Völkermord in Gallien?

Beging Cäsar in Gallien Völkermord?


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    70
Also die Verlustzahlen der Gallier waren sicherlich hoch, wie hoch ist aber ungewiß. Zwar kann man aus Cäsar darauf schließen, doch halte ich dies nicht für empfehlenswert. In 2, 28 werden die Nervier nahezu ausgelöscht. Später stellen sie wieder Truppen in beträchtlicher Menge 5.49 und 7,75. Auch die Häduer verlieren gegen Ariovist Adel und Reiterei. Das merkt man aber schon zu Beginn des Gallienfeldzuges nicht mehr wirklich.;) Zudem ist völlig ungewiß wie groß die gallischen civitates waren. Daher ist die Gesamtzahl der Gallier spekulativ.
 
Einspruch von einem "Germanen"

Tib. Gabinius schrieb:
Ahja... leider sind uns mehrere dutzend Beispiele nur aus der römischen Geschichte alleine bekannt, in der die disziplinierte Armee ausbrach und plünderte und mordete und dies als ihr gutes Recht ansah. Und Versuche dies zu unterbinden sind uns wie gesagt ebenfalls bekannt, und wie diese samt und sonders scheiterten. Hätte sich Caesar seinen Leuten in den Weg gestellt hätte er mindestens ihren Unmut auf sich gezogen, wahrscheinlichwäre er getötet worden.
Mir ist aus der Geschichte, wie gesagt, genug an solchen Beispielen bekannt, ich verwies sogar auf Mainz. Dir rate ich hingegen, dich in der Richtung etwas zu belesen. Frag deinen Dozenten, der dir deine Caesarhausarbeit abnahm einfach mal danach.
Und bevor du meinst, ein Caesar hätte da mehr Einfluß gehabt, immerhin wären ihm seine Truppen über den Rubicaon gefolgt: wie erwähnt töteten sie in Mainz jemanden, den sie vorher zum Kaiser ausriefen...

Stopp! Hier muß ich einschreiten (wenn es schon kein anderer Forumsteilnehmer macht... ;) ).
Der Vergleich mit Mainz hinkt .....und zwar ganz gewaltig! :mad:
Waren die römischen Legionäre Cäsars Selbstmörder? Tib. Gab. gehe einmal von der Ausgangslage in dieser Situation aus. Und nicht von anderen geschichtlichen Ereignissen und Deiner Spekulation!

Die römischen Legionäre hatten bis dahin keine außergewöhnlichen Taten geleistet (erst die Erstürmung Avaricum war eine herausragende Leistung!). Die Moral der Truppe war nicht euphorisch. Genau zu der Zeit, als Cäsar vor Avaricum war, erfuhr er, daß die Stimmung bei den Häduern (ein Stamm auf den er sich seit Beginn des Feldzuges stützen konnten) zu kippen drohte und daß im Norden Galliens Aufstände begannen. Die Versorgung der Legionen kam in eine kritische Phase. Somit spitzte sich die Lage langsam zu...

Wenn jetzt die Legionäre in ihrem "Rausch" ihren Feldherrn Cäsar getötet hätten, so wäre das ihr sicheres Todesurteil gewesen. Die Gallier unter Vercingetorix hätten sie niemals nach Rom abziehen lassen, sondern nach dem Massaker von Avaricum wäre Vercingetorix mit seinen Truppen über die führungslosen Legionen hergefallen. Auf so eine Chance warteten die Gallier!

Selbst mit der Führung Cäsars war dieser Feldzug eine riskante Unternehmnung. Vercingetorix bot Cäsar nach Avaricum seine Hauptstadt Gergovia an (hier versagte Cäsar). Den anschließenden beginnenden Rückzug Cäsars in die römische Provinzen konnte er nur mit der Anwerbung germanischer Söldner unternehmen. Wie hätten führungslose Legionen das schaffen sollen? :grübel:

Ich gestehe den Legionären doch eine gewisse Weitsicht ein. Sie mußten sich ihrem Feldherrn Cäsar blind anvertrauen, wenn sie jemals erfolgreich aus dieser Sache herauskommen wollten. :cool:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Völkermord

Wie Tib. Gabinius schon sagte, ist die Anwendung dieses modernen Begriffs für Cäsars Gallienfeldzug schlicht und einfach falsch. Der moderne Völkermordbegriff schließt ein, dass der geführte Krieg den Zweck hat, bestimmte Völkerschaften auszulöschen und dass das nicht "nur" eine Begleiterscheinung oder Folge des Krieges ist. Cäsar jedoch hatte nie vor, die Gallier auszurotten. Wenn er harte Maßnahmen anordnete, so hingen diese meist mit Rebellionen zusammen. Das ist übrigens nichts neues, in der Geschichte gibt es zahlreiche Beispiele dafür. Ziel war es, durch diese harten Maßnahmen, Abschreckung bei potentiellen Aufständischen zu erzielen. Übrigens bewies Cäsar auch Milde, so wurden z. B. in Uxellodunum die Aufständischen "nur" verstümmelt, jedoch am Leben gelassen... So verhält sich niemand, der ein Volk ausrotten will. Und zu den Verlustzahlen: Selbst wenn - bei einer geschätzten Bevölkerung von fünf Mio. - eine Mio. Gallier getötet worden wäre, hätten zusätzliche 2,75 Mio.! Gallier versklavt werden müssen, um die im Thread angesprochenen ²/³ zu erhalten.
 
Erstmal an den edlen Bewerter, vielen dank, es muß natürlich Beneluxstaaten heißen, die Bebelluxstaaten sind gegründet worden 2005 von Tib. Gabinius durch einen Akt der "Rechtschreibverballhornung"....

