Vernichtende Rezension zu einer Dissertation - veröffentlichen oder nicht?

El Quijote

Moderator
Teammitglied
Ich habe vor kurzem eine Diss. gelesen, über die ich mich an mehreren Stellen aus verschiedenen Gründen geärgert habe. Die Dissertation ist angenommen worden und die Person promoviert worden, allerdings arbeitet die Person nicht in einer für Promovierte angemessenen Stelle, sondern fachfremd in einem Bereich, der einen Realschulabschluss und eine Ausbildung erfordert.
Ich habe über die Dissertation eine zwar im Ton sachliche, aber - aufgrund der vielen Fehler - vernichtende Rezension geschrieben.
Jetzt will ich die Wirksamkeit meiner Rezension (wenn sie denn überhaupt angenommen wird) nicht überbewerten, aber ich will auch nicht Schuld sein, wenn jemand aufgrund meiner Rezension vielleicht den Sprung vom Überbrückungsjob in den dem akademischen Grad angemessenen Bereich nicht schafft (weil der Einstellende den Namen googelt und auf meine Rezension stößt). Ich will der Person ja nicht schaden. Auf der anderen Seite ist die Rezension zu recht vernichtend und auch das versöhnlich gestaltete Ende meiner Rezension kann darüber par tout nicht hinwegtäuschen.
Bisher habe ich mich immer nur dann bemüßigt gefühlt ein Buch zu bewerten, wenn es mir ganz besonders gut vorkam, hier aber war wirklich die zeitweilige Naivität, die schlechte Recherche, die leserunfreundliche Darstellung und die falsch wiedergegebenen/unverstandenen Zitate Anlass für die Kritik. Und zwar nicht etwa vereinzelt sondern sich durch das ganze Werk hindurchziehend.
Und jetzt stehe ich vor dem Dilemma: Veröffentlichen und ggf. der Person einen Karrieresprung vermiesen oder aber nicht veröffentlichen und vielleicht zulassend, dass Studierende unterer Semester oder unkritische Studierende durch die Publikation auf falsche Fährten gelockt werden (so diese denn auf die Idee kommen, nach Rezensionen zu suchen)?
 
Wer publiziert, hat sich der Kritik zu stellen.

Wer eine Dissertation anfertigt, steht für das Ergebnis in der Verantwortung und hat sich dem Diskurs zu stellen. Das ist der Sinn der Veranstaltung.
Wer eine Dissertation begutachtet, oder an der Disputation teilnimmt, steht ebenso in der Verantwortung.
 
Und jetzt stehe ich vor dem Dilemma: Veröffentlichen und ggf. der Person einen Karrieresprung vermiesen oder aber nicht veröffentlichen und vielleicht zulassend, dass Studierende unterer Semester oder unkritische Studierende durch die Publikation auf falsche Fährten gelockt werden (so diese denn auf die Idee kommen, nach Rezensionen zu suchen)?

Ich schlage vor - wenn du die Review unbedingt posten willst -, den "vernichtenden" Ton zu entschärfen und in höflichem Ton auf ein paar sachliche Fehler hinzuweisen, wobei die Kritik natürlich hieb- und stichfest sein sollte und nicht nur eine abweichende Interpretation. Könntest du ein oder zwei Beispiele nennen, ohne die Dissertation zu identifizieren (wenn du das nicht wünschst)?

Wie du selbst schreibst, gilt es abzuwägen, ob die (hypothetische) Möglichkeit, dass Dritte durch den kritisierten Text "auf eine falsche Fährte gelockt werden", es rechtfertigt, die beruflichen Perspektiven einer anderen Person dauerhaft zu beeinträchtigen, da die Negativrezension (vermutlich) auf immer im Netz stehen wird und der Person wie eine Eisenkugel am Bein hängt ("das Internet vergisst nie"). Das ist der Unterschied zu den Vor-Internet-Zeiten, als kritische Rezensionen nur in Zeitungen oder Fachzeitschriften standen und allmählich in Vergessenheit gerieten, statt wie heute über Suchbegriffe in Sekundenschnelle abrufbar zu sein.

