Währungsreform - Bedeutung für die soziale Marktwirtschaft?

dolorian

Neues Mitglied
Guten Tag,

ich schreibe am Freitag eine Klausur in wirtschaftsgeschichte und bin mir bei einem Thema ganz und gar nicht sicher.

1. Die Bedeutung der Währungsreform für die soziale Marktwirtschaft.
- Ich kenne mich mit der währungsreform, sowie der Marktwirtschaft relativ gut aus.... doch was bedeutet die Reform speziell für die sM ?
Ok, sie ist aufgrund der Inflation der Nazis, dem Preisstopp den sie betrieben haben (und der von den Besatzern übernommen wurde) schlicht das Grundfundament der BRD... aber mehr kann ich mir dazu einfach nicht vorstellen...

2. War die Währungsrefom nicht nur eine Währungsumstellung ? Stark verallgemeinert wurde ja vieles einfach durch 10 geteilt und dann in Form von DM rausgegeben. Oder übersehe ich hier etwas ?

im falle einer antwort bedanke ich mich schonmal im vornherein dafür :)
 
Hallo dolorian,
leider ist der Freitag ja nun schon vorbei. Trotzdem ein paar Bemerkungen zur Währungsreform 1948, die auf meine Lektüre des CEPR-Diskussionspapiers von Vincent Bignon: Edward A. Tenenbaum and the creation of the Deutsche Mark: who's the money doctor?" zurückgehen.

Mir war bisher geläufig, dass für die Entfaltung der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland die Freigabe eines Großteils der bis dato kontrollierten Preise unmittelbar nach der Währungsrefom entscheidend war, eine Entscheidung Ludwig Erhards, der damals Dirketor des Wirtschasftsrates der Bizone war. Das war mutig, aber technisch wohl nicht schwierig.

Beschäftigt man sich mit den Details der Währungsunion, bekommt man Respekt davor, wie die Währungsrefom selbst geplant und umgesetzt wurde. Da ging es ja nicht nur um die Ausgabe des neuen und die Beseitigung des alten Geldes, sondern auch um um das Zurechtstutzen des aufgeblähten Finanzsektors und den Umgang mit den riesigen Statsschulden (die einfach annuliert wurden). Herauskommen mussten Vermögensverhältnisse und Bilanzpositionen, welche den Firmen, Banken und Privatleuten ein weiteres Wirtschaften ermöglichten. Zudem musste die neue Währung (im Gegensatz zur alten) von den Menschen auch sofort als Zahlungsmittel akzeptiert werden.

Diese Aufgaben wurden sehr gut bewältigt, und zwar im Wesentlichen durch Angestellte der amerikanischen Militäradministration. Viele dieser Amerikaner waren jüdische Einwanderer aus Europa, deren Muttersprache Deutsch war oder die über gute Deutschkenntnisse verfügten. So beruhte die Währungsreform auf dem Plan von Colm, Dodge und Goldsmith, die Durchführung lag im Wesentlichen in den Händen von dem zum Zeitpunkt der Wähungsunion 26-jährigen Edward A. Tenenbaum. Gerhard Colm war Deutscher jüdischer Abstammung, der am Institut für Weltwirtschaft gearbeitet hatte und 1933 in die USA emigrierte. Raymond W. Goldsmith stammte auch aus einer jüdischen Familie, arbeitete einige Jahre am Statistische Reichsamt und wanderte zu Beginn der Nazi-Zeit von Deutschland in die USA aus. Tenenbaum wurde in New York geboren, seine Eltern waren aus Europa ausgewanderte Juden, sein Vater war im österreich-ungarischen Galizien geboren und hatte in Wien Medizin studiert.

Dierse Leute oder ihre Eltern mussten sich erst vor Deutschland retten, und dann verhalfen sie dem Land zu einem Neustart.
 
Für 100 Reichsmark gab es bescheidene 6,50 DM. Wie die deutsche Bevölkerung das fand, muss wohl nicht erläutert werden. Ein nicht unerheblicher Teil der Sparguthaben wurde ersatzlos gestrichen. Diese Maßnahmen hätte eine deutsche Regierung nie und nimmer durchsetzen können. Das hätte die Bevölkerung nicht mitgemacht.

Die karge Geldausstattung der Bürger begünstigte die Stabilität der Währung, ebenso wie die Streichung der großen Sparguthaben ein großes Inflationspotenzial beseitigte.
 
Für 100 Reichsmark gab es bescheidene 6,50 DM. Wie die deutsche Bevölkerung das fand, muss wohl nicht erläutert werden.
Vielleicht doch.
Da sich mit den 100 Reichsmark als Nominalwert ja nicht unbedingt viel anfangen ließ. Diverse Güter waren durch Kontingentierung und Kriegswirtschaft bereits während des Krieges nicht mehr verfügbar und in den ersten Nachkriegsjahren sah es mit vielem ja durchaus auch mau aus.

Da facto hatte es ja in der NS-Zeit durchaus ein erhebliches Maß an Inflation dadurch gegeben, dass die freie martgebundene Distribution von Zivilgütern in diversen Bereichen gestört war.
Was hatte man also von 100 Reichsmark, wenn dahinter im Bezug auf diverse Sektoren de facto keine Kaufraft stand, weil das Güterangebot fehlte?
 
