Vergleich: Sklaven in islamischen und christlichen Gebieten

lynxxx

Aktives Mitglied
Hi Leute,

ich weiß, es gibt schon den (leider) zweit meist besuchten Thread "Wie Muslime Christen einst zu Sklaven machten" in diesem Forumsbereich.
Aber dieser Thread ist so voller falscher Beiträge, Vorurteile, Bewertungen, und Aufrechnungen der Gräuel, dass es sich nicht lohnt, auf alles einzugehen. Sicher ist vieles dort auch richtig, aber es geht doch einiges durcheinander. Da dieses Thema anscheinend so beliebt ist, wohl auch durch google-Besucher, hab ich mir gedacht, hiermit ein Korrektiv zu bilden.

Außerdem hab ich hier eine etwas andere Intention, was diesen neuen Thread rechtfertigen soll:

1. Ich möchte den Focus im islamischen Bereich gerne auf normale Sklaven richten, also die Sklaven, die vorwiegend im Haushalt und z. T. in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. NICHT die Militärsklaven, z.B. Mamluken, Janitscharen, etc. Auch nicht über die Slaven des Herrscherhauses.
Denn darüber ist hier schon viel geschrieben worden, und sie bilden eine eigene Kategorie (Sklaven in einer Sklavenarmee, unterm dem Befehl des Sklavengenerals, der wiederum Sklavenkönigen und -dynastien dient.), im Vergleich mit den gewöhnlichen Sklaven.

2. Ich möchte hier möglichst eher Fakten als Vermutungen und Bewertungen sehen.

3. Die Antike brauchen wir nicht zu beschreiben, da gibt's hier im Forum auch genug Infos.


Ich zitiere mal zu Anfang einige Bücher hieraus:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=14238

Im Gegensatz zur antiken Welt war im Islam ein Sklave nicht mehr nur ein Eigentum, sondern eine Person mit einem anerkannten rechtlichen und moralischen Status. Die Frauen, obwohl weiterhin Polygamie und Konkubinat unterworfen, erhielten Besitzrechte, die man ihnen im Westen erst in der Moderne gewährte. ... Freie Personen konnten nur versklavt werden, wenn sie in einem Krieg gefangengenommene Ungläubige waren. ... Das islamische Gesetz und seine Praxis dagegen beschränkten die Versklavung freier Menschen bereits in einem frühen Stadium, und zwar ausschließlich auf Nichtmuslime, die in einem Krieg gefangengenommen oder besiegt wurden. ... Im Mittelalter konnten wurden sie (die europäischen Sklaven) hauptsächlich von westeuropäischen Sklavenhändlern und Vermittlern angeboten. (Dies änderte sich mit den Osmanen, die den Zwischenhandel bei der Eroberung des Balkans nicht mehr brauchten.)...(Übrigens beruhte die mittelalterliche islamische Wirtschaft im Gegensatz zur Antike nicht in erster Linie auf der Sklavenarbeit.) Denn in islamischen Ländern setzte man Sklaven zumeist im Haushalt ein, nicht in der Wirtschaft.


...

Personen minderen Rechts sind weiterhin die Sklaven, von denen schon gelegentlich die Rede war, vor allem in dem Sinn, dass wir uns bei der Sklaverei in der Geschichte der islamischen Länder von den Vorstellungen lösen müssen, die sich mit der Plantagensklaverei der Antike bzw. Nordamerikas und der Karibik verbinden. Für die Sklaven gilt ebenso wie bei den Nicht-Muslimen, dass es unter ihnen sehr reiche und einflussreiche Personen geben kann, und das nicht unbedingt als die große Ausnahme. Bei Nicht-Muslimen ebenso wie bei Sklaven geht minderer juristischer nicht mit einem unteren sozialen Status zusammen, jedenfalls nicht unbedingt. Es gibt im Sklavenrecht eine ganze Menge von Regelungen, die auch die Geschäftsfähigkeit von Sklaven sichern (es gibt Sklaven, die sich den eigenen Kaufpreis erarbeiten können, sie werden z.B. als Karawanen- Händler eingesetzt). Die Freilassung von Sklaven gilt als eine fromme Tat, so dass oft die Freilassung aller oder etlicher Sklaven beim Tod des Herrn verfügt wurde. Für eine Menge der Dynastien – so auch der ʿAbbāsiden – gilt, dass die Herrscher fast nur noch mit Sklavinnen verheiratet wurden, die in dem Moment, wo sie ein Kind bekamen, die Freiheit erlangten (das ist ein spezieller Status für Sklavinnen, die Mutter werden). Die Freilassung eines Sklaven kann auch als Sühneleistung erfolgen, wenn man gottesdienstliche Pflichten nicht erfüllt hat oder z.B. einen Schwur nicht hat halten können. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass Sklaven „noch nicht Freigelassene“ sind.

