Völkermord an den Indianern

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Hallo User,

wie würdet ihr die Ausrottung der Indianer beurteilen? Ich meine ob man das als Völkermord klassifizieren kann? Schließlich wird Völkermord ja laut der ''Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes'' dadurch definiert, dass eine Handlung darauf abzielt „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören“. Und meines Wissens war das damals auch der Fall. Und dass die Verbrechen schon etliche Jahre zurückliegen, tut dem Ganzen ja keinen Abbruch. (oder ums anders zu sagen: der Holocaust liegt auch schon Jahre zurück und trotzdem...). Und wenn ich recht informiert bin, weigert sich die amerikanische Regierung ja auch bis heute, eine öffentliche Entschuldigung abzugeben. Daher meine Frage:

Kann man die Ausrottung der Indianer als Völkermord einstufen?

danke schon mal im Voraus
 
Schließlich wird Völkermord ja laut der ''Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes'' dadurch definiert, dass eine Handlung darauf abzielt „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören“.

Klar ist, dass es diesbezüglich zu Verbrechen gekommen ist.

Was ist hier in Bezug auf die Konvention angesprochen? Ein Ereignis, eine Entwicklung, eine Absicht, ein Plan? In der US-Literatur wird dieses Thema wohl auch diskutiert, hier zB:
Were American Indians the Victims of Genocide?
Genocides in history - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Zum Thema, wo Völkermord anfängt, gab es hier vor kurzem ein fruchtbare Diskussion. Die Definition von Völkermord durch UN-Konvention an sich schon problematisch. Eine Unterscheidung zwischen planlosen Massakern, von langer Hand geplantem Völkermord ist nicht einfach. Daneben kam es immer wieder zu Umsiedlung, Vertreibung und Verschleppung in die Sklaverei. (Daneben tritt noch das vom Menschen unkontrolliete Aussterben der Indianer durch europäischen Infektionskrankheiten.)
Am Ende zählen die Motive: Gab es überhaupt ein Plan der Ausrottung? Ist dieser nachweisbar?

Das Thema ist denkbar groß und unüberschaubar. Es gab oder gibt Hunderte von Indianervölker, die in 500 Jahren ganz unterschiedlich behandelt wurde. Auch ist die Indianerpolitik - vor allem die Absicht dahinter - der Spanier, Engländer, Franzosen und US-Amerikaner sehr verschieden.

Am einfachsten nachzuweisen ist der Völkermord ist der Völkermord an der Pequod/Pequot im 17. Jarhundert. Die Vernichtungsabsichten, die die puritanischen Siedler antrieben, sind überliefert, ebenso ihre Begründungen. Besonders interessant ist das Eingeständnis: Die Engländer rissen nach dem Pequot-Krieg das Land der Pequot an sich, mit der Begründung, es gebe den Stamm ja nicht mehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
wie würdet ihr die Ausrottung der Indianer beurteilen? Ich meine ob man das als Völkermord klassifizieren kann?

Wie meine Kollegen bereits anmerkten, ist die Verbreitung von Krankheiten bei der indianischen Bevölkerung kein absichtsvolles Vorgehen gewesen; die biologischen/medizinischen Fakten waren seinerzeit in Europa auch nicht bekannt. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die Zahl der Indianer, die diesen Krankheiten zum Opfer fielen, sehr hoch war. Die Verlustzahlen, mit denen gearbeitet wird, gehen von einer Dezimierung der indianischen Bevölkerung um bis zu 95% aus.

Dabei sind jedoch Zahlen bezüglich der bei Ankunft von Columbus vorhandenen indianischen Bevölkerung in jedem Fall eine Schätzung und die geschätzten Zahlen liegen weit auseinander: von etwas über 1 Million Einwohner in Nordamerika im niedrigsten Fall (von der dann ca 200.000 überlebten) bis hin zu einer Gesamtzahl von 100 Millionen für beide Kontinente.

