Versailler Vertrag zu hart und weich.... !?

R

Ridvano

Gast
Hallo liebe Mitglieder des Geschichtsforums,

ich hab eine Frage zu meiner Hausaufgabe und komme irgendwie nicht weiter.
Mein Lehrer möchte wissen, weshalb der 'Diktatfrieden zugleich zu hart und zu weich' gewesen ist.
Also weshalb er zu 'hart' gewesen ist lag u.a. am Paragraph 231 ...mehr weiß ich aber echt nicht...hatt jemand eventuell eine Idee oder eine gute Internetpage wo man des nachlesen kann ?

Danke im voraus.

Liebe Grüße Ridvano
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Vertrag von Versailles war weder zu hart noch zu weich er war einfach Unsinn, was wollte man damit bezwecken?Eine ganze Generation und dessen Kinder hätte am Diktat der Sieger (vor allem durch Frankreich)bluten müssen.Die Lebensgrundlage des Deutschen Volkes wäre für die Ewigkeit zerstört worden,damit hat man doch eigentlich schon den Sprengstoff für einen neuen Konflikt produziert und es noch nicht einmal bemerkt dem Demagogen, der dann in Deutschland emporstieg, die ideale Munition geliefert um die Massen für seine Ziele in Anspielung auf den Irrsin von Versailles zu mobilisieren.Die deutsche Regierung war zu schwach nach der Niederlage des Krieges um sich gegen das Werk von Versailles wirkungsvoll zu wehren und daß wussten die Sieger.Nicht nur die astronomischen Reparationskosten die sogenannte ,,Kostenerstattung,, an die Siegermächte sondern auch die Zerstückelung Deutschlands (Schaffung des polnischen Korridors),Abtrennung Ostpreussens vom Reich-Schikanierung der deutschen Bevölkerung- durch das neue Polen all daß war schon der neue Zünder der in die ,,Bombe Deutschland,, geschraubt wurde,welche dann 21 Jahre später explodieren sollte.
 
Der Vertrag von Versailles war weder zu hart noch zu weich er war einfach Unsinn, was wollte man damit bezwecken?

Das, was alle Friedensverträge bezwecken wollen: Der Krieg hört auf, und der Verlierer (falls es einen gibt) muß zahlen.

Egal wie "weich" der Vertrag ausgefallen wäre: Die Erfindung von Dolchstoß- und sonstigen Propagandalegenden hätte er nicht verhindern können.
 
Vor Versailles steht die (umfassend "verdrängte") deutsche Niederlage; davor die Mitschuld am Kriegsausbruch, davor der angestrebte "Endkampf der Germanen gegen die Slawen, der die Angelsachsen auf der Seite der Slawen sieht" (KW II.)

Mit solchen Ketten ist aber nicht viel anzufangen, sofern man auf die Reparationen für den europa verheerenden Krieg abstellt. Die Kausalität zur "Bombe" 21 Jahre später sehe ich nicht, weil die Reparationen spätestens 1932 verträglich verhandelt waren. Das größte ökonomische Problem des Deutschen Reiches gegen Ende der angesprochenen 21 Jahren war die Verschuldungsorgie zur Aufrüstung, die das "Verschuldungsproblem Reparationen Versailles" vom Stand 1932 vergleichsweise in den Schatten stellt.

Mit der angeblichen Beschneidung der "Lebensfähigkeit" des Deutschen Reiches durch die Gebietsregelungen- besonders im Osten - ist es bei trockener ökonomischer Analyse auch nicht weit her. Eine solche These wird durch die Wirtschaftsentwicklung 1925-1928, aber auch schlagend durch die Entwicklung 1933-1937 widerlegt. Ansonsten: wo sollte sich das empirisch nachweisen lassen?

