Völkerrechtlicher Status der DDR nach Gründung der BRD?

Said98

Neues Mitglied
Hallo,
mich interessiert schon länger die Frage, wie der völkerrechtliche Status der DDR vor ihrer Gründung war. Nach dem Kriegsende 1945 wurde Deutschland ja in vier Besatzungszonen aufgeteilt, und am 23. Mai 1949 hat sich die Trizone zur westdeutschen Bundesrepublik zusammengeschlossen. Aber wie sah es mit der SBZ aus? Zu welchem Staat wurde sie 4 1/2 Monate dazugezählt bis zur Gründung der DDR am 7. Oktober 1949? Trotz intensiver Recherche bin ich zu keinem Ergebnis gekommen. Ich hoffe, mir kann jemand helfen!
MfG
 
Nun ,das Gebiet war das ,als was es die Springerpresse noch Jahrzehnte lang bezeichnete,nämlich die sowjetische Besatzungszone, also ein von ausländischen Truppen besetztes Gebiet des untergegangenen tausendjährigen Reiches in den Grenzen von 1937 in dem eine fremde Staatsmacht als Besatzungsmacht die Hoheitsgewalt ausübte.
 
Direkt beantworten tut das meine Frage aber nicht, das bezieht sich ja auf die Souveränität der DDR nach ihrer Gründung. Mich interessiert aber eher, wie es mit der DDR nach dem 23. Mai 49, also der Gründung der BRD, aussah. Wie hätte beispielsweise eine Landkarte aus dieser Zeit ausgesehen? Im Westen die BRD, und im Osten... ?
 
Direkt beantworten tut das meine Frage aber nicht, das bezieht sich ja auf die Souveränität der DDR nach ihrer Gründung. Mich interessiert aber eher, wie es mit der DDR nach dem 23. Mai 49, also der Gründung der BRD, aussah. Wie hätte beispielsweise eine Landkarte aus dieser Zeit ausgesehen? Im Westen die BRD, und im Osten... ?

sepiola und zaphod haben das bündig erläutert.

Wie Du dem link entnehmen kannst (die wiki-Darstellung ist auch eine knappe Zusammenfassung des herrschenden Meinungsstandes der völker- bzw. staatsrechtlichen Literatur), ist die Entwicklung recht kompliziert, auch für die BRD 1949/52/56.
 
https://de.wikipedia.org/wiki/Besatzungszone

Aus dem Wikipedia-Artikel "Besatzungszone" entnommen: "Als Besatzungszone bezeichnet man ein von ausländischen Truppen besetztes Gebiet oder Bereich eines Staates, in dem eine fremde Staatsmacht als Besatzungsmacht die Hoheitsgewalt ausübt." Das heißt also, dass die SBZ kein Staat war, sondern "nur" ein besetztes Gebiet. Die Frage ist nur, von welchem Staat?

https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage_Deutschlands_nach_1945#Politische_Agitation

"[...] als Völkerrechtssubjekt betrachtete sich die Bundesrepublik stets als identisch mit dem Deutschen Reich und ist somit quasi das Deutsche Reich, nur unter einem anderen Namen."
 
https://de.wikipedia.org/wiki/Besatzungszone

Aus dem Wikipedia-Artikel "Besatzungszone" entnommen: "Als Besatzungszone bezeichnet man ein von ausländischen Truppen besetztes Gebiet oder Bereich eines Staates, in dem eine fremde Staatsmacht als Besatzungsmacht die Hoheitsgewalt ausübt." Das heißt also, dass die SBZ kein Staat war, sondern "nur" ein besetztes Gebiet. Die Frage ist nur, von welchem Staat?

https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage_Deutschlands_nach_1945#Politische_Agitation

"[...] als Völkerrechtssubjekt betrachtete sich die Bundesrepublik stets als identisch mit dem Deutschen Reich und ist somit quasi das Deutsche Reich, nur unter einem anderen Namen."

