Überlieferte Berichte aus der Umayyadenzeit über Langobarden, Franken etc...?

RAEDWALD

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Hallo zusammen,

vor einem Jahr habe ich an der Universität ein Proseminar belegt, welches das Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen im Mittelalter auf der iberischen Halbinsel behandelt hatte. In den einzelnen Sitzungen wurde mir dann recht schnell klar, dass es regen Austausch unter den arabischen Besatzern und der romanischen Bevölkerung nicht nur in Spanien, sondern in Europa selbst gegeben hat. Mich würde einfach mal interessieren, wo ich übersetztes (ich bin weder in Schrift noch in Sprache des Arabischen mächtig) Quellenmaterial zu etwaigen Berichten umayyadischer Gesandter, Heerführern etc. zu den jeweiligen Herrscherdynastien und Reichen im frühmittelalterlichen Europa finden könnte. Ich hätte es wohl früher meinen Proff fragen sollen, ist mir jedoch erst in den letzten Wochen eingefallen & ich werde ihn ungefähr zeitgleich per Mail das gleiche fragen. Ich bedanke mich im Voraus für Eure Antworten!
 
Arabische Berichte von Gesandten an germanische Fürstenhöfe aus dem 9. und 10. Jahrhundert. Ins Deutsche übertragen und mit Fußnoten versehen von Georg Jacob, Berlin, Leipzig 1927. Darin befindet sich der Bericht des Abraham Ben Yacov/Ibrahim ibn Yaqub (10. Jhdt.) über dessen Aufenthalte an der Elbe etc.
In der Dissertation von Bettina Münzel, Feinde, Nachbarn, Bündnispartner: "Themen und Formen" der Darstellung Christlich-muslimischer Begegnungen in ausgewählten historiographischen Quellen (1994) findest du Quellenauszüge, die aber vor allem sich auf die andalusisch-nordiberischen Beziehungen konzentrieren.
Auf englisch liegt von Kenneth Baxter Wolf Conquerors and Chroniclers of Early Medieval Spain (1999) vor.

Es gab auch noch ein deutsches Buch mit Quellenauszügen und historischen Kommentaren, dessen Übersetzer/Herausgeber mir aber nicht mehr einfällt. Ich erinnere mich, dass ich mich darüber ärgerte, dass der Übersetzer die historischen Kommentare von Lévy-Provençal, bei einem Buch, das in den 1990ern oder frühen 2000ern veröffentlicht wurde, kritiklos übernahm. Der gute Évariste war da bereits ca. ein halbes Jahrhundert verstorben (1956) und dementsprechend längst überholt. Außerdem hat der Übersetzer die Quellenstellen nicht aus den Originalen übersetzt, sondern aus den Übersetzungen von É. Lévy-Provençal.
 
Als Einstieg in solche Themen verwende ich
Robinson, The new cambridge history of Islam * volume 1 * The Formation of the Islamic World Sixth to Eleventh Centuries, 2011 (bzw. die Folgebände zu weiteren Zeiträumen).

Ergänzend evt.:
Thomas/Roggema, Christian Muslim relations : a bibliographical history, Vol I (600-900), 2009
bzw. Folgebände
(hier zwar die christliche Sicht, die über das Stichwortverzeichnis kommt man aber zu den "christlichen Themen" auch auf breitere Abhandlungen in der Sichtweise und zum Kontext)
 
Einer der wichtigsten andalusischen Historiographen ist Ibn Ḥayyān al-Qurṭubī (Ibn Ḥayyān der Córdobeser). Seine Muqtabis (manchmal auch Muqtabas geschrieben) ist eine der wichtigsten Quellen für das Kalifat von Córdoba, welches Ibn Ḥayyān selbst allerdings nur noch als Kind erlebt hatte, er lebte in der Zeit der Ta'ifa-Königreiche, über die er den al-Matīn, verfasst hatte, eine Quelle, die nur noch in den Zitaten aus Ibn Bassāms Schatzkästlein (aḏ-Ḏaḫīra), einer Reimchronik, vorliegt. Meines Wissens liegt der Muqtabis auch nicht in einer gemeinsamen Edition aller seiner erhaltenen Teile vor, sondern dispers, meist in spanischer, seltener in englischer Übersetzung.
 
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