Beachtlich ist dagegen die Emotionalisierung, die auch von Weimarer Regierung intensiv gepflegt wurde, und die innenpolitische Ausschlachtung des Versailler Vertrages der Extremen. Die danach "gefühlte" Auswirkung übersteigt die tatsächlichen Folgen des Vertrages. Eher noch ließen sich Kausalketten von den deutschen Reparationen über die Verschuldung der Westalliierten gegenüber den USA zur Weltwirtschaftskrise bilden; aber auch da sollten weitere Faktoren hinzugenommen werden.
 
Das, was alle Friedensverträge bezwecken wollen: Der Krieg hört auf, und der Verlierer (falls es einen gibt) muß zahlen.
Das auch. Und wenn es nur das gewesen wäre, hätten die Deutschen ihn wohl eher akzeptieren können.

Problematisch war aber, daß der Vertrag zusätzlich behauptete, eine auf moralischen Prinzipien beruhende neue Ordnung zu schaffen.
Und dann die behaupteten Moralgrundsätze so offensichtlich einseitig auszulegte, daß es eine Farce wurde.

Das fängt an mit der in einem klassischen Friedensvertrag völlig überflüssigen Zuschreibung der Kriegsschuld.
Daß Deutschland Gebiete und Kolonien an die Sieger abtreten mußte wäre normales Vorgehen gewesen - aber die Begründung, die Deutschen hätten sich als unfähig erwiesen, ihre Kolonien ordentlich zu verwalten, das war unfair und beleidigend.
Dann die Heuchelei mit dem "Selbstbestimmungsrecht der Völker", das immer dann nicht zum Tragen kam, wenn es den Deutschen oder den anderen Unterlegenen genutzt hätte.

Das alles hat ein Klima in Deutschland erzeugt, das zu einer allgemeinen Erbitterung führte, eine mittelfristige Aussöhnung verhinderte und auch zu neuer Solidarisierung führte.

Es ist sehr die Frage, ob die Generäle bei einer "normalen" Niederlage mit einer Ausrede à la "Dolchstoßlegende" durchgekommen wären.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das alles hat ein Klima in Deutschland erzeugt, daß zu einer allgemeinen Erbitterung führte, eine mittelfristige Aussöhnung verhinderte und auch zu neuer Solidarisierung führte.

Alles richtig,
aber ich würde ein "wurde erzeugt" anfügen. Daran wurde nämlich kräftig gerührt.

Die Heucheleien sind eher eine Frage der Ehre, weniger der Lage, oder wie formuliert wurde: der Weg zur vollständigen Revision geht über die Beseitigung der Kriegsschuldfrage. Das ist Grundverständnis von Reichswehr und fast aller Weimarer Kabinette gewesen. Insoweit wurde hier die Ehrenfrage instrumentalisiert, mit erheblicher politischer Unterstützung schon vor Hitler.
 
aber ich würde ein "wurde erzeugt" anfügen. Daran wurde nämlich kräftig gerührt.
Richtig, so hätte ich das formulieren sollen.

Letztlich haben sich die Alliierten nicht aus der eigenen Propaganda während des Kriegs lösen können. Weil sie ihre eigenen Bevölkerung über Jahre mit Horrorgeschichten motiviert hatten, sahen sie sich wohl nicht in der Lage, Deutschland öffentlich als besiegten, aber ehrenwerten Vertragspartner zu behandeln, wie das z. B. mit Frankreich im Wiener Kongreß der Fall war.
Mit einem moderateren Auftreten im Stil wären sogar noch härtere Vertragsbedingungen in der Sache denkbar gewesen.

Diese Steilvorlage haben dann die Demokratiefeinde in Deutschland genutzt, um den Fragen nach der Verantwortung für die Niederlage auszuweichen und die neue Regierung dafür zu diskreditieren, daß sie die Fehler der alten ausbaden mußte.
 
Daß Deutschland Gebiete und Kolonien an die Sieger abtreten mußte wäre normales Vorgehen gewesen - aber die Begründung, die Deutschen hätten sich als unfähig erwiesen, ihre Kolonien ordentlich zu verwalten, das war unfair und beleidigend.

