Vergleich UDSSR mit nationalsozialistischem Deutschland (Stalin vs Hitler)

Feem

Neues Mitglied
Hey,

ich hätte eine Frage: Wie kann man bezüglich der Organisation bzw des Aufbaus die UDSSR unter Stalin mit dem dritten Reich unter Hitler vergleichen?

- Totale Staaten
- Einparteienstaat
- Führerkult

Gibt es noch Dinge die man klar, vor allem eben was den Staatsaufbau angeht, vergleichen kann?

Danke :)
 
Zunächst einmal: Bitte nicht totale sondern totalitäre Staaten.
Was man vergleichen kann, beschränkt sich nicht nur auf die Gemeinsamkeiten, sondern auch auf die Unterschiede, etwa klassenlose Gesellschaft als Gesellschaftsideal auf der einen Seite und Volksgemeinschaft auf der anderen Seite.
 
Zu beachten dabei: Die sogenannte "klassenlose Gesellschaftsordnung" - also der Kommunismus - wurde weltweit nirgends erreicht. Erreicht wurde lediglich eine "Diktatur des Proletariats" - also der "real-existierende Sozialismus", in dem es noch sogenannte "Klassen" gab, so z. B. "Arbeiterklasse" und "Klasse der Bauern", aber auch "die Intelligenz". Hier ist auch klar eine Gemeinsamkeit zwischen der Sowjetunion und Nazi-Deutschland festzustellen:
der Kollektivismus: "Arbeiterklasse" (als führende Klasse) - "deutsche Volksgemeinschaft" (als übergeodnete Rasse)
 
Hey,

ich hätte eine Frage: Wie kann man bezüglich der Organisation bzw des Aufbaus die UDSSR unter Stalin mit dem dritten Reich unter Hitler vergleichen?

- Totale Staaten
- Einparteienstaat
- Führerkult

Gibt es noch Dinge die man klar, vor allem eben was den Staatsaufbau angeht, vergleichen kann?

Danke :)

@Feem

Zudem was meine Mitdiskutanten bereits ausführten, kommen noch "Doppelstruktur" zwischen Partei und Staat. D.h. die Partei bildet die Struktur des Staates parallel ab oder auch umgekehrt, um die Einflußnahme der Partei auf alle staatlichen Entscheidungen sicherzustellen.

Die Justiz wird politisch indoktriniert:

DR => Volksgerichtshof
SU => "Troika"

http://de.wikipedia.org/wiki/Troika_(NKWD)

Der Geheimdienst und die Polizei hatten als Repressionsinstrumente faktisch unkontrollierbare Macht:

DR => RSHA (Reichssicherheitshauptamt)
DR => Ordnungspolizei
SU => Tscheka, GPU, NKWD

Judikative und Legislative sind gegenüber der Exekutive verhältnismäßig machtlos.

Hier findest Du auch weiterführende Literatur:

Totalitarismus

M.
 
Der Nationalsozialismus und der Stalinismus sind zwei totalitäre Staate in Extremfrom. Wenn man deine Frage auf der Basis einer empirisch vergleichenden historischen Diktaturforschung untersuchen möchte, stösst man auf forschungspraktische Probleme. Auf der einen Seite haben wir zum NS-Staat eine sehr gute Basis der Forschung und auf der andern Seite, mit dem Staat unter Stalin, eine Grundlagenforschung die noch in den Anfängen steckt. Da viele Quellen über Stalin seit Jahrzehnten nicht zugänglich waren und zum Teil heute noch nicht sind, müssen die Überlegeungen zur Sowjetunion zur Stalinszeit abstrakt angeschaut werden.
 
Da viele Quellen über Stalin seit Jahrzehnten nicht zugänglich waren und zum Teil heute noch nicht sind, müssen die Überlegeungen zur Sowjetunion zur Stalinszeit abstrakt angeschaut werden.

