Verhalten/Einstellung westlicher Mächte zu Hitlers Machtergreifung/-übernahme

schmulz

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Hallo,

ich interessiere mich im Zusammenhang für eine Hausarbeit zur Machtergreifung Hitlers 1933 für das Verhalten von USA, GB und F zu den Geschehnissen.

Das heißt wie standen die Siegernationen zu den Ereignissen der späten Weimarer Republik bzw. 1933/34.

Ich hab in Zeiten der Weimarer Republik nur rausgefunden, dass Kredite von USA und F zurückgezogen wurden nachdem die ersten Wahlerfolge um 1930 eintraten. Wie ging das dann weiter oder gabs schon vorher Restriktionen (eher unwahrscheinlich oder da die NSDAP eigentlich eine Splitterpartei war ergo unbedeutend)

Ich kann mir noch vorstellen, dass die Länder zum einen keine Lust mehr auf Krieg hatten da der erste WK Spuren hinterließ u dadurch ein bisschen ruhiger agierten.
USA hatte ja genug Abstand und wollte soweit ich weiß durch nicht Eintritt in den VB zwar eine Europäische Stabilität aber sich da weitgehend raushalten.

GB Appeasement ? Hatten die zu der Zeit schon Koloniale Probleme sodass der Kurs in DT eher tolleriert wurde?

Zudem kann ich mir noch Vorstellen dass die Mächte es hinnahmen als Rechter Block gegen den Bolschewismus RUs.

Aber gab es konkrete Aktionen, bestimmte Reaktionen auf die Geschehnisse?

Würde mich sehr über Hilfe freuen.

Viele Grüße
 
Ich hab in Zeiten der Weimarer Republik nur rausgefunden, dass Kredite von USA und F zurückgezogen wurden nachdem die ersten Wahlerfolge um 1930 eintraten.

Dass ein Zusammenhang zwischen den Wahlerfolgen der NSDAP und dem Rückzug von Krediten bestand, höre ich das erste Mal. Ich will es jetzt nicht a priori ausschließen, aber bist du sicher, dass die eigentliche Ursache nicht die :rechts: Weltwirtschaftskrise war?

Wie ging das dann weiter oder gabs schon vorher Restriktionen (eher unwahrscheinlich oder da die NSDAP eigentlich eine Splitterpartei war ergo unbedeutend)

Ich kann mir noch vorstellen, dass die Länder zum einen keine Lust mehr auf Krieg hatten da der erste WK Spuren hinterließ u dadurch ein bisschen ruhiger agierten.
Die Weimarer Republik war ein souveräner Staat. Vor allem durch Stresemann hat sie sehr viel an Souveränität zurückgewonnen (Locarno). Es gab eigentlich keinen Grund und auch keinen Ansatz sich - auf Verdacht! - in dessen interne Angelegenheiten einzumischen.

USA hatte ja genug Abstand und wollte soweit ich weiß durch nicht Eintritt in den VB zwar eine Europäische Stabilität aber sich da weitgehend raushalten.

Die USA kehrten nach 1923 vor allem in ihre isolationistische Haltung zurück.

GB Appeasement? Hatten die zu der Zeit schon koloniale Probleme, so dass der Kurs in Dtld. eher toleriert wurde?
Haben wir jetzt einen Sprung von 5 Jahren vollzogen?
Aber ja, Kriegsmüdigkeit und wirtschaftliche Probleme führten dazu, dass die Appeaser sehr viel (zu viel!) tolerierten. Einige Dinge wurden ja sogar als legitim betrachtet, wie z.B. die Besetzung des entmilitarisierten Rheinlands, eben weil sie der Souveränität nicht entsprachen.

Zudem kann ich mir noch Vorstellen dass die Mächte es hinnahmen als Rechter Block gegen den Bolschewismus RUs.

Aber gab es konkrete Aktionen, bestimmte Reaktionen auf die Geschehnisse?
Wie gesagt: Es gab keinen Grund, auf Verdacht in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates einzugreifen.
 
danke für die Antwort!

Ok also während der Weimarer Republik wars ja eig auch noch nicht so kritisch.
Dass 1930 Kredite abgezogen wurden hängt sicher auch mit der Krise zusammen (wahrscheinlich vorrangig) ich habs bei Broszat gefunden, dass F und USA aufgrund der Radikalisierung der Rechten kurzfristige Kredite zurückzogen.

