Friedrich Köhler stellt in seinem Buch Überlegungen an, denen zufolge Varus, aus seinem Sommerlager im Raum Paderborn kommend, auf dem Weg ins Winterlager am Rhein war, dann aber zur Ünterdrückung enes angeblichen Aufstandes in der für die Römer wichtigen Erzabbauregion um Brilon einen Umweg eingeschlagen hatte, der ihn von Büren aus in westlicher Richtung durch das Almetal führte. Dort konnten die Germanen die ausgedehnte Kolonne der Römer dann ideal angreifen.
Das Problem ist nur, dass es für derlei Spekulationen keinerlei Basis gibt.
Wir haben nur zwei Informationen die Örtlichkeiten betreffend:
1.) Varus soll sich zum Ende des Sommers an der Weser aufgehalten haben. Dies überliefert uns Cassius Dio etwa 200 Jahre nach der Schlacht.
2.) Dreh- und Angelpunkt des Feldzuges, der zum Besuch des Varusschlachtfeldes führte, war die Ems und dort ein uns nicht näher bekannter Ort, der nördlich von Greven gelegen haben muss, von Boris Dreyer etwas zu spekulativ für meinen Geschmack (und wahrscheinlich durch die Fund bei Kalkriese motiviert) an die Furt bei Rheine gelegt wird.
Es gibt keinerlei Indiz, wo an der Weser sich Varus genau befand. Es sind zwei Lager an der Weser bekannt, Hedemünden und Barkhausen. Hedemünden fällt von der Datierung her aus, bei Barkhausen ist mir nicht bekannt, ob es hier eine einigermaßen valide Datierung gibt. Ergo: Wir wissen nicht, von wo aus genau Varus marschierte - wenn er sich denn tatsächlich, wie Dio behauptet, an der Weser befand. Zweitens wissen wir nicht, in welche Richtung er marschierte und drittens wissen wir nicht genau, wie lange Varus schon marschierte, als der Zug angegriffen wurde.
Aus diesen doch sehr vagen Angaben, die wir besitzen, ohne ein archäologisch nachgewiesenes Schlachtfeld, welches man auf diese Weise erklären wollte, ein so genaues Varus-Itinerar von Paderborn zum Almetal zu entwerfen ist reine Spekulation und das, wobei die Almetal-Hypothese zusätzlich in deutlichem Widerspruch zur Ortsangabe Ems steht.
Ich habe mich zuerst gefragt, warum Germanicus zuerst die Marser und Chatten angegriffen hat. Die Marser direkt anzugreifen und die feindlichen Brukterer dabei im Rücken zu haben fand ich völlig unlogisch.
Fakt ist aber: er hat es nach Angabe der Quellen genau so herum getan und hatte dabei die feindlichen Brukterer im Rücken. Dieses Problem löst sich nicht, indem man das Varusschlachtfeld in das Sauerland verortet. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Weiteres zur angeblichen Rückproblematik im Folgenden:
Allein schon wegen der extrem hohen Mengen an Proviant, die er dabei gehabt haben muss, vom Nachschub vom Rhein war er bei dem Marser-Feldzug mit den Brukterern im Rücken ja völlig abgeschnitten. Wenn im Jahr 14 die nachhaltige Rückeroberung von Magna Germania begonnen hätte, hätten die Brukterer meiner Meinung nach das erste Angriffsziel sein müssen, inkl. der Wiederherstellung und Sicherung der Lager an der Lippe, zumindest eines stark befestigten Lagers als Ausgangsbasis für die nächste Feldzüge.
Wenn du die Quellen genau gelesen hättest, hättest du festgestellt, dass Germanicus wohl vom Mainz her kommend mit vielleicht 25.000 Mann (vier Legionen, die sicher nicht in voller Stärke mitmarschierten und zehntausend Mann Hilfstruppen) von Süden her erst die Chatten, dann die Marser angriff. Die Brukterer hätten also allenfalls entgegen kommen können und hätten dabei die Lippe überqueren müssen, wo Tiberius einen Teil der Infrastruktur offenbar wiederhergestellt hatte (Aliso). Wo Caecina sich mit weiteren 20.000 Mann (vier Legionen, sicher nicht in Vollstärke und fünftausend Mann Hilfstruppen) sich währenddessen aufhilet, das verrät uns Tacitus nicht. Vermutlich war es seine Aufgabe, unteren Rhein und Lippe zu sichern. Aber das ist natürlich nur spekuliert. Erst im zweiten Feldzug dieses Sommers kennen wir dann auch Caecinas Bewegungen.
Das hat Germanicus aber nicht so gesehen. Er hat stattdessen die Brukterer links liegen lassen und hat zuerst die Marser angegriffen, eben ein Kommandounternehmen hinter den feindlichen Linien. Und ein militärischer Sieg über die Marser hat ihm auch nicht gereicht, er hat einen Genozid an den Marsern verübt. Wenn jemand derart irrational handelt ist er meistens von starken Emotionen geleitet, in diesem Fall war es extremer Hass auf die Marser. Und das kann nur bedeuten, dass die Römer eine ganz besondere Rechnung mit den Marsern offen hatten.
Ähnliches gilt für die Chatten, die das nächste Angriffsziel waren.
Kann es sein, dass du ein wenig mit der Chronologie durcheinander kommst?
Meine Theorie ist daher die folgende: In den langgestreckten Flusstälern des nördlichen Sauerlandes boten sich für die Germanen ideale Angiffsmöglichkeiten auf die Römer. Aus diesem Grund bestimmte Arminius die Marser als Lockvogel, gegenüber den Römern gaben die Marser dann an, von den Chatten bedroht zu werden. Da die Marser wie die meisten germanischen Stämme wahrscheinlich Bundesgenossen der Römer waren, konnte Varus nicht anders, als ihrem Hilfegesuch Folge zu leisten, und musste sich auf dem Weg von der Weser zum Rhein, der ihn durch Westfalen oder das südliche Niedersachsen führte, durch das Stammesgebiet der Marser bewegen, um zu den Chatten im heutigen Hessen zu gelangen.
Und welcher Quelle entnimmst du das alles?
Orte, die der sehr vagen Beschreibungen in den Quellen ("zwischen Wäldern und Sümpfen") entsprechen, gibt es hunderttausende. Ohne auch nur einen archäologischen Beleg an einem dieser hundertausenden Orte festzuhalten, wo so vieles dagegen spricht (nämlich nicht, als Germanicus die Marser schlug, sondern als er das Bruktererland verheert hatte und in der Nähe der Ems war, befand er sich in der Nähe des Varusschlachtfeldes) ist :fs: verwunderlich.