Das ist schon eine "Schande", das Russland immer noch reichlich Material unter strengen Verschluss hält. Man muss ja reichlich viel zu verbergen haben und das Urteil der interessierten Öffentlichkeit fürchten.
 
Das ist schon eine "Schande", das Russland immer noch reichlich Material unter strengen Verschluss hält. Man muss ja reichlich viel zu verbergen haben und das Urteil der interessierten Öffentlichkeit fürchten.

Die russischen Archive wurden 1990 geöffnet und zugänglich gemacht. Deshalb steht die Forschung ja noch in den Anfängen.

Hier ein Auszug aus einem Vortrag von Jörg Baberowski:

„Verwandte Feinde? Stalinismus und Nationalsozialismus im Vergleich“
Dienstag, 20. Januar 2009, Bundesstiftung Aufarbeitung, Berlin
Ein Vortrags- und Gesprächsabend mit Prof. Dr. Jörg Baberowski,
Humboldt - Universität zu Berlin​

Jörg Baberowski verwies in seinem Vortrag „Verwandte Feinde?“ auf die geteilte Erinnerung im mittlerweile vereinten Europa: Terror, Vernichtung, Krieg und Vertreibung seien Begriffe, die in Westeuropa fast ausschließlich für die Verbrechen des NS-Regimes stünden. Die 80jährige Diktaturspanne des Stalinismus habe sich im kollektiven Gedächtnis Westeuropas nicht niedergeschlagen, wobei derselbe in Osteuropa eine zentrale Bedeutung innerhalb der Erinnerungskultur besäße. Bezugnahme und Vergleiche beider Diktaturformen könnten – so Baberowski - „doktrinäre Besserwisserei“ verhindern helfen und so plädierte er dafür, sich die die exzessive Gewalt in ihren jeweils spezifischen Ausformungen konkret anzuschauen.

Anders als die Totalitarismustheoretiker Hannah Arendt und Carl Friedrich sieht Baberowski die Notwendigkeit, nicht nur Gemeinsamkeiten, sondern auch die Unterschiede von Diktaturen zu beleuchten und somit die Analyse weiter zu fassen. Nach der Öffnung der Archive der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre sei gesichertes Wissen zugänglich gemacht worden und damit eine produktive Vergleichsbasis entstanden, die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen dem Nationalsozialismus und dem Stalinismus auf eine neue Ebene gehoben hätten. Daran anknüpfend, zielte Baberowski darauf, die gewonnenen Erkenntnishorizonte für ein Verständnis von Diktatur bzw. gewaltsamen Terror zu veranschaulichen. So sei der Bolschewismus im Gegensatz zum Nationalsozialismus keine Antwort auf den Liberalismus gewesen – das Ziel der Bolschewiken vor dem Zweiten Weltkrieg war es in erster Linie, das post-zaristische riesige, bäuerlich strukturierte Vielvölkerreich Russland zu homogenisieren. Die Sowjetunion sei ein „vormoderner Personenstaat“ gewesen, der eine Erziehungs- und Disziplinierungskultur zu etablieren versucht habe. „Gewaltkampagnen“ hätten eine Gewaltdynamik entstehen lassen, die in Stalin den „Regisseur des Terrors“ hatten. Demgegenüber habe die Bevölkerungsmehrheit das NS-Regime bis Kriegsbeginn als eine vergleichsweise “normgebundene“, berechenbare und moderne Diktatur erlebt. Es waren die verschwindend kleine Minderheit der politisch aktiven Gegner sowie die als rassisch „minderwertig“ oder „schädlich“ diskriminierten Menschen, die die wachsende Härte des diktatorischen Regimes erleben und erleiden mussten, das nach Kriegsbeginn, im vollen Ausmaß ab 1943 seine massen- und völkermordende Dimension erlangte. vollends durchgeschlagen. In der Vorkriegszeit hätte das NS-Regime in Bezug auf die Bevölkerungsmehrheit das Prinzip der „Nicht-Einmischung“ statt Umerziehung verfolgt. Hitler habe dabei als Repräsentant einer Idee fungiert, nicht als der eines Staates. Diametral unterschiedlich sei in dieser Hinsicht das Regime Stalins in der Sowjetunion gewesen. Während die Gewalt im Stalinismus in den großen Säuberungen der 30er Jahre bereits weithin entgrenzt war, wurde der Zweite Weltkrieg schließlich für beide Systeme zum zivilisationsund staatsfernen Raum, der die Möglichkeit gab, uneingeschränkte Gewalt als Mittel der Politik anzuwenden..
Diese Betrachtung bildete schlussendlich den Grundstein für Baberowskis These, nach der es nicht Homogenitätsphantasien oder ‚moderne’ Ideologien waren, die Vernichtungsprozesse realisiert haben, sondern die Herstellung von ‚vormodernen’ Gewalträumen, die das Denkbare zum Machbaren werden ließen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Asche auf mein Haupt. In welchem Unfange wurde die Archive denn geöffnet?