Aber bei der eig "Machtergreifung" 1933/1934 gab es keine Überlegungen eines der Länder einzugreifen. Gerade aufgrund der Brutalität der SA und anfangender Diffamierungen gegenüber der Juden?


Wie hat sich RU denn diesbezüglich verhalten? Hat die KPdSU zugeguckt wie die KPD ausgeschaltet wird? Warum haben die nichts unternommen?

Bzw. vlt ist es schlauer danach zu fragen, wie die Regierungen bzw. das Volk über die Ereignisse gedacht hat?

VIelen Dank nochmal für deine ausführliche Antwort
 
Dass 1930 Kredite abgezogen wurden hängt sicher auch mit der Krise zusammen (wahrscheinlich vorrangig) ich habs bei Broszat gefunden, dass F und USA aufgrund der Radikalisierung der Rechten kurzfristige Kredite zurückzogen.

Aha. Wenn Broszat das schreibt, wird da wohl was dran sein.

Aber bei der eig "Machtergreifung" 1933/1934 gab es keine Überlegungen eines der Länder einzugreifen. Gerade aufgrund der Brutalität der SA und anfangender Diffamierungen gegenüber der Juden?
Wie gesagt, es handelte sich um einen souveränen Staat. Dass Hitler den Posten des Reichskanzlers bekam, war - bei seinen Wahlerfolgen 1932 - nur folgerichtig. Er allein konnte auch nach der Wahl im November - trotz der Verluste - eine stabile Regierung bilden. Und dann kam das ganze Blendwerk rund um de Reichstagsbrand und die Neuwahlen, und die Demokratie schaffte sich, nur mit dem Widerstand der Sozialdemokraten, selbst ab. Das Zentrum scheint mit nie gehaltenen Versprechungen gekauft worden zu sein.
Frankreich stand Anfang 1934 selbst kurz vor einem faschistischen Putsch.

Wie hat sich RU denn diesbezüglich verhalten? Hat die KPdSU zugeguckt wie die KPD ausgeschaltet wird? Warum haben die nichts unternommen?
Die SU erlebte gerade den stalinschen Terror, sowohl innerhalb der Roten Armee, als auch in der Partei. Hinzu kam der Holodomor, der knapp 7 Millionen Menschenleben forderte aufgrund der Kulakisierung. Selbst wenn die KPdSU den deutschen Genossen hätte helfen wollen, die innenpolitischen Probleme waren viel zu groß. Zudem war da noch Polen, welches sich erfolgreich gegen die sowjetischen Vorstöße gewehrt hatte und sogar Gebiete erobern konnte. Um den deutschen Kommunisten zur Hilfe zu kommen, hätte die SU vor einem Angriffskrieg gegen Deutschland also erst einen gegen Polen führen müssen.

Bzw. vlt ist es schlauer danach zu fragen, wie die Regierungen bzw. das Volk über die Ereignisse gedacht hat?
Das könnte durchaus sein. Recherchiere mal nach dem Erfolg von Chaplins Großem Diktator.
 
Gründe für die Krise

Würde gerne mehr schreiben, aber die Krise der 30er Jahre hatte vor allem monetaristische Gründe. Es ist zwar bis heute nicht unumstritten, was dazu geführt hatte, aber die Reduktion der Geldmenge in allen Ländern die den Goldstandard hielten führte dazu, dass nicht mehr genug Geld im Umlauf war. Also das Gegenteil als der Inflation.

Man entzog der Wirtschaft Geld, es gingen Banken Pleite, die Leute verloren Guthaben, es wurde weniger gekauft, Unternehmen entliessen und es kam zu Arbeitslosigkeit und Armut und eben der "big Depression". Aus heutiger Sicht fast unglaublich, aber aus meiner Sicht eine plausible Erklärung. Die Wirtschaft ist nach 1918 stetig gewachsen (auch technischer Fortschritt), aber das Geld wollte man an einen Goldbestand binden. Dieser aber wuchs nicht wie die Wirtschaft! Dieser war gravierender, als der Kapitalabzug aus dem DR in die USA.

Alles verschlimmerte sich dann noch durch mangelhafte internationale Zusammenarbeit und durch Protektionismus.

Aus heutiger Sicht fast unglaublich, aber offensichtlich verstanden damalige Politiker zu wenig von Wirtschaft.