Hier noch mehr Infos:
http://www.fordham.edu/halsall/med/lewis1.html

Dass soll erstmal reichen.

Wie schaut's denn bei den christl. Reichen aus?

Später mehr.
Ciao, und LG, lynxxx
 
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Hi,
ich möchte hier mal zwei interessante kurze Stellen aus dem Lexikon des Mittelalters für euch zitieren, bezüglich Sklaven im Osmanischen Reich:

"Männliche und weibliche Sklaven dienten hauptsächlich in den Häusern wohlhabender Familien. Viele waren Kriegsgefangene, die in Ermangelung eines Lösegeldes in die Sklaverei verkauft worden waren. Größere Städte verfügten über einen Sklavenmarkt. Im 15. und 16. Jh. wurden in Bursa zahlreiche Sklaven und Sklavinnen in der Seidenweberei (Seide) beschäftigt; oftmals versprach ihnen der Besitzer die Freiheit, wenn sie eine bestimmte Menge Stoff gewebt hatten. Männl. Sklaven wurden auch in Kaufmannskontoren angestellt und manchmal von ihren Besitzern auf Handelsreisen geschickt. Nach der Freilassung kam es vor, daß sich vormalige Sklaven, zuweilen mit Unterstützung des ehemaligen Besitzers, als Händler etablierten. Freilassungen wurden als gutes Werk im religiösen Sinn betrachtet und sind häufig belegt, besonders als testamentarische Verfügung. Die Sklavin, die ihrem Herrn ein Kind geboren hatte, das dieser als das seinige anerkannte, kam beim Tode des Herrn automatisch frei. Ehen mit ehemaligen Sklavinnen sind ebenfalls belegt, auch errichteten manche Wohlhabende fromme Stiftungen zur Versorgung ehemaligen Sklaven.
Die Verwendung von Sklav(inn)en im Gewerbeleben Bursas war durch die Rolle dieser Stadt im Fernhandel bedingt. Die Bursaer Seidenmanufakturen verarbeiteten aus Iran importierte Rohseide. Während des osman.-iran. Krieges, der auf die Etablierung des Safawidenstaats durch Schah Isma'il I. folgte, verbot Selim I. den Seidenimport. Zwar konnte die Einfuhr iran. Seide noch einige Jahre lang über Aleppo erfolgen, doch die osman. Eroberung des Mamlukenreiches 1515-17 setzte auch diesem Handel ein Ende, bis Süleyman der Prächtige das Verbot aufhob.
...
Bei den osmanischen Eroberungszügen wurden nichtmuslimische Kriegsgefangene häufig versklavt. Allerdings zahlten bei Eroberung wichtiger Städte die Sultane bisweilen das Lösegeld für einen Teil der Gefangenen. Von den Kriegsgefangenen sowie von importierten Sklaven stand dem Herrscher ein Fünftel (Pencik) zu; aus ihm rekrutierten sich ursprünglich großenteils die Janitscharen (s. a. Knabenlese). Die Vergrößerung der Kriegsflotte im 16. Jh. führte zum verstärkten Einsatz von Sklaven als Ruderer auf Galeeren und Arbeitskräfte im Arsenal. Ausgewählte junge Männer und Mädchen wurden für den Palastdienst bestimmt.
Slaven und Sklavinnen, die nicht dem Sultan gehörten, wurden meist zu persönlichen Diensten verwendet, Sklavinnen bisweilen in Gesang und Tanz ausgebildet. Auf den großen Stiftungen in der Nähe Istanbuls waren Sklaven in der Landwirtschaft beschäftigt, auch auf den Gütern wohlhabender Sultansdiener waren oft kleine Gruppen von Sklaven tätig (belegt seit Mitte des 16. Jh., Gepflogenheit aber wohl älter). In Bursa wurden Sklaven beiderlei Geschlechts in der Seidenweberei eingesetzt, männl. Sklaven auch in Kaufmannskontoren. Durch den (oft von Janitscharen betriebenen) Sklavenhandel kamen (über die Häfen des Schwarzen Meeres) Tscherkessen und Georgier ins Land, aber auch Sklaven exotischer Herkunft (z. B. aus Indien).
Freilassungen (als religiös bedingtes 'gutes Werk' oder durch Freikauf) waren häufig. Es gab Herren, die einem Sklaven bzw. einer Sklavin nach Ablauf einer bestimmten Zeit oder nach Ausführung einer vorher festgelegten Arbeit verbindlich die Freilassung in Aussicht stellten (kitabet). Bei testamentarischer Freilassung wurden die Freigelassenen zuweilen mit Arbeitsgerät oder Aussteuer versehen; allerdings durfte der Wert des Sklaven ein Drittel des Nachlasses nicht übersteigen, weil zwei Drittel den leiblichen Erben zustanden. Kinder einer Sklavin, die von ihrem Herrn als die seinen anerkannt waren, galten als frei und besaßen Erbrecht, die Mütter kamen beim Tod des Besitzers frei. Sklaverei, die sich über Generationen erstreckte, war deshalb nahezu unbekannt."