Ganz genau kann ich das dir nicht beantworten.

Aber so viel. Unter Gorbatschow gab es einen vergleichsweise liberalen Zugang zu den Archiven, dies wurde dann Ende 1990er Jahre wieder deutlich strenger. Im Oktober 2004 trat das Bundesgesetz "über das Archivwesen in der Russischen Föderation" in Kraft.

Man muss bedenken, dass die Archive in Russland eine zentralistische und restriktive Tradition haben, was es nicht einfacher macht.

Das Bundesgesetz stellt ein dreigeteiltes Eigentum an Archivgut fest. Staat - Kommunen und private Institutionen und Personen. Das Gesetz eröffnet juristischen und natürlichen Personen ein grundsätzliches Zugangsrecht. Und nun kommen wir zu den Problemen, die aber nicht nur in Russland zu finden sind. Unterlagen die Staatsgeheimnisse bergen sind gesperrt und es gibt keine Sperrfrist (zum Unterschied von andern Staaten).

Nach dem Bundesgesetz werden Unterlagen die das Privatleben eines Menschen oder seine Sicherheit betreffen bis zu 75 Jahre nach ihrem Entstehen verschlossen. Wenn die Erben oder die betroffene Person selber eine schriftliche Genehmigung Schreiben, dann werden diese Akten früher geöffnet.

Die Akten des zweiten Weltkrieges die Feindstaaten Russlands betreffen, sind laut diesem neuen Gesetz Staatseigentum.

Die russischen Archive waren in den 1990er Jahre finanzieller und materieller Not ausgesetzt und dies hat sich nicht gross geändert. So sind gewisse Archive geschlossen, weil die alten Räume unzulängliche Bedingungen haben und ein Umzug aus Geldmangel nicht in Frage kommt.
 
Hier ist auch klar eine Gemeinsamkeit zwischen der Sowjetunion und Nazi-Deutschland festzustellen:
der Kollektivismus: "Arbeiterklasse" (als führende Klasse) - "deutsche Volksgemeinschaft" (als übergeodnete Rasse)

Wobei man da auch auf die UNterschiede verweisen muß: die Idee der Arbeiterklasse war ein soziales Konstrukt, die "deutsche Volksgemeinschaft" nicht, die war rassistisch begründet. Und ich würde letztere nicht dem Kollektivismus zuordnen.


Der Nationalsozialismus und der Stalinismus sind zwei totalitäre Staate in Extremfrom. Wenn man deine Frage auf der Basis einer empirisch vergleichenden historischen Diktaturforschung untersuchen möchte, stösst man auf forschungspraktische Probleme. Auf der einen Seite haben wir zum NS-Staat eine sehr gute Basis der Forschung und auf der andern Seite, mit dem Staat unter Stalin, eine Grundlagenforschung die noch in den Anfängen steckt. Da viele Quellen über Stalin seit Jahrzehnten nicht zugänglich waren und zum Teil heute noch nicht sind, müssen die Überlegeungen zur Sowjetunion zur Stalinszeit abstrakt angeschaut werden.