Es gibt auch eine sog. Keynesianische Erklärung die davon ausging, das druch erhöhtes Sparen weniger konsumiert wurde, deshalb ein Angebotsüberhand an Waren entstand und entsprechen dann Unternehmen entliessen und weniger investierten, also die Arbeitslosigkeit wuchs und so ein Teufelskreis entstand, den man dann durch erhöhte staatlich Nachfrage (sprich Rüstung und Autobahnbau) wieder besitigen konnte. Aber diesen Effekt halte ich für weniger bedeutend.

Hoffentlich war das verständlich. ansonsten frag nach, heute abend sollte ich noch Zeit haben.
 
danke für die Antwort!

Dass 1930 Kredite abgezogen wurden hängt sicher auch mit der Krise zusammen (wahrscheinlich vorrangig) ich habs bei Broszat gefunden, dass F und USA aufgrund der Radikalisierung der Rechten kurzfristige Kredite zurückzogen.

Dass Gelder abgezogen wurden, hatte eher mit der Panik zu tun als mit Politik. Die Kreditgeber hatten Angst, ihre Gelder zu verlieren. Dazu wurde auch in den USA die Geldmenge reduziert. Der bekannte Investmentsfondmilliardär George Soros sagte mal (ich zitiere aus dem Kopf):

Ökonomen behaupten, Märkte sorgen für Gleichgewicht. Ich sage, Märkte können manchmal wie Abrissbirnen funktionieren.

So eine "Abrissbirnensituation" war Ende der 20 er Jahre da. Die Regierung wie vor allem auch die grossen Zentralbanken hatten versagt.
 
Interessant wäre auch noch die (ver-)öffentliche Meinung in den entsprechenden Staaten.

Hier ein Link zur heute noch existierenden Zeitung Le Figaro aus Frankreich von 1.02.1933: Le Début du chancelier Hitler:

Le Figaro (Paris. 1854)


aus dem Digitalisierungsprojekt der Französischen Nationalbibliothek Gallica ? Wikipedia
 
Aha. Wenn Broszat das schreibt, wird da wohl was dran sein.


Wie gesagt, es handelte sich um einen souveränen Staat. Dass Hitler den Posten des Reichskanzlers bekam, war - bei seinen Wahlerfolgen 1932 - nur folgerichtig. Er allein konnte auch nach der Wahl im November - trotz der Verluste - eine stabile Regierung bilden. Und dann kam das ganze Blendwerk rund um de Reichstagsbrand und die Neuwahlen, und die Demokratie schaffte sich, nur mit dem Widerstand der Sozialdemokraten, selbst ab. Das Zentrum scheint mit nie gehaltenen Versprechungen gekauft worden zu sein.
Frankreich stand Anfang 1934 selbst kurz vor einem faschistischen Putsch.


Faschistischer Putsch ist etwas übertrieben. Die Camelots du Roi waren keine NSDAP
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Darstellung zur UdSSR ist einseitig und läßt wichtige Aspekte unberücksichtigt.

Die SU erlebte gerade den stalinschen Terror, sowohl innerhalb der Roten Armee, als auch in der Partei. Hinzu kam der Holodomor, der knapp 7 Millionen Menschenleben forderte aufgrund der Kulakisierung.

Es wäre eigentlich angemessen, auf die differenzierte Diskussion der Fachhistoriker zu diesem Thema einzugehen, stattdessen wird ein historischer Befund dargestellt, der so überhaupt nicht konsensual existiert. Da ist die willkürliche Auswahl der Anzahl der Opfer der Hungersnot noch das kleinste Problem.

Holodomor ? Wikipedia

Eine vorläufige und m.E. angemessene Darstellung, in Anlehnung an Kuromiya, (in Davies & Wheatcroft: The Years of Hunger. Soviet Agriculture, 1931-1933, 2009, S. XX) kommt u folgendem Ergebnis:
"Although Stalin intentionally let starving people die, it is unlikely that he intentionlally caused the famine to kill millions of people. ...The famine did not take place in an international political vacuum. The sharp rise in foreign threat was likely to have been an important aggravating factor."