Die sowjetische Besatzungszone war - wie der Name schon sagt - die Besatzungszone der Sowjetunion. In dem von Zaphod schon verlinkten Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage_Deutschlands_nach_1945#Ansicht_der_DDR stehen schon einige Theorien zum (Nicht-)Fortbestand des Deutschen Reiches.

Wie hatten schon mal einen Thread, wo jemand mit Fragen zum RuStAG ankam und anschließend kam er mit der These, dass die Bundesrepublik Deutschland gar nicht existierte. Da wurde auch schon die Frage nach der Identität bzw. Nachfolge der Bundesrepublik mit dem Deutschen Reich behandelt. Leider kann ich diesen Thread nicht mehr finden. Ist der vielleicht entsorgt worden?
 
Das Thema ist tatsächlich wegen Absurditäten des gesperrten "Sachse" entsorgt worden.

Ich schau mal, was man da von den fundierten Beiträge "renovieren" kann.
 
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage_Deutschlands_nach_1945#Teilidentit.C3.A4tstheorie

"Die DDR ging anfangs vom Fortbestand des Deutschen Reiches aus und vertrat zunächst die Auffassung, mit ihm identisch zu sein [...], päter ging sie dann von einer Teilidentität mit ihm aus [und ab] Mitte der 1950er Jahre vertrat sie dann die Debellationstheorie, [wonach] zwei neue Staaten entstanden."

Die Debellationstheorie sagt aus, dass nach der Gründung der BRD und DDR zwei neue Staaten entstanden. Das würde doch bedeuten, dass erstmal nach der Gründung der BRD ein neuer Staat im Westen entstanden ist, und damit eine Art "Rest-Deutsches Reich" im Osten übrig geblieben ist. Kann man meine Frage also damit beantworten, dass die Sowjetunion nach Gründung der BRD 4 1/2 Monate den Rest des Deutschen Reiches besetzte?
 
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage_Deutschlands_nach_1945#Teilidentit.C3.A4tstheorie

"Die DDR ging anfangs vom Fortbestand des Deutschen Reiches aus und vertrat zunächst die Auffassung, mit ihm identisch zu sein [...], päter ging sie dann von einer Teilidentität mit ihm aus [und ab] Mitte der 1950er Jahre vertrat sie dann die Debellationstheorie, [wonach] zwei neue Staaten entstanden."

Die Debellationstheorie sagt aus, dass nach der Gründung der BRD und DDR zwei neue Staaten entstanden. Das würde doch bedeuten, dass erstmal nach der Gründung der BRD ein neuer Staat im Westen entstanden ist, und damit eine Art "Rest-Deutsches Reich" im Osten übrig geblieben ist.


Vor der Gründung der DDR gab es keine zwei deutschen Staaten, soviel ist klar. Theorie hin oder her.

Auch die erste Verfassung der DDR von 1949 hielt noch an der Unteilbarkeit Deutschlands fest. Der erste Satz von Artikel 1 lautete:
"Deutschland ist eine unteilbare demokratische Republik"
 
Aber es muss auf jeden Fall einen zweiten Staat neben der BRD gegeben haben, welches die Sowjetunion besetzt hat.

Was für ein "zweiter Staat"?

Die sowjetische Besatzungszone verwandelte sich durch die Gründung der Bundesrepublik doch nicht automatisch in einen "zweiten Staat".
 
Was für ein "zweiter Staat"?

Die sowjetische Besatzungszone verwandelte sich durch die Gründung der Bundesrepublik doch nicht automatisch in einen "zweiten Staat".

Das nicht, aber ich hab schon vorher die allgemeine Definition von Besatzungszone hier gepostet, wonach ein Staat einen Staat besetzen muss. Und die Sowjetunion hat ja nicht BRD besetzt, also muss es einen zweiten Staat gegeben haben, die die UdSSR besetzt hat. Verständlich?
 
Das nicht, aber ich hab schon vorher die allgemeine Definition von Besatzungszone hier gepostet, wonach ein Staat einen Staat besetzen muss. Und die Sowjetunion hat ja nicht BRD besetzt, also muss es einen zweiten Staat gegeben haben, die die UdSSR besetzt hat. Verständlich?