Mit der Währungsreform wurde der Geldüberhang, die Ersparnisse der Bevölkerung, beseitigt. Das war in gewissem Maße schon fast eine Enteignung. Die Geldstabilisierung war die grundlegende Voraussetzung um die Wirtschaft zu sanieren.

Mir ist durchaus bekannt, das es Nahrungsmittel und andere Güter entweder nur gegen Lebensmittelmarken und Bezugsscheine gegeben hatte. Die Waren wurden aber zum guten Teil mit Absicht zurückgehalten, da das Gerücht der Reform der Währung schon länger kursierte.

Warenangebot und Kaufkraft mussten aufeinander abgestimmt werden.

Und du meinst, diese Zusammenhänge haben die Betroffenen tatsächlich realisiert? Das ihre Enteignung eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit war? Diejenigen, die es tatsächlich verstanden hatte, die haben ihre Sparguthaben durch Investitionen in Sicherheit gebracht; zumindest zum Teil.
 
Mit der Währungsreform wurde der Geldüberhang, die Ersparnisse der Bevölkerung, beseitigt. Das war in gewissem Maße schon fast eine Enteignung. Die Geldstabilisierung war die grundlegende Voraussetzung um die Wirtschaft zu sanieren.
Die Realität ist doch viel mehr die, dass die Reichsmark als Währung de facto längst außer Kurs gesetzt war.

De facto wurden doch in den ersten Jahren nach dem Krieg allerorten Lebensmittelbezugsscheine, Tabak/Zigaretten, Spirituosen, Schokolade, Brennstoffe etc. als Ersatzwährung eingesetzt und einn Gutteil der Transaktionen mit denen irgendwelche Güter erworben wurden auf dem Schwazmarkt ohne das offizielle Zahlungsmittel abgewickelt, einfach weil das Vertrauen in die Stabilität und Kaufkraft der Reichsmark nicht mehr vorhanden war.

Wenn in den Ballungsräumen die Städter zum Hamstern auf's Land hinaus fuhren, um zusätzliche Lebensmittel oder ähnliches zu erstehen, wurden dafür Schmuckstücke, Kleidung, irgendwelche Industriewaren oder sonst etwas, was sich irgendwie transportieren ließ als Zahlungsmittel eingesetzt, aber doch keine Reichsmark-Banknoten oder Sparbücher mit irgendwelchen Reichsmark-Nominalbeträgen.
Die wären schlicht nichts akzeptiert worden.

Mit einer Enteignung hatte das herzlich wenig zu tun.
Die Währung hatte ja ihren Wert bereits in dem Moment verloren, in dem sie als Zahlungsmittel nicht mehr akzeptiert wurde. Und warum hätte man sie noch akzeptieren sollen? In irgendeiner Form durch Edelmetalle oder feste Wechselkurse gegenüber stabileren Währungen war die Reichsmark zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gedeckt und ein staatliche Garantie gab es auch nicht mehr.
Die Reichsmark war gesetzliches Zahlungsmittel eine Staates der zusammen mit seinen Institutionen de facto aufgehört hatte zu existieren, oder der und dessen Institutionen zumindest nicht mehr handlungsfähig und damit nicht in der Lage waren, die Stabilität der Währung und ihre Anwendung als gesetzlichs Zahlungsmittel auch durchzusetzen.

Eine Währung, hinter der aber de facto nicht mal mehr eine wirsame staatliche Garantie stand, die würdest du, wenn du gescheit bist auch nicht als Zahlungsmittel akzeptiert haben, im Besonderen wenn der gleichzeitig der Gütermarkt weitgehend zusammengebrochen war und es ohnehin ein Überangebot an nominaler Währung gegenüber Waren gab, die erstanden hätten werden können.

Und das Gleiche natürlich auch im Hinblick auf Spareinlagen etc.
Was nutzte denn ein Sparbuch bei irgendeiner Bank, die überhaupt nicht mehr liquide war, unter interalliierter Zwangsverwaltung stand oder die schlicht aufgehört hatte zu existieren?
Oder Staatsanleihen des Nazi-Reiches dessen Institutionen aufgehört hatten zu existieren und die dafür nicht mehr in die Verantwortung genommen werden konnnten (Die Bundesrepublik, deren Institutionen das zufallen konnte, war ja noch nicht gegründet) etc. etc. ?

Die Waren wurden aber zum guten Teil mit Absicht zurückgehalten, da das Gerücht der Reform der Währung schon länger kursierte.
Das ist zwar richtig, legt aber doch das Problem offen.

Es war offensichtlich wegen mangelndem Vertrauen nicht mehr möglich die Reichsmark als Zahlungsmittel durchzupeitschen und den Produzenten von Gütern aufzuzwingen, diese freizugeben und Reichsmark dafür in Zahlung zu nehmen.

Damit war die Reichsmark als Währung verbrannt und es musste eine neue Währung her um das Vertrauen wieder herzustellen und den Schwarzmarkt einzudämmen.

Hinzu kommt natürlich die Problematik dass die alte Reichsmark in allem Besatzungssektoren das bisherige Zahlungsmittel darstellte und wenn man dabei hätte bleiben wollen, hätte man währungspolitisch immer mit den Sowjets über Gesamtdeutschland verhandeln müssen, was aber angesichts der völlig unterschiedlichen Wirtschaftssysteme problematisch geworden wäre.