Cherusker schrieb:
Stopp! Hier muß ich einschreiten (wenn es schon kein anderer Forumsteilnehmer macht... ;) ).
Der Vergleich mit Mainz hinkt .....und zwar ganz gewaltig! :mad:
Waren die römischen Legionäre Cäsars Selbstmörder? Tib. Gab. gehe einmal von der Ausgangslage in dieser Situation aus. Und nicht von anderen geschichtlichen Ereignissen und Deiner Spekulation!

Die römischen Legionäre hatten bis dahin keine außergewöhnlichen Taten geleistet (erst die Erstürmung Avaricum war eine herausragende Leistung!). Die Moral der Truppe war nicht euphorisch. Genau zu der Zeit, als Cäsar vor Avaricum war, erfuhr er, daß die Stimmung bei den Häduern (ein Stamm auf den er sich seit Beginn des Feldzuges stützen konnten) zu kippen drohte und daß im Norden Galliens Aufstände begannen. Die Versorgung der Legionen kam in eine kritische Phase. Somit spitzte sich die Lage langsam zu...

Wenn jetzt die Legionäre in ihrem "Rausch" ihren Feldherrn Cäsar getötet hätten, so wäre das ihr sicheres Todesurteil gewesen. Die Gallier unter Vercingetorix hätten sie niemals nach Rom abziehen lassen, sondern nach dem Massaker von Avaricum wäre Vercingetorix mit seinen Truppen über die führungslosen Legionen hergefallen. Auf so eine Chance warteten die Gallier!

Selbst mit der Führung Cäsars war dieser Feldzug eine riskante Unternehmnung. Vercingetorix bot Cäsar nach Avaricum seine Hauptstadt Gergovia an (hier versagte Cäsar). Den anschließenden beginnenden Rückzug Cäsars in die römische Provinzen konnte er nur mit der Anwerbung germanischer Söldner unternehmen. Wie hätten führungslose Legionen das schaffen sollen? :grübel:

Ich gestehe den Legionären doch eine gewisse Weitsicht ein. Sie mußten sich ihrem Feldherrn Cäsar blind anvertrauen, wenn sie jemals erfolgreich aus dieser Sache herauskommen wollten. :cool:


Der einzige, der hier spekuliert bist du. Das dort oben von dir geschrieben zeugt davon, dass du Menschen das menschliche Absprichst.
Gerade du selbst beschreibst die enge Versorgungslage undlegst dadurch offen, dass die Männer auf einen Sieg und die anschließende Belohnung (unter anderem durch Beseitigung der Engpäße) hofften. Dabei auf "Weltsicht" zu zu deuten, läßt die Legionäre nicht nur gebildeter erscheinen, als der Durschnittssoldat war (was ich persönlich sehr gut finde), als es auch die hinterher klaren Verhältnisse vorwegnimmt... Hinterher ist man immer klüger.

Was nun dein Suicidkommandoargument betrifft: was meinst du, was den rebellierenden Soldaten blühte, die den von ihnen ausgerufenen Ursupator ermorden. Sie haben gleich doppelten Verrat begangen. Meinst du nicht, dass sie wußten, welchen Platz sie auf der kaiserlichen Abschußliste einnahmen? Meinst du auch, sie überlegten dabei nur eine einzige Sekunde, was sie ohne ihren Führer tun sollten, bevor er starb?
Gerade das, und wie immer selbstwidersprechend, hast du kurz vorher angemahnt. Eine Soldateska agiert nicht nach den Gesetzen der Logik oder des Verstandes. Das müßtest du eigentlich verstehen.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Eine Soldateska agiert nicht nach den Gesetzen der Logik oder des Verstandes. Das müßtest du eigentlich verstehen.

Anscheinend hast Du es immer noch nicht verstanden. Cäsars Legionen waren keine Soldateska, sondern ein sehr diszipliniertes Heer (das haben sie später auch bei Alesia bewiesen). Nach der Eroberung Avaricums kam es zur vollkommenen Vernichtung der Bevölkerung und es konnten nur wenige fliehen. Wenn eine Soldateska in Avaricum gewütet hätte, dann hätte es auch ein Massaker gegeben, aber es wäre bestimmt nicht die gesamte Bevölkerung von ca. 40.000 getötet worden. Diese Massenvernichtung kann nur aus einem Befehl hergeleitet werden. Cäsar hat hier ein Exempel statuiert.

Und das Geschehene als "anschließende Belohnung" darzustellen ist nicht menschlich, sondern zynisch! :mad:

Ferner kann man das Verhalten von Legionen aus verschiedenen Epochen nicht vergleichen. Genauso wenig, wie man das Verhalten eines deutschen kaiserzeitlichen Soldaten im Weltkrieg I. mit der Verhaltensweise und Denkweise eines heutigen Bundeswehrsoldaten gleichsetzen kann.
Aber das müßtest Du aber auch verstehen und wissen..... :grübel:
 
Cherusker schrieb:
Anscheinend hast Du es immer noch nicht verstanden. Cäsars Legionen waren keine Soldateska, sondern ein sehr diszipliniertes Heer (das haben sie später auch bei Alesia bewiesen). Nach der Eroberung Avaricums kam es zur vollkommenen Vernichtung der Bevölkerung und es konnten nur wenige fliehen. Wenn eine Soldateska in Avaricum gewütet hätte, dann hätte es auch ein Massaker gegeben, aber es wäre bestimmt nicht die gesamte Bevölkerung von ca. 40.000 getötet worden. Diese Massenvernichtung kann nur aus einem Befehl hergeleitet werden. Cäsar hat hier ein Exempel statuiert.