Meiner Ansicht nach sollte im gegebenen Fall gelten "in dubio pro reo", und da du offensichtlich Zweifel an der moralischen Vertretbarkeit einer öffentlichen Demontage hast, wäre es vielleicht besser, (falls möglich) mit dem Autor Kontakt aufzunehmen und ihn auf die Fehler hinzuweisen. Dann liegt es an ihm zu entscheiden, ob er den fehlerhaften Text im Netz stehen lässt oder für eine Überarbeitung herausnimmt, um ihn korrigiert wieder hineinzustellen. Die meisten Dissertationen, die im Netz stehen, sind überarbeitete Versionen der eigentlichen Dissertation.
 
Zuletzt bearbeitet:
Soweit ich bislang Rezensionsexemplare erhalten habe, betreffen diese grundsätzlich bereits erfolgte, abgeschlossene Publikationen und nicht einen irgendwie noch weiter zu bearbeitenden Stand. Wenn da etwas fachlich-sachlich schiefgelaufen ist, ist in der Phase das Kind im Brunnen.

Das ist auch von erteilten Druckauflagen oder Anmerkungen in den Dissertationsgutachtens zu unterscheiden, die der Autor für die finale Publikation oder für die universitären Belegexemplare noch einarbeiten kann (was auch regelmäßig passiert). Solche frühen Anmerkungen vom Erst- oder Zweitgutachter oder auch Ergebnisse der Disputation können noch eingearbeitet werden.

Darauf beziehen sich wiederum nicht die Rezensionen, diese haben abgeschlossene Arbeiten zum Gegenstand (oder sogar bereits in Druck befindliche).

Den Eingangsbeitrag habe ich schon so verstanden, dass der Ton rein sachlich ist und bleibt (alles andere würde auch bei redaktioneller Betreuung des Rezensenten hoffentlich herausgefischt, wenn das professionell läuft). Es geht eher um den Umfang der Beanstandungen bei einer abgeschlossenen Publikation.
 
Ich schlage vor - wenn du die Review unbedingt posten willst -, den "vernichtenden" Ton zu entschärfen und in höflichem Ton auf ein paar sachliche Fehler hinzuweisen, wobei die Kritik natürlich hieb- und stichfest sein sollte und nicht nur eine abweichende Interpretation.
Das ist eben der Punkt, ich bin im Ton ganz sachlich, habe jegliche Schärfe weichgespült und dennoch fällt die Kritik vernichtend aus.

Könntest du ein oder zwei Beispiele nennen, ohne die Dissertation zu identifizieren (wenn du das nicht wünschst)?
Schwierig. Ich bin etwa an einer Sache über eine Formulierung gestolpert, wo ein Importgut genannt wurde, dessen Namen die promovierende Person nennt, aber als den historischen Namen unter dem das Gut importiert worden sei, dabei ist es der moderne Name. Das belegt die die Diss. verfassende Person mit einem Zitat, das ich aufgrund meiner Irritation nachschlug und das Zitat war eindeutig falsch verstanden und das hätte die verfassende Person auch merken müssen.

Dann zitiert die mittlerweile promovierte Person unterschiedslos aus wissenschaftlichen (und esoterischen!!!) Texten und zieht Schlussfolgerungen aus Sachverhalten, obwohl sie eigentlich aus den von ihr zitierten Texten wissen müsste, dass die Schlussfolgerungen falsch sind (ich kann das leider nicht konkretisieren, ohne den Text idenifizierbar zu machen).

Auch linguistische Ableitungen, welche die Person vornimmt, sind zum Teil eindeutig falsch, die historischen Sachverhalte kann ich nur unzureichend beurteilen, da ich in dem Thema nicht drin bin, aber die sind auch nicht so dargestellt, dass ein Leser, der in diesem Thema nicht drin ist, in dieses reinkäme.

wäre es vielleicht besser, (falls möglich) mit dem Autor Kontakt aufzunehmen und ihn auf die Fehler hinzuweisen. Dann liegt es an ihm zu entscheiden, ob er den fehlerhaften Text im Netz stehen lässt oder für eine Überarbeitung herausnimmt, um ihn korrigiert wieder hineinzustellen. Die meisten Dissertationen, die im Netz stehen, sind überarbeitete Versionen der eigentlichen Dissertation.
Die Diss. ist als Paperback erschienen und die Publikationspraxis sieht ja vor, dass die Diss. im Original, bei strenger Auslegung sogar ohne Korrektur von Tippfehlern, erscheinen muss. Das Kind liegt also - wie Silesia richtig meinte - bereits im Brunnen.