Was für das Gebiet der heutigen USA außer der Dezimierung durch Krankheiten zum Tragen kam: es war durchaus beabsichtigt, den indianischen Völkern ihre traditionellen Kulturen und Lebensweisen zu nehmen und sie an die weiße Kultur und Lebensweise zwangsweise anzupassen. Dies würde heute den Charakteristika eines Genozid entsprechen. Weiterhin muß sicherlich hinsichtlich der Absichten und Einstellungen einbezogen werden, daß das Bureau of Indian Affairs zunächst für mehrere Jahrzehnte dem Kriegsministerium unterstand, bevor es dem Innenministerium angegliedert wurde. Ebenso hat natürlich eine im 19. Jahrhundert weit verbreitete Einstellung den Indianern gegenüber Auswirkungen gehabt, die die indianischen Völkern als dem Fortschritt im Wege stehend betrachtete und deren Beseitigung (entweder auf militärischem oder dem Wege der Umerziehung und Akulturation an die weiße Kultur) als fortschrittlich und notwendig hinstellte.


Bezüglich der von silesia eingestellten Literaturtipps noch ein paar Anmerkungen:

Der Artikel von Lewy (erster Link) scheint sich vorwiegend an die niedrigen Schätzungen der Bevölkerungszahlen anzulehnen und ist damit nicht wirklich neutral. Außerdem sah ich beim Schnellesen, daß Lewy sich auf Phil Lane, Jr bezieht: der ist nicht (mehr) zitierfähig, da er sich seit Jahren (auch bereits 2004, als der Artikel geschrieben wurde) von wissenschaftlichen Standpunkten und Arbeitsweisen verabschiedet hat und sein Four Winds Institute sich nur noch mit einem dürftigen (pseudo-)wissenschaftlichen Deckmäntelchen zu verhüllen sucht. Realiter arbeitet Lane Jr offenbar daran, dieses Institut zu einer 'Ethnie' umzufunktionieren und nennt sich bereits seit mehreren Jahren nicht mehr Vorsitzender, sondern zunächst 'Chief' und mittlerweile sogar 'hereditary chief' (erblicher Häuptling). Weiterhin kooperiert Lane Jr mit Personen, die indianische Spiritualität und Zeremonien auf dem weißen Esoterikmarkt verkaufen.

Der dritte Link geht zu einem Buch von Ward Churchill, der mittlerweile sowohl wissenschaftlich wie bei der indianischen Bevölkerung 'unten durch' ist. Churchill hat sich beim Plagiat erwischen lassen, wodurch er schließlich seinen Lehrstuhl verlor. Dann wurde nachgewiesen, daß seine behauptete Abstammung nicht den Fakten entsprach. Er vertritt zudem äußerst pointierte Ansichten.
 
Bezüglich der von silesia eingestellten Literaturtipps noch ein paar Anmerkungen:

Dank für die kritischen Anmerkungen! :winke:

Aufgrund des Verwirrungszustandes, der bei Ward Churchill auch in Bezug von Eichmann inzwischen sichtbar wird, habe ich den link entfernt. Das war mir nicht bekannt.


Hast Du noch Empfehlungen für Literatur zu dem Thema?
 
Wie meine Kollegen bereits anmerkten, ist die Verbreitung von Krankheiten bei der indianischen Bevölkerung kein absichtsvolles Vorgehen gewesen; die biologischen/medizinischen Fakten waren seinerzeit in Europa auch nicht bekannt.
Nun ich meine mich zur erinnern, dass man während den Indianderkriegen auch Kleidung, Decken etc. verteilte, die bewusst kontaminiert waren.
Leider habe ich dazu im Moment keinen Beleg.
 
Nun ich meine mich zur erinnern, dass man während den Indianderkriegen auch Kleidung, Decken etc. verteilte, die bewusst kontaminiert waren.
Leider habe ich dazu im Moment keinen Beleg.

Einen Beleg müßte ich auch erst suchen: es kam im Gebiet der heutigen USA lediglich in einem Fall dazu, daß gezielt Decken an Indianer verteilt wurden, die aus einem Seuchenspital kamen; meiner Erinnerung nach ging es um smallpox.