Guten Kaffeedurst.
LG lynxxx
 
Also ich kann mich daran erinnern das ganz anders gelesen zu haben.
Das Los von Sklaven in islamischen Gebieten soll ein weit schlimmeres gewesen sein als sonst irgendwo davor und danach, und der islamische Sklavenhandel soll den transatlantischen Sklavenhandel im Umfang und Dauer* weit übertroffen haben, wobei die Schrecken von Zwangskatration zur "Produktion" von Eunuchen und Lustkanben**, bis zum Kriegsdienst und Vergewaltigung reichen.



*dauert teils bis heute an, und wird von Rechtsgelehrten wie Saleh ibn
Fawzan verteidigt und religiös begrüdnet.
**zB Jaya Goapl, Gabriels Einflüsterungen 229ff.
 
Also ich kann mich daran erinnern das ganz anders gelesen zu haben.
Das Los von Sklaven in islamischen Gebieten soll ein weit schlimmeres gewesen sein als sonst irgendwo davor und danach,

Woran will man festmachen, dass das "Los von Sklaven in islamischen Gebieten" schlimmer war als das von Sklaven zu anderen Zeiten in anderen Kulturen? Z.B. von Römischen Arbeitssklaven in Blei- oder Quecksilberbergwerken, indianische Zwangsarbeiter im Silberberg von Potosi, Schwarzen Plantagensklaven auf Haiti oder Cuba, Chaingangs in Louisiana oder Sklavenarbeiter in Mittelbau Dora und Magadan?



und der islamische Sklavenhandel soll den transatlantischen Sklavenhandel im Umfang und Dauer* weit übertroffen haben, ...


In Dauer vielleicht, in Umfang glaube ich nicht. Die Millionen von Sklaven die per Schiff zwischen 1500 und 1890 gehandelt wurden sind zum Teil gut dokumentiert, über den Arabischen Sklavenhandel gibt es nur vage Schätzungen die ich persönlich für reisserisch und übertrieben halte, allein aus dem Grund dass es wesentlich leichter ist, größere Menschenmengen per Schiff zu transportieren als zu Fuß durch die Wüste.