An welcher Stelle des Versailler Vertrags ist diese Begründung zu finden?
 
An welcher Stelle des Versailler Vertrags ist diese Begründung zu finden?
Hmm, gute Frage.
Ich bin mir doch recht sicher, daß ich mir diese Argumentation nicht ausgedacht habe ;-)

Aber vielleicht wurde sie nur im Umfeld von den Allierten gebracht, nicht in den Vertrag geschrieben.
 
Versailler Vertrag:
documentArchiv.de - Versailler Vertrag, Art. 118-158 (28.06.1919)

Abschnitt I.
Deutsche Kolonien.

Artikel 119.

Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle seine Rechte und Ansprüche bezüglich seiner überseeischen Besitzungen.

Artikel 120.

Alle Rechte beweglicher und unbeweglicher Art, die in diesen Gebieten dem deutschen Reich oder irgendeinem deutschen Staate zustehen, gehen auf die Regierung über, unter deren behördliche Gewalt diese Gebiete treten, und zwar unter den in Artikel 257 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags festgesetzten Bedingungen. Streitigkeiten, die etwa hinsichtlich der Natur dieser Rechte entstehen, werden von den örtlichen Gerichten endgültig entschieden.

Artikel 121.

Die Bestimmungen der Abschnitte I und IV Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags finden auf diese Gebiete Anwendung, gleichviel, welches die für sie angenommene Regierungsform ist.

Artikel 122.

Die Regierung, die über diese Gebiete die behördliche Gewalt ausübt, darf die erforderlichen Anordnung hinsichtlich der Heimschaffung der dortigen deutschen Reichsangehörigen sowie hinsichtlich der Bedingungen treffen, unter denen deutsche Reichsangehörige europäischer Herkunft zur Niederlassung, zum Besitzerwerb, zum Handel oder zur Ausübung eines Berufs daselbst zugelassen oder nicht zugelassen werden.

Artikel 123.

Die Bestimmungen des Artikel 260 Teil IX (Finanzielle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags finden auf die Übereinkommen Anwendung, die mit deutschen Reichsangehörigen wegen Ausführung oder Betrieb der öffentlichen Arbeiten in den deutschen überseeischen Besitzungen abgeschlossen worden sind. Das gleiche gilt für die Unterkonzessionen oder Abschlüsse, die mit den erwähnten Reichsangehörigen im Verfolg dieser Übereinkommen getätigt sind.

Artikel 124.

Deutschland übernimmt die Wiedergutmachung der Schäden, die französische Staatsangehörige in der Kolonie Kamerun oder in der Grenzzone durch Handlungen deutscher Zivil- und Militärbehörden und deutschen Privatpersonen in der Zeit vom 1. Januar 1900 bis zum 1. August 1914 erlitten haben. Die Berechnung wird von der französischen Regierung aufgestellt. Sie bedarf der Billigung des Widergutmachungsausschusses.

Artikel 125.

Deutschland verzichtet auf alle Rechte aus den Übereinkommen und Vereinbarungen mit Frankreich vom 4. November 1911 und 28. September 1912, betreffend Äquatorial-Afrika. Es verpflichtet sich, alle hinterlegten Werte, Kredite, Vorschüsse usw., die auf Grund dieser Abkommen Deutschland zugute gekommen sind, der französischen Regierung zurückzuerstatten. Die Berechnung wird von der französischen Regierung aufgestellt. Sie bedarf der Billigung des Wiedergutmachungsausschusses.

Artikel 126.

Deutschland verpflichtet sich zur Anerkennung und Annahme der von den alliierten und assoziierten Mächten oder einigen derselben mit irgendeiner anderen Macht abgeschlossenen oder abzuschließenden Übereinkommen über den Handel mit Waffen und Spirituosen sowie über die sonstigen Gegenstände, die in der Berliner Generalakte vom 26. Februar 1885, der Brüsseler Generalakte vom 2. Juli 1890 und ihren Zusatz- oder Abänderungsübereinkommen behandelt sind.