Der nominale Wechselkurs der Währungsumstellung widerrum hatte aber natürlich mit der faktischen Kaufkraft nichts zu tun. Das wusste die Bevölkerung oder mindestens die mittleren und älteren Semester (und die jungen Leute hatten ohnehin keine großen Sparvermögen, woher hätten die kommen sollen) auch, denn die hatten ja schließlich die große Inflation in den 1920er Jahrenschon mitgemacht und dabei in 1923 auf diese Weise gelernt, dass ein milliardenschwerer Nominalbetrag, in einer inflationsgeschüttelten Währung, in die die Bevölkerung kein Vertrauen mehr hat, nicht unbedingt wertvoller sein muss, als ein ein oder zweistelliger nominaler Betrag in einer funktionierenden Währung, die von Bevölkerung und Markt akzeptiert wird.
 
Ich will die Richtigkeit deiner Ausführung gar nicht in Frage stellen, aber ich bezweifele einfach, das die Währungsreform, so nötig wie sie war, tatsächlich von der Masse der Bevölkerung, auf Grund der damit verbundenen Folgen, eben den Verlust der Ersparnisse, die sie vielleicht mal eben so durch den Krieg gerettet hatten, vorher verloren die Menschen, ebenfalls durch eine Währungsreform ihre Ersparnisse, einfach so sachlich und rational von der Bundesregierung akzeptiert hätten. Das stelle ich sehr in Frage.
 
Ich will die Richtigkeit deiner Ausführung gar nicht in Frage stellen, aber ich bezweifele einfach, das die Währungsreform, so nötig wie sie war, tatsächlich von der Masse der Bevölkerung, auf Grund der damit verbundenen Folgen, eben den Verlust der Ersparnisse, die sie vielleicht mal eben so durch den Krieg gerettet hatten, vorher verloren die Menschen, ebenfalls durch eine Währungsreform ihre Ersparnisse, einfach so sachlich und rational von der Bundesregierung akzeptiert hätten. Das stelle ich sehr in Frage.
Man darf vermuten, dass ein Großteil der Leute, deren nominelle Verteilungsposition sich durch die Währungsreform verschlechterte, diese bekämpft hätten, wenn sie dadurch Chancen auf eine Besserstellung gesehen hätten. Soweit ich weiß (auch aus dem Mund von Zeitzeugen) wurde die Währungsreform aber von Anfang an mehrheitlich als ein großer Erfolg wahrgenommen.
 
Für 100 Reichsmark gab es bescheidene 6,50 DM. Wie die deutsche Bevölkerung das fand, muss wohl nicht erläutert werden. Ein nicht unerheblicher Teil der Sparguthaben wurde ersatzlos gestrichen. Diese Maßnahmen hätte eine deutsche Regierung nie und nimmer durchsetzen können. Das hätte die Bevölkerung nicht mitgemacht.

Die karge Geldausstattung der Bürger begünstigte die Stabilität der Währung, ebenso wie die Streichung der großen Sparguthaben ein großes Inflationspotenzial beseitigte.
In "Die kürzeste Geschichte Deutschlands" steht auf Seite 278, Geschäftsvermögen sollten 1:1 umgetauscht werden.
Seite 279 : Die kleinen Sparer verlieren fast alles, Aktien und Sachwertbesitzer fast nichts.
Seite 281 : Auslandsverschuldung 465 Milliarden wurde erlassen. Die Währungsreform löschte auch Staatsschulden in Höhe von 379 Milliarden.
 
Ich will die Richtigkeit deiner Ausführung gar nicht in Frage stellen, aber ich bezweifele einfach, das die Währungsreform, so nötig wie sie war, tatsächlich von der Masse der Bevölkerung, auf Grund der damit verbundenen Folgen, eben den Verlust der Ersparnisse, die sie vielleicht mal eben so durch den Krieg gerettet hatten, vorher verloren die Menschen, ebenfalls durch eine Währungsreform ihre Ersparnisse, einfach so sachlich und rational von der Bundesregierung akzeptiert hätten. Das stelle ich sehr in Frage.

Der Bevölkerung musste doch aber bereits mit Kriegsende klar sein, dass ihre Ersparnisse weg waren.

Schon deswegen, weil der Wideraufbau und die Versorgung der Kriegsgeschädigten finanziert werden mussten und weil man nach den Erfahrungen des 1. Weltkriegs und der Zeit danach zunächt ja auch davon ausgehen durfte, dass jede kommende deutsche Regierung, wie immer die aussehen würde zu enormen Reparationsleistungen veerdonnert würde. (das es dann etwas anders kam, war 1945-1948 nicht unbedingt abzusehen).

Das ging ohnehin nicht ohne in erheblichem Maße Vermögenswerte einzuziehen und umzuverteilen, sei es über die Einführung einer neuen Währung zu eine ungünstigen Wechselkurs, sei es durch exzessive Besteuerung, oder direkte Enteignung.

Ich denke angesichts des Chaos wird sich auch lange vor der Währungsreform keiner Illusionen dahingehend gmacht haben, von den Ersparnissen aus der Weimerar- und der NS-Zeit nochmal was wider zu sehen ohne es direkt wieder abdrücken zu müssen.


