Vertrag von St. Germain bzgl. der Sudeten

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Gast

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Warum wurde beim St. Germain Vertrag den Anschluss der Sudetendeutschen in der Tschechoslowakei an Österreich veboten?

danke für die hilfe.
 
Österreich zählte als Mittelmacht zu den Verlierern des 1. Wks.
Österreich selbst wurde beispielsweise auch verboten sich dem Dt. Reich anzuschließen und sie mussten sogar auf den Namen "Deutsch Österreich" verzichten.

Die Teschechen dagegen erhielten Gebiet, dass zuvor zu den Mittelmächten gehört hatte, dazu zählte eben auch das Sudetengebiet.

Hätten sich die Sudeten an Österreich angeschlossen, hätte sich Österreich vllt. auch an Deutschland anschließen wollen, usw..dann hätte man wieder eine hegemoniale Stellung Deutschlands gehabt - und dies war sicher nicht im Interesse der Siegermächte nach dem 1. Weltkrieg - verständlicherweise.

;-)
 
Die Tschechen dagegen erhielten Gebiet, dass zuvor zu den Mittelmächten gehört hatte, dazu zählte eben auch das Sudetengebiet.

Da möchte ich zwei Dinge gerade rücken. Die Tschechoslowakei entstand überhaupt erst aus der Ländermasse, welche Österreich-Ungarn hinterließ, was nicht heißt, dass es nicht schon zuvor ein tschechisches oder ein slowakisches Nationalbewusstsein gegeben habe. Die tschechische Fraktion im Parlament der K.u.K.-Monarchie hatte den Ruf von Radaubrüdern.
http://www.geschichtsforum.de/339676-post18.html
Es kann sein, dass du die Entstehung der Tschechoslowakei 1918 als gegeben vorausgesetzt hast, das kann man deinen Worten leider nicht entnehmen, daher diese erste Anmerkung. Die zweite ist sicher auch nur eine Nachlässigkeit. Doch die Formulierung "die Tschechen erhielten" missfällt mir für 1918 ebenfalls, obwohl man das regional sogar sicher so sagen kann, gehörten die Sudeten doch zum tschechischen Teil der tschechoslowakischen Republik. Trotzdem plädiere ich auf "Tschechoslowaken".
 
Hätten sich die Sudeten an Österreich angeschlossen...
Wenn man auf die Landkarte schaut, wird klar, dass diese Alternative ziemlich absurd gewesen wäre: Im Norden und Westen das Deutsche Reich, in der breiten böhmischen Mitte die "neue" Tschechoslowakei - und dazwischen als "Randstreifen" ein zum weit entfernten Österreich gehörendes Sudetenland...

Die tschechische Fraktion im Parlament der K.u.K.-Monarchie hatte den Ruf von Radaubrüdern.
Zu diesem Exkurs in die Geschichte des Parlamentarismus:

In den Augen der deutschsprachigen Majorität und der Ungarn waren die Tschechen sicherlich Radaubrüder. Aber wie es dazu kam, ist eine sehr lange Geschichte, die vom damals aktuellen Stichwort "Nationalitätenstreit" und den damit verbundenen sozialen Verwerfungen zurückreicht bis 1618 oder sogar 1415.

Die Karikatur spielt an auf Ereignisse, die in den sog. "Badeni-Tagen" gipfelten: In der Ära des österreichischen Ministerpräsidenten B. kam es 1897 zu landesweiten Unruhen, die sich auch im Parlament niederschlugen [sic]: Die tschechischen Abgeordneten verhielten sich obstruktiv, filibusterten, klapperten wie wild mit ihren Pultdeckeln, und Ende November verwandelte sich minutenlang "der Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses ... in einen Boxring" [1].

Die Ungarn ließen sich freilich nicht lumpen: 1905 kam es im Budapester Parlament zu Szenen, die das Wiener Vorbild weit übertrafen. "Im Vergleich mit dieser ungarischen 'Bande' waren die pultdeckelklappernden Jungtschechen ... geradezu Musterschüler des Parlamentarismus." [2]


[1] Andics: Die Donaumonarchie 1804-1900. Wien 1976, S. 274
[2] ders., Der Untergang der Donaumonarchie. Wien 1980, S. 51
 
Es ging sogar noch weiter: Grundsätzlich erhielt die Tschechoslowakei die Gebiete des Königreichs Böhmen, der Markgrafschaft Mähren und des Herzogtums Schlesien - hier wurde den "historischen Grenzen" also der Vorrang vor dem "Selbstbestimmungsrecht der Völker" gegeben. Zusätzlich erhielt die Tschechoslowakei jedoch auch noch ein paar (rein deutschsprachige) Gebiete, die bis dahin zum Erzherzogtum Österreich unter der Enns gehört hatten, darunter die Stadt Feldsberg und Teile der Stadt Gmünd. Die Tschechen wollten eigentlich auch noch das komplette Weinviertel (das nordöstliche Viertel Niederösterreichs), aber das ging den Alliierten dann doch zu weit.
 
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