Vormacht Frankreichs

Es geht heiter weiter, richtig interessant heute. :yes:

Andronikos schrieb:
Mit dem Begriff "Vormacht" oder "Hegemonialmacht" habe ich aber meine Schwierigkeiten, weil ich die tatsächliche Überlegenheit über die Gemeinschaft der anderen nicht sehe
Sehe ich auch so, eine Überlegenheit über die Gemeinschaft wäre ziemlich schwierig gewesen. Frankreich als mächtigstes/stärkstes Land in Europa zu bezeichnen finde ich OK Aber eindeutig keine echte Hegemonialmacht.

Andronikos schrieb:
Da passt für mich das Schlagwort von Frankreich als Vormacht in Europa nicht dazu, das vom Gleichgewicht der Kräfte schon eher.
Leider war dieses Gleichgewicht bei weitem nicht so gleich wie man meinen möchte. Gerade im 18. Jahrhundert würde ich dieses kritisch sehen und eher mit Vorsicht und unter massiven Vorbehalt verwenden.



Beetlebum schrieb:
das Kommandounternehmen in Cremona ebenfalls, als der französische Marschall Villeroy von Prinz Eugen gefangengenommen wurde.
Villeroy war kein besonders guter General, das stimmt auffallend.

Überlegen war es zur See allerdings schon zuvor, etwa im Spanischen Erbfolgekrieg oder im Österreichischen Erbfolgekrieg
Mmh, die frz. Flotte war technologisch überlegen, aber die absoluten Zahlen in Schiffen und Tonnage gleichen sich aus. Auch nach dem 7jährigen Krieg war Englands Seemacht nicht unumfochten. Besonders in der frz. Flotte hatte es immer noch einen starken Konkurrenten, der eine Seevormacht weiterhin in Frage stellte.



Konradin schrieb:
...eher einen Niedergang seit dem Zenit unter Louis XIV. - mag vielleicht auch an der Jugend Louis' XV. und Louis' XVI. liegen.
Frankreich hatte seinen Zenit doch eigtl. schon im Neunjährigen Krieg (1688-97) überschritten...
Einen Niedergang kann ich eigentlich nicht erkennen. Das der „Zenit von 1685“ nur kurzfristig war ist klar. Louis’ Macht war durch die Schwäche der anderen ziemlich dominant, dass sich das auch wieder ändern würde, war jedem klar, ganz besonders Louis XIV.. Hauptsächlich nachdem der Kaiser nicht mehr gegen die Türken kämpfen musste. Genau das war Ursache für den sogenannten „Zenit von 1685“. F. war zwar stark, aber seine Gegner anderweitig beschäftigt und daher neutralisiert.

Also war es kein Niedergang Frankreichs, sondern die anderen Mächte holten nur wieder gegenüber Frankreich auf, also ein Machtzuwachs der anderen. Das gilt insbesondere für die Zeit nach 1713. Die „Augenhöhe“ Frankreichs erlangten sie aber erst 1815. Ab diesem Zeitpunkt erst kann man von wirklich ebenbürtigen Großmächten sprechen, die in einem austarierten Gleichgewicht koexistierten.

Zum sogenannten "System der Pentarchie" welches Andronikos meinte, erkläre ich morgen Nachmittag noch was. Für heute bin ich geschafft. :winke:
 
"Die frz. Flotte war technologisch überlegen, aber die absoluten Zahlen in Schiffen und Tonnage gleichen sich aus."

Das mag sein. Der Erfolg lag jedenfalls bei den Engländern.

"Auch nach dem 7jährigen Krieg war Englands Seemacht nicht unumfochten. Besonders in der frz. Flotte hatte es immer noch einen starken Konkurrenten, der eine Seevormacht weiterhin in Frage stellte."