Es ist auch durchaus realistisch, daß dies nicht häufiger geschah, da die Bazillen den Eroberern quasi vorweg reisten und bereits in Gebieten grassierten, in die noch kein Weißer den Fuß gesetzt hatte. Verbreitet wurden die Krankheiten durch Handel und Kontakte (zb Diplomatie, Nachrichtenübermittlung) der indianischen Völker untereinander. Die verbreiteten Krankheiten verliefen bei den indianischen Völkern ungleich schwerer und eine Sterblichkeitsrate von 90% und sogar darüber beim ersten Auftreten einer Krankheit waren die Regel. Zudem verliefen die Erkrankungen meist sehr viel schneller als bei Europäern; es gibt Berichte, nach denen erkrankte Indianer innerhalb von Stunden verstarben, sogar noch, bevor Symptome zu beobachten waren. Diesen raschen Verlauf gab es übrigens auch nicht nur in Einzelfällen. Ein weiterer Aspekt, der für die rasche Infizierung vieler Personen sorgte, war der Umstand, daß in den indianischen Kulturen in Nordamerika Erkrankte üblicherweise nicht isoliert wurden, sondern sich die gesamte Familie an der Pflege beteiligte und am Krankenbett versammelte.
 
Hallo User,

Und wenn ich recht informiert bin, weigert sich die amerikanische Regierung ja auch bis heute, eine öffentliche Entschuldigung abzugeben.

Das mit der öffentlichen Entschuldigung ist so eine Sache! Das würde einem Schuldeingeständnis gleichkommen und hätte massive rechtliche Konsequenzen! Stichwort: finanzielle Wiedergutmachung!

Es gibt aber bestimmt Rechte die die Indianer heute haben. Zum Beispiel dürfen sie, trotz Glücksspielverbot, Kasinos betreiben. Soweit ich weiß aber nur im ihrem Reservat.
 
Es ist bemerkenswert, dass von den intakten Gesellschaften, die die Spanier in Amerika antrafen, egal ob am Missisippi oder Amazonas, nachfolgende Expeditionen nichts mehr bemerkten, selbst wenn dort nicht mit Kruzifix, Feuer und Schwert gewütet wurde. Die Viren waren schneller. Sie waren im Inka-Reich, bevor ein Analphabet mit seiner Räuberbande persönlich dort auftauchte.
 
Ich frage hier mal , Ingeborg weiss es sicher :

Hat die Reservatspolitik nicht zusätzlich die
Dezimierung der Indianerstämme Nordamerikas
bewirkt oder war sogar beabsichtigt ?
Ich las da von Unmöglichkeit zu Ackerbau und Jagd
in den Reservaten - Abhängigkeit von Lebensmittel-Lieferungen durch die Indianerbehörde -
wobei dann diese Lebensmittel auch noch schlechter Qualität oder gar verdorben waren.....
Sind eine grosse Zahl von Reservatsindianern
einfach schlicht verhungert ?
.
 
Es gibt aber bestimmt Rechte die die Indianer heute haben. Zum Beispiel dürfen sie, trotz Glücksspielverbot, Kasinos betreiben. Soweit ich weiß aber nur im ihrem Reservat.

Das Betreiben von Casinos kann man ja wohl nicht ernsthaft als 'Recht' bezeichnen. Das Glücksspielverbot ist übrigens auch nicht in jedem US-Staat gegeben, was das Betreiben auf Reservationen einschränkt, sprich: einigermaßen lukrativ kann es nur auf solchen Reservationen sein, die von Staaten umgeben sind, die Glücksspiele verbieten. Möglich ist dies, weil die indianischen Ethnien - mindestens diejenigen, die über Reservationen und damit über Verträge mit der US-Regierung verfügen - eine Souveränität haben und beanspruchen. Teilweise stellen diese nations auch eigene Reisepässe aus - jedenfalls so notwendig. In den 70er Jahren wurde einmal einer Delegation von Haundenosaunee (Irokesen) die Ausstellung von Reisepässen von den US-Behörden verweigert; die Delegation wollte an einer Vortragsreise der GfbV teilnehmen. Die Delegation reiste dann mit Reisepässen der Haundenosaunee. Dem Lacrosse-Team der Haudenosaunee wurde aber in diesem Jahr die Einreise nach England mit diesen Pässen verweigert, weil die USA in den Raum gestellt hatten, man werde die Wiedereinreise mit diesen Pässen nicht genehmigen.

Nebenbei: die Bezeichnung 'Reservation' ist dem Begriff 'Reservat' vorzuziehen.
 
Hat die Reservatspolitik nicht zusätzlich die Dezimierung der Indianerstämme Nordamerikas
bewirkt oder war sogar beabsichtigt ?
Ich las da von Unmöglichkeit zu Ackerbau und Jagd in den Reservaten - Abhängigkeit von Lebensmittel-Lieferungen durch die Indianerbehörde - wobei dann diese Lebensmittel auch noch schlechter Qualität oder gar verdorben waren.....
Sind eine grosse Zahl von Reservatsindianern einfach schlicht verhungert ?
.

