Verhältnis von Papst und Kirche zum englischen König

Benjaminus

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hallo leute,

muss mal eine allgemeine frage stellen. könnt mich auch gerne auf andere links verweisen, wenn ihr sie zu banal findet:confused:

also: gerade in bezug auf england würde mich interessieren, in welchem verhältnis der könig von england und die römisch katholische kirche standen. ich weiß, dass es gegen ende des 11. bzw anfang des 12. jahrhunderts den englischen investiturstreit gab, bei dem insbesondere die englischen eigenkirchen kritisiert wurden. kann mir vielleicht jemand sagen, wie weltliche und kirchliche herrscher auf der insel zueinander standen? stand der papst über dem englischen könig? hatte der papst gegenüber dem könig irgendwelche rechte? konnte der könig auch ohne die zustimmung des papstes politik betreiben?
 
Eine extrem komplizierte Frage. Ich werfe mal nur ein paar Brocken ins Spiel:

Als Wilhelm der Eroberer 1066 gegen den angelsächsischen König Harold auszog und die englische Krone eroberte, da erhielt er vom Papst ein Banner: Das Georgskreuz - heute noch als britische Kriegsflagge (mit Zusätzen) in Benutzung verliehen. Wilhelm anerkannte den Papst als eine Art obersten Lehensherren. Wann & wie das genau wieder endete weis ich so nicht - kannst ja Googeln?

Letztlich besaßen die ersten Könige von England eine außergewöhnliche Machtfülle, so dass ein Einschreiten (bei was eigentlich? Wäre zu präzisieren..?) des Papstes wohl Probleme gehabt hätte. Allgemein war das Lehenssystem in England direkter und stärker auf den König ausgerichtet als etwa in Deutschland und Frankreich mit den vielen Afterlehen. Die Päpste griffen im Übrigen relativ wenig in die allgemeine Politik der Könige ein. Das Heilige Römische Reich war hier ein Sonderfall mit seiner zu einer Stütze des Reiches gewordenen Reichskirche, die damit im Spannungsfeld zwischen Kaiser und Papst gerasten musste. Der von dir genannte Fall der "Eigenkrichen" war ein in weiten Teilen Europas übliches Problem jener Zeit und ist auch im Kontext mit dem Investurstreit (HRR) zu sehen. Hier kannst du dich allgemein informieren.
...wirklich nur ohne großes Nachdenken hingeworften. Es dürften Andere besser Antworten können. Vielleicht hilft es auch, wenn du deine Frage präziser stellst. Also WANN hätte denn der Papst einschreiten sollen? In welchem Fall, welchem König/Papst schwebt dir ein Konflikt vor?...
 
Dazwischengeunkt: Spätestens mit der Abspaltung der anglikanischen Kirche durch Henry VIII.
Auch dazwischengeunkt: Wobei es noch ein kurzes katholisches Intermezzo unter Mary gab, die Ihrerseits die Anglikaner verfolgen ließ, aber spätestens seit Elizabeth dürfte sich die anglikanische Kirche gefestigt haben.

Ansonsten, schließe ich mich tejason an:
Vielleicht hilft es auch, wenn du deine Frage präziser stellst. Also WANN hätte denn der Papst einschreiten sollen? In welchem Fall, welchem König/Papst schwebt dir ein Konflikt vor?...
 
Dazwischengeunkt: Spätestens mit der Abspaltung der anglikanischen Kirche durch Henry VIII.
Jepp, mit Sicherheit! Aber schon vorher änderte sich das Verhältnis der Könige zu Adel und Kirche. Auch wurde ein englischer König erpresst, dem Kaiser des HRR den Lehenseid zu leisten! Ich hatte eher etwas wie dies im Auge als ich das schrieb :grübel:
 
König Heinrich II. Plantagenet geriet mit dem Klerus in Konflikt nachdem er 1164 die Konstitutionen von Clarendon erließ, worin sich die geistliche Juristiktion der weltlichen (also königlichen) Unterordnen musste. Dadurch geriet er in den Konflikt mit Erzbischof Thomas Becket, der in dessen Ermordung 1170 mündete.

König Johann Ohneland wurde 1208 vom Papst exkommuniziert weil er sich weigerte Stephan Langton als Erzbischof von Canterbury anzuerkennen. Der Bann wurde 1213 aufgehoben nachdem sich Johann dem Papst unterworfen hatte und England von ihm als Lehen nahm. Sein Einlenken ging eine drohende Invasion Philipps II. von Frankreich vorraus.

König Johann und dessen Sohn Heinrich III. hatten später aber die Unterstützung des Papstes gegen ihre Barone, bei den Konflikten um die Anerkennung der Magna Carta und der Provisions of Oxford.
 
Von 1309 bis 1417 residierten die Päpste nicht in Rom sondern in Avignon. Damit einher ging eine enge Anlehnung an die französischen Könige.

Gerade im Konflikt zwischen England und Frankreich (der schließlich in den Hundertjährigen Krieg mündete) kam es daher häufiger zu Problemen zwischen dem englischen König und dem Papst.
 
präziesierte Frage

Ok, dann bleiben wir mal bei Wilhelm I.

Wilhelm I. war Herzog der Normandie, demnach Vasall des französischen Königs, wurde also vom französischen König mit der Normandie belehnt. Wurde der französische König wiederrum vom Papst belehnt? Stand Wilhelm I. demnach in Lehnstreue zu beiden?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wilhelm I. war Herzog der Normandie, demnach Vasall des französischen Königs, wurde also vom französischen König mit der Normandie belehnt. Wurde der französische König wiederrum vom Papst belehnt? Stand Wilhelm I. demnach in Lehnstreue zu beiden?