Unumfochten war in der Geschichte selten irgendetwas. Tatsache ist aber, dass die englische Flotte im 18. Jahrhundert die Oberhand hatte - wie ich meine, seit Barfleur und La Hougue 1692. Im Spanischen Erbfolgekrieg etwa konnten die Engländer bzw. (seit 1707) Briten und ihre Verbündeten dank der überlegenen Flotte den Überseehandel Frankreichs unterbinden und das Land in den finanziellen Ruin treiben. Ähnlich auch im Österreichischen Erbfolgekrieg. H. Pemsel spricht in diesem Zusammenhang von der französischen "Ohnmacht zur See". Natürlich hat Frankreich als Großmacht, die es ja weiterhin war, den Versuch unternommen, die Lage gründlich zu ändern und Großbritannien die Seeherrschaft zu entreißen, aber im Siebenjährigen Krieg ist dann in der Seeschlacht bei Quiberon 1759 endgültig die Entscheidung zugunsten der Briten gefallen, die von da an die Meere beherrschten, den Krieg gewannen und Spanien als größte Kolonialmacht ablösten. Frankreichs Handel dagegen war - wieder einmal - runiert. (Selbstverständlich hat das den französischen Bestrebungen kein Ende gemacht: Frankreich war auch danach noch bzw. wieder eine Seemacht. Ebenso hatten in der Antike die Griechen seit Salamis und Mykale die Oberhand in der Ägäis, ohne dass Persien deswegen über keine zu berücksichtigende Flotte mehr verfügt hätte.)
 
Beetlebum schrieb:
Tatsache ist aber, dass die englische Flotte im 18. Jahrhundert die Oberhand hatte - wie ich meine, seit Barfleur und La Hougue 1692.
Seit dem Siebenjährigen Krieg wohl eher, vorher aber nein. In La Hougue wurde die frz. Seevorherrschaft gebrochen.

Vergleiche Geoffrey Symcox: The Crisis of French Sea Power 1690-1698.
 
Ich habe mal eine Weile nachgedacht und bin zum Schluss gekommen, dass wir hauptsächlich ein Definitionsproblem haben. ;)

Es besteht ein beträchtlicher Unterschied zwischen einer „Hegemonialmacht“ und einer „Vormacht“.

Hegemonialmacht:
Diese zeichnet sich durch innere Abgeschlossenheit der Machtverhältnisse aus; Resultat ist ein alles dominierendes Hegemonialsystem. Klassische Beispiele sind Ägypten während des Neuen Reichs in der Levante und Nubien, Assyrien, Rom im Mittelmeer und in Europa sowie Großbritannien innerhalb des British Empire. Seit der Antike gab es keine europäische Hegemonialmacht mehr über Europa.

Vormacht:
Ist viel einfacher. Heißt einfach nur die Feststellung der politisch und/oder militärisch stärksten Macht innerhalb eines Staatensystems. Mehr nicht. Dazu bedient man sich verschiedener Indikatoren, wie Truppenstärke, technologischer Fortschritt, Einwohnerzahl, Staatseinnahmen, Handelsvolumen, Agrarproduktion, usw.

Die meisten Historiker sind da etwas oberflächiger, sobald sie das stärkste Land gefunden haben, klatschen sie ihm das Schild „Hegemonie“ auf die Stirn. Schaut man differenzierter, so ändert sich dieses Bild, denn eigentlich meinen sie nur Vormacht. Eine schlichte Vormacht darf Schlachten und Kriege verlieren, auch sind große politische Koalitionen gegen diese durchaus üblich. Eine Gemeinschaft kann ohne weiteres ein Übergewicht gegen die Vormacht erreichen. Das alles kümmert eine Vormacht in ihrer bloßen Existenz wenig. Auch kann, logischer Weise, ein anderer Name dafür verwendet werden, wie „Führungsmacht“, „Führungsrolle“, „stärkstes Land“ oder „erste Macht“. Diese oberflächigen Verwechselbarkeiten mit der „Hegemonialmacht“ sind, zu Recht, die Bauchschmerzen vor dir, Andronikos. Weshalb es auch völlig legitim ist, eine andere Bezeichnung als „Vormacht“ zu verwenden, wie „stärkste Macht“ für Spanien oder Frankreich. Ist dann weniger unzweideutig.

