Vaubans Festungsgürtel vs. Chinesische Mauer

Gegenkaiser

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Ich bin der Ansicht, daß der Festungsgürtel, den die Franzosen unter Ludwig XIV um Frankreich legten, das einzige vormoderne Befestigungswerk ist, dass in die Dimension der Chinesischen Mauer (Ming-Zeit) vorgestoßen sein könnte.

Gibt es Versuche, Vaubans Festungswerk zu quantifizieren? Zahlen zu den bewegten Erdmassen, gebrannten Ziegelsteinen, Längen der unterirdischen Kasematten, Gesamtlänge aller Verteidugungsmauern, Besatzungsstärken, Feuerkraft, Anzahl der Festungen o.ä.?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin der Ansicht, daß der Festungsgürtel, den die Franzosen unter Ludwig XIV um Frankreich legten, das einzige vormoderne Befestigungswerk ist, dass in die Dimension der Chinesischen Mauer (Ming-Zeit) vorgestoßen sein könnte.
Und woran machst Du das fest?
Mir würde zum Vergleich erst einmal der Limes einfallen.
 
Hoi zäme

Vaubans Festungsgürtel betand aus einer Anzahl strategisch günstig gelegenen Festungen, aber keine Mauer wie bei den Chinesen. So gesehen sind die beiden Anlagen kaum vergleichbar. Solche Sperrmaueren, ob der Limes, die Pestmauern oder die Sperranlagen im späten Mittelater funktionierten eigentlich nie...
(... ist ein weitläufiges Thema. Ich habe aber eine lädierte Schulter und kann/darf nicht schreiben!)


Gruss Pelzer

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So gesehen sind die beiden Anlagen kaum vergleichbar.

Klar, militärtechnisch war die Chinesische Mauer die größte Pleite aller Zeiten; bereits veraltet bei der Errichtung und schließlich genommen durch schnöden Verrat (wegen einer Frau auch noch!).

Stattdessen hätten die Ming, so wie Vauban, an den Haupteinfallstoren eine Tiefenstaffelung von Festungen errichten sollen. So wären die einfallenden Nomanden von Nachschub und Rückzug abgeschnitten gewesen und auch der Verrat eines einzelnen Festungskommandeurs hätte nicht gleich den Feinden Tür und Tor ins Hinterland geöffnet.

Vaubans Festungen dagegen hielten Frankreich im Spanischen Erbfolgekrieg noch auf den Beinen, als es auf dem Schlachtfeldern schon längst stehend k.o. war.

Aber heute zählt ja nur der touristische Wert und was hübschere Panoramaphotos bringt; welcher Touri schert sich um Fragen der militärischen Effektivität?

Gibt es Zahlen zu Vaubans Werk?
 
... es sind glaub etwa 150 Festungen rund um Frankreich. Wobei die Bedeutung Vaubans Festungen liegt nicht nur in "seinen" Festungen, sondern viel mehr in seinen neuen Ideen für die Gestaltung von Verteidigungsanlagen...

Gruss Pelzer


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Sie sind auch nicht alle von ihm. Bellegarde z.B., südlich von Perpignan war eine spanische Festung die von ihm lediglich umgestaltet wurde.
 
Sie sind auch nicht alle von ihm. Bellegarde z.B., südlich von Perpignan war eine spanische Festung die von ihm lediglich umgestaltet wurde.
Die meisten vaubanschen Festungen sind Erweiterungen/Verstärkungen bestehender Anlagen. Mir kommt jedenfalls grad nur Neuf-Brisach als völlige Neuplanung in den Sinn…

Gruss Pelzer

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Solche Sperrmaueren, ob der Limes, die Pestmauern oder die Sperranlagen im späten Mittelater funktionierten eigentlich nie...
Kommt darauf an, was man unter "funktionieren" versteht.
Im Sinne von "haben 100%-zuverlässig zu allen Zeiten alle Angreifer abgewehrt" hat in der Tat wohl noch nie eine Verteidigungsanlage "funktioniert.
Ich hielte so einen Anspruch aber für völlig übertrieben.

Die meisten dieser Sperren haben aber sehr wohl funktioniert in dem Sinne, daß sie potentielle Angreifer abgeschreckt bzw. viele Angriffe vereitelt haben, manchmal auch bei größeren Angriffen Zeit für die Verteidiger gewonnen haben. Ein genügend starker Feind kommt natürlich am Ende immer durch.
 
Klar, militärtechnisch war die Chinesische Mauer die größte Pleite aller Zeiten
Das würde ich nicht sagen - schließlich haben die diversen Mauern über 1800 Jahre Angriffe und vor allem Plünderzüge abgehalten.

bereits veraltet bei der Errichtung
Was soll denn damals moderner gewesen sein?

und schließlich genommen durch schnöden Verrat (wegen einer Frau auch noch!).
Das ist m. W. ein Mythos.

Stattdessen hätten die Ming, so wie Vauban, an den Haupteinfallstoren eine Tiefenstaffelung von Festungen errichten sollen.
Das hätte den (ohnehin großen) Aufwand noch deutlich erhöht, ohne viel Zusatznutzen zu bringen.

