Wann begann in Deutschland der Wiederaufbau und wann war er beendet?

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NeuBauer

Gast
Ich habe folgende Frage: Wann begann in Deutschland der Wiederaufbau und wann war er beendet?
Ab wann war, sagen wir, die industrielle Kapazität der Zeit vor dem Krieg wieder erreicht oder sogar überschritten? Oder das BIP?
Oder ist der Wiederaufbau anders definiert?
War der Wiederaufbau in Deutschland schneller als in vergleichbaren Ländern wie Italien oder Österreich?

Nach meinen Recherchen bin ich auf verschiedene Einschätzungen gestoßen, die von 1947-53 bis von 1945 bis anfang der 1960 gehen. Gibt es dazu eine Mehrheitsposition unter Historikern?
 
Wenn Du auf Größen wie BSP, NSP, BIP oder Volkseinkommen abstellen willst, übertraf die BRD bereits 1950 sämtliche Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen bezogen auf den BRD-Teil (Gebietsteil) des Deutschen Reiches 1939. Gleiches gilt für per-capita-Betrachtungen. Zu berücksichtigen ist hier auch im Westteil der Bevölkerungsanstieg aufgrund der Bevölkerungsverschiebungen als Kriegsfolge bzw. Ergebnis des Zweiten Weltkrieges.

(Quelle: Statistische Jahrbücher der BRD).

Der "Wiederaufbau" im engen Sinne betraf die bis zu 2,5 Mio. zerstörten Wohnungen, zehntausende von Bahn- und Straßenkilometer, ca. 5000 Brücken und zig-tausende Unternehmen. Der "Wiederaufbau" begann in dem Sinne schon direkt nach dem Krieg, 1945.

Die Bilder der Innenstädte wiesen noch in den 1960ern "Trümmerlücken" auf, ebenso viele Unternehmen, obwohl der Zeitraum vor der ersten Wirtschaftskrise bereits zu den "goldenen Jahren" der BRD gezählt wird. Wenn man das große Bild gelten lässt, war der Wiederaufbau in den 1950ern abgeschlossen, Übergang zu den "goldenen Jahren" und Kern der Wirtschaftswunderzeit. Hier drehte sich die "Aufbauzeit" quasi um, ab Ende der 1950er gab es zB Stilllegungen im Montanbereich und sektorale Überkapaztäten, die sich mit anderen Aspekten mischten, in denen es (immer noch) um die Beseitigung der Kriegsfolgen ging, zB Woihnraumbeschaffung.
 
Ich würde sogar sagen, bis ca. 1980.

Ja, kann sein, da würde ich mich nicht festlegen.

In den 1960ern waren die einzelnen Lücken und Trümmer für uns noch "Spielplätze" in den Innenstädten, wobei das nicht ganz ungefährlich war. Ich erinnere mich, dass ein Mitschüler von der Grundschule von einer umstürzenden Wand erdrückt bzw. erschlagen worden ist.
 
Man muss da natürlich auch zwischen Ost und West differenzieren: Als ich 1990 und 1991 die ersten Male in der sich auflösenden DDR bzw. in den damals neuen Bundesländern war, war ich - ich war ja auch noch ein Kind/Jugendlicher - erstaunt über den Zustand der Städte in der DDR/den neuen Bundesländern. Auch, dass man noch Einschusslöcher an den Fassaden sah. Das kannte ich aus dem West nicht. Sehr wohl kannte ich aber aus dem Ruhrgebiet innerstädtische Brachflächen (Kruppgelände in Essen z.B.), die allerdings teilweise auch erst nach dem Krieg aufgelassen wurden. Regelrechte Ruinen (wie ich sie teilweise 1990 in Ostdeutschland sah) kannte ich aus dem Westen nicht. Aber bei der vorletzten archäologischen Grabung an der ich teilgenommen habe, haben wir eine Fläche ergraben, wo vor dem Krieg Gebäude standen und die in den letzten Jahrzehnten als Parkplatz genutzt worden war. Heute steht dort ein Parkhaus. Wenn man das auch als Wiederaufbau wertet, dann dauert dieser also noch an.
 
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