Untergang der Lusitania

Jkt9

Mitglied
Hallo,

Ich habe mich mit dem Untergang der Lusitania beschäftigt zu einer Frage konnte ich keine Antwort finden.

Hatte Captain Turner die Schotten vor dem Torpedotreffer schließen lassen oder versuchte man das erst danach?

Danke
 
Das dürfte für den Untergang egal sein. Der Schiffsrumpf wird wie Papier zerrisssen, und die weitgehend geleerten Kohlebunker sorgen für einen rasanten Untergang.

"A hole the size of a small house now existed below the waterline. Its shape was more horizontal than vertical, roughly 40 feet wide by 15 feet high. The effects of the blast spread well beyond this, however. Thousands of rivets and the steel plates they anchored came loose over an area about fifteen times greater than the hole itself; the glass in nearby portholes fractured. Bulkheads were damaged and watertight doors dislodged. The relatively small doors and chambers of passenger ships did not dispel explosive forces as readily as the open holds of cargo vessels and thus were prone to destruction. The Lusitania’s builders had installed these barriers with collisions and groundings in mind; none had imagined that a torpedo might one day be detonated against the hull from underwater.
Just inside the hull, at the point of impact, stood the starboard end of a major watertight bulkhead that spanned the width of the hull, one of a dozen such dividers in the ship. This particular bulkhead also formed a wall between the forward-most boiler room—Boiler Room No. 1—and a large coal storage chamber just beyond, toward the bow, called the “cross-bunker,” the only coal bunker in the ship arrayed across the full width of the hull. The rest were the longitudinal bunkers that ran along the hull walls. At this point in the voyage all the bunkers were nearly empty.
The forward motion of the ship, initially 18 knots, caused “forced flooding,” which drove seawater into the ship at a rate estimated at 100 tons a second. Water surged into the cross-bunker and into Boiler Room No. 1, a cavern that housed two one-ended boilers and two double boilers, and the beginning of a main steam line. Water also flowed into the longitudinal bunkers along the starboard side, nearest the impact zone. As these bunkers filled with water, the ship began to list to starboard. At the same time, the water filling Boiler Room No. 1 and the forward cross-bunker caused the bow to begin sinking. The stern began to rise and the hull to twist."
Larsen, Dead Wake - Last Crossing of the Lusitania, 2015.
 
Nach dem Wiki-Artikel waren die Schotten schon vor dem Angriff vorsorglich geschlossen:

Nach der offiziellen Deutschen Warnung vor Transatlantikpassagen durch das Kriegsgebiet in der US-Amerikanischen Presse wäre es auch extrem unvorsichtig seitens der Schiffsführung gewesen nicht von vorn herein sämtliche erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.
 
Hatte Captain Turner die Schotten vor dem Torpedotreffer schließen lassen oder versuchte man das erst danach?

In Anbetracht der Umstände wäre es jedenfalls sinnvoll gewesen das bereits vorher zu tun. Um die Gefahr möglicherweise von deutschen Tauchbooten angegriffen zu werden, wusste man ja.

Bei einem potentiellen Torpedotreffer musste man gegenüber einer normalen Kollision sicherlich im erhöhten Maße damit rechnen, dass ein solcher die automatischen Vorrichtungen zum Schließen der Schotts womöglich außer Funktion setzen konnte.
Bei einem Torpedoschaden war sicherlich auch damit zu rechnen, dass Lecks entstehen konnten, die so groß würden, dass es eine Sektion binnen kürzester Zeit fluten würde, so dass es möglicherweise unmöglich würde das von Hand zu schließen, falls die Technik versagen würde.

Demnach wäre es sinnvoll gewesen sie bereits vorher zu schließen.

Für den Untergang selbst dürfte das, wie Silesia bereits sagte keine entscheidende Rolle gespielt haben.
 
Laut dem von mir oben verlinkten Wiki-Artikel ist das Schiff innerhalb von 18 min. gesunken. Das zeigt natürlich, wie schnell das Wasser in das Schiff eingedrungen ist und damit auch wie groß das Leck war.

Nur zum Vergleich: einige Jahre früher ist die Titanic nach der Kollision mit einem Eisberg gesunken. Wenn ich mich so recht entsinne*, war das Leck ein langgestreckter Riß, der in seiner Gesamtfläche so groß wie eine eine aufgeschlagene Zeitungsseite war. Die Titanic konnte sich nach der Kollision ca. 2 1/2 Stunden noch über Wasser halten.