Und das Geschehene als "anschließende Belohnung" darzustellen ist nicht menschlich, sondern zynisch! :mad:

Ferner kann man das Verhalten von Legionen aus verschiedenen Epochen nicht vergleichen. Genauso wenig, wie man das Verhalten eines deutschen kaiserzeitlichen Soldaten im Weltkrieg I. mit der Verhaltensweise und Denkweise eines heutigen Bundeswehrsoldaten gleichsetzen kann.
Aber das müßtest Du aber auch verstehen und wissen..... :grübel:


Wir reden hier über Kiffings Äußerungen und Theorien. Wenn du diese nachverfolgst merkst du, dass er genau von derartigem sprach.

In einem hast du recht, es finden Veränderungen innerhalb der Legionen verschiedener Zeitabschnitte statt, in einem aber blieben sie gleich: es waren Menschen. Und so diszipliniert sie waren, seit jeher verloren ihre Kommandanten das Heft in der Hand hin und wieder und mußten mitansehen, dass die Legionen ihre eigenen Aktionen vollführten. Zu sehen in den republikanischen Heeren (bspw. in Griechenland gegen die Makedonen), in den Heeren des 1. Jh. v. Chr. wie auch in allen kaiserzeitlichen und spätantiken Truppen.

Was nun Caesars "Befehl" angeht, ist das ausgesprochen zweifelhaft, wenn auch nicht undenkbar. Auch ein Massenmord braucht nicht zwangsläufig einen Befehl, aber hierfür Beispiele aufzuführen schenke ich mir, du würdest vermutlich rein um des Widerspruchswillen auch da auf die Unterschiede pochen. Faszinierend angesichts deiner sonstigen Großzügigkeit.

Das Belohnungsmoment magst du als zynisch empfinden, ich selbst spare mir dazu Emotionen, es ist einfach ein bestehendes Faktum der Antiken, Mittelalterlichen und teilweise der neuzeitlichen Kriegsführung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bevor ihr euch darüber in die Haare bekommt, ob Cäsar nun Völkermord beging oder nicht, könntet ihr einmal aus den Quellen solche Aktionen benennen, bei den Cäsar (angeblich) Völkermord begangen haben soll. Dann könnte man mal gucken, ob sich dies überhaupt belegen läßt. Über die Nervier habe ich schon berichtet.
 
Also Völkermord in der Antike gibt es nicht aber ob das abschlachten anderer anders bezeichnet wird macht die Sache nicht besser ! Je mehr ich in die Vergangenheit sehe desto näher kommt sie mir vor. :grübel:
 
Ich möchte einmal kurz etwas zu Caesars Zahlen im BG sagen. Leider wird immer noch in den Lehrbüchern selten Caesars Zahlen und Schilderungen hinterfragt, wobei ja schon der gesunde Menschenverstand einiges seiner Angaben kaum wahrscheinlich klingen lässt. Ich hab einfach mal was aus einer Arbeit kopiert, die am Rande mit dem gallischen Krieg, insbesondere mit dem Vercingetorixaufstand behandelt:
"Über die Zahl der Opfer und Versklavten beim Aufstand gibt es keine gesicherten An-gaben. Es gibt mehrere Faktoren, die eine Schätzung erschweren: Zum einen die oben ange-führte zahlenmäßige Übertreibung, von der auszugehen ist, dann die Unsicherheit über das Verhältnis von Waffenfähigen zur Normalbevölkerung, Angaben schwanken zwischen 1:3 oder 1:4. Daneben ist auch die Zahl der Stämme, ebenso wie die Größe der Gesamtbe-völke-rung nicht bekannt. Realistische Schätzungen gehen von einer Gesamtbevölkerung von vier bis acht Millionen Menschen aus. Ebenso ist die Zahl der Getöteten – die in Rom als In-dikator für dignitas galt – schwer zu beziffern: Grundsätzlich fiel die Beute eines Feldzugs, nach Ab-zug der Spesen, dem Staat zu, als Beute sind hier auch Menschen, die in die Sklaverei ver-kauft wurden, zu verstehen. Indem Caesar nun die Zahl der Toten übertreibt, war es ihm möglich, viele Gefangene schwarz zu verkaufen und den Gewinn in die eigene Tasche zu stecken. Beispielsweise scheint das im BG (BG VII, 28) beschriebene Massaker von Avari-cum wenig wahrscheinlich: Wieso sollten die Römer beinahe die gesamte Zivilbevölkerung abschlachten, wenn sie sie statt dessen teuer an Sklavenhändler hätten verkaufen können?"

Des weiteren kann ich zu diesem Thema folgende Literatur empfehlen:
HUBER, PETER, Die Glaubwürdigkeit Cäsars in seinem Bericht über den gallischen Krieg, Bamberg 1931 (damals wars noch en vouge über Militärgeschichte zu schreiben, daher sehr kritisch-fundierte Auseinandersetzung mit dem BG)

KREMER, BERNHARD, Das Bild der Kelten bis in augustäische Zeit. Studien zur Instrumentalisierung eines antiken Feindbildes bei griechischen und römischen Autoren, Stuttgart 1994

URBAN, RALF, Gallia Rebellis. Erhebungen in Gallien im Spiegel antiker Zeugnisse, Stuttgart 1999

TIMPE, DIETER, Caesars gallischer Krieg und das Problem des römischen Imperialismus, in: Historia, Zeitschrift für alte Geschichte, 14, 1965, S. 189-214
 
Wenn wir moderne Maßstäbe anlegen, aber das ist in höchstem Maße unprofessionell und intolerant. 2. Vergleiche über die Jahrtausende verbieten sich nicht nur, sie sind einfach unmöglich.

