Ich habe nicht zur Varusschlacht recherschiert, allerdings scheint mir die
Argumentation von Prof. Schoppe in Varusschlacht Band II, Hamburg 2009
schlüssig. Übrigens ist auch die Forschergruppe Schoppe der Meinung,
dass der Veleda-Turm in Cappel stand. Auf Seite 90 heißt es: "Veleda lebte wohl in einem Fachwerk-Turm auf den Ruinen des Kastells Aliso I (Cappel)".
Entschuldige, Schoppe forscht zwar, allerdings in ganz anderen Bereichen, nämlich der
Wirtschaftswissenschaften. Im Bereich der Altertumswissenschaften ist der gute Mann ein Dilettant.
Zur fraglichen Zeit war im Übrigen der Fachwerkbau noch überhaupt nicht entwickelt - es sei denn die Römer hätten Veleda ihr Türmchen gebaut.
Desweiteren ist fraglich, warum Cappel mit Aliso gleichgesetzt wird (mal abgesehen davon, dass es in Cappel
nicht den geringsten Beleg für ein Römerlager gibt!!!), und wie man darauf kommt, dass der Turm der Veleda in den Ruinen von Aliso gestanden habe -
davon ist in den Quellen nämlich nirgendwo die Rede. So etwas nennt man
Phantasie.
Die Veleda-Geschichte wurde uns vor allem von Publius Cornelius Tacitus überliefert.
Publius Cornelius Tacitus war 69/70 n. Chr., als der Rheinkrieg stattfand, 11 oder 12 Jahre alt, quasi Zeitzeuge der Ereignisse. Sein Rhetoriklehrer war Marcus Aper, 46 Jahre alt. Aper stammte aus Gallien und nahm 43 n. Chr. unter Claudius am Britannienfeldzug teil. Aper kannte aus eigener Anschauung die Zustände in Gallien, Germanien und Britannien, er kannte auch die politische Lage vor Ort. Tacitus selber gibt in seiner Schrift Dialogus de oratoribus Auskunft über seinen Rhetoriklehrer.
Kurze methodische Anmerkung: Es ist problematisch, jemanden als Zeitzeugen anzurufen, der die Dinge gar nicht selber erlebt hat. Das ist so, wie wenn ein Mensch, der den Besuch Hitlers in seiner Stadt erlebt hat (und dafür Zeitzeuge ist) für sich in Anspruch nimmt, in seiner Eigenschaft als Zeitzeuge (für den Führerbesuch in seiner Heimatstadt), eine weiterführende Analyse des hitlerischen Denkens vornehmen zu können. Etwas anderes ist das als historisch gebildeter Mensch, aber das ist ein Rollenwechsel. Tacitus also hier als Zeitzeugen aufzuführen geht in die falsche Richtung.
Sein Rhetoriklehrer war Marcus Aper, 46 Jahre alt. Aper stammte aus Gallien und nahm 43 n. Chr. unter Claudius am Britannienfeldzug teil. Aper kannte aus eigener Anschauung die Zustände in Gallien, Germanien und Britannien, er kannte auch die politische Lage vor Ort. Tacitus selber gibt in seiner Schrift Dialogus de oratoribus Auskunft über seinen Rhetoriklehrer.
Woher nimmst du die Informationen über Marcus Aper? Denn die einzige Quelle, die etwas über ihn preisgibt ist das Zwiegespräch der Redner (
Dialogus de oratoribus), intimere Kenntnisse Apers von Germanien lassen sich da aber nicht draus ziehen.
Selbst seine gallische Herkunft würde ich danach als eher unsicher qualifizieren. Diese Annahme basiert nämlich auf einem einzigen Satz:
Quotus quisque, cum ex Hispania vel Asia, ne quid de Gallis nostris loquar, in urbem venit, Saleium Bassum requirit?
Übersetzung: "Wie oft kommt es vor, dass jemand, der aus Spanien oder Asien, um nicht von unserem Gallien zu reden, in die Stadt (ergo Rom) kommt, um nach Salius Bassus zu fragen?"
Es ist im Übrigen völlig unerheblich, von wem Tacitus seine Informationen über Veleda hatte, denn es sind die einzigen Informationen über Veleda, über die wir verfügen, abgesehen von Schmähinschriften gegen die
Ῥηνοπόται (Renopótai, Rhein(wasser)trinker) und Statius, der nur noch einmal die Information von Veledas Gefangennahme wiedergibt, ohne inhaltliches über sie zu berichten. Cassius Dio berichtet von ihr bloß als der Vorgängerin der Ganna. Er gibt zwar so indirekt preis, dass Veleda eine gewisse Bedeutung erlangt haben muss, es lässt sich daraus aber nicht ersehen, worin diese Bedeutung bestand, noch andere Details aus ihrem Leben.
Im Jahr 77 n. Chr., als Veleda von Gallicus nach Rom gebracht wird, heiratet Tacitus die Tochter des Konsuls Gnaeus Iulius Agricola und wird Senator unter Vespasian. Das Tacitus und Veleda sich getroffen und persönlich gekannt haben, ist wahrscheinlich. Tacitus berichtet: " Wir selbst haben unter dem verewigten Vespasian jene Veleda gesehen" (Vidimus sub divo Vespasiano Veledam, Germania, Kap. 8). Tacitus wird auch mit Vespasian über Veleda gesprochen haben.
Das sind schon wieder zu weit reichende Schlussfolgerungen. Viel näher liegender ist, dass Veleda auf dem Triumpfzug vorgeführt wurde. Dies impliziert im Übrigen auch das Zitat, in dem deutlich der Plural
vidimus - '
wir',
nicht '
ich habe(n) gesehen'. Tacitus beruft sich an dieser Stelle rhetorisch geschickt auf die Augenzeugenschaft seiner Leser bzw. Zuhörer. Und du darfst nicht vergessen, dass Tacitus zum damaligen Zeitpunkt gerade zwölf war.