Verfolgung der Hugenotten durch Ludwig XIV.

Richildis

Mitglied
Geschah die massive Verfolgung der Hugenotten (resp. der Kamisarden in den Cevennen) durch Ludwig den XIV. hauptsächlich aus religiösen oder eher aus politischen Gründen?
 
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Ich glaube religiöse Gründe interessierten Ludwig XIV wenig.
Allerdings bildeten die Hugenotten seit Heinrich IV eine Art Staat im Staate mit eigenen befestigten Plätzen wie z.B. La Rochelle und teilweise erheblichen Sonderrechten. Und das stand in krassem Gegensatz zum Staatsverständnis des Absolutismus unter Ludwig XIV (l`état, c´est moi )
Daher konnte der König Sonderrollen gesellschaftlicher Gruppen nicht akzeptieren.
Wo es ging ,z.B. bei der kommunalen Selbstverwaltung, wurden diese partikularen Sonderrechte auf legalem Wege außer Kraft gesetzt, wo sich Widerstand regte, z.B. bei den Hugenotten oder der Fronde gewaltsam.
Hinzu kam, daß durch eine Staatsreligion, insbesondere wenn sie wie der Katholizismus hierarchisch aufgebaut war, das Staatsvolk leichter beherrschbar war als dies bei mehreren Konfessionen mit starken dezentralen bzw. auch demokratischeren Elementen der Fall war.
Der Protestantismus und das Hugenottentum waren zudem die Konfession des aufstrebenden Bürgertums, das sich von der hierarchischen Ständegesellschaft zu emanzipieren versuchte und stand damit bereits grundsätzlich dem absolutistischen Staatsverständnis entgegen. -Das mag im übrigen auch einer der Gründe gewesen sein,warum sich im protestantischen Preußen der aufgeklärte Absolutismus (mit dem König als erstem Diener seines Staates) herausbildete.
 
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Die Kamisarden waren übrigens mehr eine soziale als eine religiös motivierte Aufstandsbewegung, wenngleich die weit überwiegende Mehrzahl dem hugenottischen Bekenntnis anhing. bzw. sich deshalb vom Katholizismus abwendete,weil er die sozialen Fragen nicht löste.
 
Die Widerrufung des Ediktes von Nantes diente, wie schon von zaphod geschrieben, politischen Zwecken und stand unter dem Motto "Une foi, une loi, un roi" (Ein Glaube, ein Gesetz, ein König). Die Einschränkung der Rechte der Hugenotten hatte bereits Anfang des 17. Jahrhunderts begonnen, da bereits die Vorgänger Ludwig XIV. danach strebten, ihre Macht zu zentralisieren und zu monopolisieren. Mittel dazu war die Schaffung eines einheitlichen Staatsvolkes mit einer einheitlichen Staatsreligion unter Führung des Monarchen. Auch katholische Gruppierungen, die sich nicht in dieses Schema fügen wollten, bekamen ein Problem mit dem König - das ging bis zum offenen Konflikt mit dem Papst (Gallikanische Artikel von 1682).
Besonders nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes danach wurden die verbliebenen Protestanten und Hugenotten nach wie vor als Bedrohung für ein zentralisiertes Frankreich angesehen und daher unerbittlich unter Druck gesetzt, zum Katholizismus zu konvertieren, u. a. durch die berüchtigten Dragonaden. Daraufhin flohen viele aus dem Land bzw. mussten ihren Glauben im Untergrund praktizieren, die sogenannte "Kirche in der Wüste" (église du desert).

(Alldas nachzulesen bei Barbara Dölemeyer: Die Hugenotten, Stuttgart 2006, S. 22 ff.)

