Wenn es in der antiken Welt keinen Konsens zwischen verschiedenen Reichen über die friedliche Behandlung von Zivilisten gab und keine Bestrafung von Kriegsverbrechern gab, hilft uns diese moralische Kategorie dann in irgendeinerweise weiter?
Hilft sie uns heute weiter? Es gibt auch heute keinen Konsens und die Bestrafung von Kriegsverbrechern erfolgt primär nach dem Muster, daß Verlierer bestraft werden. Gewinner werden nicht bestraft. Es gibt zwar Ideen (Genfer Konvention usw) aber in der Praxis des Krieges spielen diese Ideen für die absolute Mehrheit der Menschheit keine Rolle.
Wenn dem so ist, daß man die damaligen Vorgänge als Historiker ! nicht moralisch bewerten darf, dann darf man das heute oder in der jüngeren Vergangenheit auch nicht.
Da man es aber heute nicht nur darf, sondern sogar soll, so müßte man dies auch in der Vergangenheit tun.
Das Argument, daß man dann jeden verurteilen müsste ist dabei als Gegenargument doch völllig absurd, dann verurteilt man eben jeden.
Vor allem aber ganz andere Rechtsnormen –
Die heutigen Rechtsnormen basieren aber z.B. größtenteils im Kern auf den römischen Rechtsnormen. Und auch Rom war stets bemüht, seine Kriege als Verteidigungskriege hinzustellen. Deshalb ja die ganzen Verdrehungen in den punischen Kriegen, der Gerechte Krieg war ein wesentliches Ziel römischer Politik.
Das zeigt, daß es nicht so ist wie von dir hingestellt, und die Römer keinerlei ethische Normen im Krieg kannten.
Das dann im Krieg Massaker an der Zivilbevölkerung als in Ordnung angesehen wurden ist eine andere Sache. Aber so weit weg sind die grundliegenden Rechtsnormen ansonsten gar nicht.
Und das sind heute schon Unterschiede zu den Zeiten des römischen Reichs.
Mir gefällt das Sudanbeispiel sehr gut. Caesar wurde ja wegen der Massaker an den Galliern vom Senat angeklagt und beschuldigt ! d.h. es gab sehr wohl Menschen damals, die Anklage wegen solcher Dinge erhoben.
Nun wurde erwiedert, dies sei vom Senat ja nur aus politischen Gründen geschehen. Aber die Anklage von Menschenrechtsverletzungen geschieht heute wie z.B. im Sudan ja auch nur aus politischen Gründen.
Oder nehmen wir die BRD: wir klagen Menschenrechtsverletzungen an, tolerieren diese aber bei den Russen und in der VRC, aus wirtschaftlichen Gründen. Ja mehr noch, bilden wir Usbekisches Militär aus und zahlen dem Usbekischen Regime Geld und liefern Waffen, einem Regime das die eigene Bevölkerung massakriert.
Heute wie damals ist das in der Politik nur Geheuchel. Und die einfachen Menschen und ein paar philosphische Gutmenschen haben auch damals schon das alles schlimm gefunden.
aber ich zweifle daran, dass die Machthaber wie Caesar damals glaubten, sie handelten "falsch".
Dem stimme ich absolut zu. Aber auch heute glauben Machthaber dieser Art, daß sie richtig handeln. Der Diktator von Usbekistan glaubt sicher, daß es richtig handelt, und wir unterstützen ihn umfangreich.
Da du zweifelst, es gäbe keine Antiken Autoren, die moderne Gedanken hätten, so wie wir heute weit weg von Usbekistan im Volk !! so denken, so dachte man damals in China im Volk. Lies Mo Ti und andere, Jahrhunderte vor Christus ist da alles schon was wir an modernen Vorstellungen und Menschenrechten forumliert haben niedergeschrieben worden.
Folgendem könnte ich zustimmen :
Das Damals die Menschen Verbrechern an der Spitze von Staaten mehr ausgeliefert waren als heutzutage ! Darin liegt mMn der Unterschied, nicht aber im Denken, Empfinden, Erkenntnis usw
Ich verwehre mich nur dagegen, heutiges Recht und Vorstellungen von der Kriegsführung mit den Erkenntnissen über die Antike zu vermengen.
Entweder gibt es Menschenrechte, oder es gibt sie nicht. Es kann nicht sein, daß sie unter anderen Bedingungen nicht gelten, denn sie sollen ja allgemein und immer richtig sein.
Entweder sind sie das nicht, dann ist alles beliebig, es gibt weder Gut noch Böse, oder sie sind es, dann waren die damaligen Vorgänge Verbrechen.
Ich verstehe nicht, daß man Verbrechen, nur weil sie in der Antike stattfanden und Caesar kein Unrechtsbewußtsein hatte nicht Verbrechen nennen darf ! Auch heute haben Leute wie Caesar kein Unrechtsbewußtsein, und doch ist das was sie tun ein Verbrechen.
Auch heute wird von der Mehrheit der Staaten weltweit das alles mit Füßen getreten und massakriert und gemordet, und dieses ganze Kriegsverbrechen verfolgen usw ist nur eine einzige Heuchelei des Westens und dient nur politischen Zwecken, genau wie damals. Und trotzdem soll man nicht vergleichen dürfen? Das leuchtet mir nicht ein.