Ich versuche es mal so:

1.
Die 4 Siegermächte haben das Deutsche Reich besetzt und in 4 Besatzungszonen aufgeteilt, andere Gebiete sind poln. bzw. sowj. Verwaltung unterstellt worden, ohne zu diesen Besatzungszonen zu gehøren.
Gleichzeitig haben sie die Regierungsgewalt im Dt. Reich übernommen.
2.
3 der 4 Besatzungszonen sind zur BRD geworden, indem die entsprechenden Siegermächte Teile ihrer Regierungsgewalt an den neuen Staat übertragen haben.
Die 4.Zone blieb (zunächst) einfach nur eine Besatzungszone.
Also ein Teilgebiet des Dt. Reiches, besetzt von der Sowjetunion.

Gruss, muheijo
 
Die Debellationstheorie sagt aus, dass nach der Gründung der BRD und DDR zwei neue Staaten entstanden. Das würde doch bedeuten, dass erstmal nach der Gründung der BRD ein neuer Staat im Westen entstanden ist, und damit eine Art "Rest-Deutsches Reich" im Osten übrig geblieben ist.

Debellatio als Argumention wird von allen beteiligten Seiten und Staaten und von der ganz herrschenden Auffassung der Völkerrechtler als irrelevant angesehen, und kann bei Seite gelassen werden.

"Das Urteil zum Grundlagenvertrag (das die gesamte Begründung als tragend qualifizierte und so mit Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG ausstattete) betonte die Pflicht aller Verfassungsorgane, in ihrer Politik auf die Wiederherstellung der staatlichen Einheit hinzuwirken und 'alles zu unterlassen, was die Wiedervereinigung vereiteln würde.'
... Die Rechtsprechung sicherte das Wiedervereinigungsgebot staats- und völkerrechtlich mit dem energischen Festhalten am Fortbestand des Deutschen Reiches ab. Diese Auffassung entsprach seit jeher der Rechtsposition der westlichen Alliierten und bis in die fünfziger Jahre auch der Sowjetunion, die das Ende des Kriegszustandes mit dem Deutschen Reich erklärte. Auch die Völkerrechtslehre ist ganz überwiegend davon ausgegangen, dass das Deutsche Reich weder durch den militärischen Zusammenbruch (debellatio) noch durch Dismembration untergangen ist."

Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Tz. 76/78

Zum Zwischenstand:
"Der Parlamentarische Rat hat das Grundgesetz nicht als Akt der Neugründung eines Staates verstanden; er wollte “dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung” geben, bis die “Einheit und Freiheit Deutschlands" in freier Selbstbestimmung vollendet sei (Präambel des Grundgesetzes)...

[mit der Folge:]

...Mithin bewirkt der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik ...grundsätzlich zugleich den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Diese Rechtswirkung für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland tritt gleichermaßen ein bei einem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik unmittelbar kraft einer dortigen Rechtsnorm oder zufolge eines die Staatsbürgerschaft verleihenden Einzelakts."
(BVerfG, Beschluß vom 21-10-1987 - 2 BvR 373/83)

und weiter:

"Der deutsche Staat ist weder mit der Kapitulation seiner Streitkräfte, der Auflösung der letzten Reichsregierung im Mai 1945 noch durch die Inanspruchnahme der “obersten Gewalt in bezug auf Deutschland”, einschließlich aller Befugnisse der deutschen Staatsgewalt, durch die vier Hauptsiegermächte am 5. 6. 1945 (vgl. ABl des Kontrollrats in Deutschland, Ergänzungsbl Nr. 1, S. 7 ff.) völkerrechtlich erloschen...