Den Eingangsbeitrag habe ich schon so verstanden, dass der Ton rein sachlich ist und bleibt (alles andere würde auch bei redaktioneller Betreuung des Rezensenten hoffentlich herausgefischt, wenn das professionell läuft). Es geht eher um den Umfang der Beanstandungen bei einer abgeschlossenen Publikation.
Ja, ist eine redaktionell betreute, wissenschaftliche Publikationsplattform, die von einer Universität verantwortet wird.
 
Wer publiziert, hat sich der Kritik zu stellen.

Wer eine Dissertation anfertigt, steht für das Ergebnis in der Verantwortung und hat sich dem Diskurs zu stellen. Das ist der Sinn der Veranstaltung.
Wer eine Dissertation begutachtet, oder an der Disputation teilnimmt, steht ebenso in der Verantwortung.

Manchmal ist es ja so, dass man eine Position nicht teilt, dass man die gezogene Schlussfolgerung für überzogen einen Sachverhalt für überstrapaziert hält. Aber hier ist es halt wirklich das Gesamtpaket. Auf der anderen Seite ist die Person ja mit dieser Arbeit promoviert worden. Das wirft nicht nur ein Licht auf diese Person sondern auch auf die Mitglieder des Promotionsgremiums.
 
Dann zitiert die mittlerweile promovierte Person unterschiedslos aus wissenschaftlichen (und esoterischen!!!) Texten und zieht Schlussfolgerungen aus Sachverhalten, obwohl sie eigentlich aus den von ihr zitierten Texten wissen müsste, dass die Schlussfolgerungen falsch sind (ich kann das leider nicht konkretisieren, ohne den Text idenifizierbar zu machen).

Auch linguistische Ableitungen, welche die Person vornimmt, sind zum Teil eindeutig falsch, die historischen Sachverhalte kann ich nur unzureichend beurteilen, da ich in dem Thema nicht drin bin, aber die sind auch nicht so dargestellt, dass ein Leser, der in diesem Thema nicht drin ist, in dieses reinkäme.

Ich kann mir anhand dieser Angaben natürlich kein Bild davon machen, in welchem Maße die genannten Mängel den Gesamtwert der Arbeit schmälern. Es ist möglicherweise auch eine Interpretationssache, ob die vom Autor verwendeten Quellen, die du "esoterisch" nennst, ohne jeden wissenschaftlichen Wert sind bzw. ob das Zitieren daraus wissenschaftlich fragwürdig ist. Ein "vernichtender" Tenor der Rezension setzt jedenfalls voraus, dass jener Gesamtwert sehr gering ist und dass das unkritische Lesen des Textes zu einer umfassenden Desinformation über den Gegenstand führt.

Nun gibst du aber selbst zu, dass du die "historischen Sachverhalte nur unzureichend beurteilen" kannst, weil du "in dem Thema nicht drin" bist. Da stellt sich die Frage, ob das eine faire Basis für eine "vernichtende" Kritik sein kann, d.h. hat jemand, der über den Gegenstand des kritisierten Textes fachlich nur unzureichende Kenntnisse hat, das Recht, den Text auf "vernichtende" Weise zu kritisieren? Selbst wenn deine Kritik an den von dir vage angedeuteten Details sachlich vertretbar wäre, meine ich doch, dass der Umstand, dass es dir - nach eigener Aussage - an hinreichenden Fachkenntnissen fehlt, es nicht gerade zwingend rechtfertigt, dass du über die Gesamtarbeit "vernichtend" den Stab brichst.

Fairerweise, so meine ich, solltest du im Falle, dass du deine Kritik postest, diesen Sachverhalt (unzureichende Fachkenntnisse) darin erwähnen, da der Leser dieser Kritik sonst den Eindruck hat, dass ein Kenner der Materie sie geschrieben hat, was aber anscheinend nicht zutrifft.
 
Das ist eben der Punkt, ich bin im Ton ganz sachlich, habe jegliche Schärfe weichgespült und dennoch fällt die Kritik vernichtend aus..

Mit Deiner Rezension bist Du ja auch in die Öffentlichkeit getreten. Entweder hast Du fachlich bzw. inhaltlich Recht oder er. Sofern Du Dich geirrt haben solltest müßte es für den Rezensierten "eine Gaudi" sein, Dein Urteil durch den Kakao zu ziehen.