Ich mag mich irren, aber soweit ich weiß, wurde kein König vom Papst belehnt; der Papst hatte i.d.S. kein Land, welches er zu verleihen hatte (im Gegenteil: das Gebiet des Kirchenstaates hatte er ja einstmals selbst vom Frankenkönig Pippin III. 754 geschenkt bekommen).
Wo der Papst eine Rolle bzgl. gekrönter Häupter spielte, war die Krönung zum römischen Kaiser seit Karl d. Gr. - ehe das ab der Frühen Neuzeit im HRRDN durch die Kaiserwahl faktisch obsolet wurde.
 
Benjaminus schrieb:
Wilhelm I. war Herzog der Normandie, demnach Vasall des französischen Königs, wurde also vom französischen König mit der Normandie belehnt. Wurde der französische König wiederrum vom Papst belehnt? Stand Wilhelm I. demnach in Lehnstreue zu beiden?

Die Könige von Frankreich hatten sich nicht der Lehnshoheit des Papstes unterworfen. Sie waren ihm also was weltliche Dinge anging keine Rechenschaft schuldig. Der Herzog der Normandie wiederum galt seit der Belehnung Rollos (Ur-Urgroßvater Wilhelms) im Jahr 911 durch König Karl III. dem Einfältigen als Vasall des Königs. Herzog Wilhelm der Eroberer allerdings war stark genug um sich um 1050 weitgehend von der Oberhoheit des Königs zu lösen und regierte faktisch souverän, also gänzlich unabhängig, über die Normandie. Die französischen Könige haben aber ihren Hoheitsanpruch auf die Normandie nie aufgegeben und versuchten ihn mehrfach geltend zu machen. König Ludwig VI. der Dicke zum Beispiel scheiterte damit in der Schlacht von Breneville 1118 gegen Heinrich Beauclerc, dem Sohn Wilhelms. Erst Gottfried Plantagenet (Graf von Anjou) legte 1152 wieder für die Normandie den Lehnseid auf den König ab.

Die Normandie wurde letztlich 1204 von König Philipp II. August als erledigtes Lehen der Krondomäne eingezogen nachdem sein Vasall, Johann Ohneland (der Bruder Richard Löwenherz) seiner Vasallenpflichten nicht nachgekommen war.

Timotheus schrieb:
Ich mag mich irren, aber soweit ich weiß, wurde kein König vom Papst belehnt;...

Der Papst konnte sehr wohl Lehnsherr eines Königs bzw. eines Königreichs sein. Es kam nur letztlich auf den Einfluss der Päpste auf ihre königlichen Vasallen, wie es überhaupt in jedem mittelalterlichen Personenverband der Fall war, an inwieweit solche Lehnsnahmen auch zum tragen kamen.

Das beste Beispiel ist das normannische Königreich in Unteritalien und Sizilien. Es fing mit der Lehnsnahme Robert Guiscrad gegenüber dem Papst im 11. Jahrhundert an, der das Land vom Papst als "Herzog von Apulien" verliehen bekam. Es setzte sich fort mit der Krönung Rogers II. zum König, der die Krone aus der Hand Papst Anaklets II. erhielt und im Gegenzug den Lehnseid ablegte. Die Päpste spielten in der gesamten Geschichte Siziliens eine wichtige Rolle, siehe Staufer und Anjou.

Ende des 12. Jahrhunderts nahm König Peter II. von Aragon sein Land vom Papst als Lehen, was im in der folge einige Probleme bereitete, da er dies nur als einen symbolischen Akt verstanden haben wollte. Im Zuge der sizilianischen Vesper 100 Jahre später hatte der Papst sein "Hoheitsrecht" auf Aragon gebraucht um König Peter III. abzusetzen (aragonesischer Kreuzzug).

König Johann Ohneland nahm wie schon geschrieben 1213 seine englische Krone vom Papst als Lehen. Dies hatte aber keine weiteren bedeutenden Auswirkungen auf des weitere Verhältnis zwischen England und dem Papst.

Was Wilhelm den Eroberer angeht hab ich das jetzt nicht so genau im Kopf. Sowiel ich weis genoss er die Unterstützung des Papstes bei seiner Eroberung Englands 1066, da die römische Kurie über ihn die englische Kirchensystem näher an sich binden konnte. Eine wichtige Rolle spielte dabei Lanfranc von Bec, ein Vertrauter Wilhelms aus der Normandie. Lanfranc wurde 1070 von einem päpstlichen Legaten zum Erzbischof von Canterbury ernannt, nachdem der alte angelsächsische Erzbischof abgesetzt wurde.
Aber den Lehnseid hatte Wilhelm glaub ich nicht auf den Papst abgelegt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Soweit ich mich erinnern kann,meine ich, dass das normannische Königreich Sizilien (wenigstens anfangs) ein Lehen vom Papst war.

Der Papst konnte sehr wohl Lehnsherr eines Königs bzw. eines Königreichs sein. Es kam nur letztlich auf den Einfluss der Päpste auf ihre königlichen Vasallen, wie es überhaupt in jedem mittelalterlichen Personenverband der Fall war, an inwieweit solche Lehnsnahmen auch zum tragen kamen...

Ich weiß, warum ich bei derartigen Themen dann stets "ich mag mich irren" schreibe ;)
Wie dem auch sei: Besten Dank Euch beiden!
 
Auch dazwischengeunkt: Wobei es noch ein kurzes katholisches Intermezzo unter Mary gab, die Ihrerseits die Anglikaner verfolgen ließ, aber spätestens seit Elizabeth dürfte sich die anglikanische Kirche gefestigt haben.
Kann schon sein, aber die Katholiken hielt man noch lange für eine Gefahr. Denk mal an Charles II. und seinen Sohn und später die Anhänger der Pretenders.:still: Aber lassen wir das, weil hier OT.
 
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