Der Untergang beider Systemtypen ist unterschiedlich. Eine Hegemonie ist instabiler und neigt zu zentrifugalen Kräften. Sie ist auf ständige polit. Erfolge angewiesen, bleiben sie aus, zerfällt die Hegemonie langsam (siehe Rom oder Assyrien). Bei der Vormacht ist das völlig anders gelagert, da diese bei weitem nicht so totalitär ist. Diese muss polit. und militär. entscheidend geschlagen werden; so sehr geschwächt, dass sie ihren Status als „stärkste Macht“ endgültig verliert.

Daher ist es auch kein Problem Frankreich von 1648 bis 1813, oder Spanien in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhdt. als Vormacht zu bezeichnen, da es sich nur um die Feststellung von Stärke handelt, nicht aber von Hegemonie. Im ganzen 18. Jahrhundert gab es keinen Konflikt, der diese entscheidende Schwächung bewerkstelligt hätte. Erst die Napoleonischen Kriege erfüllen diesen Tatbestand geradezu hervorragend.

Wohl ist aber ein Ausgleich von Kräften bei einer „Vormacht“ möglich, wie es im 18. Jahrhundert stattfand. Ein Gleichgewicht der Großmächte bedingte dies aber keineswegs, dies zu behaupten ist höchst problematisch.

Erst mit dem „System der Pentarchie“ 1815 wird ein solches Gleichgewicht etabliert. Fünf gleichwertige Großmächte (Österreich, Frankreich, Preussen, England und Russland) befinden sich in Koexistenz und gleichen einander aus. Mit 1815 stirbt die Existenz der "Vormacht" in Europa aus, die Zeiten und Umstände ändern sich drastisch.

Die Vorverlegung der Pentarchie in das 18. Jahrhundert, ist nach meinem Wissen, aufgrund der mangelhaften Ebenbürtigkeit, abzulehnen. Schon weil die Großmächte selber ein solches Gleichgewicht nicht gesehen haben. Bestes Beispiel ist das politische Testament von Friedrich II., datiert 1752. Er beschreibt die Kräfteverhältnisse in Europa und sagt zweifelsfrei, dass Frankreich von allen Großmächten, stets der beste Allianzpartner wäre, aufgrund von dessen vorrangig, starker Position innerhalb Europas.

Frankreich war „stärkste Macht„ , aber sicherlich niemals eine „Hegemonie.“ :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Louis le Grand schrieb:
Der Untergang beider Systemtypen ist unterschiedlich. Eine Hegemonie ist instabiler und neigt zu zentrifugalen Kräften. Sie ist auf ständige polit. Erfolge angewiesen, bleiben sie aus, zerfällt die Hegemonie langsam (siehe Rom oder Assyrien). Bei der Vormacht ist das völlig anders gelagert, da diese bei weitem nicht so totalitär ist. Diese muss polit. und militär. entscheidend geschlagen werden; so sehr geschwächt, dass sie ihren Status als „stärkste Macht“ endgültig verliert.

Daher ist es auch kein Problem Frankreich von 1648 bis 1813, oder Spanien in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhdt. als Vormacht zu bezeichnen, da es sich nur um die Feststellung von Stärke handelt, nicht aber von Hegemonie.