* irgendwo hatten wir einen Thread zur Titanic und der Flutung gehabt und da gab es auch einen Link zum damaligen Untersuchungsberichts kurz nach dem Untergang, wo die Größe des Lecks berechnet wurde. Das wurde dann später nach Untersuchung des Wracks auch bestätigt. Ich vermute, bei der Umstellung der Forensoftware ist dieser Thread irgendwo im Nirwana verschwunden.
 
Laut dem von mir oben verlinkten Wiki-Artikel ist das Schiff innerhalb von 18 min. gesunken. Das zeigt natürlich, wie schnell das Wasser in das Schiff eingedrungen ist und damit auch wie groß das Leck war.

Nur zum Vergleich: einige Jahre früher ist die Titanic nach der Kollision mit einem Eisberg gesunken. Wenn ich mich so recht entsinne*, war das Leck ein langgestreckter Riß, der in seiner Gesamtfläche so groß wie eine eine aufgeschlagene Zeitungsseite war. Die Titanic konnte sich nach der Kollision ca. 2 1/2 Stunden noch über Wasser halten.


Da wird man aber schlicht auch berücksichtigen müssen, dass die Lusitania mit Baubeginn 1904 auch eine etwas ältere Konstruktion war, als die Titanic.

Habe gerade mal in den deutschsprachigen Wiki-Artikel zur Lusitania nachgeschaut, da steht im Hinblick auf die Schotts und wasserdichten Abteilungen:

"Dies sollte eine komplexe Einteilung des Unterwasserschiffes in wasserdichte Abteilungen garantieren, deren Schotten allerdings 69 Öffnungen hatten, die durch Türen versiegelt werden mussten. Nur 35 dieser Türen wurden hydraulisch betrieben, die restlichen 34 mussten von Hand geschlossen werden.[5] Als potentieller Hilfskreuzer war die Lusitania – anders als andere zeitgenössische Passagierschiffe – nicht nur mit Quer-, sondern auch Längsschotten ausgerüstet. Diese Einteilung sollte besseren Schutz im Falle eines Granattreffers bieten, bedeutete aber im Fall eines Lecks eine höhere Gefahr zur Entwicklung von Schlagseite, da die Flutung auf eine Schiffsseite beschränkt würde."

Das die Hälfte der Schotts nur von Hand geöffnet oder geschlossen werden konnte, konnte hier, wie ich das sehe eine gewaltige Hypothek sein, vor allem auch, wenn sie aus Sicherheitsgrnden von vorn herein geschlossen waren.

Eine riesen Leistung der Mannschaft der Titanic, die man im Grunde gar nicht hoch genug schätzen kann, war ja, das man es schaffte das eindringende Wasser im Schiff einigermaßen gleichmäßig zu verteilen (teils in dem man es ganz gezielt in andere Bereiche des Schiffers herüberpumpte und so das Schiff einigermaßen stabil zu halten und vor allem Schlagseite zu vermeiden.

Ich weiß nicht, wie leistungsstark die Pumpen an Bord der Lusitania waren, die Unmöglichkeit das Schott-System im Fall der Lusitania zentral zu steuern wird es schwieriger gemacht haben das eindringende Wasser einigermaßen gleichmäßig zu verteilen und dadurch Schlagseite zu vermeiden.

Ich weiß nicht, wie konkret sich ein Torpedo-Einschlag im unteren Bereich des Schiffes sich möglicherweise auf darüberliegende Luken und Bullaugen auswirkt.
Keine Ahnung ob der Druck der Explosion und gegenenfalls damit einhergehende Verformungen hier im großen Stil die Dichtungen und das Glas beschädigen konnten, ich würde es aber nicht ausschließen wollen.

Ein relativ großes Loch auf einer Seite, kein zentral steuerbares Schott-Sstem und wahrscheinlich auch kein allzu modernes Pumpsystem um das Wasser im Rumpf umzuverteilen und das Schiff zu stabilisieren, bei gegebenenfalls in der Umgebung des Einschlags beschädigter Luken und Bullaugen als Schwachstellen in der Außenhülle des Schiffes mussten in dieser Kombination verheerend sein.

Möglicherweise hätte sich der Untergang der Lusitania bei anderen technischen Voraussetzungen allerdings auch hinauszögern lassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist unumstritten, dass Captain Turner am Morgen den Befehl gab, die Schotten dicht zu machen, "so weit wie möglich". Das bezeugten nicht nur er, sondern mehrere Mitglieder der Crew vor der Untersuchungskommission 1915.
Formal Investigation ordered by the Board of Trade into the Loss of the Steamship “Lusitania.”
Proceedings before the Right Honourable Lord Mersey, Wreck Commissioner of the United Kingdom (ab Seite 126 des Buches, besonders Seite 45f des Berichts, Aussagen 1656-1665)

Es gab Türen im Maschinenraum, die von der Brücke aus geschlossen werden konnten und bei der Sichtung des Torpedos, laut Aussage Turners u.a., zum Teil noch offen waren.
Der Captain hätte sich darauf verlassen, dass der Zweite Offizier, Hefford, diese sofort schließen würde, wenn er "irgend etwas dieser Art" kommen sehe.
Befehle dazu gab es nach dem Treffer keine mehr.

