Voraussetzungen für die Entstehung mittelalterlicher Städte

Evermore

Neues Mitglied
Hallo,
ich muss nächste Woche über "das Werden der mittelalterlichen Stadt" referieren. Ich habe schon fast alle Informationen zusammen, nur bei den Voraussetzungen für die Enstehung habe ich Probleme. Nach langer Suche habe ich dies herausgefunden:

Mit der Entwicklung neuer landwirtschaftlicher Geräte im Frühmittelalter stieg die Produktivität der Bauern stark an. Als Folge dieses Anstiegs besaßen die Bauern mehr Waren als sie für die eigene Versorgung benötigen. Ihnen stand durch den Warenüberschuß die Möglichkeit zum Handel offen. Neben dem Handel bildete sich auch das Handwerk heraus, denn die Bauern konnten ihre Waren verkaufen und gegen handwerkliche Erzeugnisse eintauschen. Durch diesen Tausch entstand eine städtische Ökonomie, die sich stark von der ländlichen unterschied.
Der Überschuß an Waren führte darüber hinaus zu einer Spezialisierung der Arbeitsteilung.
Die Agrarwirtschaft entwickelte sich im 10. und 11. Jh. so weit, daß sich vom Handwerk getrennt wurde. Sie war die Grundvoraussetzung für das Entstehen der mittelalterlichen Stadt.
Viele Handwerker wollten unabhängig von der feudalen Herrschaft sein und flüchteten aus den Dörfern. Sie siedelten sich in der Folge in Städten an, die zu Handwerks- und Handelszentren wurden.

Außerdem wuchs die Bevölkerung Europas ab dem 7. Jh. Weil in den Dörfern oft nicht genug Platz war, wanderten viele Menschen aus und siedelten sich auf alten Ruinen, um Herrschaftszentren oder Klöster herum an. Hier entstanden Städte.

Stimmt das? Würdet ihr es noch ergänzen? Wenn ja, wie? Bitte helft mir!

Danke,
Evermore
 
An sich schon nicht schlecht.
Allerdings fehlen mir doch noch ein wenig die Aspekte der Lehnsherrschaft und der damit verbundene Spruch "Stadtluft macht frei".

Außerdem sollte erwähnt werden, dass die Städte selbst im Spätmittelalter noch sehr klein waren (ca. 95% der Städte hatten weniger als 2000 Einwohner).
Städte entstanden generell im Umfeld einer Burg oder eines Klosters, in/an ehemals römischen Verwaltungen oder bereits bestehenden Handelsstraßen und Flussüberquerungen.
 
Wo hälst du das Referat denn? In der Schule, an der Uni?

Ansonsten vielleicht auf noch die Forcierung der Stadtentwicklung durch Grundherren (Bsp.: Heinrich der Löwe) hinweisen, dann noch das Thema "Städte als Stütze des Kaisertums" streifen, wenn du mehr Zeit hast vielleicht ein Porträt einer Metropole der Zeit (Paris, Köln, Mailand...)...
 
Hallo Hobbes,
vielen Dank für deine Antwort! Ich habe meinen Vortrag noch etwas ergänzt und den Spruch "Stadluft macht frei nach Jahr und Tag" einfliessen lassen.
Über die Enstehungsmöglichkeiten (um Herrschaftszentrum, Kloster, auf antiken Ruinen...) spreche ich auch.
Du hast mir sehr geholfen! :)

Hallo Ketzer,
danke, dass du mir geantwortet hast!
Ich halte das Referat am Dienstag in der Schule, für das Fach Geschichte.
In meinem Vortrag werde ich vieles (Stadtmauer, Marktplatz, etc.) am Beispiel Wiens erklären. Ich wohne schließlich nicht nur in Wien, sondern es bietet sich auch gleichzeitig sehr als Exempel an.
Liebe Grüße und herzlichen Dank,
Evermore
 
Nun,der Schutz den eine befestigte Stadt gegenüber einem unbefestigten oder nur schwach befestigten Dorf hatte war in den unsicheren Zeiten auch nicht zu verachten.
Zum Teil gab es ja Mauerbürger, die in umliegenden Dörfern wohnten und im Gefahrenfall die Verpflichtung hatten,bestimmte Abschnitte der Stadtmauer zu verteidigen,dafür aber dann auch Schutz in der Stadt fanden.Insoweit hatte die Gründung einer Stadt auch eine strategische Funktion.

Hinzu kam der wirtschaftlsgeographische Aspekt ,der zur Gründung vieler Städte an Knotenpunkten von Fernhandelsstrassen und Flüssen führte .
 
@ Evermore

zu Landwirtschaft....das mittelalterliche Klimaoptimum spielt da ebenfalls eine Rolle und ist erwähnenswert

zu den Stadtgründungen muss man drei Typen unterscheiden:

1. Weiterführung römischer Siedlungen....z.B. Trier, Köln, Regensburg usw.
2. Entstehung aus Früh- und Vorformen frühmittelalterlicher stadtähnlicher Siedlungen an Burgen, Pfalzen, Marktflecken (häufig anFurten und Kreuzungen) und Handwerkersiedlungen...z.B. Hamburg, Magdeburg, Erfurt, Prag usw.
3. Neugründungen, meist im Zuge der deutschen Ostexpansion....z.B. Lübeck, Greifswald, Strahlsund und Wismar usw.

Die Besonderheit hierbei ist einerseits das Stadtrecht und andererseits die Stadtmauer, deshalb sind z.B. bedeutende westslawische Siedlungen wie Alt- Lübeck (Lubice) oder die Brennaborg (Bramborska) noch nicht als Stadt anzusehen, obwohl ihre Topografie einer mittelalterlichen Stadt entsprach. Entscheidend ist hier das verliehene Stadtrecht.

Lübeck gilt dabei als Prototyp der abendländischen Gründungsstadt.

Als Literatur kann ich dir hier
Günter P. Fehring, Archäologie des Mittelalters. Weiterstadt,2000, 150ff oder

Lübecker Schriften zur Archäologie und Kulturgeschichte LSAK
empfehlen
http://www.geschichtsforum.de/members/evermore/
 
Ich möchte einen mE sehr interessanten Städteforscher hinzufügen:

Karlheinz Blaschke: Stadtgrundriss und Stadtentwicklung, Städteforschung A/44, 1997

Dieser Band stellt mehrere Veröffentlichungen von KH Blaschke zusammen, die über viele Jahre erschienen:

-Nikolaipatrozinium und städtische Frühgeschichte
- Altstadt-Neustadt-Vorstadt. Zur Typologie genetischer und topographischer Stadtgeschichtsforschung
-Studien zur Frühgeschichte des Städtewesens in Sachsen
-Kirchenorganisation und Kirchenpatrozinien als Hilfsmittel der Stadtkernforschung
-Sprachliche Hilfsmittel der Stadtkernforschung. Deutsche Fachbegriffe aus der Entstehung der hochmittelalterlichen Städte
-Wie liest man einen Stadtplan?
 
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