Und was die Höhe des Wechselkurses zwischen RM und DM angeht.
Die spielte ja für die Kaufkraft auf dem deutschen Binnenmarkt keine herausgehobene Rolle. Bei gleichbleibendem Warenangebot hätte eine größere Geldmenge ja lediglich das proportionale Anwachsen der Preise nach sich gezogen.

Interessant war die Geldmenge in Deutschland ja allenfalls für die Festlegung von Wechselkursen mit dem Ausland und den Außenhandel, aber nicht im Hinblick auf Sparvermögen und die Binnenwirtschaft.
 
In "Die kürzeste Geschichte Deutschlands" steht auf Seite 278, Geschäftsvermögen sollten 1:1 umgetauscht werden.
Seite 279 : Die kleinen Sparer verlieren fast alles, Aktien und Sachwertbesitzer fast nichts.

Der Unterschied ist, dass die Wirschaft, im Gegensatz zum Durschnittsdeutschen häufig auf internationalen Warenmärkten operieren musste. Das benötigte Devisenreserven, insofern war es in diseser Situation schon durchaus sinnvoll Geschäftsvermögen aufzuwerten.

So lange das alles unter der Regie der Zwangsbewirtschaftung (die ging einigen Bereichen weit über den Krieg hinaus weiter) lief und Distribution von Gütern auch abseits der normalen marktmechanismen lief, war das relativ egal.
In dem Moment in dem marktwirtschaftliche Mechanismen aber wieder griffen, mussten Kapital und Devisen vorhanden sein um den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Es darf dabei auch nicht übersehen werden, dass in den ersten Jahren von Seiten der Siegermächte ja durchaus Industrieanlagen als Reparationsleistungen aus Deutschland herausgeholt wurden.
Das musste, wenn es nicht zu Massenarbeitslosigkeit kommen sollte ersetzt werden, außerdem brauchten die Unternehmen Kapital um die Kriegsschäden an ihren Anlagen zu beseitigen.



Sonstige Sachwertbesitzer wurden zum Teil später im Zuge der Gesetzgebung über den Lastenausgleich zur Kasse gebeten.

Seite 281 : Auslandsverschuldung 465 Milliarden wurde erlassen. Die Währungsreform löschte auch Staatsschulden in Höhe von 379 Milliarden.
Allerdings war damit die Frage der Kriegsreparationen nicht vom Tisch, es war also in diesem Zusammenhang durchaus denkbar, dass der deutsche Staat einen ähnlich hohen oder höheren Schuldenberg wieder aufgbürdet bekommen würde.

Mal davon abgesehen, dass Staatschulden de facto Schulden und Belastungen des einzelnen Bürgers sind, insofern dem Staat zur Begleichung ja keine anderen Mittel zu Gebote stehen, als durch Enteignung, Besteuerung oder Erhebung von Abgaben, die Mittel zur Tilgung bei der eigenen Bevölkerung einzufordern, oder aber die entsprechenden Mittel durch Kredite aufzunehmen und die Zinslast auf die Bevölkerung abzuwelzen.

Eine Streichung der Staatsschulden stellte von dem her selbstredend eine Entalstung des einzelnen Bürgers dar, weil künftige Regierungen erstmal auf zusätzliche Besteuerung oder Erhebung sonstiger Zwangsabgaben zwecks Tilgung verzichten konnten.
 
Für 100 Reichsmark gab es bescheidene 6,50 DM. Wie die deutsche Bevölkerung das fand, muss wohl nicht erläutert werden. Ein nicht unerheblicher Teil der Sparguthaben wurde ersatzlos gestrichen. Diese Maßnahmen hätte eine deutsche Regierung nie und nimmer durchsetzen können. Das hätte die Bevölkerung nicht mitgemacht.

1923 hatte eine deutsche Regierung durchgesetzt, dass es für 1.000.000.000.000 Papiermark gerade mal 1 Rentenmark gab.
 
Soweit ich weiß (auch aus dem Mund von Zeitzeugen) wurde die Währungsreform aber von Anfang an mehrheitlich als ein großer Erfolg wahrgenommen.
Ich denke, man muss hier zwischen der Zerrüttung der alten Währung und der Währungsreform selbst und dem Erfolg der neuen Währung unterscheiden. Die DM war natürlich von Anfang an ein voller Erfolg. Das bedeutet aber nicht, dass die Leute über den weitgehenden Verlust ihrer Ersparnisse erfreut waren.

Die Rentenmark war bei ihrer Einführung Ende 1923 ja auch ein Erfolg, man sprach sogar vom "Wunder der Rentenmark". Dennoch waren viele Deutsche verbittert über den Verlust ihrer Ersparnisse und das war für die Weimarer Republik eine schwere Hypothek, da viele die Republik dafür verantwortlich gemacht haben, obwohl die eigentlich Ursache ja wie bei der Währungsreform 1948 der verlorene Krieg war. Insofern war es schon ganz gut, dass die Währungsreform nach dem Zweiten Weltkrieg noch vor Gründung der Bundesrepublik durchgeführt wurde. Dadurch war klar, dass die Reform und der Verlust der Ersparnisse eine Folge des Krieges und damit die Schuld der Nazis war. Wer wollte, konnte vielleicht noch die Besatzungsmächte dafür verantwortlich machen, aber auf jeden Fall nicht die Bundesrepublik, denn die gab es ja damals noch gar nicht.