Moralisch kann man sehr wohl Vergleiche anstellen. Und muß dabei feststellen, daß die damaligen Geschehnisse Verbrechen waren.
Diese Tendenz in der Geschichtswissenschaft im Sinne eines moralischen Nihilismus nichts geschichtliches moralisch Bewerten zu wollen, finde ich falsch bzw sogar bedenklich. Was für Maßstäbe sollen denn überhaupt stimmen, bzw was sollen Menschenrechte, wenn man sie in der Geschichte mit der Begründung anderer Kultur als irrelevant ansieht?! Dann kann man auch heute diese Dinge als irrelevant sehen. Der Mensch hat sich geistig-emotional seit der Steinzeit nicht verändert. Er hat nur mehr Wissen erlangt, und Kultur, aber die ist nur eine ganz dünne Firniß über dem was immer noch in jedem Volk und Menschen vorhanden ist.

Wir gehen mit den heutigen Rechts- und Wertemaßstäben an Gegebenheiten und Personen heran und verzerren damit nur die Wirklichkeit.

Welche Wirklichkeit ? Die gleiche Aussage könnte man z.B. bezüglich der Mongolen treffen. Die hatten andere Rechts- und Wertemaßstäbe, eine völlig andere Kultur. Sie brachten systematisch und geplant Millionen von Menschen um. Aber eine andere Kultur: Daher ist also dieses ganze Völkermorden im zweistelligen Millionenbereich ohne Belang?, darf nicht moralisch verurteilt werden ?! Wen dem so ist, wo !! ist die Grenze in der Geschichte, welche Taten darf man nicht, welche darf man dann verurteilen und warum?

Also Völkermord in der Antike gibt es nicht

Dem möchte ich wiedersprechen. Es gab in der Antike sehr wohl Völkermorde.

Fakt ist : es wurden in Gallien sehr viele Zivilisten massakriert. Das war aber weder besonders herausragend noch einzigartig im Vergleich zu ähnlichen Geschehnissen.

MMn erfüllt das in Geschehen Gallien nicht ! den Tatbestand eines echten Völkermordes. Trotzdem war Caesars handeln in Gallien ein Verbrechen, ein Massenmord also.
 
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@ Quintus Fabius:
Was für Maßstäbe sollen denn überhaupt stimmen, bzw was sollen Menschenrechte, wenn man sie in der Geschichte mit der Begründung anderer Kultur als irrelevant ansieht?!

Ich stimme Deinen Ansichten, was das moralische betrifft, zum Teil zu. Es war ja nicht so, dass die Kelten gesagt hätten: "O.K., die Römer haben in Avaricum gerade tausende unserer Frauen und Kinder niedergemetzelt, ist zwar traurig, aber das ist halt so die Art, wie wir gegenseitig Krieg führen." Ebenso erinnerten sich die frühen Christen immer wieder an die Verfolgungen und die Märtyrer, sicher auch weil diese Ereignisse so schrecklich waren.

Dennoch halte ich es für falsch, die Masstäbe der Menschenrechte auf die Antike zurück zu projizieren. Dann hätte man alle Hände voll damit zu tun, praktisch jeden antiken oder mittelalterlichen Staat dauernd zu verurteilen.
Auch die Menschenrechte sind eben ein Produkt der Geschichte und wären nicht denkbar ohne vorangegangene Entwicklungen.
Und es geht m.E. darum, diese Entwicklungen aufzuzeigen - wo war ein Staat fortschrittlich, wo nicht etc.
Das ist eben das, was du als "moralischen Nihilismus" bezeichnest - ich halte den Begriff allerdings für falsch gewählt, dazu komme ich gleich. Der Historiker ist eben kein Richter, der Urteil sitzt über frühe Personen oder Staaten - was bei Toten auch absurd wäre. Das wäre aber auch eine arrogante Handlung, denn wir besitzen wohl nie genug Wissen, um antike Vorgänge wie in einer "Gerichtsverhandlung" zu behandeln. So würde ich den vermeintlichen "Nihilismus" eher als "Objektivismus" bezeichnen, eben dass man nicht von vornherein als Historiker versucht, aus den eigenen Normen heraus bestimmte Gruppen an den Pranger zu stellen. So eine Geschichtsschreibung gibt es natürlich auch, ich denke da vor allem an die politisch stark belastete Historiografie z.B. im Balkan oder Nahen Osten.
 
Dennoch halte ich es für falsch, die Masstäbe der Menschenrechte auf die Antike zurück zu projizieren. Dann hätte man alle Hände voll damit zu tun, praktisch jeden antiken oder mittelalterlichen Staat dauernd zu verurteilen.

Wirklich jeden?, aber vor allem: wo ist der Unterschied zu heute ? Nehmen wir das genannte Beispiel mit den Vorwürfen des Senats an Caesar. Natürlich waren diese Vorwürfe auch politisches Kalkül, aber ist das heute anders?

Im Sudan engagieren sich die USA für Menschenrechte. Dies machen sie aber nur, weil sie damit den Chinesen eins vors Schienbein treten können, weil diese viel Öl aus dem Sudan beziehen, was Sanktionen dann beeinträchtigen könnten.

Ich sehe keinen Unterschied in der Moral zwischen den modernen Staaten jetzt und Antiken Staaten.

Der Irrglaube, daß Kriege heute anders wären, und das es weniger Greuel gäbe, ist eben diese, ein Irrglaube, Kriege sind Kriege, im Irak sind in den Gefechten des konventionellen Krieges Zehntausende Zivilisten getötet worden. Und das nur im konventionellen Bereich. Oder z.B. Im zweiten Golfkrieg wurden um die 100 000 Iraker getötet. Krieg ist Krieg, wenn man z.B. Massengräber in Jugoslawien gesehen hat, und dort war, dann ist da kein Unterschied.
Humanität in der Kriegsführung ist ein Luxus den sich nur haushoch überlegene Staaten überhaupt leisten können bzw durchsetzen können.