Artikel 127.

Die Eingeborenen in den ehemaligen deutschen überseeischen Besitzungen erwerben Anspruch auf den diplomatischen Schutz der Regierung, die über diese Gebiete die behördliche Gewalt ausübt.
 
Vor Versailles steht die (umfassend "verdrängte") deutsche Niederlage; davor die Mitschuld am Kriegsausbruch, davor der angestrebte "Endkampf der Germanen gegen die Slawen, der die Angelsachsen auf der Seite der Slawen sieht" (KW II.)

Mit solchen Ketten ist aber nicht viel anzufangen, sofern man auf die Reparationen für den europa verheerenden Krieg abstellt. Die Kausalität zur "Bombe" 21 Jahre später sehe ich nicht, weil die Reparationen spätestens 1932 verträglich verhandelt waren. Das größte ökonomische Problem des Deutschen Reiches gegen Ende der angesprochenen 21 Jahren war die Verschuldungsorgie zur Aufrüstung, die das "Verschuldungsproblem Reparationen Versailles" vom Stand 1932 vergleichsweise in den Schatten stellt.

Mit der angeblichen Beschneidung der "Lebensfähigkeit" des Deutschen Reiches durch die Gebietsregelungen- besonders im Osten - ist es bei trockener ökonomischer Analyse auch nicht weit her. Eine solche These wird durch die Wirtschaftsentwicklung 1925-1928, aber auch schlagend durch die Entwicklung 1933-1937 widerlegt. Ansonsten: wo sollte sich das empirisch nachweisen lassen?

Beachtlich ist dagegen die Emotionalisierung, die auch von Weimarer Regierung intensiv gepflegt wurde, und die innenpolitische Ausschlachtung des Versailler Vertrages der Extremen. Die danach "gefühlte" Auswirkung übersteigt die tatsächlichen Folgen des Vertrages. Eher noch ließen sich Kausalketten von den deutschen Reparationen über die Verschuldung der Westalliierten gegenüber den USA zur Weltwirtschaftskrise bilden; aber auch da sollten weitere Faktoren hinzugenommen werden.
Wenn noch heute über die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten nach 1945 diskutiert und
Minderheitenschutz angemahnt wird ,Gerechtigkeit und ein Bekenntnis zum Unrecht von den einstigen Vertreibern verlangt wird,muss man auch berücksichtigen ,das viele deutsche in den an Polen gefallenen Gebieten, nach 1919 nicht nach ihrer Meinung gefragt wurden und dieses zweifelsfrei eine Willkür der Siegermächte war.Daraus erwuchs ein nicht unbedenklicher Teil von der ,,Legende des Verrats von Versailles,,was später ein gewisser Herr für seine Politik ausgenuzt hat.
 
Wenn noch heute über die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten nach 1945 diskutiert

Zunächst ist das nicht vergleichbar, zu den amtlichen Zahlen der deutschen Regierung:
http://www.geschichtsforum.de/263866-post6.html

Dann ist das Thema betr. Minderheiten zu 2/3 in 1923 "durch" gewesen, aufgrund der Auswanderungswellen.

Wie die Zusammenstellung ergibt, ging es in der damaligen Revisions-Politik ausschließlich um "Gebiete", nicht um die Menschen darin. Die hat nämlich keine Seite interessiert. Übrigens auch Hitler nicht, der zügig nach der Machtergreifung einen Nichtangriffspakt mit Polen für (mindestens) 10 Jahre abschloss, was einem Anerkenntnis der Grenzen nahekommt.
 
Im Vertrag selber ist die "Unfähigkeit" zur Verwaltung von Kolonien nicht zu finden (siehe auch ursis Beitrag).

Beim Googeln bin ich auf diverse Stellen gestoßen, in denen eine solche Formulierung zitiert wird - leider immer ohne echte Quellenangabe.