Offensichtlich hat er keine Replik geschrieben, die ihn entlastet und Dich wiederum belastet. Ergo: Offensichtlich war Deine Rezension sachlich angemessen.

Grundsätzlich: Jeder erwartet eine inhaltlich faire Rezension, gerade und auch die Scientific Community. Ohne qualitativ angemessene Rezensionen durch die Peergroup wird es kein intersubjektives akzeptiertes Urteil über die Qualität historischer Forschung geben.

Dieser Aspekt ist ja auch immer ein zentraler Zankapfel im Forum gewesen bei der Frage, ob internationale Publikationen, die nicht selten besser sind wie nationale, deshalb einen höheren Geltungsanspruch für sich beanspruchen können, weil sie methodisch und inhaltlich besser sind.

Und somit ist Dein Vorgehen m.E. wissenschaftsimmanent und es gibt keine seriöse Alternative dazu. Bzw. die Alternative wäre, ein oder zwei weitere Rezensionen anzustoßen.
 
Mit Deiner Rezension bist Du ja auch in die Öffentlichkeit getreten. Entweder hast Du fachlich bzw. inhaltlich Recht oder er. Sofern Du Dich geirrt haben solltest müßte es für den Rezensierten "eine Gaudi" sein, Dein Urteil durch den Kakao zu ziehen.

Offensichtlich hat er keine Replik geschrieben, die ihn entlastet und Dich wiederum belastet. Ergo: Offensichtlich war Deine Rezension sachlich angemessen.
Noch kennt die Rezension nur einer: Ich. Also weder kennt sie bisher der Verfasser der rezensierten Arbeit noch irgendein Redakteur der Plattform.

Ich kann mir anhand dieser Angaben natürlich kein Bild davon machen, in welchem Maße die genannten Mängel den Gesamtwert der Arbeit schmälern. Es ist möglicherweise auch eine Interpretationssache, ob die vom Autor verwendeten Quellen, die du "esoterisch" nennst, ohne jeden wissenschaftlichen Wert sind bzw. ob das Zitieren daraus wissenschaftlich fragwürdig ist. Ein "vernichtender" Tenor der Rezension setzt jedenfalls voraus, dass jener Gesamtwert sehr gering ist und dass das unkritische Lesen des Textes zu einer umfassenden Desinformation über den Gegenstand führt.
Sagen wir mal so: Ein in einem exotischen Land publizierender Kelte oder Schotte wird mit einer völlig absurden Behauptung, die bereits vom indogermanistischen Standpunkt her unsinnig ist, genauso ernst genommen, wie der Vorgänger des Doktorvaters, den sie im Satz vorher zitiert.

Nun gibst du aber selbst zu, dass du die "historischen Sachverhalte nur unzureichend beurteilen" kannst, weil du "in dem Thema nicht drin" bist. Da stellt sich die Frage, ob das eine faire Basis für eine "vernichtende" Kritik sein kann, d.h. hat jemand, der über den Gegenstand des kritisierten Textes fachlich nur unzureichende Kenntnisse hat, das Recht, den Text auf "vernichtende" Weise zu kritisieren?
Bei den historischen Sachverhalten handelt es ich um Vorgeplänkel, das sehr verwirrend dargestellt ist und eine Masse an Dynastien und Personen und sozialen Splittergruppen nennt, zu denen das Vorwissen fehlt, das Gefühl bei der Lektüre ist ungefähr so, wie wenn man von Solschenizyn Der Archipel Gulag liest. Den Kern der Arbeit kann ich sehr wohl beurteilen. Ich hatte mal eine Stelle als wissenschaftliche Hilfskraft, bei der ich mich mit genau diesen Sachverhalten beschäftigt habe. Und der Kern meiner Kritik betrifft nun mal den Kern der Arbeit. Die Idee der Arbeit hingegen lobe ich.