Jein. Beabsichtigt war vor allem, die Indianer in den Reservaten zu 'zivilisieren', sprich: zur Übernahme der weißen Lebensweise zu bringen/ zu zwingen. Also so etwa wie in 'Unsere kleine Farm', Mami und Papi und die Kinderchen betreiben eine Farm und leben glücklich und froh. Dies wurde vor allem bei den Ethnien als dringend notwendig erachtet, die vorher keinen Ackerbau betrieben hatten.

Die Ackerbau treibenden Ethnien zb an der gesamten Ostküste der USA verfügen weitgehend nicht über Reservationen; die Haudenosaunee (Irokesen) in den USA und Kanada sind eine der vorhandenen Ausnahmen. Andere wie zb die Five Civilized Nations wurden mehrfach aus ihren Gebieten vertrieben, da diese durch deren Wirtschaftsweise bereits entwickelt waren und damit lukrativ für eine Übernahme durch Weiße erschienen.

Die Zuteilung der Reservationen erfolgte willkürlich - nicht jede nation bekam dort Land, wo sie auch vorher gelebt hatten: die Kickapoo wurden aus dem Gebiet unterhalb der Großen Seen nach Texas verschoben; ein Teil der Cayuga (Haudenosaunee) ins Indian Territory, dh ins spätere Oklahoma. Die Gebiete wurden weitgehend danach ausgesucht, ob sie für eine weiße Besiedlung lukrativ waren oder nicht. Auf diese Weise kam es dazu, daß über 50% des verbliebenen indianischen Landes aride oder halbaride Gebiete sind, sprich: Wüste oder Halbwüste.

Natürlich konte es vorkommen, daß man bei der Zuteilung ein ökonomisches Interesse noch nicht wahrnahm, das sich aber später ergeben konnte. Dies geschah zb im Fall der Großen Lakotareservation, auf der Goldfunde zu weiteren juristisch nicht gedeckten Enteignungen führten. Auch in den 1970er Jahren wurde noch Land der Lakota enteignet, um dort Uran abzubauen. Oder im Fall der Osage-Reservation, auf der später Öl gefunden wurde (die Osage galten als relativ reich, erreichten aber bis in die 1970er Jahre auch mit den Öleinnahmen nur ein Jahreseinkommen von ca $ 7,000 pro Familie, was immer noch unterhalb der damaligen Armutsgrenze lag).

Die auf den Reservationen zwangsangesiedelten nations erhielten keinerlei Hilfen bei der (Wieder-)Einführung einer landwirtschaftlich geprägten Wirtschaftsweise, also keine Kredite für Saatgut, zur Beschaffung von landwirtschaftlichen Produktionsmitteln oder auch nur zum Bau von Scheunen oder Ställen. Weiterhin wurde zb bei den Plains nations darauf geachtet, daß die traditionelle Lebensweise in Dörfern aufgebrochen wurde - die Familien mußten auf den zugeteilten Parzellen siedeln. Hiermit sollte vor allem eine erneute politische Organisation der nations verhindert werden.

Im Fall der vorher von Jagd und Sammeln lebenden nations waren die Reservationen viel zu klein, um dauerhaft diese Lebensweise weiterzuführen. Dies war durchaus beabsichtigt. Daß es dadurch teilweise zu Konflikten mit der weißen Umgebung kam, war auch vorhersehbar: einige Indianer jagten dann eben 'slow elk' auf den Weiden. Dies führte ebenso zur Abhängigkeit von Lebensmittellieferungen wie eben auch die Nichthilfen beim Umstieg oder Wiedereinstieg in die Landwirtschaft.

In vielen Fällen wurden Lebensmittellieferungen von den sogen Indianeragenten beauftragt und kontrolliert. Der Agent hatte die Möglichkeit, sich auf 'seiner' Reservation - üblicherweise recht unkontrolliert - wie ein Gott aufzuspielen und wer bei diesen Lieferungen in die eigene Tasche wirtschaftete, blieb weitgehend unbehelligt. Nur einige gingen so brutal rücksichtslos vor, daß dies selbst im fernen Washington einen unangenehmen Geruch und damit Handlungen auslöste. Üblicherweise immer dann, wenn es zu Hungerrevolten auf den Reservationen und zu Ausbrüchen kam.