...wobei die Schrecken von Zwangskatration zur "Produktion" von Eunuchen und Lustkanben**, bis zum Kriegsdienst und Vergewaltigung reichen.

Eunuchen hat es bereis in Rom und später in Byzanz gegeben, in Indien und in China sogar bis um 1900.

Reiche Römerinnen sollen sich sogar teilkastrierte Sklaven gehalten haben als Zeugungsunfähige Lustknaben. (So zumindest bei Juvenal zu lesen).

Das Sklaven und Sklavinnen rechtlos und damit jederzeit einer Vergewaltiugung ausgesetzt waren ist auch für alle sklavenhaltenden Kulturen typisch. Nicht umsonst ist die Zwangsprostitution die heute noch verbreiteste Sklavereiform.

Sogar der Zwangswehrdienst ist keine Islamische Erfindung. Sklavensoldaten gab es bereits in der Antike, in Asien, Afrika und Südamerika. Ein bedeutender Teil der Infanterie in den Lateinamerikanischen Unabghängigkeitskriegen waren paradoxerweise schwarze Sklaven und noch der Krieg der Tripleallianz wurde von brasilianischer Seite mit Sklaven als Soldaten geführt.

Also nihil novo sub sole. Der Hang dazu seine Mitmenschen zu versklaven, ist eine der hässlichsten menschlichen Eigenschaften und wird gerne auf "die Anderen" projiziert.
 
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Nergal bezieht sich wahrscheinlich hierauf http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/lesezeit/144916/index.html
Dass bei den Arabern alle männlichen, schwarzen Sklaven kastriert wurden, hatte ich vorher noch nicht gewusst. Das würde natürlich das Fehlen von schwarzen Sklavennachkommen , anders als in Amerika, auf arabischen Gebiet erklären.

Ich habe das ehrlich gesagt auch noch nie gehört oder gelesen, und in Nordafrika, in Mauretanien und Marokko gibt es definitiv abkömmlinge von Schwarzafrikanern.

Ich bezweifle nach wie vor die Aussage "Zwischen 1860 und 1890 verschleppten die Araber mehr Sklaven als die Europäer in einem ganzen Jahrhundert." Das halte ich für sehr unwahrscheinlich, wir sprechen schliesslich von zwischen 11 und 15 Mio vVerschleppten in ca. 350 Jahren im Atlantischen Sklavenhandel. Wie soll man in 30 Jahren zwischen 3 und 5 Millionen Menschen aus einer dünn besiedelten Gegend rauben und durch die Wüste treiben?

Wozu denn überhaupt? In Nordafrika und Arabien gab es doch gar keine Plantagen oder Bergwerke die solche gewaltigen Mengen an Sklaven benötigen würden.
 
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Das mit den 30 jahren halte ich für nicht machbar, allerdings hat der Sklavenhandel bereits seit Mohammed einen großen Schub erhalten dieser hat ja durch Kriegserfolge Sklaven massiv als Beute verteilte*, und noch in den 60ern war Sklavenhandel in Teilen Arabiens legal. Bei der Mengen der Verschleppten soll es sich um über 20 Millionen gehandelt haben natürlich nicht alles für Arabien, dieses ist ja nicht alleine die islamische Welt. Nur der Menschenraub aus Europa durch nordafrikanische Piraten soll 1 Mio. Sklaven eingebracht haben (dazu gibt es einen interessanten Geobericht, wobei ich das Heft erst suchen müßte).


*Das freilassen von Sklaven wurde von ihm selbst ja als gute Tat bezeichnet, was sich aber nicht unbedingt weit herumgesprochen hat, auch nicht bei ihm selbst.
 
Der große Unterschied wird wohl der sein, dass Sklaverei in den islamischen Reichen nichts mit der Hautfarbe zu tun hatte. Sehr viele Europäer wurden ja verschleppt.

Natürlich muss man auch erwähnen das z.B Kriegssklaven Janitscharen und Andere, rechtlich Sklaven, de fakto die mächtigste Gruppe im Osmanischen Reich waren.
 
