Verlieben im Mittelalter?

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Gast

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In wie weit konnten sich junge Leute im Mittelalter ineinander verlieben?

Oder waren alle Ehen arrangiert?
 
Hi

man konnte sich schon verloben, aber wenn man nahc dem Lumisheimer Ehrencodex von 758 geht, dann war eine Vereinigung von Mann und Frau nur durch den Ehebund gegeben. Arrangierte Ehen gab es jedoch häufiger als ,,freiwillige '' Ehen
 
In wie weit konnten sich junge Leute im Mittelalter ineinander verlieben?

Oder waren alle Ehen arrangiert?

Klar konnten sich junge Leute ineinander verlieben. Was dann daraus geworden ist... naja. ;)

Aber um etwas ernsthafter zu antworten, denke ich fehlt da eine Definition was genau eine "arrangierte" Ehe ausmacht. Was ich aus deiner Fragestellung herauslese, ist das du "arrangierte" Ehen "Liebesheiraten" gegenübersetzt. :grübel:

Aber, ich denke da- weit nach dem Mittelalter- an einen Ahnen, der eine junge Frau heiraten wollte. Seine Eltern haben sich mit ihren Eltern verständigt, die junge Frau war mit der Sache glücklich, und so wurde dann geheiratet. Auf der einen Seite wäre das durchaus "arrangiert", da seine Eltern- nachdem sie der Brautwahl zugestimmt hatten- an ihre Eltern herantraten, und sich mit denen einig wurden, aber auf der anderen Seite haben die beiden jungen Leute das bekommen was sie wollten.
 
Ich denke, man muss auch junge Leute näher definieren... ich kann mir z.B. nicht vorstellen, dass es unter der breiten Masse der Bauern z.B. eine so große Rolle gespielt hat, wer mit wem. Bei den Adligen schon eher. :grübel:
 
Die Durchlässigkeit der mittelalterlichen Gesellschaft war viel geringer als heutzutage. Frank Meier von der Pädagogischen Hochschule in Weingarten schreibt dazu:

Frank Meier schrieb:
Die Angehörigen von unehrlichen Berufen standen in der Ständegesellschaft unterhalb der Geistlichkeit, des Adels, der Bauern und Bürger. ... Ferner waren sie nur beschränkt geschäftsfähig. Diese soziale Position wurde auch auf die Kinder übertragen, somit vererbte sich die Diffamierung von einer Generation zur nächsten. Kinder deren Eltern einen unehrlichen Beruf hatten, konnten auch nur einen solchen ergreifen und nur in solche Familien einheiraten
Dazu sollte man wissen, dass Berufe wie Bader, Müller, Scharfrichter, Barbiere oder Abdecker zu den unehrlichen Berufen gehörten. Wobei es dabei lokale oder regionale Unterschiede gab. Scharfrichterkinder hatten daher nur eine eingeschränkte Wahl an möglichen Ehepartnern.

Da es im Mittelalter keine soziale Absicherung durch den Staat oder der Stadt gab, waren für die Stadtbewohner die wichtigste soziale Absicherung die Zünfte. Wenn ich mich an entsprechende Berichte korrekt erinnere, heiratete daher der Sohn eines Webers wohl die Tochter eines Webers. So gesehen war eine Liebesheirat nur dann möglich, wenn man sich in einem Partner der richtigen Schicht verliebt hatte.
 
Ich denke, man muss auch junge Leute näher definieren... ich kann mir z.B. nicht vorstellen, dass es unter der breiten Masse der Bauern z.B. eine so große Rolle gespielt hat, wer mit wem. Bei den Adligen schon eher. :grübel:

Ich kann mir das schon ganz gut vorstellen: Arrangierte Ehen gehorchen ja häufig existentiellen Notwendigkeiten. So eine Notwendigkeit kann der Erhalt einer Dynastie sein aber auch schlicht die Sicherung eines Minimallebensunterhalts. So mancher Bauer wird es sich verbeten haben, wenn ein Knecht seine Tochter haben wollte. Um den Lebensunterhalt der Söhne zu sichern, die nicht den Hof erben werden, wird es aber auch wichtig gewesen sein, daß die Braut eine Existenz einbringt, von der beide mit Kindern würden leben können. Wenn ein Knecht und eine Magd heirateten, wird es kaum möglich gewesen sein, Kinder aus dieser Verbindung zu ernähren. Aus diesem Grunde wird das dann als unsittlich gesehen worden sein.
 