Der Bevölkerung musste doch aber bereits mit Kriegsende klar sein, dass ihre Ersparnisse weg waren.
Das hätte der Bevölkerung am Ende des Ersten Weltkriegs eigentlich auch klar sein müssen, dennoch machten viele eben die Weimarer Republik dafür verantwortlich.

1923 hatte eine deutsche Regierung durchgesetzt, dass es für 1.000.000.000.000 Papiermark gerade mal 1 Rentenmark gab.
Es gab da allerdings noch den Unterschied, dass das bei der Reform 1948 laufende Zahlungen wie Gehälter und Mieten im Verhältnis 1:1 umgestellt wurden. Wenn man also z. B. 10 Mark im Monat Miete zahlen musste und 1000 Mark an Ersparnissen auf dem Konto hatte, dann musste man nach der Reform immer noch 10 Mark Miete zahlen, hatte aber nur noch 65 Mark auf dem Konto, d. h. falls man zur Begleichung der Miete auf das Konto zurückgreifen musste, konnte man dann nur noch etwa ein halbes Jahr die Miete zahlen, anstatt vor etwas über acht Jahre lang. Die Reform griff also durchaus erheblich in die Vermögensverhältnisse ein und produzierte Gewinner und Verlierer.

Ich habe auf die Schnelle nicht herausgefunden, wie laufende Zahlungen bei der Reform 1923 umgestellt wurden, aber ja mit Sicherheit nicht wie 1948 im Verhältnis 1:1.

 
Das hätte der Bevölkerung am Ende des Ersten Weltkriegs eigentlich auch klar sein müssen, dennoch machten viele eben die Weimarer Republik dafür verantwortlich.
Naja, da gibt es schon noch ein paar Unterschiede:

- Im Gegensatz zu 1918, war 1945 kein Deutscher Staat mehr übrig, der eine Garantie für das vorhandene Zahlungsmittel stellen konnte, nachdem es keine andere Deckung mehr dafür gab, wie eben die Edelmetallbindung vor dem 1. Weltkrieg.

- Die Weimarer Regierungen ließen die Inflation zum Teil ja durchaus bewusst treiben, sei es zwecks Eindämmung der Inlandsverschuldung durch die Kriegsanleihen, sei es zur Finanzierung der Streikts und des passiven Widerstands im Zuge der Ruhrbesetzung, so das mindestens ein Teil der galoppierenden Inflation in der Weimarer Zeit durchaus auf Entscheidungen der Politik zurückging.

- Im Gegensatz zu 1918, war den Deutschen 1945 anschaulich klar, welches Ausmaß die Zerstörungen eines modernen Krieges hatte. Das hatte im 1. Weltkrieg, was Deutschland betrifft ja nur ein Teil der Bevölkerung von Elsass-Lothringen und von Ostpreußen erlebt und diese Gebiete schieden nach dem Krieg ganz (Elsass-Lothringen) oder teilweise (Memelgebiet) aus dem Deutschen Reich aus, so dass der Zivilbevölkerung, die die Zerstörungen vor allem in Nordfrankreich und Belgien nie zu Gesicht bekam, wahrscheinlich in großen Teilen das Ausmaß der Verwerfungen nicht klar war. Das war aber 1945, nachdem dieses mal halb Deutschland ein Trümmerfeld geworden war, nicht mehr zu übersehen.

- Wer mit einigermaßen wachen Augen durch's Leben ging konnte durchaus feststellen, dass es mit der Inflation, was das NS-Regime betrifft bereits vor dem Weltkrig angefangen hatte, nachdem zwecks Aufrüstung ab 1935 Schlüsselrohstoffe der Rüstungsindustrie zugeleitet und dem zivilen Markt entzogen wurden. Hinzu kamen die Auswirkungen der Autarkiepolitik.
Güter, wie etwa Stahl (Bauindustrie) und Lebensmittelimporte ("Eiweiß- und Fettlücke"), verknappten ja bereits in den 1930er Jahren. Das wirkte sich natürlich massiv auf Preise und auf Konsumöglichkeiten aus.
Im Hinblick auf Teile der Bevölkerung hatte das NS-Regime selbst ja auch mehr oder weniger eine offene Enteignungspolitik (Arisierungen) gefahren.
Vor diesem Hintergrund konnte man sich im Gegensatz zum Kaiserreich kaum einreden, dass das Verhältnis des NS-Regimes zum Privateigentum jemals dergestalt gewesen wäre, dass der Staat das Vermögen der Bevölkerung oder von Teilen davon als unantastbar betrachtet hätte.