Nergal bezieht sich wahrscheinlich hierauf http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/lesezeit/144916/index.html
Dass bei den Arabern alle männlichen, schwarzen Sklaven kastriert wurden, hatte ich vorher noch nicht gewusst. Das würde natürlich das Fehlen von schwarzen Sklavennachkommen , anders als in Amerika, auf arabischen Gebiet erklären.

In dem Artikel steht nicht "alle" sondern "die meisten". Ich kann für al-Andalus, vor allem für das 9. - 11. Jhdt. nur sagen, dass man zwar europäische und afrikanische Sklaven ethnisch grob unterschied, nämlich in 'abīd (schwarze Sklaven) und ṣaqāliba (europäische Sklaven), aber bei beiden Gruppen gibt es Fälle von Kastration und auch solche, wo keine Kastration stattfand. Dass dahinter rassistische Motive standen, wage ich eher zu bezweifeln. Gerade im Bereich der Militärsklaven (die Mamluken waren ethnisch meist Turkvölker) dürfte da zunächst das Motiv bestanden haben, den herrschaftlichen Harem vor Seitensprüngen zu schützen, aber auch, den traditionellen Ǧund, gewissermaßen ein Volksaufgebot, zu entmachten und eben an seine Stelle nicht eine neue sich reproduzierende Gruppe zu setzen, sondern Menschen ohne soziale Bindung und ohne reproduzierende Faktoren, die vor allem von den Wohltaten ihres Besitzers abhängig und diesem hörig waren. Der Einsatz kastrierter Militärsklaven war also ein herrschafts- und dynastiesicherndes Instrument. Ein Sklave konnte gleichzeitig aber auch in die sozial höchsten Ränge aufsteigen und Machtpolitik betreiben - wie man am Bsp. der Mamluken aber auch einiger andalusischer Kleinkönigreiche sehen kann. Die meisten andalusischen Kleinkönige sklavischer/slawischer Herkunft (Almería, Valencia, Tortosa...) konnten natürlich keine Dynastien gründen, aber auch hier gibt es - wie bei den Mamluken - durchaus ein Bsp., nämlich al-Muǧāhid, den Herrscher des Kleinkönigreiches von Denia, der sehr wohl Kinder hatte. Nun gut, wir reden hier eigentlich über eine spätere Zeit, hier möchte ich mich Bdaian anschließen: Es ist nur schwer möglich, durch die Wüste mehr Menschen zu verschleppen als mit dem Schiff.
 
In Frankreich gibt es das sogenannte Taubira Gesetz.Laut diesem Gesetz erkennt die Französische Republik ihren Anteil am transatlantischen Sklavenhandel an.Diese historische Existenz des besagten Handels in Frage zu stellen ist also verboten.

Das ergibt natürlich lebhafte Diskussionen.


Forum Histoire - Passion Histoire • Afficher le sujet - Loi Taubira

Stand nach 15 Seiten-der innerafrikanische Sklavenhandel war der älteste und größte.Und ja, es gab Minen in Westafrika und er dauert bis heute an.
 
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Dass bei den Arabern alle männlichen, schwarzen Sklaven kastriert wurden, hatte ich vorher noch nicht gewusst. Das würde natürlich das Fehlen von schwarzen Sklavennachkommen , anders als in Amerika, auf arabischen Gebiet erklären.

Das hier gibt vielleicht Aufklärung, Cambridge History of World Slavery, Vol. 3, S. 58:

"The prohibition of castration was universally maintained by Muslim legal thinkers, and the problem of eunuchs was handled in much the same fashion as the problem of illegal enslavement.
There were centers of “production” all over Islamic Africa meeting continental as well as intercontinental demand. Important sites before the nineteenth century included Ethiopia (probably the oldest), several loca- tions in Upper Egypt, Bagirmi south of Bornu ̄, and the Hausa-Kanuri state of Damagaram in what is now Niger. Prepubescent captives were the usual victims, as adults were thought unlikely to recover physically or psycho- logically from the operation. Eunuchs were worth many times more than their unemasculated counterparts, but mortality rates could be as high as 90 percent even for young boys. Many specialized locations for eunuch manufacture were at the fringes of dar al-Islam and run by non-Muslims, such as Coptic monks, Jews, and Mossi traditionalists. But some Muslims also performed the mutilations. To maximize profits, slavers mutilated chil- dren at some distance from the site of their capture, but before beginning a usually long journey to market. In this way food and water would not be “wasted” on the boys, most of whom were likely to die after being mutilated."