Auch die Menschenrechte sind eben ein Produkt der Geschichte und wären nicht denkbar ohne vorangegangene Entwicklungen.

Wenn man Mo Ti liest, Jahrhunderte von Christus, dann weiß man, daß der Mensch auch damals schon wußte, was gut ist und was nicht. Oder wenn man die von Kurosh festgelegeten Menschenrechte nimmt, usw. Natürlich gab es Staaten wie Rom, die als Militärstaaten diese Erkenntisse verweigerten und eine andere Kultur hatten. Aber auch damals schon war bekannt, daß dies falsch ist.

Und vor allem : wo ist der Unterschied zur Gegenwart? Auch heute gab und gibt es genug Staaten die keine Menschenrechte kennen, es gibt viel mehr Diktaturen und Militärstaaten in der UNO z.B. als Demokratien und selbst Demokratien wie die USA lassen in Bezug auf ihre bisher gepflegten Werte massiv nach.

So würde ich den vermeintlichen "Nihilismus" eher als "Objektivismus" bezeichnen, eben dass man nicht von vornherein als Historiker versucht, aus den eigenen Normen heraus bestimmte Gruppen an den Pranger zu stellen.

Seit wann ist das eigentlich so, und wo ist in der Geschichtsschreibung die Grenze und warum ?

z.B. um noch einmal die Mongolen zu bemühen. Deren Taten wurden von allen Völkern und Chronisten damals mit Horror und Entsetzen aufgeschrieben und berichtet. Das wurde in den damaligen Geschichtschroniken mit Ausnahme der mongolischen Chroniken stets als Furchtbar, Entsetzlich, Teuflisch usw bewertet.

Und heute DARF man nur trocken hinschreiben : da kamen also in einem Monat 1,2 Millionen Menschen um, sie wurden mit Eisenkeulen erschlagen und zu riesigen Leichenbergen aufgehäuft....?!

So eine Geschichtsschreibung gibt es natürlich auch, ich denke da vor allem an die politisch stark belastete Historiografie z.B. im Balkan oder Nahen Osten.

Oder z.B. in Bezug auf die Nationalsozialisten. Dort ist es Pflicht, von Verbrechen zu sprechen, aber in früherer Historie darf der Historiker das nicht? Wo ist die zeitliche Grenze und warum ? Wenn man nur Objektiv berichten soll, dann darf man auch über die Taten der Nationalsozialisten nur objektiv berichten, und keine Wertung abgeben. Denn die hatten auch eine völlig andere Kultur und andere Wertemaßstäbe als unsere heutigen. Item träfe die Argumentation auch dort zu, daß man das nicht verabscheuen darf.

Die Frage die mich dabei beschäftigt möchte ich daher noch mal stellen : wo ist da die zeitliche Grenze und warum?
 
Ich sehe keinen Unterschied in der Moral zwischen den modernen Staaten jetzt und Antiken Staaten.
Nicht ignorieren kann man aber, dass es - unabhängig vom technischen Fortschritt - heute nun mal gravierende gesellschaftliche Unterschiede, ebenso wie eine andere Staatsorganisation. Vor allem aber ganz andere Rechtsnormen - und das ist wohl das zentrale in dieser Diskussion. Unabhängig davon sehe ich durchaus Unterschiede in den moralischen Vorstellungen verschiedener Epochen, wobei ich auf dem Gebiet internationaler Machtpolitik noch nicht so viel Wissen darüber habe.

Der Irrglaube, daß Kriege heute anders wären, und das es weniger Greuel gäbe, ist eben diese, ein Irrglaube, Kriege sind Kriege, im Irak sind in den Gefechten des konventionellen Krieges Zehntausende Zivilisten getötet worden.
Ich bin auch nicht der Meinung, dass es heute weniger Greuel gibt. Der Unterschied liegt aber woanders: Es gibt heute Menschen, die solche Greuel öffentlich machen und kritisieren, und es gibt ein Recht, dass es theoretisch möglich macht, jedes Kriegsverbrechen international zu ahnden. Bisweilen, wenn die Machtverhältnisse es zulassen, wird dieses Recht sogar auch praktisch ausgeübt. Und in ganz seltenen Fällen ahnden manche Staaten sogar schon die Verbrechen der eigenen Soldaten, was neulich gerade mal wieder passiert ist. Und das sind schon Unterschied zu den Zeiten des römischen Reichs.

Natürlich gab es Staaten wie Rom, die als Militärstaaten diese Erkenntisse verweigerten und eine andere Kultur hatten. Aber auch damals schon war bekannt, daß dies falsch ist.
Umsiedlungen, Massenmorde an der Zivilbevölkerung etc., Versklavung von Kriegsgefangenen waren in der gesamten Antike und noch weit in die Neuzeit herein gängige Praxis. Daher möchte ich auch fragen, welche "Erkenntnisse" die Römer hätten befolgen sollen, denn kein mir bekannter antiker Autor äußert sich besonders pazifistisch oder übt grundlegende Kritik an der Kriegsführung gegenüber Zivilisten. Dass diese Vorgehensweisen zu verurteilen sind, ist gar keine Frage - aber ich zweifle daran, dass die Machthaber wie Caesar damals glaubten, sie handelten "falsch". Die ersten Grundüberlegungen in der Problematik, wie man die Zivilbevölkerung schützen oder einen generellen Frieden erhalten könne, würde ich zumindest bei uns erst im Hochmittelalter ansetzen - mit der Landfriedens-Bewegung oder z.B. den Bestimmungen in Ritterorden, die es verbaten, Christen anzugreifen.