In vielen Fällen war die Versorgung schlecht, resultierte aber nicht in Hungertoten, wenn auch viele Menschen unterernährt bzw mangelernährt waren. Dies ist auch darauf zurückzuführen, daß Sammeln von Nutzpflanzen ebenfalls weitgehend unmöglich war bzw gemacht wurde (für das Jagen und Sammeln außerhalb der rez mußten beim Agenten Passierscheine beantragt werden; Personen, die keinen beantragten, galten als flüchtig und konnten von der Armee gewaltsam wieder eingefangen werden). Die gelieferten Lebensmittel gehörten überwiegend nicht zur traditionellen Nahrung, wie zb Mehl und Öl.

Ja, es hat Hungertote gegeben, zumindest auf einigen Reservationen war dies auch ein erhebliches Problem. Spätestens, wenn es zu Revolten und zur Flucht kam, mußte das Problem jedoch wahrgenommen werden. Allgemein herrschten aber viel mehr Mangel-/ Unterernährung, die Folgekrankheiten auslösten und die allgemeine Lebenserwartung begrenzten.
Weiterhin wurden nations teilweise auch in Gebieten angesiedelt, in denen Krankheiten endemisch waren oder es wurden nations aus der Wüste nach Florida verbracht, wie es im Fall der Inde (Apachen) als kollektive Bestrafung geschah. Im Zusammenhang mit der Ernährungssituation kam es zu erheblichen Sterbeziffern.
Hinzu kam das Verbot der traditionellen Lebensweise, der geforderte Umstieg auf eine oktroyierte Lebensweise, der jedoch ohne materielle Unterstützung blieb und auch ausbildungsmäßig nicht unterstützt wurde.
 
Egal wie du es bezeichnest. Inzwischen machen die Indianer in USA ganz gutes Geld, woher auch immer.

Auch da ist die Antwort ein ganz herzhaftes Jein. Manche ja, viele andere nicht.

Neben den oben erwähnten Einschränkungen, wo sich Casinos lohnen, gibt es eine weitere: wird das Casino direkt von der nation betrieben, oder hat diese den Betrieb einer weißen Firma überlassen und erhält nur Anteile. Gerade diese letzteren Casinos lohnen sich nicht für die Indianer, also die meisten.

Auf den meisten Reservationen gibt es immer noch erhebliche wirtschaftliche Probleme, wenn auch einige sehr gut gestellt sind - siehe die Seminole in Florida, die im letzten Jahr die Hard Rock Cafes kauften. Die Reservationen liegen nämlich immer noch überwiegend am Arm der Heide, sind nicht an die Infrastruktur der Umgebung angebunden und verfügen selbst auch nicht über nennenswerte Infrastruktur. Dies steht nach wie vor zb der Ansiedlung von Betrieben im Wege. Auch heute noch sind viele indianische Familien und Einzelpersonen darauf angewiesen, außerhalb der rez zu wohnen und zu arbeiten. Allerdings hat sich seit einiger Zeit der Anteil der Indianer mit höherer und universitärer Ausbildung gesteigert; diese finden jedoch meist keinen adäquaten Arbeitsplatz auf der rez. Die andere Seite existiert aber auch, auf denselben Reservationen: eine dreifach höhere Säuglingssterblichkeit als in den USA insgesamt, eine mehrfach höhere Selbstmordrate gerade bei Kindern und Jugendlichen.
 
Ich habe jetzt das Buch von Dee Brown , Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses, nicht zur Hand und weiß vorallem nicht, in wie weit man ihm mit heutigen Erkenntnissen noch glauben kann. er erwähnt meines Wissens auch Völker, die nicht überlebt haben.
 
Ich habe jetzt das Buch von Dee Brown , Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses, nicht zur Hand und weiß vorallem nicht, in wie weit man ihm mit heutigen Erkenntnissen noch glauben kann. er erwähnt meines Wissens auch Völker, die nicht überlebt haben.

Brown ist immer noch empfehlenswert. Soweit ich weiß, hat er vor allem Archivmaterial ver/bearbeitet.

Und natürlich haben nicht alle indianischen Ethnien bis in die heutige Zeit überlebt, aber das hatte hier bislang auch niemand behauptet.
 