Die angangs erwähnten osmanischen Verbote für Kastration sollen 1715 eingesetzt worden sein, illegal lief das weiter wegen der höheren Preise.
 
Der große Unterschied wird wohl der sein, dass Sklaverei in den islamischen Reichen nichts mit der Hautfarbe zu tun hatte. Sehr viele Europäer wurden ja verschleppt..
Bei den Schwarzafrikanern hat das sehr wohl etwas mit der Hautfarbe zu tun. Noch heute bezeichnen die arabischen Sudanesen ihre schwarzen Mitbürger als "die Sklaven".
Die Europäer galten wegen ihrer Religion als minderwertig und konnten deshalb versklavt werden. Beim Fang von Europäern durch Korsaren stand auch häufig ein Lösegeld im Vordergrund. Nachdem sie in Algier, Tunis oder Bizerta an Land gebracht wurden, sortierte man sie nach Wohlhabenden und Habenichtsen . Von wem ein Lösegeld erwartet wurde, der durfte eine Nachricht in seine Heimat senden. Der Rest wanderte auf die Galeeren oder die Steinbrüche. Einige von Diesen hatten aber, oftmals nach Jahren auch das Glück von Spenden ihrer Heimatländer (z.B. Hamburger Sklavenkasse) freigekauft zu werden.
Schwarzafrikaner hatten keine Möglichkeit jemals wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Für sie war die Sklaverei endgültig.
 
Ein Eunuch soll etwa den dreifachen Preis eines starken und gesunden "Normalsklavens" gekostet haben (Jaya Gopal, auch andere aber ich hab die Titel nicht im Kopf).

Ich werde jedenfalls meinen Buchbestand durchsuchen um das zu belegen, weil nun hat mich wieder wer rot bewertet, und zwar nur mit dem Text "Quelle?" begründet, etwas was man zumindest hier gleich reinschreiben hätte können >:-(
 
Jeder Vergleich hinkt, so lange man für Morgen- und Abendland unterschiedliche Sklavenbegriffe verwendet.
Bei Betrachtungen des Abendlands wird meist versucht fein säuberlich zwischen Unfreien und Minderfreien, Leibeigenen, Ministerialen und Sklaven unterschieden. Beim Blick durch diese Brille kommt man natürlich zu der Erkenntnis, dass Sklaverei im christlichen Europa nur eine geringe Rolle gespielt, zumal die christliche Peripherie in Byzanz oder gar im Kaukasus in der Regel unberücksichtigt bleibt und das obwohl es gerade dort direkte Traditionslinien von der christlichen zur islamischen Sklaverei gibt.
Bei europäischen Betrachtung der Sklaverei in islamischen Gebieten werden aber in der Regal alle Arten der Erbuntertänigkeit, Vasallität, Verschleppung, Knechtschaft oder Unfreiheit unter dem ausgeweiteten Sklavereibegriff zusammengefasst. So kommt man natürlich zu den Annahmen, dass die Sklaverei in der islamischen Welt weiter verbreitet und irgendwie milder oder wenigstens differenzierter sei als im christlichen Europa. Die Zanj unterschieden sich in ihrer Situation kaum von Plantagensklaven in der neuen Welt, die Mamlukken wenig von einem unfreien mittelalterlichen Ministerialenheer und die osmanischen Eunuchen kaum von den byzantinischen usw.
 
In dem Artikel steht nicht "alle" sondern "die meisten". Ich kann für al-Andalus, vor allem für das 9. - 11. Jhdt. nur sagen, dass man zwar europäische und afrikanische Sklaven ethnisch grob unterschied, nämlich in 'abīd (schwarze Sklaven) und ṣaqāliba (europäische Sklaven), aber bei beiden Gruppen gibt es Fälle von Kastration und auch solche, wo keine Kastration stattfand. ..