Deren Taten wurden von allen Völkern und Chronisten damals mit Horror und Entsetzen aufgeschrieben und berichtet. Das wurde in den damaligen Geschichtschroniken mit Ausnahme der mongolischen Chroniken stets als Furchtbar, Entsetzlich, Teuflisch usw bewertet.
Stimmt, und die Ungarn im 10. Jahrhundert wurden aus ähnlichen Gründen quasi als Komplizen des Antichristen dargestellt. Geduldet wurden dafür aber die Greueltaten der Kreuzfahrer, weils hier ja gegen die "Heiden" ging.

Oder z.B. in Bezug auf die Nationalsozialisten. Dort ist es Pflicht, von Verbrechen zu sprechen, aber in früherer Historie darf der Historiker das nicht? Wo ist die zeitliche Grenze und warum ? Wenn man nur Objektiv berichten soll, dann darf man auch über die Taten der Nationalsozialisten nur objektiv berichten, und keine Wertung abgeben. Denn die hatten auch eine völlig andere Kultur und andere Wertemaßstäbe als unsere heutigen.
Eigentlich führt es viel zu weit, dieses Thema in einem Thread über den Gallischen Krieg auszudiskutieren. Aber es gibt da eine Menge Unterschiede:

1. Geht freilich das Thema "3. Reich" über die Grenzen der Geschichtsschreibung hinaus und beeinflusst bis heute tief die bundesdeutsche und internationale Politik, unter der grundsätzlichen Prämisse, dass sich die damaligen Ereignisse nicht wiederholen dürfen. Auch heute leben noch einige der damaligen Nationalsozialisten wie Opfer, die Verhältnisse sind also nicht so fern von uns, wie du es hier beschreibst.

2. Gab es schon ein Völkerrecht, dass zwar vom 3. Reich nicht anerkannt wurde, aber nach dem die Taten der Nationalsozialisten beurteilt werden konnten. Die Nürnberger Prozesse waren aber auch ein Novum und ein höchst bedeutender Fortschritt für die Entwicklung Internationalen Rechts und dem Kampf gegen Kriegsverbrechen. So gesehen sind Eichmann, Göring un co. juristisch wirklich Verbrecher und ohne Selbstmord wäre auch Hitler vor diesem Gerichtshof verurteilt worden. Gleichzeitig gibt es natürlich aus anderen Diktaturen viele ungeahndete Verbrechen, man denke nur an die ehemalige Sowjetunion und den Stalinismus, über den nie zu Gericht gesessen wurde...

3. Gab es in der antiken Geschichte keinen einzigen Vorgang, der mit dem "Holocaust" als industrialisierte Vernichtung der Juden vergleichbar wäre.

4. Besitzen wir im Gegensatz zu den gallischen Kriegen Caesars sehr viel Wissen und Dokumente über die NS-Zeit, können z.B. das Recht des Dritten Reichs mit dem in der Weimarer Republik vergleichen oder einen Einblick über die Opferzahlen bekommen.

5. Wenn man das Vorgehen bei der Belagerung Avaricums als Verbrechen ansieht, waren dann auch z.B. die aufständischen Britannier im Jahr 60, noch viele andere Römer, die Westgoten, die Wikinger, die Kreuzritter in Jerusalem alle Verbrecher? Wenn es in der antiken Welt keinen Konsens zwischen verschiedenen Reichen über die friedliche Behandlung von Zivilisten gab und keine Bestrafung von Kriegsverbrechern gab, hilft uns diese moralische Kategorie dann in irgendeinerweise weiter? Vernünftig wäre es m.E. dagegen, das Themenfeld zu untersuchen und zu fragen, warum es damals anders war.

6. Wie gesagt, was den moralischen Aspekt betrifft bin ich durchaus deiner Meinung. Ich verwehre mich nur dagegen, heutiges Recht und Vorstellungen von der Kriegsführung mit den Erkenntnissen über die Antike zu vermengen.
 
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Wenn es in der antiken Welt keinen Konsens zwischen verschiedenen Reichen über die friedliche Behandlung von Zivilisten gab und keine Bestrafung von Kriegsverbrechern gab, hilft uns diese moralische Kategorie dann in irgendeinerweise weiter?

Hilft sie uns heute weiter? Es gibt auch heute keinen Konsens und die Bestrafung von Kriegsverbrechern erfolgt primär nach dem Muster, daß Verlierer bestraft werden. Gewinner werden nicht bestraft. Es gibt zwar Ideen (Genfer Konvention usw) aber in der Praxis des Krieges spielen diese Ideen für die absolute Mehrheit der Menschheit keine Rolle.

Wenn dem so ist, daß man die damaligen Vorgänge als Historiker ! nicht moralisch bewerten darf, dann darf man das heute oder in der jüngeren Vergangenheit auch nicht.
Da man es aber heute nicht nur darf, sondern sogar soll, so müßte man dies auch in der Vergangenheit tun.

Das Argument, daß man dann jeden verurteilen müsste ist dabei als Gegenargument doch völllig absurd, dann verurteilt man eben jeden.

Vor allem aber ganz andere Rechtsnormen –

Die heutigen Rechtsnormen basieren aber z.B. größtenteils im Kern auf den römischen Rechtsnormen. Und auch Rom war stets bemüht, seine Kriege als Verteidigungskriege hinzustellen. Deshalb ja die ganzen Verdrehungen in den punischen Kriegen, der Gerechte Krieg war ein wesentliches Ziel römischer Politik.
Das zeigt, daß es nicht so ist wie von dir hingestellt, und die Römer keinerlei ethische Normen im Krieg kannten.