Selbst wenn deine Kritik an den von dir vage angedeuteten Details sachlich vertretbar wäre, meine ich doch, dass der Umstand, dass es dir - nach eigener Aussage - an hinreichenden Fachkenntnissen fehlt, es nicht gerade zwingend rechtfertigt, dass du über die Gesamtarbeit "vernichtend" den Stab brichst.
Der Teil, wo es mir an Fachkenntnissen mangelt, ist, wie gesagt, Vorgeplänkel. Hier kritisiere ich in erster Linie die nicht zur Erhellung beitragende Darstellung, nicht den Inhalt. Hier ein Auszug aus meiner Rezension bzgl. dieses Sachverhalts:

ABC setzt daher die Kenntnis von Dynastien, X-bewegungen und Splittergruppen voraus, die für den Nicht-XYZ-wissenschaftler auf jeden Fall und sicherlich auch für den ein oder anderen XYZ-wissenschaftler ein verwirrendes Ensemble von Personen und Gruppen bilden und leider unzureichend eingeführt werden. Als XYZ-wissenschaftlicher Laie verliert man so sehr schnell den Überblick und auch ein wenig die Lust an der Lektüre, soll doch das Buch nicht nur XYZ-wissenschaftlern sondern vor allem auch DEF-isten dienen.
Zur Erhellung dieser Stelle: Die Arbeit wurde in einem Fachbereich geschrieben, aber um ein (vermeintliches) Forschungsdesiderat (was ich ausdrücklich positiv vermerke!) in einem anderen Fachbereich zu schließen.

Fairerweise, so meine ich, solltest du im Falle, dass du deine Kritik postest, diesen Sachverhalt (unzureichende Fachkenntnisse) darin erwähnen, da der Leser dieser Kritik sonst den Eindruck hat, dass ein Kenner der Materie sie geschrieben hat, was aber anscheinend nicht zutrifft.
Also, grundsätzlich bin ich ein Kenner der Materie. Da wo ich es nicht bin, wird das deutlich gemacht.
 
Manchmal ist es ja so, dass man eine Position nicht teilt, dass man die gezogene Schlussfolgerung für überzogen einen Sachverhalt für überstrapaziert hält. Aber hier ist es halt wirklich das Gesamtpaket. Auf der anderen Seite ist die Person ja mit dieser Arbeit promoviert worden. Das wirft nicht nur ein Licht auf diese Person sondern auch auf die Mitglieder des Promotionsgremiums.
Deshalb hab ich auf die beiden oder drei Gutachter, je nach Fakultät, und das erweiterte Disputationskollegium hingewiesen. Außerdem gibt es noch die mehrwöchige Auslage zur Einsicht im Fachbereich etc. Bei gravierenden Mängeln müssen da einige staunen.
 
In Teilen mag das dadurch zu erklären sein, dass die Diss. in der ABC-Wissenschaft geschrieben wurde, mit einer XYZ-wissenschaftlichen Zielsetzung und die Gutachter von der XYZ-Wissenschaft nicht hinreichend Ahnung hatten. Ein XYZ-Wissenschaftler hätte aber mal dringend konsultiert werden müssen.
 
Ich kenne das so, dass man die Gutachter bei Schnittpunktthemen mixt.
Dann nimmt man einen entsprechenden Zweitgutachter mit hinein.
Ich hatte selber mal einen Fall, bei dem ich aus fachlichen Gründen nachgerückt bin, weil der 2. ausgefallen war.
 
Meine ganz persönliche Meinung wäre, die Rezension nicht zu veröffentlichen. Der mögliche Nutzen steht vermutlich in keinem Verhältnis zum möglichen Schaden. Wer liest denn schon eine Dissertation? Vermutlich kaum jemand außer allenfalls ein paar Studenten, und sie doch hoffentlich nicht als einzige Literatur zum Thema. (Und wenn doch, und sie die Mängel nicht erkennen, wird man ihnen hoffentlich keinen Strick daraus drehen, nur weil sie aus einer wenn auch problematischen Dissertation zitieren. Schließlich wurde sie angenommen, hat also grundsätzlich wissenschaftlichen Anspruch, wenngleich manches verfehlt sein mag.) Der mögliche Schaden aber könnte wirklich in einem dauerhaften Karrierehemmnis für den Verfasser bestehen. Die Doktorwürde mag unverdient sein, aber er hat sie schon und verliert sie nicht wegen Deiner Rezension. Was er nicht hat, ist eine seiner Ausbildung angemessene (und hoffentlich irgendwann auch angemessen bezahlte) Stelle. Dass seine Dissertation missglückt ist, bedeutet vermutlich nicht zwangsläufig, dass er in seinem Fach generell untauglich ist (und es somit eh besser wäre, wenn er keinen facheinschlägigen Posten bekommt).