Im Text steht wörtlich "Wer auf den Sklavenmärkten ankommt, wird kastriert. Auf jeden Überlebenden dieser gefährlichen Operation kommen vier Tote."

Ich bitte aber mal darauf zu achten, was so alles behauptet wird:

"Eunuchs were worth many times more than their unemasculated counterparts, but mortality rates could be as high as 90 percent even for young boys."
"Ein Eunuch soll etwa den dreifachen Preis eines starken und gesunden "Normalsklavens" gekostet haben (Jaya Gopal, auch andere aber ich hab die Titel nicht im Kopf).
Abgesehen davon, dass sich die Angaben in den Zahlen doch massiv unterscheiden, macht das Ganze keinen realen Sinn: Wenn ein Eunuch das dreifache eines normalen Sklaven wert war, jedoch vier von fünf oder sogar 90% davon starben, dann geht die Rechnung nicht auf. Sklavenhändler waren Händler und "Ware" die einem Wegstirbt ist nichts mehr wert.

Ich glaube nicht dass so massiv kastriert wurde, ich glaube jedoch auch nicht, dass die Mortalität dabei so hoch war. Der Vergleich mag vielleicht pietätlos klingen, es wurden aber auch von jeher zahlreiche Nutztiere kastriert, ohne dass ein so hoher Anteil davon starb.

In Europa liessen Eltern Ihre Kinder freiwillig kastrieren, um sie als Sänger auftreten zu lassen (freiwillig die Eltern, die Kinder weiss ich nicht ob man die gefragt hat) Als die Castrati in Mode waren und Frauen in der Öffentlichkeit nicht singen durften, war es angeblich ein weit verbreitetes Phänomen. In einem Spiegelartikel gab es dazu eine Schätzung dass über 60% der in Italien kastrierten an den Folgen der Operation starben.

Übrigens war der letzte Bekannte Kastrat im Westen ein gewisser Alessandro Moreschi, der um 1900 noch in der Sixtinischen Kapelle sang. In Rom endete diese Praxis erst 1870 mit dem Ende des Kirchenstaates.
 
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Ich bitte aber mal darauf zu achten, was so alles behauptet wird:
Abgesehen davon, dass sich die Angaben in den Zahlen doch massiv unterscheiden, macht das Ganze keinen realen Sinn: Wenn ein Eunuch das dreifache eines normalen Sklaven wert war, jedoch vier von fünf oder sogar 90% davon starben, dann geht die Rechnung nicht auf. Sklavenhändler waren Händler und "Ware" die einem Wegstirbt ist nichts mehr wert.

Da die Passage durch den aktuellen Forschungsstand gut belegt ist, muss man wohl eher die Rechnung hinterfragen.

Zum einen steht da "could be as high", zum anderen kann der Multiplikator beim Preis kann außer dem offenen "Vielfachen" nicht repräsentativ (über die Regionen und fraglichen langen Zeiträumen) festgelegt werden, hat also geschwankt.

Was man wohl auch als plausibel annehmen kann, insbesondere nach der Verfügbarkeit.
 
Nun wenn der Einkaufspreis der Sklaven vor dem Kastrieren entsprechend niedrig war (und es wird ja erwähnt das diese nahe beim Ort der Gefengennahme kastriert wurden um Kosten für den transport zu sparen falls diese starben) dann hat sich das Ganze durchaus lohnen können.
 