Nun ja, die Beispiele können mich wenig überzeugen. Die römische Hegemonie dauerte ja gewiß länger als die französische und die spanische.
 
hyokkose schrieb:
Nun ja, die Beispiele können mich wenig überzeugen. Die römische Hegemonie dauerte ja gewiß länger als die französische und die spanische.
Du verwechselst was. Rom war eine Hegemonie. Spanien und Frankreich nur Vormächte. Wenn du es falsch verstehst, kann es dich ja auch nicht überzeugen. Außerdem kann man die Antike schlecht mit der frühen Neuzeit gleichsetzen. ;) :)
 
Da will ich noch was anmerken. *schüchtern guck* :rotwerd:

Beetlebum schrieb:
Im Spanischen Erbfolgekrieg etwa konnten die Engländer bzw. (seit 1707) Briten und ihre Verbündeten dank der überlegenen Flotte den Überseehandel Frankreichs unterbinden und das Land in den finanziellen Ruin treiben
Nun, von finanziellen Ruin durch Handelsblockade kann nicht die Rede sein. Den größten Schaden durch das gegenseitige Handelsembargo erleiden ziemlich deutlich England und Holland, da Frankreich einer ihrer Haupthandelspartner war. Für F. war aber Spanien wichtigste Handelsnation. England entgeht ein großer Teil seiner Profite durch den Krieg, was ein Hauptgrund für die Ablehnung dieses Krieges in England wird. Besonders die englisch-holländischen Handelsflotten erleiden massive Verluste. Die frz. Kriegsflotte bringt im Atlantik und im Mittelmeer insgesamt 4.545 von deren Handelsschiffen auf, in den Zeitraum von 1702 bis 1714. Die Alliierten können nicht mal Ansatzweise mithalten. Durch die Versteigerung der Prisen nimmt Frankreich insgesamt 149.000.000 Livres ein.

Siehe: John A. Lynn, S. 347 ff.

Beetlebum schrieb:
...1759 endgültig die Entscheidung zugunsten der Briten gefallen, die von da an die Meere beherrschten, den Krieg gewannen und Spanien als größte Kolonialmacht ablösten.
Zu diesem Zeitpunkt war das spanische Kolonialreich deutlich größer. Auch noch nach 1763. Erst mit dem Zerfall des span. Kolonialreichs im frühen 19. Jahrh. trifft das zu.

Beetlebum schrieb:
Frankreichs Handel dagegen war - wieder einmal - runiert
Der frz. Handel war im 18. Jahrhundert zu keinem Zeitpunkt „ruiniert“, im Gegenteil, denn im 18. Jahrhundert boomte die frz. Wirtschaft. Ein ruinierter frz. Handel hätte wohl durch die wirtschaftl. Verflechtungen enormen Schaden im damaligen Europa verursacht. ;)
 
Louis le Grand schrieb:
Du verwechselst was. Rom war eine Hegemonie. Spanien und Frankreich nur Vormächte.

Dann bring mich doch mal runter vom Schlauch: Hegemonien sind instabiler als Vormächte, daher halten sie länger?
 
Instabiler heißt, dass sie mehr auf Machtdemonstration und Erfolge angewiesen sind. Vormächte sind stabiler, da sie nicht ständig siegen müssen.

Auch musst du bedenken, das die Staaten der frühen Neuzeit viel komplexer in ihrem Aufbau und dynamischer in ihren Wechselbeziehungen zu anderen sind. Die Antike ist "starrer" und deswegen sind die Zeitperioden viel länger. Im Laufe der Entwicklung findet der Wandel immer schneller statt. Heute können sich sprunghafte Veränderungen binnen Monaten ereignen, in der Antike dauerte das manchmal Jahrhunderte. :)
 
Louis le Grand schrieb:
Instabiler heißt, dass sie mehr auf Machtdemonstration und Erfolge angewiesen sind. Vormächte sind stabiler, da sie nicht ständig siegen müssen.