Ich vermute daher, daß diese Begründung im begleitenden Schriftverkehr auftaucht.

Die deutsche Delegation durfte den Vertrag ja nicht verhandeln, sondern nur eine Protestnote überreichen.
Leider habe ich den Text nur in englisch gefunden:
cr2.html

Es ist anzunehmen, daß die Alliierten diese Note auch schriftlich beantwortet haben.
Diese Antwort habe ich leider nirgends gefunden, aber da wäre es recht wahrscheinlich, eine solche Begründung zu finden.
 
Das, was alle Friedensverträge bezwecken wollen: Der Krieg hört auf, und der Verlierer (falls es einen gibt) muß zahlen.

Egal wie "weich" der Vertrag ausgefallen wäre: Die Erfindung von Dolchstoß- und sonstigen Propagandalegenden hätte er nicht verhindern können.


Dem kann man zustimmen.
Der Vertrag als solcher wurde wohl von der Mehrheit der Bevölkerung auch akzeptiert (so dumm waren die auch nicht, dass sie nicht sahen, dass im Spätsommer 1918 der Krieg verloren war)
Die Dolchstoßlegende hat außerhalb der Militaristenkreise eh keiner geglaubt.
Erbittert hat wahrscheinlich mehr der anschließende Umgang mit den Besiegten, die Ruhrbesetzung zB. der jahrelange Drohungen vorausgegangen waren, auch die immer neuen Schikanen, (die zum Teil berechtigte Ursachen hatten, aber nur zum Teil) die Verweigerung der eigenen Abrüstung usw.

Der absolute Schwachpunkt lag aber im Versuch den Besiegten alles bezahlen zu lassen.
Was letztlich zur Weltwirtschaftskrise führte.

Wobei man in diesem Punkt sagen kann, dass die Handelnden hier tatsächlich aus der Geschichte gelernt haben, dieser Versuch wurde nicht wiederholt.
 
Dem kann man zustimmen.
Der Vertrag als solcher wurde wohl von der Mehrheit der Bevölkerung auch akzeptiert (so dumm waren die auch nicht, dass sie nicht sahen, dass im Spätsommer 1918 der Krieg verloren war)
Die Dolchstoßlegende hat außerhalb der Militaristenkreise eh keiner geglaubt.
Erbittert hat wahrscheinlich mehr der anschließende Umgang mit den Besiegten, die Ruhrbesetzung zB. der jahrelange Drohungen vorausgegangen waren, auch die immer neuen Schikanen, (die zum Teil berechtigte Ursachen hatten, aber nur zum Teil) die Verweigerung der eigenen Abrüstung usw.

Der absolute Schwachpunkt lag aber im Versuch den Besiegten alles bezahlen zu lassen.
Was letztlich zur Weltwirtschaftskrise führte.

Wobei man in diesem Punkt sagen kann, dass die Handelnden hier tatsächlich aus der Geschichte gelernt haben, dieser Versuch wurde nicht wiederholt.


Dass der Sieger sich gegenüber dem Besiegten versichert und der Besiegte zahlt ist klar. Doch bei allen bisherigen Friedensverträgen, ob in Münster und Osnabrück 1648, in Utrecht, Rastatt oder Wien verhandelte man zumindest auf einer Augenhöhe mit dem Besiegten.


Der Friedensvertrag von Versailles muss natürlich im historischen Kontext gesehen werden, und der Vertrag von Brest- Litowsk war sicher noch härter. Doch der Vertrag war tatsächlich ein Diktat, und als ein solches wurde er von der Öffentlichkeit auch empfunden, zumal Deutschland die Alleinschuld am Krieg zugesprochen wurde. Dabei war Versailles im höchsten Maße inkonsequent. Trotz Gebietsverlusten blieb das Deutsche Reich als kompaktes staatliches Gebilde erhalten, und Deutschlands Macht mußte zwangsläufig wachsen, wenn es sich erst von den Kriegsfolgen erholt hatte, denn die Donaumonarchie war ja liquidiert und Rußland/ die Sowjetunion mit inneren Problemen beschäftigt. Die Reperationen wurden zum großen Teil aus amerikanischen Krediten finanziert, und die USA selbst zogen sich aus der europäischen Politik zurück.