Man sollte bei diesem Thema nicht vergessen: Auch beim "freien Verlieben" treffen sich meistens Leute, die aus ähnlichen Verhältnissen kommen. Alleine schon, weil in der Nachbarschaft (geographisch wie sozial) die meisten Kontakte bestehen, man sich häufiger sieht und die menschliche Natur sorgt wohl dafür, daß man im richtigen Alter dazu neigt, sich in halbwegs passende Leute aus der Bekanntschaft zu verlieben ...

Im Mittelalter überschneiden sich geographische und soziale Nachbarschaft noch viel stärker. Die Nachbarn eines Bauern auf dem Dorf sind fast alle auch Bauern. Die Handwerker wohnen nach Straßen sortiert, die Tochter des Webers findet in den Häusern ringsum lauter Söhne von Webern. Und die Freizeit läuft nicht wie heute in Vereinen querbeet durch verschiedene Berufe und Wohnorte - sondern man trifft in den Zünften oder Pfarreien ebenfalls immer wieder die Nachbarn und Berufskollegen.

In so einer Umgebung können Neigung und Elternwillen sehr oft harmonieren.

Problematisch wird es nur beim Adel, insbesondere beim regierenden. Da muß dynastisch entschieden werden, und die Kinder werden an Partner verheiratet, die sie oft nicht einmal kennen.
 
Ich denke die Frage der Liebe, oder was man heutzutage darunter versteht, stellte sich früher gar nicht, jedenfalls nicht im Mittelalter.

Ehen wurden meist von Eltern oder Verwandten arrangiert, denn der Ehepartner musste, wie zuvor bereits geschrieben passen. "Geld geht zu Geld" sagt man auch heute noch. Das trifft nicht nur im Mittelalter zu, sondern eine gewisse Heiratspoltik gab es bis weit ins 20. Jahrhundert noch. Fabrikanten und Großhändler verheirateten ihre Kinder natürlich auch am liebsten mit Lieferanten oder Konkurrenten.

Aber das traf, wie bereits angesprochen, durchaus auch Handwerker und andere Berufsgruppen und die Stände untereinander. "Gleich zu gleich gesellt sich gern", ist ein anderes Sprichwort aus der Zeit.

Wenn man das Glück hatte, mit der Wahl der Eltern einverstanden zu sein, konnte man schon froh sein, wenn man sich tatsächlich "lieben lernte" erst recht.

Das Bewusstsein tatsächlich aus Liebe heiraten zu wollen, kam übrigens erst mit der Epoche der Romantik (etwa 1796 bis 1835) so langsam in Gang, wobei zumeist immer noch andere Prioritäten (Status, Profession, Finanzen, Mitgift, ja oft auch Religion) im Vordergrund standen. Man mochte selbst aus Liebe heiraten wollen, aber wenn die Eltern nicht einverstanden waren, wurde meist nichts daraus. Man konnte zwar weglaufen, bisweilen heimlich heiraten, (Gretna Green z.B. war nicht nur bei Engländern beliebt), nur hatte das zumeist den Bruch mit der Familie zur Folge. Nur wenige gingen diesen rabiaten Weg, der den Verlust der sozialen Bindungen nach sich zog. Sicher, manche Eltern beruhigten sich wieder, aber bei weitem nicht alle.
 
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Freilich ist das Spekulation meinerseits, aber ich vermute mal, daß auch die Eltern und Verwandten, die Ehen arrangiert haben, auch zum Teil darauf bedacht waren, daß sich die Eheleute verstehen, und nicht nur auf Geld, Status, etc geachtet haben, sondern auch ein paar Gedanken daran verschwendet haben, ob die Eheleute miteinander können, oder nicht. Priorität war es aber meines Erachtens nach nicht.


Man konnte zwar weglaufen, bisweilen heimlich heiraten, (Gretna Green z.B. war nicht nur bei Engländern beliebt), nur hatte das zumeist den Bruch mit der Familie zur Folge. Nur wenige gingen diesen rabiaten Weg, der den Verlust der sozialen Bindungen nach sich zog. Sicher, manche Eltern beruhigten sich wieder, aber bei weitem nicht alle.