Das "in die Wüste schicken" kann bereits als Völkermord im Sinne der UN-Konvention gelten, wenn es geschieht, um das Volk "ganz oder teilweise" zu vernichten, indem man "die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen". Wichtig zur Klärung wäre es hier einen Vorsatz der USA zu belegen, also ob sie die Indianer in Ausrottungsabsicht vertrieben.

Ein interessanter Aspekt ist, dass in den USA mit dem Dawes Act erst Ende des 19. Jahrhunderts der Versuch unternommen die (verbliebenen) Indianer umzuerziehen. Sie galten als Fremde, Angehörige einer anderen Nation, jedoch nicht vollwertigen, abhängigen Nation. Sie gewaltsam zu Amerikanern zu erziehen, war bis dahin keinem eingefallen. Die Kinder wurden nun gezwungen Internate zu besuchen, in denen ihre Kultur verboten. Dies entspricht bereits dem Völkermord der UN-Konvention, da die USA "Kinder der Gruppe in eine andere Gruppe gewaltsam überführt" hat, um so das indianische Volk durch Umerziehung auszurotten.

Wo sich die Kolonisten siedelten, sollten die Indianer, immer weiter nach Westen, Endstation waren die Reservationen in der Wüste, wo sie von den spärlichen Nahrungsmittellieferungen der US-Regierung abhängig waren. Reservation bedeutete ursprünglich nichts anderes als Schutzhaft oder Internierung. Als störend empfunde Völker wurde einfach in die Wüste geschickt.
Die Existenz der Stämme als Staatswesen-ähnliche Institutionen wurde formal nie ganz aufgegeben. Sie wurden nicht einfach in den größeren Staat einverleibt, der Unterlegende wurde einfach verkleinert. Man verfügte offiziell nicht einfach über sie, sondern regelte es durch Verträge mit den Häuptlingen

Ganz anders gingen z. B. die Spanier in Mexiko vor. Anders als in Nordamerika wurden hier die Herrschaften der Ureinwohner vollständig zerschlagen, ihre Bevölkerung Krone und Kirche gewaltsam unterworfen und schließlich Teil der Kolonie, in der sie einen Hörigenstatus innehatten. Vertreibungen wie in Nordamerika blieben aus. Die Sprache der Ureinwohner blieben teilweise noch Jahrhunderte erhalten. Es gab vielfältige Vermischung von Spaniern und Indianern, deren Abkömmlinge jedoch nach rassistischen Vorstellungen in Hierarchien eingeordnet wurden.
Ganz anders an der Ostküste. Dort wurden zwar auch Indianer unterworfen, doch diese verkauften sie meist als Sklaven in die Karabik, und wenn sie selbst welche benötigten importierten sie Afrikaner.

Die englischen Kolonisten wollten einfach keine Indianer in ihrem Land, nicht als Mitbürger, Nachbarn, Handelspartner nicht einmal als Sklaven. Grund hierfür ist die schon früh ausgeprägte nationale Idee, Amerika werde die Heimstätte einer weißen und protestantischen Nation sein. (Von Interesse ist sicherlich noch, dass sich in Nordamerika fast ausschließlich katholische Missionare um die Missionierung kümmerten.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Thema wird von "Ausrottung" gesprochen, erwähnt wurden danach hauptsächlich die "Überlebenden". wenn ich mich richtig an das Buch von Brown erinnere, war das " verschwinden" der Indianer vom Erdball von einigen Amerikanern durchaus gewünscht.
Und von den Kalifornischen Indianer sind ja wohl einige Völker ganz verschwunden. Und das im !9.jhdt
 
Und von den Kalifornischen Indianer sind ja wohl einige Völker ganz verschwunden.
... daher ist es irreführend, von Völkermord an DEN Indianern (Threadtitel) zu sprechen. Auch können DIE Indianer nicht ausgerottet (worden) sein, denn es gibt ja noch welche.

Man möge sich jedoch vor Augen führen, dass es viele indigene Völker gab, von denen die meisten physisch und der überwiegende Rest kulturell verschwunden sind.

Man müsste die Frage nach dem Verschwinden sowie die Frage nach dem Vorliegen von Völkermord also bei jedem Volk einzeln prüfen, wobei man mMn auch dann von Genozid sprechen könnte, wenn der Tatbestand "nur" in einem einzelnen Fall nachgewiesen werden könnte.
 
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