- Im Gegensatz zur Weimarer Zeit gab es nach 1945 auch keine nationalistisch-revanchistische Presse und politische Infrastruktur in Deutschland mehr, die der Bevölkerung einreden konnte, dass die Republik sie verraten hätte, weil die Siegermächte den Pressemarkt weitgehend kontrollierten und die Wiederaufnahme des politischen Betriebes ebenfalls an der Zustimmund der Alliierten hing.
Nachdem im Zuge des 2. Weltkrieges Deutschland vollkommen zerschossen und besetzt war, konnten im Gegensatz zum 1. Weltkrieg dieses mal auch keine Dolchstoßlegenden mehr anklang finden, nach denen die demokratischen Parteien einem siegreichen Heer in den Rücken gefallen seien und das Land und seinen Wohlstannd in Formm von Reparationen etc. der Willkühr der Siegermächte ausgeliefert hätte.
Das konnte in der Konstellation nach dem 2. Weltkrieg so nicht mehr greifen.


Ich denke unter diesen Umständen nicht, dass die Gefahr bestanden hätte, dass man dieses Mal die Schuld bei der Demokratie oder beim republikanischen System gesucht hätte, was den Vermögensverlust angeht, wenn die Gründung der Bundesrepublik der Währungsreform vorausgegangen wäre.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gab da allerdings noch den Unterschied, dass das bei der Reform 1948 laufende Zahlungen wie Gehälter und Mieten im Verhältnis 1:1 umgestellt wurden. Wenn man also z. B. 10 Mark im Monat Miete zahlen musste und 1000 Mark an Ersparnissen auf dem Konto hatte, dann musste man nach der Reform immer noch 10 Mark Miete zahlen, hatte aber nur noch 65 Mark auf dem Konto, d. h. falls man zur Begleichung der Miete auf das Konto zurückgreifen musste, konnte man dann nur noch etwa ein halbes Jahr die Miete zahlen, anstatt vor etwas über acht Jahre lang. Die Reform griff also durchaus erheblich in die Vermögensverhältnisse ein und produzierte Gewinner und Verlierer.

Ich habe auf die Schnelle nicht herausgefunden, wie laufende Zahlungen bei der Reform 1923 umgestellt wurden, aber ja mit Sicherheit nicht wie 1948 im Verhältnis 1:1.
Ein erhblicher Unterschied hier, gerade im Bezug auf Mieten leigt darin, dass angesichts des Wohnungsmangels nach dem 2. Weltkrieg es ohnehin zunächst zu einer Explosion der Preise für Wohnraum kommen musste.

1918 war der Großteil Deutschland ohne große Zerstörungen davongekommen, so dass es en gros kein Problem mit dem Wohnraum gab, wenn man von Themen wie Modernisierungsstau und den Verwerfungen der Binnenmigration einmal absieht, aber das hielt sich in Grenzen und war außerhalb der Ballungsräume sowiso nicht spührbar.

Am Ende des 2. Weltkriegs hatte man in den Westsektoren in den Ballungsgebieten und anderen regionen, die von schweren Kämpfen betroffen ware teilweise zu 60, 70 oder 80% zerstörte Städte.
Und gleichzeitig hatte man es wegen Flucht und Vertreibung aus den alten preußischen Ostgebieten, aus den Sudetengebieten und Abwanderung aus der sowjetischen Zone mit Bevölkerungsbewegungen zu tun, die in relativ kurzer Zeit ziemlich extrem auf den ohnehin mehr oder minder kollabierten Wohnungssmarkt drücken mussten.

Die Vorstellung, mit Sparvermögen, von dem man vor Kriegsende theoretisch mehrere Jahre die Mieten hätte bezahlen können, wäre das ohne die Währungsreform auch weiterhin möglich gewesen, mag vielleicht in ländlichen Regionen, die nicht in diesem Maße von Kriegsschäden betroffen waren, einigermaßen aufgehen.

Aber in den Großstädten, in denen 50, 60 oder mehr Prozent des Wohnraums zerstört oder stark beschädigt waren und in die gleichzeitig die Flüchtlinge aus dem Ostenn auf der Suche nach einer neuen Existenz und Arbeit stöhmten, wäre daran nicht zu denken gewesen.
Wäre hier ohne Einquartierungen und angeordnete zeitweilige Neuaufteilungen des Wohnraums und Kontrolle der Preise die Tehmatik Wohnraum dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen geblieben, wäre das Resultat daraus ohne Zweifel die Steigerung der Mietpreise um X00% im Vergleich zum Vorkriegsstand gewesen.

Und ohne gleichhzeitige Umstellung der laufenden Löhne 1:1 auf Kosten der zu niedrigeren Konditionen umgestellten Sparvermögen, wären damit die Lebenserhaltungskosten in den Städten, im Besonderen für die Arbeiterschichten, die ohnehin kaum Sparvermögen hatten und für die Flüchtlinge, die nicht selten alles verloren hatten, schlicht nicht bezahlbar gewesen.

Man musste aber ein Interesse daran haben, diesen Leuten ein Leben in den Ballungsräumen weiterhin zu ermöglichen, weil man ihre Arbeitskraft in absehbarer Zeit in der Industrie brauchte um den Wideraufbau des Landes ins Werk zu setzen.
 