OT: Da du Gretna Green erwähnst, kann ich nicht anders, als abzuschweifen. :rotwerd::friends:

Also, bis 1752 oder 1754, brauchte man sich als Engländer nicht die Mühe zu machen bis über die schottische Grenze zu reisen. Bis dahin konnte man in England, anders als auf dem Kontinent, auch irregulär heiraten, will heißen per gegenseitigem Einverständnis ohne Geistliche, oder man ging irgendwo hin wo man kein Aufgebot zu bestellen brauchte. Die Kapelle im Fleet Gefängnis in London war dafür bekannt, daß man dort schnell und ohne Aufwand heiraten konnte.

Als Beispiel für Eltern die sich wieder beruhigt haben, fiele mir spontan der Dichter John Evelyn (1620 - 1706) ein, dessen Tochter Elizabeth gegen den Wunsch der Familie durchbrannte. Er hat sich mehr oder weniger wieder beruhigt. Oder eine Lady aus der gleichen Zeit, deren Namen mir gerade entfallen ist, und die mir nur im Gedächtnis geblieben ist, weil ihre Tochter mit einem der Hausdiener durchgebrannt ist. Wie die hieß müsste ich nochmal nachschauen, aber so weit ich das in Erinnerung habe, hat sich die Mutter auch wieder beruhigt. :D

Zurück zum Mittelalter? :red:
 
Zurück zum Mittelalter? :red:
Aber gerne :friends:


@gast

Bei der Frage "waren ALLE Ehen arrangiert" stellt sich mir allerdings noch eine weitere Frage, die nach dem Warum. Warum fragst du nach Liebesehen ausgerechnet im Mittelalter?

Im Mittelalter gab es übrigens verschiedene Ehe- bzw. Lebens- und Partnerschaftsformen mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten.
Zum Beispiel Muntehe ? Wikipedia , Die Friedelehe (wenn auch teilweise umstritten) und im frühen Mittelalter auch noch die http://de.wikipedia.org/wiki/Kebsehe
 
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Ich halte es sehr wahrscheinlich das Liebesheiraten häufiger waren, als wir denken, was hätten normale Bauern gegen die Hochzeit zwischen einem Bauernjungen und mächen haben können.

Beim Adel ist das natürlich was anderes.
 
Da ich selbst bäuerliche Vorfahren und Verwandte habe: Bauer ist nicht gleich Bauer, nee nee ... Da wurde und wird teilweise auch heute noch schon SEHR genau darauf geachtet, wer wie viel hat. Ein Hektar mehr oder weniger kann da schon den Ausschlag geben, welcher von zwei Verehrern in den Augen der Eltern Gnade findet.
 
Da ich selbst bäuerliche Vorfahren und Verwandte habe: Bauer ist nicht gleich Bauer, nee nee ... Da wurde und wird teilweise auch heute noch schon SEHR genau darauf geachtet, wer wie viel hat. Ein Hektar mehr oder weniger kann da schon den Ausschlag geben, welcher von zwei Verehrern in den Augen der Eltern Gnade findet.

Und nicht nur ein Hektar mehr oder weniger, sondern auch noch was für'n Hektar das ist. ;) Was bringt eine Mitgift von einem Hektar schlechtem Waldboden, den man zwar für Holz verwenden kann, aber auf dem eigentlich nichts wächst, es sei denn man ist an der Schweinezucht beteiligt? Oder so in die Richtung... Oder wo besagter Hektar liegt, und ob man ihn auch gut an den Rest ankoppeln kann.

Aber zum Thema fiel mir gerade auch noch ein, daß es im englischen Mittelalter auch eine Rolle gespielt hat ob man/frau als Leibeigner oder frei geboren war. War die Frau frei, dann waren es auch die Kinder, wenn nicht, dann waren sie Leibeigen, so jedenfalls meine Erinnerung. Wie verhielt sich das eigentlich in Deutschland?
 
Versatzstücke

...War die Frau frei, dann waren es auch die Kinder, wenn nicht, dann waren sie Leibeigen, so jedenfalls meine Erinnerung. Wie verhielt sich das eigentlich in Deutschland?

Da es in Deutschland sehr unterschiedlich sein konnte, fallen üblicherweise hier generalisierende Antworten schwer: Aber nicht in diesem Fall. Es herrschte der Grundsatz, dass die Nachkommen der "ärgeren Hand" folgten. Sprich, den Status des niederen Ehepartners erbte. Allerdings konnte man bei entsprechendem Einfluss da immer was Drehen...