Auch hierzulande gibt es immer noch Verstecktes aus dem Keller zu holen, wie das Buch "Das Amt und die Vergangenheit" gerade gezeigt hat.
 
Ganz genau kann ich das dir nicht beantworten.

Aber so viel. Unter Gorbatschow gab es einen vergleichsweise liberalen Zugang zu den Archiven, dies wurde dann Ende 1990er Jahre wieder deutlich strenger. Im Oktober 2004 trat das Bundesgesetz "über das Archivwesen in der Russischen Föderation" in Kraft.

Man muss bedenken, dass die Archive in Russland eine zentralistische und restriktive Tradition haben, was es nicht einfacher macht.

Das Bundesgesetz stellt ein dreigeteiltes Eigentum an Archivgut fest. Staat - Kommunen und private Institutionen und Personen. Das Gesetz eröffnet juristischen und natürlichen Personen ein grundsätzliches Zugangsrecht. Und nun kommen wir zu den Problemen, die aber nicht nur in Russland zu finden sind. Unterlagen die Staatsgeheimnisse bergen sind gesperrt und es gibt keine Sperrfrist (zum Unterschied von andern Staaten).

Nach dem Bundesgesetz werden Unterlagen die das Privatleben eines Menschen oder seine Sicherheit betreffen bis zu 75 Jahre nach ihrem Entstehen verschlossen. Wenn die Erben oder die betroffene Person selber eine schriftliche Genehmigung Schreiben, dann werden diese Akten früher geöffnet.

Die Akten des zweiten Weltkrieges die Feindstaaten Russlands betreffen, sind laut diesem neuen Gesetz Staatseigentum.

Die russischen Archive waren in den 1990er Jahre finanzieller und materieller Not ausgesetzt und dies hat sich nicht gross geändert. So sind gewisse Archive geschlossen, weil die alten Räume unzulängliche Bedingungen haben und ein Umzug aus Geldmangel nicht in Frage kommt.


Ich danke dir.:winke:
 
Wobei man da auch auf die UNterschiede verweisen muß: die Idee der Arbeiterklasse war ein soziales Konstrukt, die "deutsche Volksgemeinschaft" nicht, die war rassistisch begründet. Und ich würde letztere nicht dem Kollektivismus zuordnen...

Würde ich so nicht sehen. Auch im NS-Staat sollte es der "Volksgemeinschaft" als solcher besser gehen. Der einzelne Mensch zählte in beiden Systemen nur so viel, wie er etwas zum Kollektiv beitragen konnte - oder bereits beigetragen hat. Aus solchen Überlegungen ging ja auch das "Kraft durch Freude"-Projekt hervor. Die "Volksgenossen" sollten Kraft (durch Freude - wir würden heute Erholung dazu sagen) schöpfen, um wieder mehr für die Gemeinschaft leisten zu können - nur mal als Beispiel.
 
Würde ich so nicht sehen. Auch im NS-Staat sollte es der "Volksgemeinschaft" als solcher besser gehen. Der einzelne Mensch zählte in beiden Systemen nur so viel, wie er etwas zum Kollektiv beitragen konnte - oder bereits beigetragen hat. Aus solchen Überlegungen ging ja auch das "Kraft durch Freude"-Projekt hervor. Die "Volksgenossen" sollten Kraft (durch Freude - wir würden heute Erholung dazu sagen) schöpfen, um wieder mehr für die Gemeinschaft leisten zu können - nur mal als Beispiel.