Interessant ist, dass den Hugenotten bei strengster Strafe (Galeerenstrafe für Männer, Einkerkerung und Einzug ihrer Güter für Frauen) verboten wurde, das Land zu verlassen. Die Ströme hugenottischer Auswanderer mussten unter teils abenteuerlichen Bedingungen heimlich fliehen. Ihre Güter wurden jedoch nicht zu Gunsten der Krone enteignet, wie man wohl vermuten könnte, sondern unter Zwangsverwaltung gestellt und zurückgegeben, sobald der geflohene a) zurückgekehrt und b) konvertiert war.
Ich habe für dieses Vorgehen noch keine Begründung gefunden. Ein möglicher Grund wäre, dass durch das Auswanderungsverbot die Gründung bzw. Verstärkung einer großen wohlorganisierten Gemeinde von Exil-Hugenotten verhindert werden sollte, die von außen die Machtposition des Königs destabilisieren sollte, bzw. durch die Rückgabe der Güter die bereits im Ausland befindlichen Hugenotten einen Anreiz zur Rückkehr erhalten sollten.
 
Nun,das Auswanderungsverbot könnte auch rein merkantile Gründe gehabt haben.
Viele Hugenotten gehörten dem aufstrebenden Bürgertum an und waren hochspezialisierte Handwerker und Händler. So waren die Tuchmanufakturen in Lyon und der wichtige Hafen von La Rochelle fest in hugenottischer Hand,
In Deutschland nahmen viele Landesherrn (z.B. in Hessen,Preußen,der ChurPfalz) Hugenotten daher gerne auf und privilegierten sogar deren Ansiedlungen.
Dessen war sich die französische Monarchie wohl bewußt und wollte mit dem Auswanderungsverbot den Abfluß von know how und Wirtschaftskraft aus Frankreich verhindern.
 
In Deutschland nahmen viele Landesherrn (z.B. in Hessen,Preußen,der ChurPfalz) Hugenotten daher gerne auf und privilegierten sogar deren Ansiedlungen.

Nicht zu vergessen das Edikt von Potsdam 1685, mit dem der Große Kurfürst 20000 französischen Protestanten erlaubte, sich in seinem Herrschaftsbereich anzusiedeln. Nach früheren Lehrmeinungen soll der Große Kurfürst sogar in Einzelfällen inhaftierte Hugenotten von dem französischen König freigekauft haben, entspricht dies auch dem heutigen Kenntnisstand? Fest steht, dass protestantische Inhaftierte von ihren Familien freigekauft werden konnten. Sicher war Ludwig das soziale Gefüge der protestantischen Familien untereinander, das sich in etwa wie eine beginnende Demokratie entwickelte, ein Dorn im Auge und er fühlte sich wahrscheinlich in seiner absoluten Macht bedroht, obwohl die Hugenotten als königstreu galten.
:grübel: Gruß Ri
 
Freikaufen ging wohl nur in Einzelfällen , viele , die nicht konvertierten oder emmigrierten wurden lange eingekerkert.
Bekanntestes Beispiel ist Mme. Marie Durand, die 38 Jahre lang bis 1768 im Tour Constance in Aigues Mortes eingekerkert war (und dort das Wort "recicter" in die Wand geritzt hat).

Das Edikt von Potsdam u.ä. Edikte in anderen Staaten hatte übrigens zur Folge ,daß viele Hugenottenorte nach den betreffenden Herrschern benannt wurden, und insbesondere Preußen so eine Art inoffizielle Schutzmacht der Hugenotten in Deutschland wurde. Deshalb wurden viele Ansiedlungen Friedrichsdorf oder so ähnlich genannt In meiner Gegend z,B. waren dies Friedrichsdorf bei Frankfurt und bei Mannheim, und in Worms gibt es eine ursprünglich hugenottische,später protestantische Friedrichskirche, die unter dem direkten Patronat des preußischen Regenten stand.
 
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. Deshalb wurden viele Ansiedlungen Friedrichsdorf oder so ähnlich genannt In meiner Gegend z,B. waren dies Friedrichsdorf bei Frankfurt und bei Mannheim, und in Worms gibt es eine ursprünglich hugenottische,später protestantische Friedrichskirche, die unter dem direkten Patronat des preußischen Regenten stand.

Im Saarländischen ist ein bekannter Hugenottenort Illingen. Ansonsten gab es m.W. keine derartigen Ballungszentren wie unter dem preußischen Herrschaftsgebiet.

Gruß Ri
:winke:
 
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