Auch musst du bedenken, das die Staaten der frühen Neuzeit viel komplexer in ihrem Aufbau und dynamischer in ihren Wechselbeziehungen zu anderen sind. Die Antike ist "starrer" und deswegen sind die Zeitperioden viel länger. Im Laufe der Entwicklung findet der Wandel immer schneller statt. Heute können sich sprunghafte Veränderungen binnen Monaten ereignen, in der Antike dauerte das manchmal Jahrhunderte. :)

Dann wäre es doch sinnvoller, Hegemonien der frühen Neuzeit mit Vormächten der frühen Neuzeit oder Hegemonien des Altertums mit Vormächten des Altertums zu vergleichen, sonst vergleichen wir dauernd Äpfel mit Birnen. Oder sollte man Deiner Meinung nach in der Neuzeit gar nicht von Hegemonien sprechen? Das wäre dann wieder eine Definitionsfrage.
 
hyokkose schrieb:
Oder sollte man Deiner Meinung nach in der Neuzeit gar nicht von Hegemonien sprechen? Das wäre dann wieder eine Definitionsfrage.
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.

Es gab keine europäischen Hegemonien mehr. Wohl aber Hegemonialsysteme, sprich Kolonialmächte. Jede europ. Kolonialmacht war Hegemonie innerhalb ihrer Kolonien. Klassisches Bsp. England innerhalb des "British Empire", aber nie wieder gab es eine Hegemonie über Europa.
 
Meiner Meinung nach gibt es auch in der Neuzeit noch Hegemonien. Die USA sind seit dem 19. Jhd. Hegemon in Nord-und Südamerika, weltweit kann man sie dagegen nur als Vormacht bezeichnen. Die Sowjetunion war Hegemon in Osteuropa und Zentralasien.

Eventuell kann man auch Deutschland 1938-1942 als europäischen Hegemon bezeichnen, ebenso wie Frankreich 1800-1812. Wobei beide Male der Versuch einen Hegemonialstatus zu etablieren scheiterte.
 
@Andronikos
Da bist du auf ein politikwissenschaftliches Problem gestoßen. Nach 1815 wird das immer schwieriger zu fassen. Die USA sind auf den amerik. Kontinenten eher eine Vormacht, da die anderen schlichtweg nicht machen was die USA befiehlt.

Sie als globale Vormacht zu verstehen, ist schwierig. Während des Kalten Kriegs war sie es innerhalb der NATO, dies beruhte auf gegenseitigen Einverständis.

Man kann nur dazu raten, ab dem 20. Jahrh. auch den Begriff "Vormacht" sterben zu lassen. Da alles so sehr im fluß ist und so dynamisch, dass man sich immer mit seinen Argumenten in Teufels Küche bringt.
 
Louis le Grand schrieb:
@Andronikos
Da bist du auf ein politikwissenschaftliches Problem gestoßen. Nach 1815 wird das immer schwieriger zu fassen. Die USA sind auf den amerik. Kontinenten eher eine Vormacht, da die anderen schlichtweg nicht machen was die USA befiehlt.
Das Problem bei den USA ist aber, dass wenn die anderen nicht machen was die USA wollen, diese auch schnell mal einmarschieren oder die reguläre Regierung stürzen - und das bis in die jüngste Vergangenheit.
Dabei berufen sich die USA immer wieder auf die Monroe-Doktrin
http://www.lateinamerika-studien.at/content/geschichtepolitik/geschichte/geschichte-25.html

Der Fall der USA als Hegemon in Amerika ist sicherlich kompliziert, allerdings sehe ich durchaus den Willen und die Mittel der USA Hegemon in Amerika zu sein. Wobei es im Einzelfall sicherlich Probleme geben mag: Kuba, neuerdings auch Venezuela und Kanada ist auch wesentlich souveräner den USA gegenüber.

Aber das führt zu weit vom Thema weg. Damit will ichs auch belassen.
 
Ja das sprengt das Thema. Aber noch soviel.

Über solche Definitionen streiten verschiedene Denkschulen schon seit Jahrzehnten und sind nie auf einen grünen Zweig gekommen. Im 19. Jahr. beginnt es mit der "Pentarchie" und wird seither immer deutlicher, es macht nur noch Sinn von "Stärke" und "Einfluss" zu sprechen, alles andere führt in endlose und immer fruchtlose Dispute. Die Dynamik der heuten Welt ist so groß, dass sie völlig unberechenbar ist.
 