Weder das Grundgesetz selbst (s. o. C I 3 c) noch die auf seiner Grundlage gebildeten Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland haben diesen Vorgang als Untergang des deutschen Staates bewertet. Die Bundesrepublik Deutschland betrachtete sich vielmehr von Beginn an als identisch mit dem Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich. An dieser Subjektsidentität hat nichts zu ändern vermocht, daß sich die gebietsbezogene Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland auf den räumlichen Anwendungsbereich des Grundgesetzes beschränkt. Selbst eine endgültige Statusänderung von Teilen seines Staatsgebiets ändert nach Völkerrecht die Identität eines staatlichen Völkerrechtssubjekts nicht. Die Identität der Bundesrepublik Deutschland - in diesen gebietsbezogenen Begrenzungen - mit dem deutschen Staat ist auf der völkerrechtlichen Ebene von zahlreichen Staaten anerkannt worden. ...

Auch die Sowjetunion und die Deutsche Demokratische Republik sind im Jahre 1949 vom Fortbestand des deutschen Staates ausgegangen. Dies bekundet deutlich die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. 10. 1949, die bis zur Verfassung vom 9. 4. 1968 in Kraft war...

...Wie immer man den Rechtsstatus der Deutschen Demokratischen Republik in den folgenden Jahren bis hin zum Abschluß des Grundlagenvertrages mit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Aufnahme in die Organisation der Vereinten Nationen bewerten mag, dieser Status und seine Entwicklung vermochten völkerrechtlich nichts an der Subjektsidentität der Bundesrepublik Deutschland mit dem deutschen Staat zu ändern. Selbst wenn es sich bei dieser Entwicklung um eine vollendete völkerrechtliche Sezession aus dem deutschen Staatsvertrag gehandelt hätte - was allein schon wegen des fortbestehenden Viermächte-Status Deutschlands als Ganzen ausgeschlossen ist -, hätte dies den Fortbestand des deutschen Staates nicht beenden können; die Sezession eines Teilgebiets beendet nicht die Subjektsidentität des verbleibenden Teils, sofern dessen Staatlichkeit - was bei der Bundesrepublik Deutschland unstreitig ist - erhalten bleibt...

Die für die Außen- und Deutschlandpolitik zuständigen Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland haben von Beginn an am Fortbestand des deutschen Staates auch nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg, an der Subjektsidentität der Bundesrepublik Deutschland mit dem deutschen Staat und an der einen deutschen Staatsangehörigkeit festgehalten. Sie gehen spätestens seit dem Abschluß des Grundlagenvertrags von dem Bestehen zweier Staaten in Deutschland, die für einander nicht Ausland sind, sowie vom Fortbestand des Viermächte-Status über Deutschland als Ganzes aus. "
 
[Die] Bundesrepublik Deutschland geh[t] [...] spätestens seit dem Abschluß des Grundlagenvertrags von dem Bestehen zweier Staaten in Deutschland, die für einander nicht Ausland sind, sowie vom Fortbestand des Viermächte-Status über Deutschland als Ganzes aus. "

Kann man zusammenfassend also sagen, dass es trotz der Gründung der BRD der deutsche Staat, also das Deutsche Reich, weiterexistiert hat und die SBZ einfach nur den Restteil des deutschen Staates, der nicht zur Bundesrepublik gehörte, besetzt hat?
 
... und die SBZ einfach nur den Restteil des deutschen Staates, der nicht zur Bundesrepublik gehörte, besetzt hat?

Nee: ...und die Sowjetunion einfach nur den Restteil* des deutschen Staates, der nicht zur Bundesrepublik gehörte, besetzt gehalten hat.
(Die SBZ war ja schon besetzt)

(*) in den Grenzen von 1937, und mit Ausnahme der poln. verwalteten Gebiete jenseits der Oder-Neisse-Grenze und dem direkt verwalteten sowj. Teil Ostpreussens.

Gruss, muheijo
 
Kann man zusammenfassend also sagen, dass es trotz der Gründung der BRD der deutsche Staat, also das Deutsche Reich, weiterexistiert hat und die SBZ einfach nur den Restteil des deutschen Staates, der nicht zur Bundesrepublik gehörte, besetzt hat?

Nein. Bundesrepublik Deutschland ist der Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Das Deutsche Reich existiert nicht mehr und die BRD ist der Nachfolgestaat.

Apvar
 
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