Verdun 27.02.1916

Frankie

Mitglied
Hallo,

in der Kirchenchronik unseres Dorfes hat der damalige Pfarrer nachfolgenden Eintrag vermerkt.

27. Februar 1916 - Nachmittags vernehmen wir die Luftwellen von dem Artilleriefeuer bei Verdun.

Was kann damit gemeint sein?

Ich hatte einmal in einer Dokumentation erfahren, dass z.B. die Minen-Detonationen von Messines 1917 in ganz Europa zu hören waren.

Kann das am 27. Februar 1916 auch so gewesen sein? Wurden an diesem Tag in Verdun auch große Tunnel-Minen gezündet.

Unser Dorf ist ca. 230 km Luftlinie von Verdun entfernt. Können Detonationswellen großer Minen auf diese Entfernung zu spüren sein?

Bin gespannt auf Eure Antworten.
 
Ich kann mir beides nicht vorstellen. Könnte der Pfarrer etwas anderes gemeint oder sich schlicht geirrt haben? Also etwa im Sinne von "Wir vernehmen eine Nachricht"?
Gibt es Hinweise auf Fronturlauber?
 
Zuletzt bearbeitet:
260 Km sind eine Entfernung über die Schallwellen sehr wohl übertragen werden können. Die Explosion von Halifax hörte man noch am Kap Breton, 300 Km entfernt. Die Minenexplosion von Lochnagar-Crater (in Ovillers-la-Boisselle) konnte angeblich in London gehört werden, dass sind 320 km Entfernung. Die Explosion des Oppauer Stickstoffwerkes der BASF bei Ludwigshafen wurde noch in München wahrgenommen, das sind auch ca. 300 km.

Bei verschiedenen großen Explosionen gibt es glaubhafte Berichte, dass man sie in einem Radius von bis 400 km hörte. Darüber hinaus wird es spärlich.

Bei günstigen Wetterbedingungen ist es also denkbar, dass man auch konzentriertes Trommelfeuer auf eine Entfernung von 260 km hörte oder als Vibration wahrnahm.

Das man Messines dagegen in ganz Europa hören konnte, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Laut Wikipedia konnte es angeblich in Dublin und in London gehört werden. London liegt auch ca. 260 km von Messines entfernt, ist also denkbar, Dublin dagegen ca. 800 km das scheint mir unwahrscheinlich.
 
Im Jahre 1908 gab es eine gewaltige Explosion in der sibirischen Tunguska, die als Tunguska-Ereignis (oder auch Tunguska-Explosion) in die Geschichte einging. Die Ursache ist bis Heute nicht zweifelsfrei geklärt. Die erste Expedition in die unwegsame und unzugängliche Tunguska fand erst 1921 statt...

"Bei dem Ereignis wurden Bäume bis in etwa 30 Kilometer Entfernung entwurzelt und Fenster und Türen in der 65 Kilometer entfernten Handelssiedlung Wanawara eingedrückt. Noch in über 500 Kilometern Entfernung wurden ein heller Feuerschein, eine starke Erschütterung, eine Druckwelle und ein Donnergeräusch wahrgenommen, unter anderem von Reisenden der Transsibirischen Eisenbahn." Quelle Tante Wiki

Demnach hängt es von der Detonationsstärke ab, wie weit bzw. in welcher Entfernung etwaige Erscheinungen wahrgenommen werden können ;)
 
Hallo,
danke für Eure Antworten.
auch wenn es aus heutiger Sicht doch sehr unwahrscheinlich klingt, scheint die theoretische Möglichkeit gegeben zu sein.

Nachfolgenden Hinweis aus dem Heeresbericht habe ich im Netz gefunden:

Großes Hauptquartier, 27. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
An verschiedenen Stellen der Front spielten sich lebhaftere Artillerie- und Minenkämpfe ab. Quelle

Demnach sind an diesem Tag zumindest Minen gezündet worden.
 
Hallo,

in der Kirchenchronik unseres Dorfes hat der damalige Pfarrer nachfolgenden Eintrag vermerkt.

27. Februar 1916 - Nachmittags vernehmen wir die Luftwellen von dem Artilleriefeuer bei Verdun.

Was kann damit gemeint sein?

Die Detonationen hätten eigentlich schon tagelang wahrgenommen werden müssen, wenn es hätte wahrgenommen werden können.

Eine andere Erklärung könnte der kollektive Freudentaumel am 26.2.1916 gewesen sein, an dem mit Sonderberichten der größte Sieg seit dem Marne-Vormarsch 1914 gefeiert wurde und in vielen Städten und Dörfern des Reiches die Kirchenglocken geläutet wurden. "Verdun" rückte als aktuell laufende, riesige Schlacht an diesem Tag schlagartig in die öffentliche Wahrnehmung.