Louis le Grand schrieb:
Daher ist es auch kein Problem Frankreich von 1648 bis 1813, oder Spanien in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhdt. als Vormacht zu bezeichnen, da es sich nur um die Feststellung von Stärke handelt, nicht aber von Hegemonie.
Wenn du Frankreich 1648-1813 als Vormacht bezeichnest, dann müßte man aber auch so weit gehen, und Spanien von ca. 1500-1648 als Vormacht bezeichnen, oder? Spätestens ab 1519 war Spanien in Europa Vormacht (Karl I. von Spanien war ja - wie wir alle wissen - seit diesem Zeitpunkt auch Römischer Kaiser). Durch die Teilung des habsburgischen Besitzes 1556 verlor der spanische König zwar die Kaiserkrone, aber die damit verbundene poltische Macht war sowieso eher symbolisch. Spaniens Machthöhepunkt liegt meiner Meinung nach nicht unter Karl I./V. (1516-1556), sondern eindeutig unter Philipp II. (1556-1598).
Inwieweit würdest Du den Machtzuwachs Spaniens nach der Erlangung der portugiesischen Krone nebst Kolonien (1580/81) als bedeutend ansehen? So mancher Historiker sieht Spanien ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als einfache Vormacht, sondern als Hegemonialmacht an - der Meinung bin ich im übrigen auch. Folglich sind die Jahre 1580 bis 1588 als absoluter Machtzenit Spaniens zu bezeichnen. Frankreich war bis 1594 ja eigtl. wegen der Religionskriege ziemlich zweitrangig, hier sei nur auf die katastrophalen frz. Niederlage bei St. Quentin (1557) und Gravelingen (1558) verwiesen, als die span. Heere triumphierten - der damals bereits abgedankte Karl I./V. soll Philipp II. zu einem aggressiveren Vorgehen gegen den nun am Boden liegenden Erzfeind Frankreich aufgefordert haben, was dieser jedoch ablehnte.
 
Zu Lebzeiten von François I. und Karl V. ist die Vormachtfrage völlig unentschieden. Karls Problem war die mangelhafte Geschlossenheit der span. Besitzungen. Erst mit dem Frieden von Cateau-Cambrésis 1559 wird die span. Vormacht etabliert.

Auch ist es erst Philipp II. der die span. Umklammerung Frankreichs erzielt, indem er seine Länder straff ordnet. Unter Karls Regierung agierten die habsb. Länder fast autonom. Man bedenke nur wie selbstsicher Karls Schwester Maria als Statthalterin der Niederlande Außenpolitik betreibt und sogar offen Karls Politik behindert und eigene Vorstellungen durchsetzt.

Auch unter Philipp ist Spanien nur die Vormacht Europas, mit einem deutlichen Zentit von 1580 bis 1588. Frankreich hatte sich in dieser Zeit als aktive Großmacht aus Europa verabschiedet. Halbwegs freiwillig muss man aber sagen, da seine inneren Probleme wichtiger waren als aggressive Außenpolitik. Catherine de Medici suchte dann eine ausgleichende Außenpolitik und versuchte so Frankreichs Schwäche zu kaschieren.

Heute Abend läuft übrigends ein interessanter Film über Catherine de Medici auf arte . Kann ich jedem nur wärmsten empfehlen. Von Gérard Corbiau, inszenierte bereits erfolgreich die Historienfilme "Farinelli" (1994) und "Der König tanzt" (2000).
 
Genau, der Film soll super sein (er wird glaub ich übermorgen wiederholt). :hoch:

Gut, du hast recht, endgültig wurde der Kampf um die Vormacht erst mit dem Frieden von Cateau-Cambrésis beendet.
Wikipedia schreibt, Frankreich schied 40 Jahre als dominierende Großmacht aus (also bis 1598), wobei Frankreich erst im Krieg gegen Spanien von 1590 bis 1598 wieder als Großmacht zurückkehrte.
Wie steht es eigtl. um den (Gegen-)König Charles (X.), den Cardinal de Bourbon, der von den Katholiken 1589 als neuer König ausgerufen wurde? War sein Anspruch gerechtfertigt? War er ein pures Werkzeug Philipps II.?
Hatten die frz. Katholiken eigtl. von 1590 (Tod des Kardinal-Königs) bis 1593 (Übertritt Henris IV. zum Katholizismus) keinen (Gegen-)König? Sahen sie womöglich sogar Philipp II. als solchen an?
 