Hier wird es sehr schön dargestellt:

Volksgemeinschaft
 
Würde ich so nicht sehen. Auch im NS-Staat sollte es der "Volksgemeinschaft" als solcher besser gehen. Der einzelne Mensch zählte in beiden Systemen nur so viel, wie er etwas zum Kollektiv beitragen konnte - oder bereits beigetragen hat. Aus solchen Überlegungen ging ja auch das "Kraft durch Freude"-Projekt hervor. Die "Volksgenossen" sollten Kraft (durch Freude - wir würden heute Erholung dazu sagen) schöpfen, um wieder mehr für die Gemeinschaft leisten zu können - nur mal als Beispiel.

Das klingt aber so, als sollte sich jemand wie Krupp auf die gleiche Stufe stellen wie ein Arbeiter?
 
Das klingt aber so, als sollte sich jemand wie Krupp auf die gleiche Stufe stellen wie ein Arbeiter?

Was Krupp, Flick und Co. ganz sicher nicht getan haben. Die Herren haben während des Krieges mit Hilfe des Staates ganz enorme Gewinne, mit zweifelhaften Praktiken, Zwangsarbeit außen mal außern vorgelassen, gescheffelt. Die Volksgemeinschaft galt beispielsweise eben nicht für die Eigentümer der großen Rüstungskonzerne, denn deren Interessen waren doch ganz andere als die der breiten Masse.
 
Das klingt aber so, als sollte sich jemand wie Krupp auf die gleiche Stufe stellen wie ein Arbeiter?

Fakt ist, dass es im Dritten Reich neben der brutalen und tödlichen Ausgrenzung großer Teile der Gesellschaft aus rassischen und politischen Gründen ein extremes Leistungsideal innerhalb des inklusiven Gesellschaftsteils (also "Arier") gab (Napola und Co.), dass zumindest teilweise auch vor alten Strukturen usw. nicht halt machte. Die Führungselite des Dritten Reichs bestand ja selbst zu weiten Teilen aus gesellschaftlichen Aufsteigern aus dem Kleinbürgertum. Auch wenn "linke" Nationalsozialisten wie Strasser abserviert wurden, hatte das Dritte Reich einen, wenn auch nur auf "Arier" beschränkten, egalitären Anspruch. (siehe Götz Aly, Hitlers Volksstaat)

Natürlich sah das in der Realität mit dem Egalitätsanspruch oft ganz anders aus und dieser sollte natürlich nur vor dem Hintergrund der pervertierten NS-Ideologie betrachtet werden, aber innerhalb des Konstrukts der Volksgemeinschaft ging es um Egalität.

Die marxistische Forschung z.B. sieht das nicht so, da sie im Dritten Reich eine extreme Form des Kapitalismus sieht, der deswegen nur einen Egalitätsanspruch pro forma hat, vielmehr von kapitalistischen Kreisen gelenkt wird und die Arbeiter ausbeutet. Egalitär ist nur der Marxismus.
 
Ich habe ja oben schon mal den Link zum DHM gesetzt.

Hier noch eine Erklärung:

Volksgemeinschaft ist ein von den nationalsozialistischen ideologisch aufgeladenen Begriff. Der im Gegensatz zur als künstlich und undeutsch empfundene Gesellschaft. Ideengeschichtlich gesehen, war Volksgemeinschaft einer der Schlüsselbegriffe der Jugendbewegung im beginnenden 20. Jahrhundert. Während des ersten Weltkrieges berief man sich damit auf die Fronterlebnisse und Schützengrabenkameradschaft, während der Weimarer Republik, war Volksgemeinschaft ein Ausdruck eines gegen den bürgerlichen Liberalismus und Individualismus des 19. Jahrhundert gerichteten bürgerlich-nationalen Erneuerungsstreben.

Volksgemeinschaft bedeutete die Negierung aller Unterschiede in Herkunft, Stand, Beruf, Vermögen, Bildung, Wissen und Kapital. Dahinter verbarg sich das wirksame Mittel der nationalsozialistischen Wahlpropaganda. Eine öffentliche Stimulation der Volksgemeinschaft dienten, wie auch im Link oben erwähnt, die Jahrestage, Feste, Kundgebungen etc.