Zur Währungsreform:

"[...] In dieser Situation, als sich der Himmel, drei Jahre nach dem Krieg, endlich wieder aufhellte, löste - nach 250 vergeblich konzipierten Plänen - der kühne Griff der von dem jungen amerikanischen Finanzexperten Edward Tenenbaum vorbereiteten, aber vom Direktor der westzonalen Wirtschaftsverwaltung, Ludwig Erhard, beherzt ausgeführten Währungsreform eine Initialzündung mit verblüffend schnell belebenden Auswirkungen aus.
Intern war die Währungsreform vom 20. Juni 1948 ein "Akt der Liquidierung der finanziellen Kriegsfolgen durch eine massenhafte Enteignung."
[Wie Turgot bereits schrieb].
Insofern verkörperte sie einen von oben angeordneten "quasirevolutionären Gründungsakt" für den entstehenden westdeutschen Neustaat. Indem sie in einer pseudoegalitären Form alle Lohn- und Gehaltsempfänger mit derselben geringen 50-DM-Austattung gleichstellte, alle Sparguthaben 10:1 abwertete, die Unternehmen und Sachwertbesitzer aber begüngstigte, gewann sie den Glorienschein eines imponierenden Neuanfangs, der das Tor zur konjunkturellen Belebung aufstieß. Bereits am nächsten Tag füllten sich die Schaufenster mit einer Vielzahl begehrter, lang vermisster Waren. Ganz offensichtlich setzte die Währungsreform den Erfolgssockel und die Güterproduktion des Vorjahres voraus.
Geschickt wurde die Einführung der neuen Währung (die Sowjets reagierten mit einer ostzonalen Mark) verknüpft mit einer Serie von Wirtschaftsreformen, die Erhards Handschrift aufwiesen und gegen amerikanische Bedenken ausgeführt wurden. Erhard riskiert es, 90 Prozent aller sakrosanten Preiskontrollen und Bewirtschaftsvorschriften schlagartug aufzuheben; auch der Lohnstopp fiel Anfang November. Aus Gründen der politischen Vorsicht wurde freilich die massenpsychisch sensible Preisbindung in einigen Bereichen vorerst beibehalten: Die Preise für die Grundnahrungsmittel, Mieten, Gas- und Elektrizitätskosten blieben noch eine Zeitlang eingefroren.
Mit einem dramatischen Wirbel veränderten sich daraufhin die sozialökonomischen Bedingungen. Ende 1948 erreichte die Industrieproduktion in Westdeutschland schon wieder vier Fünftel des Standes von 1936.
(Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte - Vierter Band: Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914 - 1949, München 2003, S. 971)

Interessant ist an dieser Stelle vielleicht auch, wie Ludwig Erhard zum Direktor der westzonalen Wirtschaftsverwaltung wurde. Sein Vorgänger Johannes Semler (der auch Privateigentum und Markwirtschaft befürwortete, aber kein so glühender Verfechter eines freien Preismechanismus und Wettbewerbs wie Erhard war) hatte sich bei einer Sitzung des CSU-Landesausschusses Luft über die amerikanischen Lebensmittellieferungen, die er als "Hühnerfutter" bezeichnete und über die Umgestaltungspläne der deutschen Wirtschaft durch die Alliierten gemacht. Nachdem diese Äußerungen General Lucius D. Clay (Militärgouverneur der amerikanischen Besatzungszone) erreichten, wurde Semler entlassen.
Erhard bewarb sich tatkräftig für Semlers Posten, Adenauer unterstützte jedoch Hans-Christoph Seebohm. Da Adenauer jedoch bei seiner todkranken Frau weilte, konnte er nicht in diese richtungsweise Entscheidung eingreifen. Letztlich stimmte die gesamte CDU-Delegation im Wirtschaftsrat Erhards Nominierung zu.
Erhard legte gegenüber den Alliierten dar, dass die Mashall-Hilfe mit der Währungsreform verknüpft und so schnell wie möglich durchgeführt werden sollte. Er fürchtete darüber hinaus, dass die Bemühungen der Alliierten, die Kooperation der Sowjets zu erlangen, die Angelegenheit verzögern könnte.
Erhard drängte die Alliierten immer wieder, die Wirtschaft zu befreien und die Währungsreform voranzutreiben. Immer wiederholte auch mehrmals seine Befürchtungen in Bezug auf die Kooperation mit den Sowjets. Er deutete zwar an, dass eine Währungsreform tatsächlich in allen vier Zonen durchgeführt werden könne. Doch eine Reform der Wirtschaftsordnung sei wegen der sowjetischen Ideologie ausgeschlossen. Die Kollektivwirtschaft der östlichen Zone würde die Marktwirtschaft des Westens besiegen, weil sie die Menschen, die ohnehin bereits für die Botschaft empfänglich seien, zu dem Glauben verleiten würde, ihr Heil liege in der passiven Hinnahme eines Plans von oben.
(Mierzejeweski, Alfred: Ludwig Erhard - Der Wegbereiter der Sozialen Marktwirtschaft, München 2006, S. 100 - 110)