Es bleiben die Fragen, ob der Befehl des Captains überall ausgeführt wurde und ob die noch offenen Türen, insbesondere die automatischen, geschlossen werden konnten.
Zeugenaussagen dazu sind unklar. Die akustische Warnung, wenn die automatischen Türen schließen, wurde im Maschinenraum durch den Dritten Ingenieur nicht wahrgenommen. Passagiere sagten aus, dass in ihrem Bereich noch Bullaugen offen waren.
All das wurde mW bisher durch keinen Tauchgang zur Lusitania beantwortet.
 
Noch ein paar interessante Details zum Untergang der Lusitania:

Seit Beginn der deutschen U-Bootoffensive war den Briten klar, das auch die großen Atlantikdampfer in großer Gefahr schwebten. Dank der fähigen Funkaufklärung und der Überwachung des deutschen U-Boot-Funkverkehrs gelang es den Briten immer wieder erfolgreich Schaden abzuwenden.

Als sich im März 1915 erstmals in Gefahr befand, hatte Admiral Oliver, der Mann den die Funksprüche aus Room 40 vorgelegt worden, dafür Sorge getragen, das sich 2 Zerstörer in Richtung Lusitania in Bewegung setzten. Auch in den darauf folgenden Wochen erhielten britische Küstenstationen bei Annäherung eines deutschen U-Bootes entsprechende Warnungen.

Alles Anzeichen weisen daraufhin, das im Mai 1915 keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden waren, um die Lusitania zu schützen. Churchill und sein Stab wussten dank der Funkaufklärung ganz genau, das Ende April und Anfang Mai 1915 auf Weisung des deutschen Admiralstabes mehrere U-Boote mit dem Befehl ausliefen, im Kanal und an der Südküste Englands feindliche Truppentransporter zu versenken.

Am 30.April informierte Jellicoe darüber, das vier deutsche U-Boote Helgoland verlassen hätten und würden von Horns Riff nach Buchannes und von dort wahrscheinlich nach Norden weiter, und zwar nach Lindesness und wahrscheinlich nach Fair Isle fahren. Eigenartigerweise gab Churchills Stab das Auslaufen zwei weiterer U-Boote, U20 und U27, nicht weiter, obwohl ihre Ziele die Irische See bzw. der Bristolkanal -in diesen genannten Gebieten lief ein großer Teil des Atlantikverkehrs- genau bekannt waren. Zur gleichen Zeit wurden die Kriegsschiffe Gloucester, Jupiter und Orion von Admiral Oliver angewiesen, dieses Gebiet zu meiden. Die hochgradig gefährdete Lusitania die direkt in das Zielgebiet von U20 fuhr, hielt ahnungslos den Kurs.

Erst nach der Versenkung zweier Dampfer durch U20 im St.Georges-Kanal, welches die britische Admiralität immer noch nicht zum Anlaß genommen hatte um die Lusitania zu warnen. Erst als der Chef der Cunard Linie vorstellig wurde, wurde um 11:15 Uhr alles Handelsschiffe die sich der Südweststrecke Irland nährten per Funk gewarnt. Ob die Lusitania einen entsprechenden Funkspruch erhalten hatte, ist nicht geklärt. Was wir wissen, ist, das die Admiralität Kapitän Turner nicht darüber informierte, das die Liverpool-Route wieder minenfrei war. Auch hatte die Lusitania wie eigentlich üblich keinen Zerstörer als Schutz dabei. Wenn die britische Admiralität tatsächlich der Lusitania via Funk den Befehl gegeben haben sollte, Queenstown statt Liverpool anzulaufen, dann wäre das unglaublich, dann hätte die britische Admiralität die Lusitania U20 direkt entgegengeschickt.

Das Mindeste was Churchill und seinen Leuten testiert werden muss, ist unglaubliches grob fahrlässiges Handeln. Ob es tatsächlich in der Absicht Churchills lag, die Lusitanie zu opfern, um die USA zum Eintritt in dem Krieg zu veranlassen muss offen bleiben; bekannt ist jedenfalls das sich Churchill zumindest mit solchen Gedanken beschäftig hatte.

Schröder, Die U-Boote des Kaisers
 
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