Vaubans Festungen dagegen hielten Frankreich im Spanischen Erbfolgekrieg noch auf den Beinen, als es auf dem Schlachtfeldern schon längst stehend k.o. war.
Das muß man aber im Kontext stehen.
Im wesentlichen war es die französische Feldarmee, die die Alliierten zwar nicht besiegt, aber doch so abgenutzt hat, daß diese zu einer Invasion nicht mehr wirklich in der Lage waren.
Zum Anderen waren neben den (durchaus sehr wichtigen) Festungen auch das gut ausgebaute Straßen- und Magazinsystem relevant - damit hätte Frankreich den Vorteil der inneren Linien voll nutzend einen eindringenden Feind noch Widerstand leisten können.

Wenn es einfach nur das Festungssystem gegeben hätte - das hätten die Alliierten geknackt, eine Festung nach der anderen.
 
Das würde ich nicht sagen - schließlich haben die diversen Mauern über 1800 Jahre Angriffe und vor allem Plünderzüge abgehalten.

Die heutige Ziegelsteinmauer wurde erst zu Ming-Zeiten errichtet. Marco Polo erwähnt in seinem Reisebericht überhaupt keine Mauer - weil es keine damals gab. Und zu den verschiedenen Zeiten davor, wo es eine 'Mauer' gab, waren es gestampfte Lehmdämme oder Palisaden und allenfalls Trockensteinmauern a la Schöner Garten.

Was soll denn damals moderner gewesen sein?

Ein Festungsgürtel anstatt einer linearen Verteidigung. Aber dazu hätte man Artillerie gebraucht, die bei den Chinesen klein und primitiv blieb.

Das ist m. W. ein Mythos.

Harte Realität.

Das hätte den (ohnehin großen) Aufwand noch deutlich erhöht, ohne viel Zusatznutzen zu bringen.

Nein, eben nicht. Das liegt doch auf der Hand. Man hätte nur einen Bruchteil des Baumaterials benötigt, das man überdies viel leichter und schneller an die Talzugänge und Einfallspässe hätte transportieren können anstatt auf jeden Gipfel in 5000 km Länge. Die Versorgung der Garnisonen wäre ebenfalls unendlich bequemer gewesen.
 
Ein Festungsgürtel anstatt einer linearen Verteidigung.
Hoi zäme

Die von Vauban geplanten Festungswerke hatten neben der Verteidigungsfunktion einen wenig bekannte zweite Aufgabe. Die ganze Konzeption war auch daraufhin ausgelegt, das Desertieren der eigenen Truppen zu verhindern. Das Desertieren führte nämlich oft zu dramatischen „Verlusten“...

Gruss Pelzer

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Ich würde nicht sagen, das die Chinesische Mauer "nutzlos" war. Ansosnten hätten die Chinesen nicht über mehr als 1000 Jahre hinweg insgesamt wohl an die 25000 Kilometer Mauern an ihrer Nordgrenze errichtet.
Vaubans Festungsgürtel würde ich vergleichen mit z.B. den Burgen der Kreuzfahrer im heiligen Land. Keine feste Verteidigungslinie, die den Feind davon abhält das ganze Land zu verheeren, aber genügend feste Plätze, die der Feind einnehmen oder ausschalten muss um seine Nachschublinien zu sichern. Übrigens gab es auch zwischen dem Cerak des Chevalier und benachbarten Festungen ein Signalsystem ähnlich dem, welches der chinesischen Mauer zugeschrieben wird.

Was den Fall der chinesischen Mauer angeht, so soll ein gewisser Mongole gesagt haben, eine Mauer sei nur so stark wie die Menschen, die sie bewachen.
Zum vergleich: 1916 wurde das Fort Duaumont bei Verdun, eine der stärksten Festungen Frankreichs, von einer Handvoll Offiziere und Unteroffiziere der kaiserlichen Armee eingenommen. Man hatte in den frenzösischen Stäben scheins vergessen, dass das Fort nur mit einigen hundert demoralisierten Reservisten besetzt war.
 
Übrigens gab es auch zwischen dem Cerak des Chevalier und benachbarten Festungen ein Signalsystem ähnlich dem, welches der chinesischen Mauer zugeschrieben wird.
Ein Signalsystem gab es in Frankreich ebenfalls u.a. in Form von Signalgeschützen. Zur Verteidigung gehörten außerdem Milizen und Erdschanzen (z.B. an Stränden).
Ebenfalls interessant sind die französischen Forts in Nordamerika. Sie ziehen sich quasi als Gürtel um die 13 Kolonien. Die Stärke variiert von einfachen Erde-Holz-Konstruktionen bis hin zu Festungen nach europäischem Muster.

Ein Festungsgürtel anstatt einer linearen Verteidigung. Aber dazu hätte man Artillerie gebraucht, die bei den Chinesen klein und primitiv blieb.
Im Vaubanschen Festungsgürtel gab es selten überlappende Feuerfelder. Tatsächlich kommt es im 17. und 18. Jahrhundert eher auf die strategische Platzierung der Festungen an. Wenn eine Invasionsstreitmacht gezwungen ist eine Festung anzugreifen ist, müssen die Feuerbereiche des Festungsgürtels sich nicht überschneiden. Eine Umgehung kommt in diesem Fall gar nicht in Frage.
 
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