Gut möglich, dass es dieses Dorf am 27.2. erreichte, und irgendwelche Detonationsgeräusche in dem Trubel des Tages einfach auf Verdun bezogen wurden.

(Jessen, Verdun 1916)
 
Die Detonationen hätten eigentlich schon tagelang wahrgenommen werden müssen, wenn es hätte wahrgenommen werden können.

Eine andere Erklärung könnte der kollektive Freudentaumel am 26.2.1916 gewesen sein, an dem mit Sonderberichten der größte Sieg seit dem Marne-Vormarsch 1914 gefeiert wurde und in vielen Städten und Dörfern des Reiches die Kirchenglocken geläutet wurden. "Verdun" rückte als aktuell laufende, riesige Schlacht an diesem Tag schlagartig in die öffentliche Wahrnehmung.

Gut möglich, dass es dieses Dorf am 27.2. erreichte, und irgendwelche Detonationsgeräusche in dem Trubel des Tages einfach auf Verdun bezogen wurden.

(Jessen, Verdun 1916)

Den Geschützdonner an der Somme und in Flandern soll man bis London gehört haben, jedenfalls werden solche Aussagen immer wieder kolportiert.

Was den kollektiven Jubel auf beiden Seiten der Front betrifft, dürfte sich der in vielen Ortschaften bald gelegt haben. In GB wurden 1916 reihenweise die "Pal-Battailions" (Kumpelbataillione) aufgestellt, bei denen sich Vereine und Freundeskreise geschlossen beim gleichen Truppenteil anwerben ließen. Manche Ortschaft, mancher Stadtteil, mancher Verein und natürlich auch viele Familien verloren in wenigen Tagen, manchmal an einem einzigen Morgen wie am 1. Juli 1916 den Großteil ihrer männlichen Bewohner in der Altersklasse von 20-30Jährigen, und ähnliches widerfuhr auch mancher deutschen Einheit, deren Kontingente sich aus dem gleichen Regierungsbezirk oder Landkreis rekrutierten.

Als die Briten am 1. Juli 1916 nach siebentägigem Beschuss der deutschen Stellungen aus den Gräben stiegen, erlitten sie an diesem Tag mehr als 50.000 Mann Verluste, darunter fast 20.000 Tote, von denen die meisten in den ersten Morgenstunden getötet wurden. Es erging der Befehl, das Niemandsland gehend zu durchqueren, und manche Offiziere versicherten, kein Deutscher könne das Artilleriefeuer überlebt haben. Weiter im Süden, wo die französische Armee die Briten in der Sommeschlacht unterstützten, waren die Verluste der Franzosen weit geringer, ca 2.000 Mann an Verwundeten und Toten.
 
Die Detonationen hätten eigentlich schon tagelang wahrgenommen werden müssen, wenn es hätte wahrgenommen werden können.

Eine andere Erklärung könnte der kollektive Freudentaumel am 26.2.1916 gewesen sein, an dem mit Sonderberichten der größte Sieg seit dem Marne-Vormarsch 1914 gefeiert wurde und in vielen Städten und Dörfern des Reiches die Kirchenglocken geläutet wurden. "Verdun" rückte als aktuell laufende, riesige Schlacht an diesem Tag schlagartig in die öffentliche Wahrnehmung.

Gut möglich, dass es dieses Dorf am 27.2. erreichte, und irgendwelche Detonationsgeräusche in dem Trubel des Tages einfach auf Verdun bezogen wurden.

(Jessen, Verdun 1916)


Die Einnahme des stärksten Forts im Festungsgürtel vor Verdun, des "Sargdeckels" wie die Landser Fort Douaumont nannten wurde in Deutschland mit Kirchenglocken eingeläutet. Als die Briten am 20. November 1917 in der Tankschlacht von Cambrai die Siegfriedlinie an einem der stärksten Punkte durchbrachen, läuteten die Glocken von St. Paul`s Cathedral. Hüben wie drüben war der Jubel verfrüht. im März 1916 lief sich die deutsche Offensive auf dem westlichen Maasufer am "Toten Man (Mort Homme) und Höhe 304 fest, und die Deutschen konnten im Dezember 1917 fast das gesamte Gelände bei Cambrai zurückerobern.
 
Den Geschützdonner an der Somme und in Flandern soll man bis London gehört haben, jedenfalls werden solche Aussagen immer wieder kolportiert.

Was den kollektiven Jubel auf beiden Seiten der Front betrifft, ...

Eben. Aufgrund des direkten Zusammenhangs mit dem "Jubeltag" halte ich eine kollektive Einbildung für möglich. Man wird davon überzeugt gewesen sein, das gehört zu haben.
 
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