Das dann im Krieg Massaker an der Zivilbevölkerung als in Ordnung angesehen wurden ist eine andere Sache. Aber so weit weg sind die grundliegenden Rechtsnormen ansonsten gar nicht.

Und das sind heute schon Unterschiede zu den Zeiten des römischen Reichs.

Mir gefällt das Sudanbeispiel sehr gut. Caesar wurde ja wegen der Massaker an den Galliern vom Senat angeklagt und beschuldigt ! d.h. es gab sehr wohl Menschen damals, die Anklage wegen solcher Dinge erhoben.

Nun wurde erwiedert, dies sei vom Senat ja nur aus politischen Gründen geschehen. Aber die Anklage von Menschenrechtsverletzungen geschieht heute wie z.B. im Sudan ja auch nur aus politischen Gründen.

Oder nehmen wir die BRD: wir klagen Menschenrechtsverletzungen an, tolerieren diese aber bei den Russen und in der VRC, aus wirtschaftlichen Gründen. Ja mehr noch, bilden wir Usbekisches Militär aus und zahlen dem Usbekischen Regime Geld und liefern Waffen, einem Regime das die eigene Bevölkerung massakriert.

Heute wie damals ist das in der Politik nur Geheuchel. Und die einfachen Menschen und ein paar philosphische Gutmenschen haben auch damals schon das alles schlimm gefunden.

aber ich zweifle daran, dass die Machthaber wie Caesar damals glaubten, sie handelten "falsch".

Dem stimme ich absolut zu. Aber auch heute glauben Machthaber dieser Art, daß sie richtig handeln. Der Diktator von Usbekistan glaubt sicher, daß es richtig handelt, und wir unterstützen ihn umfangreich.

Da du zweifelst, es gäbe keine Antiken Autoren, die moderne Gedanken hätten, so wie wir heute weit weg von Usbekistan im Volk !! so denken, so dachte man damals in China im Volk. Lies Mo Ti und andere, Jahrhunderte vor Christus ist da alles schon was wir an modernen Vorstellungen und Menschenrechten forumliert haben niedergeschrieben worden.

Folgendem könnte ich zustimmen :

Das Damals die Menschen Verbrechern an der Spitze von Staaten mehr ausgeliefert waren als heutzutage ! Darin liegt mMn der Unterschied, nicht aber im Denken, Empfinden, Erkenntnis usw

Ich verwehre mich nur dagegen, heutiges Recht und Vorstellungen von der Kriegsführung mit den Erkenntnissen über die Antike zu vermengen.

Entweder gibt es Menschenrechte, oder es gibt sie nicht. Es kann nicht sein, daß sie unter anderen Bedingungen nicht gelten, denn sie sollen ja allgemein und immer richtig sein.

Entweder sind sie das nicht, dann ist alles beliebig, es gibt weder Gut noch Böse, oder sie sind es, dann waren die damaligen Vorgänge Verbrechen.

Ich verstehe nicht, daß man Verbrechen, nur weil sie in der Antike stattfanden und Caesar kein Unrechtsbewußtsein hatte nicht Verbrechen nennen darf ! Auch heute haben Leute wie Caesar kein Unrechtsbewußtsein, und doch ist das was sie tun ein Verbrechen.

Auch heute wird von der Mehrheit der Staaten weltweit das alles mit Füßen getreten und massakriert und gemordet, und dieses ganze Kriegsverbrechen verfolgen usw ist nur eine einzige Heuchelei des Westens und dient nur politischen Zwecken, genau wie damals. Und trotzdem soll man nicht vergleichen dürfen? Das leuchtet mir nicht ein.
 
Quintus Fabius schrieb:
Entweder gibt es Menschenrechte, oder es gibt sie nicht. Es kann nicht sein, daß sie unter anderen Bedingungen nicht gelten, denn sie sollen ja allgemein und immer richtig sein.

Dann lies sie dir doch mal durch und sag mir, an wievielen Stellen die alten Römer sich totgelacht hätten:

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Und bedenke: zur Schuld gehört das Unrechtsbewußtsein, also die Kenntnis eines geltenden Verbots! (="Verbotsirrtum")

Und nochwas zum Thema "Rechtsverständnis". Wie beurteilst Du folgende Praktiken?

Ehrenmord

Blutrache

Sind die Täter Verbrecher oder Handeln sie im Sinne ihres Rechtsverständnisses korrekt?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
zur Schuld gehört das Unrechtsbewußtsein, also die Kenntnis eines geltenden Verbots

In Bezug auf Gesetze. §17 StGb Verbotsirrtum

Aber nicht in Bezug auf Menschenrechte ! und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In diesen beiden Fällen gibt es keine Ausrede von mangelndem Unrechtsbewußtsein.

Sind die Täter Verbrecher oder Handeln sie im Sinne ihres Rechtsverständnisses korrekt?

Sie sind Verbrecher. Jeder der dies auch nur gutheißt oder entschuldigt gehört dafür zur Rechenschaft gezogen.

Eine andere Sichtweise ist ein klarer Verstoß gegen die Freiheitlich Demokratische Grundordnung.
 
Quintus Fabius schrieb:
Sie sind Verbrecher. Jeder der dies auch nur gutheißt oder entschuldigt gehört dafür zur Rechenschaft gezogen.

Eine andere Sichtweise ist ein klarer Verstoß gegen die Freiheitlich Demokratische Grundordnung.

Das kommt davon, dass Menschen in verschiedenen Kulturen aufwachsen. Einen Menschen für etwas zu verurteilen, dass ihm als rechtmäßig anerzogen wurde, ist nicht zulässig - auch in Deutschland nicht.

Nach deinem Verständnis, Quintus, sind alle Deine (und meine) Vorfahren Verbrecher.
 