Im Übrigen muss ich R.A. 6 Beiträge über mir weitgehend Recht geben, was den damaligen Umgang der Menschen betrifft. Wenn es allerdings kleine soziale Gruppen betraf, die nicht - wie etwa Weber - durchaus in einer Ortschaft relativ dominant sein konnten, dann war es schon schwer den richtigen Partner zu finden!

@Ravenik: Gutes Stichwort, dass Bauer nicht Bauer ist. Je nach Region im alten Reich gab es sowohl Großbauern, als auch Höfner, Hüfner, etc. mit unterschiedlichem sozialem Status. Außerdem gab es freie & unfreie Bauern, solche die Fron leisten mussten oder andere feudale Leistungen. Ich las in einem Mundartbuch, dass ein "Fremder" ("übernächstes" Dorf, gleiche Gegend) sofort von einem Bauern angesprochen wurde mit den Worten:
"Bäm best dou de?" -> Übersetzt Wörtlich: "WEM gehörst du denn?"
Ich amüsierte mich über diese Formulierung, bis ich darüber mit sehr alten Leuten sprach. Die bestätigten, dass diese Formulierung einst üblich gewesen sei und es sei eine Frage nach dem Herkommen (Verwandtschaft, Herkunftsort, für wen man arbeitet... naja, die Leute da waren wohl Mundfaul^^). Nach der Antwort war dann schon klar, in welche Tasche/Schublade man den Fremden stecken konnte.

Auch möchte ich an Kleidervorschriften und Trachten erinnern. An dem berühmten Schwarzwaldmädel kann der Kundige schon erkennen aus welcher Gegend sie stammt, ob sie ledig ist und ungefähr wie vermögend... Die unteren Schichten durften nicht zu teure Kleider tragen, Schmuck war eventuell verboten oder je nach Region reglementiert. Bei Walter von der Vogelweide findet sich die Stelle, wo er vom "gläsern Ringlein" spricht. Das war ein typischer Schmuck für wenig Vermögende.... Man kann das alles als Hilfsmittel ansehen, wie sich Angehörige eines Standes erkennen und damit - wer mit wem in Frage kommen kann.
Bis heute hat sich ja auch etwa bei Zimmerleuten die Tradition der "Walz" - der wandernden Handwerksburschen nicht überall völlig verschliffen. Man erkennt sie an den Kleidern und auch dem goldenen Ohrring, der im MA und frühen Neuzeit als Notgroschen galt und der ihm vom Meister ausgerissen werden durfte, wenn er sich untragbar verhielt. Daher kommt noch der Begriff des Schlitzohrs (ausgerissener Ohrring)...

Auch wenn ich weit abgeschweift bin möchte ich klarstellen, dass dergleichen keineswegs nur aufs "finstere" Mittelalter beschränkt ist. Auch die (wenigstens frühe) Neuzeit kannte Trachten und Kleiderordnungen und auch der Antike ist das nicht fremd! Am Beispiel Roms: Purpurstreifen durfte nicht jeder Tragen und nach Rang abgestimmt war auch die Breite der Färbung reglementiert. Rote Schuhe waren ebenfalls Zeichen der Oberschicht und zumindest theoretisch durfte nicht jeder Fingerringe aus beliebigem Material tragen... Naja, das alles mal unsortiert auf die Schnelle!

Ich halte es sehr wahrscheinlich das Liebesheiraten häufiger waren, als wir denken, was hätten normale Bauern gegen die Hochzeit zwischen einem Bauernjungen und mächen haben können.

Beim Adel ist das natürlich was anderes.

Von Wegen: Geld zu Geld, das war das Prinzip. Die Habsburger haben das nur an oberster sozialer Schicht perfektioniert! Gerade bei Erbteilungen musste man achten, lebensfähig zu bleiben, auch wenn Teilung nicht überall im deutschen Sprachraum üblich war!
Du solltest nicht vergessen: Wenn durch eine einzige Einheirat ein Besitz in einem Wert wechseln konnte, der vielleicht größer war, als was ein Wanderbursch je im Leben erwerben hätte können, dann war die Ehe doch die leichteste Form der Besitzgewinnung, oder? Vergesse nicht, dass damals noch Menschen Hungers starben, was gottlob im heutigen Europa kaum noch passieren dürfte!
 