Während meines Studiums bin ich im Rahmen einer Seminararbeit (zum Einfluss des österreichischen "Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs" von 1811 auf Zivilrechtskodifikationen in den Staaten des Deutschen Bunds und in der Schweiz) bei meinen Literaturrecherchen auch einmal auf eine katastrophal schlechte Dissertation gestoßen, bei der ich mich wunderte, dass sie überhaupt durchging. Nicht nur, dass ich keinen wissenschaftlichen Wert und keine eigenständige geistige Leistung erkannte (etwa die Hälfte des Umfangs bestand aus einer bloßen Gegenüberstellung - linke Spalte, rechte Spalte - von Passagen des ABGB und Passagen eines Kodifikationsentwurfs aus dem Königreich Sachsen - ohne jegliche Anmerkungen zu den Ähnlichkeiten und Unterschieden und ihren Gründen), enthielt sie auch haarsträubende Fehler (z. B. hielt der Verfasser offensichtlich das Kurfürstentum Hessen und das Großherzogtum Hessen für denselben Staat, den er mal so, mal so bezeichnete). Und? Sogar ich als nicht so überragender Student erkannte die Unzuverlässigkeit und Unbrauchbarkeit der Arbeit, und außer mir gab es vermutlich kaum Leser. Vermutlich ist die Dissertation recht unbeachtet vor sich hinverstaubt. Der Verfasser hingegen hat vielleicht in seinem Beruf doch noch etwas geleistet.
 
@Ravenik, danke für deine Erfahrung.

Dass seine Dissertation missglückt ist, bedeutet vermutlich nicht zwangsläufig, dass er in seinem Fach generell untauglich ist (und es somit eh besser wäre, wenn er keinen facheinschlägigen Posten bekommt).
Damit beschreibst du sehr gut das Hemmnis, meine Rezension weiterzuleiten. Auf der anderen Seite ist mein Ärger über den Quatsch sehr hoch.
 
Ich kenne das so, dass man die Gutachter bei Schnittpunktthemen mixt.
Dann nimmt man einen entsprechenden Zweitgutachter mit hinein.
Ich hatte selber mal einen Fall, bei dem ich aus fachlichen Gründen nachgerückt bin, weil der 2. ausgefallen war.
Die beiden Doktorväter sind zwar aus zwei verschiedenen Fachbereichen aber beide näher der Wissenschaft, in der offiziell die Diss geschrieben wurde, aber nicht so nah der Wissenschaft, die davon hätte profitieren sollen. Einer der beratend tätigen Wissenschaftler (eben der Vorgänger des Erstprüfers) wird in einer Schlussfolgerung quasi ignoriert, obwohl der Verfasser an anderer Stelle die nämliche Publikation als Beleg anführt, in der er sich hätte informieren können, das die Schlussfolgerung schlicht falsch ist.
 
Ein Fehler im Aufmarsch lässt sich bekanntlich im Gefecht nicht mehr korrigieren.
Die Betreuer sollten in der Lage sein, einzugreifen.
Und die bekommen die Arbeit auch in den verschiedenen Phasen zu Gesicht.
 
....und das nächst Mal ärgert man sich bei anderen über "Gefälligkeitsgutachten". Sorry, wenn man eine Stellungnahme zu schreiben hat, dann sollte man das nach besten Wissen und Gewissen machen. Andernfalls führt sich das System der Promotion noch weiter ad absurdum.
 
Versteh ich das richtig EQ?
Der hat seinen Doktor schon und zitierte unreflektiert aus "esoterischen Texten"?
 
Versteh ich das richtig EQ?
Der hat seinen Doktor schon und zitierte unreflektiert aus "esoterischen Texten"?
Mit der Arbeit hat die Person ihren Titel erworben. Eigentlich zitiert die Person nur zwei Mal aus demselben Text, aber an der Stelle ist mir zum ersten Mal aufgegangen, dass da ziemlich wahllos Literatur aufgegriffen wurde, wie bei einem desorientierten Erstsemester bei der ersten Proseminarsarbeit.
 
Esoterische Literatur gibt es so'ne und so'ne. Man muss sich schon sehr intensiv mit diesem Gebiet auseinandergesetzt haben, um dort die Spreu vom Weizen trennen zu können. Irgendeinen Text als "esoterisch" zu qualifizieren (zumal dieser Begriff extrem schwammig und undifferenziert ist) reicht nicht. Nach welchen Kriterien deklarierst du einen Text als "esoterisch"?
 
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