Ludwig Erhard schreibt selbst:
"Mitte 1948 winkte dann die große deutsche Chance: Sie lag darin begründet, die Währungsreform mit einer ebenso entschiedenen Wirtschaftsreform zu verkoppeln, um der durch das unsinnige Überfordern der Menschen völlig wirklichkeitsfremden administrativen Wirtschaftslenkung - von der Produktion bis hin zum letzten Verbraucher - das verdiente unrühmliche Ende zu bereiten. Heute ist es nur noch wenigen bewusst, welches Maß an Mut und Verantwortungsfreudigkeit dazu gehörte, diesen Schritt zu vollziehen. Die Franzosen Jacques Rueff und André Piettre haben einige Zeit später über diese Einheit von Wirtschafts- und Währungsreform geurteilt:
"Der Schwarze Markt verschwand urplötzlich. Die Auslagen waren zum Bersten voll von Waren, die Fabrikschornsteine rauchten, und auf den Straßen wimmelte es von Lastkraftwagen. Wo es auch sei, überall statt der Totenstille der Ruinen das Gerassel der Baustellen. Aber war schon der Umfang dieses Wiederaufstiegs erstaunlich, so noch mehr seine Plötzlichkeit.
Er setzte auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens auf den Glockenschlag mit dem Tage der Währungsreform ein. Nur Augenzeugen können einen Begriff von der buchstäblich augenblicklichen Wirkung geben, die die Währungsreform auf die Wiederauffüllung der Läger und die Reichhaltigkeit der Auslagen gehabt hat. Von einem Tag auf den anderen füllten sich die Läden mit Waren, fingen die Fabriken wieder an zu arbeiten.
Noch am Abend vorher liefen die Deutschen ziellos in den Städten umher, um kärgliche Nahrungsmittel aufzutreiben. Am Tage darauf dachten sie nur noch daran, sie zu produzieren. Am Vorabend malte sich die Hoffnungslosigkeit auf ihren Gesichtern, am Tage darauf blickte eine ganze Nation hoffnungsfreudig in die Zukunft."
(Erhard, Ludwig: Wohlstand für alle, Berlin 2021, S. 21 f.)
 
Zu Semmlers Entlassung:

Das hatte auch mit Demontage zu tun. Die offizielle Reaktion der Deutschen auf die Demontageliste war, wie die Ministerpräsidentenkonferenz in Wiesbaden zeigte, von Konfusion und verhaltener Wut geprägt. Der Direktor des Bizonenamtes, eben Semmler, und der hambuerg Bürgermeister Brauer warnten vor Protestaktionen, er plädierte stattdessen für "eine ernste Mahnung" der Deutschen an die Alliierten das Leben in Deutschland nicht unerträglicher und nicht schwerer zu machen, sondern den deutschen Volk den Weg ins Freie zu öffnen.

Die Entschließung, die nach langer Beratung zustande kam, enthielt in sechs Punkten die Quintessenz deutscher Ratlosigkeit.
Zuerst wurde die ausschließlich Verantwortlichkeit der Besatzungsmächte für die befohlenen Demontagen festgestellt; keine deutsche Stelle habe an den Anordnungen mitgewirkt.
Die Anerkennung zur Wiedergutmachung wurde grundsätzlich anerkannt, aber das Leben des Volkes und die Wiedereingliederung Deutschlands in die Gemeinschaft der Völker dürfe dadurch nicht gefährdet werden.
Im dritten Absatz wurde der Widerspruch zwischen den Demontagen in Deutschland, zu der die deutsche Kohleförderung und Stahlproduktion notwendig sei und der Erholung der europäischen Wirtschaft apostrophiert.
Unter Punkt 4 hieß es: "Die Ministerpräsidenten hätten den Direktor der Verwaltung für Wirtschaft gebeten, gemeinsam mit den Länderinstanzen alle mit dem Demontageplan zusammenhängenden Fragen zu prüfen."
Punkt 5: Mit der Demontagelist wird dem die Rechnung präsentiert für die verbrecherische Politik der nationsozialisitischen Gewalthaber und ihrer Helfershelfer.
Unter Punkt 6 heisst es, dass die Lage Besonnenheit erfordere. Die deutsche Bevölkerung dürfe versichert sein, "dass ihre Regierungen alles aufbieten werden, um das Lebensrecht des Volkes zu wahren."

Ein Sprecher der amerikanischen Militärregierung titulierte Semmler als "verdammten Erzlügner", ein anderer nannte seine Behauptungen "lächerlich und dumm"; Semmler konnte sich über mangelnde Aufmerksamkeit nicht beklagen.

Das Ende von Lied war, das Clay Semmler feuerte.

Eschenburg, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke, man muss hier zwischen der Zerrüttung der alten Währung und der Währungsreform selbst und dem Erfolg der neuen Währung unterscheiden. Die DM war natürlich von Anfang an ein voller Erfolg. Das bedeutet aber nicht, dass die Leute über den weitgehenden Verlust ihrer Ersparnisse erfreut waren.

Die Rentenmark war bei ihrer Einführung Ende 1923 ja auch ein Erfolg, man sprach sogar vom "Wunder der Rentenmark". Dennoch waren viele Deutsche verbittert über den Verlust ihrer Ersparnisse und das war für die Weimarer Republik eine schwere Hypothek, da viele die Republik dafür verantwortlich gemacht haben.
Der Verlust der Ersparnisse, nämlich ihres realen Werts, trat in der Hyperinflation ein, nicht erst durch die Einführung der Rentenmark, und das haben die Leute auch so gesehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich die Wertlosigkeit der Geldvermögen nicht wie in den frühen 20ern an schwindelerregend hohen Preisen und Löhnen, denn die waren ja durch die Obrigkeit fixiert, sondern darin, dass zu diesen Preisen kaum Güter erworben werden konnten.
 
Zurück
Oben