Abgesehen davon, dass sich die Angaben in den Zahlen doch massiv unterscheiden, macht das Ganze keinen realen Sinn: Wenn ein Eunuch das dreifache eines normalen Sklaven wert war, jedoch vier von fünf oder sogar 90% davon starben, dann geht die Rechnung nicht auf. Sklavenhändler waren Händler und "Ware" die einem Wegstirbt ist nichts mehr wert
Die Rechnung geht auf, wenn der Unkastrierte völlig unverkäuflich ist da von ihm die Gefahr der ewigen Rebellion ausgeht. Hier ging es nicht ausschließlich um Haremswächter sondern um Arbeitssklaven.
Der Vergleich mag vielleicht pietätlos klingen, es wurden aber auch von jeher zahlreiche Nutztiere kastriert, ohne dass ein so hoher Anteil davon starb.
Bei Nutztieren wird der Eingriff i.d.R. bei Jungtieren vorgenommen. Außerdem werden ihnen nur die Hoden entfernt wobei viel weniger die Gefahr einer Verletzung wichtiger Blutgefäße gegeben ist. Im Orient wurde allerdings meist auch der Penis abgeschnitten (da manche Kastraten noch zu Erektionen fähig waren, ging man bei Haremswächtern auf Nummer sicher), was zu viel größeren Komplikationen, durch die Durchtrennung wichtiger Adern und die Verstümmelung der Harnröhre und den damit verbunden Problemen beim Wasserlassen führte. Der Heilungsprozess dauerte ungleich länger und die Gefahren durch Infektionen war sehr groß.
In Europa liessen Eltern Ihre Kinder freiwillig kastrieren, um sie als Sänger auftreten zu lassen
In Europa beschränkte man sich auf die Hodenentfernung da es hier um die Verhinderung des Stimmbruches ging und nicht die Verhinderung des Geschlechtsverkehres wie bei Haremswächtern. Die hohe Sterblichkeit lag wohl an den unhygienischen Bedingungen bei Operationen aller Art.
Ave Maria : Alessandro Moreschi : Free Download & Streaming : Internet Archive Es existieren noch einige Tonaufnahmen des letzten päpstlichen Kastratensängers Moreschi.
 
Ich habe das ehrlich gesagt auch noch nie gehört oder gelesen, und in Nordafrika, in Mauretanien und Marokko gibt es definitiv abkömmlinge von Schwarzafrikanern.

Ich bezweifle nach wie vor die Aussage "Zwischen 1860 und 1890 verschleppten die Araber mehr Sklaven als die Europäer in einem ganzen Jahrhundert." Das halte ich für sehr unwahrscheinlich, wir sprechen schliesslich von zwischen 11 und 15 Mio vVerschleppten in ca. 350 Jahren im Atlantischen Sklavenhandel. Wie soll man in 30 Jahren zwischen 3 und 5 Millionen Menschen aus einer dünn besiedelten Gegend rauben und durch die Wüste treiben?

Wozu denn überhaupt? In Nordafrika und Arabien gab es doch gar keine Plantagen oder Bergwerke die solche gewaltigen Mengen an Sklaven benötigen würden.

Ich muss aus dem Gedächtnis zitieren, meine mich aber daran zu erinnern, dass es auf Sansibar Plantagen gab, wo Gewürznelken kultiviert wurden. Sansibar war Drehscheibe des ostafrikanischen Sklavenhandels, obwohl der Sultan das gegenüber den Briten dementierte. Den Sklavenhandel duldeten anfangs auch die Deutschen, die wie schon Leopold II. bzw dessen Lobbyist Stanley sich der Unterstützung Tippu Tibs versicherten, der in Sansibar seinen Lebensabend verbrachte und seine Autobiographie verfasste. Tippu Tib warb junge Sklaven, die nicht verkauft wurden u. a. als Kindersoldaten für Sklavenrazzien und als Elfenbeinjäger an.

Jugendliche und junge Männer, die sich bewährten, bekamen Sklavinnen als Partnerinnen und erfreuten sich relativ großer Freiheit, die sie freilich auch nutzten, um auf eigene Rechnung Dörfer zu überfallen. In seinem Bericht über die "Rettung" Emin Paschas, der ihn im makellos weißen Tropendress empfing, schilderte Stanley das Treiben der Kindersoldaten und Sklavenjäger von Ipoto in den schwärzesten Farben: "Für ein Kilo Elfenbein werden ganze Dörfer ausgelöscht."
 
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