Frankreich war allein viel zu schwach, die Einhaltung von Versailles zu erzwingen, und GB setzte schon früh auf eine Appeasementpolitik, die ja nicht 1938 in München begann, sondern eher endete. Mit der Lockerung der Versailler Bedingungen hoffte man, Deutschland zum Mitträger der revidierten Friedensordnung zu gewinnen. Als Frankreich 1923 das Rhurgebiet besetzte, zog GB nicht mit

Jede deutsche Regierung war bestrebt, die Bestimmungen von Versailles zu revidieren, und Geschäftsgrundlage war sozusagen dabei, dass Deutschland formal die Bedingungen einhielt, sofern sie Stück für Stück abgebaut wurden. Das war der Fall, Deutschland wurde in den Völkerbund aufgenommen, das Rheinland wurde vorzeitig geräumt und Reperationen gestrichen.

Als Hitlers Stern aufging, war Versailles im Grunde genommen längst durchlöchert und nur noch ein Stück Papier. Allerdings machte man Hitler größere Zugeständnisse, als je einer deutschen Regierung vor ihm, und auf die Öffentlichkeit machten diese Erfolge um so mehr Eindruck, als Hitler dabei immer den Eindruck erweckte, sie seien einem feindlichen Ausland abgenötigt, wobei er mehr erreichte, als die "Erfüllungspolitiker".

1935 rüstete Deutschland massiv auf- und es passierte nichts.
1936 marschierte die Wehrmacht unter Bruch des Locarnovertrages ins Rheinland ein- und es passierte nichts
1938 kam der Anschluß Österreichs- wieder passierte nichts
September 1938 lieferte man große Gebiete des Bündnispartners Tschechoslowakei an Hitler aus- und wieder passierte nichts.
1939 duldete man die völlige Zerschlagung der Tschechoslowakei, um den Frieden zu erkaufen und im September 1939 hielt man 3 Wochen still und ermöglichte so der Wehrmacht, Polen zu vernichten.
 
Egal wie "weich" der Vertrag ausgefallen wäre: Die Erfindung von Dolchstoß- und sonstigen Propagandalegenden hätte er nicht verhindern können.

Das weiß man nicht so recht. Wenn zur "Kriegsschuld" nicht noch die Kriegsschulden gekommen wären und weite Teile der Bevölkerung nicht so verarmt gewesen wären, hätte eine Friedensordnung, die den Besiegten einbezogen hätte, statt ihn zu demütigen, vermutlich durchaus eine Chance gehabt.

Den 2. Weltkrieg hat Deutschland verloren, wie noch nie ein Land zuvor einen Krieg verloren hat. Da konnte keine Rede mehr von einer "im Felde unbesiegten Armee" sein. Die Deutschen nach 1945 waren sicher keine besseren Demokraten, als die von 1919, doch dank der Hilfe des Marschallplans erholte sich zumindest die BRD wirtschaftlich recht schnell, und dass die Deutschen sich bald mit der Demokratie und dem neuen Staat BRD identifizierten, lag nicht zuletzt auch an der Stabilität der D- Mark.
 
Wenn zur "Kriegsschuld" nicht noch die Kriegsschulden gekommen wären und weite Teile der Bevölkerung nicht so verarmt gewesen wären, hätte eine Friedensordnung, die den Besiegten einbezogen hätte, statt ihn zu demütigen, vermutlich durchaus eine Chance gehabt.
Die Kriegsschulden waren drückend, aber m. E. war die Demütigung letztlich entscheidender.