Cardinal de Bourbon war eine Marionette der Liga und seine Ansprüche wären OK gewesen, wenn Henri IV. Tod gewesen wäre.

Die Ligisten hatten Pläne überlegt Philipp zum Protektor des Königsreiches zu machen, Teile der Liga warfen den Urhebern aber Hochverrat angesichts dieser Vorhaben vor. Im Zuge der Kämpfe gegen Henri IV. versuchten die Guise als Führer der Liga den Thron usurpieren und sich durch eine Heirat mit der Tochter Philipps zu legitimieren, diese war ja eine halbe Valois-Prinzessin. Da dieses aber in völligem Gegensatz zu den sehr strengen Thronfolgegesetzen Frankreichs im Widerspruch stand, musste dies scheitern. Die königlichen Parlamente empfanden es als Zumutung das zu registrieren und schmettern es ab. Als Folge bestätigten sie Henri's Ansprüche auf die Krone. Die Liga verfiel daraufhin zusehends. :)
 
Kurzbiographie zu Charles (Karl) von Bourbon:

Karl (X.) von Bourbon, König von Frankreich 1589-1590
geb. 22.12.1523, gest. 9.5.1590 Fontenay

4. Sohn des Grafen Karl von Vendome und der Franziska von Alencon, Tochter von Herzog Renatus

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Charles (X.) (Cardinal de Bourbon)

Karl war wohl kirchlich gebildet, aber von geringen Geistesgaben und leicht lenkbar, zu Astrologie und Magie neigend, wurde sehr reich und lebte ganz weltlich-hedonistisch. Er bekam früh viele Pfründe, wurde 1540-1545 Bischof von Nevers, 1544-1550 Bischof von Saintes, 1548 Kardinal, 1550 Erzbischof von Rouen und Primas der Normandie, 1551 und 1557 Generel-Leutnant von Paris, Abt von Kortrijk, 1565 von St. Denis und päpstlicher Legat. Er setzte sich für die Ehe seines Neffen ein und erwirkte den Dispens für ihn. Er war 1569-1575 Bischof von Beauvais und Pair von Frankreich, auch Abt von Corbie, Jumieges und Ourcamp und 1578 Kommandeur des Heiligen-Geist-Ordens. Karl hielt sich nicht an das Gebot, die Bistümer selbst zu verwalten, um ganz in Saus und Braus zu leben. Er geriet ganz in den Sog des berühmt-berüchtigten Kardinals Karl von Lothringen und konnte zusammen mit seinem Bruder nicht den Aufstieg von dessen Familie verhindern, da er politisch und geistig viel zu unbedarft war. Er übernahm das Amt des Großinquisitors, hatte ab 1562 pro forma den Vorsitz im Staatsrat und wurde eine der erbärmlichsten Figuren im Dienste der Guisen gegen die Interessen seines Neffen. Er machte sich in seinen Bistümern unbeliebt, da er deren Einkünfte für den Krieg gegen die Hugenotten und für seine Feste verschleuderte. Er ließ sich durch Schmeicheleien dazu bewegen, 1584 Thronkandidat der Guisen zu werden und wurde von seinen Gegnern seitdem als "Roter Esel" verspottet. Obwohl er körperlich und geistig immer hinfälliger wurde, nahm er am 21.11.1589 den Königstitel an und plante eine Heirat mit Katharina von Guise. Er starb in der Haft seines Neffen Heinrich zu Fontenay bei Poitou.

(Quelle)
 
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