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Ich halte es sehr wahrscheinlich das Liebesheiraten häufiger waren, als wir denken, was hätten normale Bauern gegen die Hochzeit zwischen einem Bauernjungen und mächen haben können.

Beim Adel ist das natürlich was anderes.

Köbis hat mich an anderer Stelle an die Gefühle füreinander erinnert, die es unfragwürdig zu jeder Zeit gab. :winke:

Natürlich hatten die Jungen und Mädchen auch ihre Präferenzen und fühlten sich zu einem/einer bestimmten hingezogen, nur kann man davon ausgehen, dass die Eltern meist nicht einverstanden waren bzw. die Frage zu "heiraten" aus verschiedenen Gründen per se nicht bestand.

Dabei darf man nicht vergessen, dass "Liebe" viele Jahrhunderte lang nicht Sinn und Zweck des Lebens, ja nicht einmal der Ehe war. Im Normalfall verband man sich um legale Erben zu zeugen und auch Besitz usw. zu mehren. Die Philosophen (und auch Psychologen) nahmen sich der Liebe und Ehe in diesem Zusammenhang auch erst später an.

Die Frage nach dem Besitz oder der Möglichkeiten (in England nannte man es in etwa eine "blendende Zukunft") betraf letztlich auch die niedrigen Stände und z.B. einfache Näherinnen. Was hätte z.B. eine Näherin davon gehabt aus "Liebe" zu heiraten, wenn es ein versoffener, fauler Kerl war, der nichts hatte und ihr sprichwörtlich die Haare vom Kopf frass? Auch die Näherin hätte sich doch einen ausgesucht, zumindest ihre Eltern hätten das getan, der sie unterstützen und eine Familie ernähren konnte. Jaaa, mir ist schon bewusst das das in den unteren Ständen mancherzeit kaum möglich war, dass diese ohnehin meist darbten, aber es geht mir um die Überlegung.

Ach ja, fast vergessen, nicht umsonst war es üblich (bei allen Ständen) bei dem Vater einer jungen Dame um ihre Hand anzuhalten. Hatte sie keinen mehr traten ältester Bruder, Onkel oder Oheim an seine Stelle. Der Vormund entschied also gewissermassen über den Ehepartner, nicht die junge Frau.

OT:
Sorry, aber das kann ich mir leider nicht verkneifen: Auch heute heiraten ja noch junge Frauen eher den Versorger (reich, berühmt, angesehen, etc) auch wenn er altersgemäß der Vater oder Großvater sein könnte ... :p :still:

*Nachtrag*
Fast vergessen. Kam eine junge Frau aus einem begüterten Haus, war vielleicht aus Mangel an männlichen Erben auch die nachfolgerin des Vaters (soweit diverse Rechte dies zu ließen), dann war es umso wichtiger, den richtigen Mann zu wählen, da er im Mittelalter volles und alleiniges(!) Recht auf ihren Besitz erlangte, diesen also auch durchbringen oder veräussern konnte.

http://www.frauenwissen.at/frauenleben_mittelalter.php

Wen die Rechte der Frauen in der Geschichte näher interessieren: http://books.google.de/books?id=ulx...ved=0CBcQ6AEwBA#v=onepage&q=Ehevogtei&f=false

Ebenfalls interessant: Frauen im Augsburger Zunfthandwerk mit einem Kapitel zu Vormundschaft
http://books.google.de/books?id=iLr...&resnum=5&ved=0CB0Q6AEwBA#v=onepage&q&f=false
 
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Ich halte es sehr wahrscheinlich das Liebesheiraten häufiger waren, als wir denken, was hätten normale Bauern gegen die Hochzeit zwischen einem Bauernjungen und mächen haben können.

Beim Adel ist das natürlich was anderes.
Grundsätzlich trifft der Aspekt, den Du anführst auch beim niederen Adel zu. Dort waren Liebesheiraten - oder nennen wir es lieber Heirat aus Neigung - deutlich verbreiteter als beim Hochadel, weil schlichtweg der Pool aus denen die künftigen Ehepartner ausgewählt werden konnten, größer war. Obendrein lebte man dichter beieinander, heiratete eher aus dem Kreis in der räumlichen Nähe und folglich eher unter Bekannten, während beim Hochadel (Fürsten) oftmals Fremde einander das Jawort gaben, die sich häufig vor der Vermählung noch nie gesehen hatten.
 