Den 2. Weltkrieg hat Deutschland verloren, wie noch nie ein Land zuvor einen Krieg verloren hat.
Ich verstehe was Du meinst und gebe Dir recht.
Aber es gibt natürlich zahlreiche Beispiele in der Weltgeschichte, wie ein Land noch deutlich drastischer verlieren kann - gerade in älteren Zeiten führte das ja oft zur physischen Auslöschung.
Für moderne europäische Maßstäbe war es natürlich wirklich desaströs.

Die Deutschen nach 1945 waren sicher keine besseren Demokraten, als die von 1919
Etwas vielleicht schon.
Immerhin gab es 1945 genügend Leute mit langjähriger praktischer Erfahrung mit Demokratie, die Widerständler hatten sich schon im Krieg Gedanken über die Nachkriegsordnung machen können und beides zusammen floß ein in die Formulierung des Grundgesetzes, und das hat sich doch als sehr brauchbare Verfassungsgrundlage erwiesen.
Und umgekehrt hatten sich die Anti-Demokraten von links und rechts so gründlich diskreditiert, daß sie auch nicht annähernd so schädlich werden konnten wie 1918 ff.

Selbstverständlich haben DM und Wirtschaftswunder sehr geholfen, die Demokratie zu etablieren und zu festigen - aber auch die inhaltlichen Voraussetzungen waren deutlich besser als nach dem ersten Weltkrieg.
 
Das weiß man nicht so recht. Wenn zur "Kriegsschuld" nicht noch die Kriegsschulden gekommen wären und weite Teile der Bevölkerung nicht so verarmt gewesen wären, hätte eine Friedensordnung, die den Besiegten einbezogen hätte, statt ihn zu demütigen, vermutlich durchaus eine Chance gehabt.

Da sprichst Du den meiner Meinung nach entscheidenden Punkt für das Scheitern der Weimarer Republik an.
Der Staat war nicht mehr in der Lage seine Schulden zu bezahlen, und hat sich deswegen auf Kosten seiner Bürger entschuldet.
Wen hat das getroffen? Ganz speziell die eigentlich staatstragende Schicht, Beamte, Mittelstand, Handwerk.
Man hatte eine lange Friedenszeit mit florierender Wirtschaft gehabt, es wurde geerbt, vererbt. Die Leute hatten Geld auf der Kante. Kuponschneiden war eine beliebte Tätigkeit. Im Krieg wurden dann, wie es sich für Patrioten gehört, kräftig Kriegsanleihen gezeichnet.
Und 1923 war alles futsch.
Ich kenne den Fall eines Oberamtsrichters, Frau war Brauereibesitzerstochter, er stammte aus einer Lederfabrik, Erbe ließ man sich auszahlen. Man hatte eine Dienstwohnung, brauchte also keine Immobilien. 1923 alles schlicht am A.....e des Propheten
Das Medizinstudium des einzigen Sohnes war dann nur noch mit allergrößter Mühe zu finanzieren!
Was der Herr Oberamtsrichter von Republik und Demokratie hielt?

Es ist ohne Beispiel, wie sich der Deutsche Staat seinen Bürgern gegenüber verhielt. Ohne große Gegenwehr war der Staat in die Hände von Zockern und Spekulanten vom Schlage eines Hugo Stinnes gekommen.

In "Bauern, Bomben und Bonzen" hat Fallada eine Randfigur in Gestalt des durchgeknallten Justizwachtmeisters Grau gesetzt. Der marschiert durch die Straßen, steht vor jedem schwarz-weiß-roten Lappen stramm und verkündet "Unter dieser Fahne haben wir nicht gehungert".

Wenn man solchen Leuten erzählt, "daran sind die Juden schuld", dass es Spekulanten waren, haben die ja durchaus mitgekriegt, und die Gleichung Spekulant=Jude ist schnell gemacht, wird so manches Unerklärliche plötzlich erklärbarer.....

Repos These zum Untergang der 1. Deutschen Republik


Aber OK, mit Versailles hat dies weniger zu tun.:rotwerd:
 
Zurück
Oben