortursprüngen und Lautverschiebungen noch fragwürdiger. Mal unabhängig davon, nach welchen Kriterien die Römer Germanen irgendwelchen Stämmen zugeordnete haben und ob diese Zuordnung sich mit germanischen Vorstellungen deckte. Ich bezweifele, dass man heute einigermaßen zuverlässig sagen kann, welcher Stamm wo lebte.

MfG
 
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