Beim "Aufbauschen" würde ich nicht einmal immer zwingend von böser Absicht ausgehen. Faktisch ist es so gut wie unmöglich, halbwegs zuverlässig die Größe einer großen Menschenansammlung abzuschätzen, wie man sogar noch heute beobachten kann, wo nach größeren Demonstrationen stark abweichende Teilnehmerzahlen kursieren. Wenn einem dann auch noch zu Beginn einer Schlacht das Herz in die Hose rutscht, ist es nicht verwunderlich, wenn so mancher glaubte, es mit einer immensen Übermacht zu tun gehabt zu haben. Zuverlässige Grundlagen zur Berechnung der gegnerischen Heeresstärke gab es wohl nur in den seltensten Fällen.
Noch zwei weitere Punkte könnten eine Rolle gespielt haben:
Bereits in der Antike ging man - unter Außerachtlassung von logistischen Zwängen etc. - häufig davon aus, dass riesige Reiche mit riesiger Bevölkerung auch riesige Armeen aufstellen (was auf den ersten Blick auch durchaus logisch erscheint). Weiters hielt man schon in der Antike "barbarische" Völker für sehr volkreich, was wiederum zur Annahme führte, dass sie auch große Heere aufstellen konnten.
Somit wundert es mich nicht, dass man im Mittelalter oft gerade den Sarazenen (Heiden mit - im Vergleich zu Europa - oft großen und dichtbesiedelten Reichen) riesige Armeen zuschrieb. Bei europäischen Gegnern war man oft (aber nicht immer, siehe z. B. die "Burgunderkriege" gegen die Schweiz aus Schweizer Sicht, in denen sich die Schweizer auch burgundische Riesenheere zusammenfantasierten) doch etwas realistischer.