Und dass genau diese Situation des zunehmenden außenpolitischen Bedrohung ausführlich dargestellt worden ist, ist geschenkt. Hätte aber bei der Beschreibung der innenpolitischen Situation erwähnt werden müssen.

http://www.geschichtsforum.de/f67/d...spolitik-der-udssr-von-1927-bis-1938-a-39517/

Zudem wird völlig übersehen, dass die Frage der Kulaken aus der Sicht von Stalin eher ein ideologisches Oberflächenphänomen war, das instrumentalisiert wurde. Auf den eigentlich Punkt weisen unter anderem Davies & Wheatcroft hin, dass es aus der Perspektive der Jahre um 1929 fraglich erschien, ob die Geschwindigkeit der Industriealisierung unter den Bedingungen von NEP den zunehmenden außenpolitischen Spannungen und den zunehmenden Anforderungen an die Rüstung hätte entsprechen können.

Und zu diesem Punkt ergeben sich ebenfalls durchaus divergierende Forschungspositionen, die teils ausführlich im GF bereits diskutiert wurden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aha. Wenn Broszat das schreibt, wird da wohl was dran sein.

Broszat schreibt hier allerdings nur von anderen ab.

Die "Interpretation" von den abgezogenen Geldern aus den USA im Kontext der Wahl im September 1930 und dem Abschneiden der NSDAP findet sich zB bei Harold James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924-1936, S. 276 (statt vieler) oder bei Born (immer noch Standardwerk), Die deutsche Bankenkrise 1931, S. 56ff.

Sie stützt sich auf ausländische Kreditabzüge bei den Berliner Großbanken von rund 700 Mio. RM im September 1930 unmittelbar nach der Wahl. Das betraf international breit gestreute, allerdings vorwiegend amerikanische Anleger (Banken, Institutionelle, Private, Unternehmen).

Natürlich sind politische Erschütterungen geeignet, Kapitalströme in Bewegung zu setzen, und auch hier ist das der Fall. Das beschreibt die Wirkungsketten allerdings nur unvollständig, denn gegen die einfache Ursache-Wirkungs-Interpretation sprechen mehrere Faktoren (die dann von Historiker wie Broszat in der "schlichten" Übernahme einzelner "Erklärungen" übersehen werden, in den wirtschaftshistorischen Schriften aber untersucht werden):

- es ging um globale Kapitalströme im Zuge der Weltwirtschaftskrise, bei denen andere Länder in gleicher Weise betroffen waren (bei denen keine NS-Wahlerfolge stattfanden)

- man muss sich fragen, ob der "Abzug" im September 1930 "deutsche" Ursachen hatte, oder von binnenwirtschaftlichen US-Kapitalengpässen verursacht waren, und die "Erschütterung" des NS-Wahlergebnisses sozusagen das letzte Mosaikstückchen darstellte. Dazu muss man auf die Entwicklung der US-Bankenliquidität 1929/30 schauen, und die hatte mit dem NSDAP-Wahlerfolg nichts zu tun

- der September 1930 mit seinen Abzügen steht in Kontinuität einer zuspitzenden Krise, und im Kontext solcher ad-hoc-Abzüge oder stockender Geldversorgung aus Deutschland seit 1927, jeweils in unterschiedlichen Branchen. Der Abzug im September 1930 steht im Kontext weiterer Abzüge davor, die ebenfalls nichts mit Reichstagswahlen zu tun hatten, sondern mit einer sich zuspitzenden Wirtschaftskrise im Deutschen Reich, mit Reparationsfragen, mit Export/Import-Schwankungen, mit deutschen Devisenbilanzen etc.

Es bringt hier mE wenig, dass "deutsche" Thema des NS mit Ursachen-Spekulationen zur Weltwirtschaftskrise, monetaristische oder keynsianische Erklärungsansätze usw. zu vermischen.

These bzw. vage Vermutung zum Thema oben war: Der NS-Erfolg habe igendwie geartete "Reaktionen" der übrigen westlichen Staaten auf Ebene der Kapitalströme ausgelöst. Das kann man verneinen. Zum einen sind die Ursachen komplexer, zum anderen waren das keine "staatlichen" oder durch Staaten "gesteuerte" Reaktionen.

siehe auch dazu die neueren Forschungen von Ritschl zur internationalen "debt crisis" 1929/32 sowie speziell zur deutschen Bankenkrise und zur Brüningschen Deflationspolitik.
http://www.geschichtsforum.de/f63/deflationspolitik-von-br-ning-weltwirtschaftskrise-40606/
http://www.geschichtsforum.de/f63/goldstandard-und-weltwirtschaftskrise-1929-a-39166/
http://www.geschichtsforum.de/f39/w...-33-gb-w-hrungs-geld-und-finanzpolitik-44240/
 
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