Das Gegenteil der Volksgemeinschaft waren die Volksschädlinge. Wer sich nicht in die nationalsozialistische Volksgemeinschaft einfügte war ein Schädling. Neben den gesellschaftlichen Diskriminierungen und Verfolgungen der Juden, konnte ab dem 5.9.1939 gegen Volksschädlinge juristisch vorgegangen werden. Straftäter, die die Kriegssituation für ein Verbrechen nutzten konnten von den zuständigen Sondergerichten zum Tode verurteilt werden.

Volksgenosse war bei den nationalsozialisten eine gebräuchliche Propaganda. Angewendet wurde es bei Anreden, in Ansprachen, Appellen und Gesetzestexten. Damit wollten sie den einzelnen die Zugehörigkeit zu einer die sozialen Unterschiede überbrückenden Volksgemeinschaft suggerieren.

Ausdrücklich ausgeschlossen worden waren, seit 1920 die sog. Fremdvölkischen. "Staatsbürger kann nur sein wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutsches Blut ist. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein".
 
@ursi

"...Daran anknüpfend, zielte Baberowski darauf, die gewonnenen Erkenntnishorizonte für ein Verständnis von Diktatur bzw. gewaltsamen Terror zu veranschaulichen. So sei der Bolschewismus im Gegensatz zum Nationalsozialismus keine Antwort auf den Liberalismus gewesen – das Ziel der Bolschewiken vor dem Zweiten Weltkrieg war es in erster Linie, das post-zaristische riesige, bäuerlich strukturierte Vielvölkerreich Russland zu homogenisieren. Die Sowjetunion sei ein „vormoderner Personenstaat“ gewesen, der eine Erziehungs- und Disziplinierungskultur zu etablieren versucht habe. „Gewaltkampagnen“ hätten eine Gewaltdynamik entstehen lassen, die in Stalin den „Regisseur des Terrors“ hatten. Demgegenüber habe die Bevölkerungsmehrheit das NS-Regime bis Kriegsbeginn als eine vergleichsweise “normgebundene“, berechenbare und moderne Diktatur erlebt. Es waren die verschwindend kleine Minderheit der politisch aktiven Gegner sowie die als rassisch „minderwertig“ oder „schädlich“ diskriminierten Menschen, die die wachsende Härte des diktatorischen Regimes erleben und erleiden mussten, das nach Kriegsbeginn, im vollen Ausmaß ab 1943 seine massen- und völkermordende Dimension erlangte. vollends durchgeschlagen. In der Vorkriegszeit hätte das NS-Regime in Bezug auf die Bevölkerungsmehrheit das Prinzip der „Nicht-Einmischung“ statt Umerziehung verfolgt. ..." #7

Die stalinistische Diktatur als "Modernisierungsdiktatur" zu subsumieren, entschuldige bitte meine Verknappung, ist m.E. zumindest als Arbeitshypothese ein sehr brauchbarer Ansatz und da ließen sich auch viele Belege finden (Bucharin, Preobraschenski etc. oder in Dokumenten der Parteitage der späten 1920'er Jahre und der 1930'er Jahre).

Eine Politik der "Nicht-Einmischung" in der NS-Diktatur kann ich allerdings nicht entdecken.

Vielmehr war die NS-Diktatur auch eine "Erziehungsdikdatur":

- "Pimpfe", HJ, BDM
- "Reichsschrifttumskammer", etc.
- RM für Volksaufklärung und Propaganda
- DAF
- NSFO
- etc.

Die "Einmischung" wirkte nicht nur in die Gesellschaft hinein, sondern fand u.a. Eingang in die unterschiedlichen Rechtskreise wie Strafrecht, Zivilrecht (z.B. "Arisierung"). Aber natürlich, wurden die Eigentumsverhältnisse nicht grundsätzlich verändert, da unterschieden sich die beiden zu vergleichenden totalitären Modelle.

M.
 
Zurück
Oben