Das Argument, daß man dann jeden verurteilen müsste ist dabei als Gegenargument doch völllig absurd, dann verurteilt man eben jeden.
Das ist logisch. Nur, wie ich schon sagte - das Wissen, dass alle antiken Staatswesen (oder zumindest die allermeisten) aus heutiger Sicht verbrecherisch handelten, ist für die Geschichtswissenschaft nicht hilfreich.
Da bestätigen wir letztendlich nur den modernen Masstab, finden aber nichts über die damaligen Sichtweisen heraus.

Und auch Rom war stets bemüht, seine Kriege als Verteidigungskriege hinzustellen. Deshalb ja die ganzen Verdrehungen in den punischen Kriegen, der Gerechte Krieg war ein wesentliches Ziel römischer Politik.
Es gab das Prinzip des "Bellum Justum". Es gab aber auch Ausnahmen, nicht jeder Krieg wurde als Verteidigungskrieg rechtfertigt, zu nennen wäre hier etwa der Britannienfeldzug.

Aber so weit weg sind die grundliegenden Rechtsnormen ansonsten gar nicht.
Sehe ich anders, Dinge wie die Vorbereitung und Planung eines Angriffskrieges waren damals keine Tatbestände.

Heute wie damals ist das in der Politik nur Geheuchel. Und die einfachen Menschen und ein paar philosphische Gutmenschen haben auch damals schon das alles schlimm gefunden.
Das fällt schon in den Bereich der persönlichen Ansichten. Ich würde das nicht so pessimistisch sehen, wenn man bedenkt, dass vieles im Internationalen Recht ebenso wie die großen Völkerbündnisse a la EU und Nato erst in den letzten hundert Jahren entstanden. Natürlich ist die Politik der Bundesregierung gegenüber z.B. China heuchlerisch. Aber es ist gut zu sehen, dass es eben auch Entwicklungen gibt, die solchen Fällen widerstreben.

so denken, so dachte man damals in China im Volk. Lies Mo Ti und andere, Jahrhunderte vor Christus ist da alles schon was wir an modernen Vorstellungen und Menschenrechten forumliert haben niedergeschrieben worden.
Nun ja, ich weiß wenig über China in der Antike und kenne auch die Schriften des Mo Ti nicht. Aber recht grausame Herrscher gab es dort wohl auch. Ich bezog mich aber entsprechend des Themas mehr auf die römischen Autoren. Und da lässt sich eigentlich nur die gelegentliche Kritik des Tacitus am römischen Imperialismus anführen.

Entweder gibt es Menschenrechte, oder es gibt sie nicht. Es kann nicht sein, daß sie unter anderen Bedingungen nicht gelten, denn sie sollen ja allgemein und immer richtig sein.

Entweder sind sie das nicht, dann ist alles beliebig, es gibt weder Gut noch Böse, oder sie sind es, dann waren die damaligen Vorgänge Verbrechen.
Es gibt ja auch einen Rechtsgrundsatz, nachdem man Recht nicht rückwirkend anwenden kann.
Natürlich haben die Menschenrechte einen universellen Anspruch. Nur sie sind auch nicht aus dem luftleeren Raum plötzlich über uns gekommen, sondern entstanden in einem langen Prozess, in dem erkannt wurde, dass solche Rechte sinnvoll sind. Auch heute sind die Menschenrechte keineswegs etwas statisches; es wurden seit der Erklärung der Menschenrechte 1948 einiges noch hinzugefügt.
 
Natürlich ist die Politik der Bundesregierung gegenüber z.B. China heuchlerisch.

In Bezug auf China heuchlerisch, in Bezug auf Usbekistan aber z.B. verbrecherisch. Wie war das mit Beihilfe ?! Die Usbekischen Offiziere in Hamburg usw, alles schon in Ordnung?!

Es gibt ja auch einen Rechtsgrundsatz, nachdem man Recht nicht rückwirkend anwenden kann.

Dann wären die Nürnberger Prozesse z.B. nicht legal gewesen und die dort gefällten Urteile irrelevant. Oder z.B. Geißelerschießungen wurden erst nach dem Krieg für illegal erklärt, folglich wären sie keine Kriegsverbrechen gewesen usw usw

In Bezug auf Menschenrechte gilt daher mMn der Grundsatz nicht !!, daß Recht nicht rückwirkend angewendet werden darf.

ist für die Geschichtswissenschaft nicht hilfreich.

Ok, dem kann ich zustimmmen. Wenn man einräumt und einsieht, daß es sich um Verbrechen handelte, dann kann man im weiteren aus Gründen der Praktischen Bearbeitung das ganze neutral aufführen. Nur darf man mMn nicht sagen, daß sind KEINE Verbrechen. Man kann es weglassen diese Dinge zu bewerten, also nur nüchtern die Fakten hinlegen (wie gesagt aus praktischen Gründen) aber zu sagen daß diese Dinge Nicht falsch waren, daß darf man mMn nicht.
 
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ARTIKEL 11, 2:

Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die im Zeitpunkt, da sie erfolgte, auf Grund des nationalen oder internationalen Rechts nicht strafbar war. Desgleichen kann keine schwerere Strafe verhängt werden als die, welche im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung anwendbar war.

Ansonsten, "Quntus Fabius", wollen wir mal deinem Pseudo nachgehen? Der Herr war doch sicher Sklavenhalter sowie Diskriminierer von Frauen und Minderheiten. Das reicht doch, um sich von ihm zu distanzieren, oder?

Ansonsten hätten wir noch Folter und Erniedrigung während seiner Regentschaft, Recht auf Arbeit und bezahlten Urlaub, usw. usw.
 
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