Die Frage nach dem Besitz oder der Möglichkeiten (in England nannte man es in etwa eine "blendende Zukunft") betraf letztlich auch die niedrigen Stände und z.B. einfache Näherinnen. Was hätte z.B. eine Näherin davon gehabt aus "Liebe" zu heiraten, wenn es ein versoffener, fauler Kerl war, der nichts hatte und ihr sprichwörtlich die Haare vom Kopf frass? Auch die Näherin hätte sich doch einen ausgesucht, zumindest ihre Eltern hätten das getan, der sie unterstützen und eine Familie ernähren konnte. Jaaa, mir ist schon bewusst das das in den unteren Ständen mancherzeit kaum möglich war, dass diese ohnehin meist darbten, aber es geht mir um die Überlegung.


Guter Einwurf, wenn man bedenkt, daß es mit der Rentenversicherung und den Sozialleistungen nicht sonderlich weit her war, und man sich eine Ehe und Familie ja auch hat leisten müssen können. Beim Beispiel der Näherin hätte das auch das Heiratsalter nach oben verschoben, da sie sich erstmal eine Mitgift zusammengespart hätte, sofern ihre Eltern sich diese nicht leisten konnten. Aus dem Mittelalter weiß ich es nicht, aber im 17./18. Jhdt lag das durchschnittliche Heiratsalter für "einfache" Frauen stellenweise und zeitweise um 23-24, und so weit ich das in Erinnerung habe, bei Männern noch höher.

Auch fielen mir da verschiedene Regelungen ein, wer heiraten durfte und wer nicht. So weit ich das in Erinnerung habe, wurde das teilweise von Zünften geregelt, aber da kann ich mich täuschen. Kann jemand vielleicht etwas mehr dazu sagen, oder mich korrigieren? :winke:
 
Ich möchte doch mal einwerfen, dass, wenn ein Prinz heiraten wollte, nicht tatsächlich ALLE Jungfrauen des Landes eingeladen wurden, sondern nur die standesgemäßen. Aschenputtel war durchaus keine Magd, sondern wurde nur in ihrer (priviligierten) Familie gemobbt.

In irgend eine dieser Damen wird er sich dann schon verliebt haben. War das dann arrangiert oder romantisch ?

So war die alltägliche soziale Abgrenzung sicherlich stärker als heute, so dass der Junggraf nicht gemeinsam mit dem Bauern, und der nicht mit dem Knecht zur selben Veranstaltung ging.

Stärker jedoch müssen die unsichtbaren Grenzen gewesen sein - man achtete sehr wohl darauf, wie wer mit wem wie zu reden hatte. Wäre da eine adelige Dame überhaupt auf die Idee gekommen, sich in einen Bauernlümmel zu verlieben ?
 
Stärker jedoch müssen die unsichtbaren Grenzen gewesen sein - man achtete sehr wohl darauf, wie wer mit wem wie zu reden hatte. Wäre da eine adelige Dame überhaupt auf die Idee gekommen, sich in einen Bauernlümmel zu verlieben ?

Na ja, wenn ihr Zukünftiger ein pickliger Jüngling war, der Pferdewirt oder Gärtnerssohn, Wildhüter etc. aber ein fescher, strammer Bursch ... :grübel: :winke::friends:

Nur geheiratet wurde im Normalfall halt nicht. Genau darum geht es doch.
 
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Ich möchte doch mal einwerfen, dass, wenn ein Prinz heiraten wollte, nicht tatsächlich ALLE Jungfrauen des Landes eingeladen wurden, sondern nur die standesgemäßen. Aschenputtel war durchaus keine Magd, sondern wurde nur in ihrer (priviligierten) Familie gemobbt.
Im Byzantinischen Reich gab es tatsächlich ein paar Mal solche Brautschauen, bei denen schöne Frauen aus dem ganzen Reich zusammengesucht wurden. Allerdings gab es im Byzantinischen Reich ohnehin keine Standesschranken wie im restlichen Europa, da konnte ein Angehöriger der kaiserlichen Familie problemlos eine Frau niederer Herkunft heiraten, so wie auch so mancher Mann niedrigster Herkunft per Militärlaufbahn+Putsch oder Heirat Kaiser wurde.
 
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