War das Wilhelminische Kaiserreich ein demokratischer Rechtsstaat?

Die hohe Rechtssicherheit in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern ist definitiv ein großer Pluspunkt, das Wahlrecht und die durchgesetzte Politik gegen Katholiken, Polen und Arbeitervertreter stehen dem gegenüber.

Das Kaiserreich hatte aber auch in diesen Punkten den anderen europäischen Staaten (insbesondere England) einiges voraus, weil es zwar die SPD und die Gewerkschaften "klein hielt", aber die Belange der Arbeiterschaft nicht vollkommen unbeachtet ließ. Invalidenrenten, Gesundheitsversicherungen und Arbeitsschutzbestimmungen verbesserten das Leben der deutschen Arbeiter deutlich.
Es war aber auch nicht leicht, die Balance zwischen "Wirtschaftsbewusstsein", d.h. Ausbeutung der Arbeitskräfte und Einigkeit innerhalb der Bevölkerung zu halten. Nicht umsonst wurde versucht, die vielbesungene Einheit der Deutschen durch Monumentaldenkmäler, wie das Völkerschlachtendenkmal, den Kyffhäuser usw zu beschwören, um über soziale Spaltung im Inland hinwegzutäuschen.
 
Rebellution schrieb:
Das Flottenaufrüsten ab 1900 von Seiten Deutschlands war nationales Prestigeobjekt.

Die Flotte solle dazu dienen den außenpolitischen Anspruch auf Weltgeltung will heissen den Rang als Weltmacht durchzusetzten. Nicht mehr und nicht weniger.

Innenpolitisches Motiv war beispielsweise gemäß Volker Berghahn der Erhalt des Status Quo der damaligen Eliten. Eines der Mittel welches sich hierzu anbot war die Flottenrüstung.
 
Am 23.November 1909 wurde eine Novelle im Reichstag eingebracht, die den §253 Strafgesetzbuch novellieren sollte.
Es sollte der Tatbestand der erpressung mitaufgenommen werden, der auf Drohungen hin vereinbarte Lohn im Mißverhältnis zu dem wahren Wert der Arbeitsleistung stehen und für die dadurch in ihrem Vermögen geschädigten Erpressten eine entsprechende Entschädigung zustünde.
Hintergrund waren die sozialen Spannungen im Reich, denn der Anstieg der Löhne hat sich immer mehr verlangsamt und blieb hinter der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zurück. Es kam zu erbittert geführten Arbeitskämpfen. In Berlin-Moabit waren zuletzt zwischen 20.000 bis 30.000 Menschen beteiligt. Es gab Tote und Verletzte und dies ist der Hintergrund für die gewollte Novellierung des Strafgesetzbuches.
Die Reichsleitung verharrte noch immer in dem weltfremden Denken, das "soziale Wohltaten" die Arbeiter der SPD abspenstig machen sollen und sozialpolitische Einrichtungen vor der SPD zu sichern. Gewerkschaften wurden als Hilstruppen der SPD angesehen. Das war einer modernen und konstruktiven Sozialpolitik leider nicht eben dienlich, sondern eher der Besitzstandssicherung und Machterhalt der althergebrachten Eliten.
 
[...]
Das Flottenaufrüsten ab 1900 von Seiten Deutschlands war nationales Prestigeobjekt. Ich verweise nur auf die berühmt-berüchtigten Matrosenanzüge bereits für Knaben im Kleinkindalter, Spielzeug im Flottenstil und die diversen, medienwirksamen Ablichtungen des Kaisers auf einem der Kriegsschiffe mit Untertiteln wie "Des Kaisers liebstes Spielzeug", oder ähnlichem. Man war stolz auf seine Flotte, durchaus auch im Volk.
[...]

Das war keine nationale Auswirkung als besonderes Merkmal des Deutschen Reichs, sondern ein Merkmal des internationalen Navalismus. Das diese maritime Denken sich bis in die Gesellschaft ausdehnte war diesen geschuldet, ob nun in Deutschland, England, Frankreich usw. ... wenn auch der Matrosenanzug schon weit vor der Reichsgründung 1871 in Ländern mit großer Seemacht und Tradition gesellschaftsfähig war ...

http://reklamehimmel.typepad.com/reklamehimmel/Matrosenanzug.pdf
 
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Das Kaiserreich hatte aber auch in diesen Punkten den anderen europäischen Staaten (insbesondere England) einiges voraus, weil es zwar die SPD und die Gewerkschaften "klein hielt", aber die Belange der Arbeiterschaft nicht vollkommen unbeachtet ließ. Invalidenrenten, Gesundheitsversicherungen und Arbeitsschutzbestimmungen verbesserten das Leben der deutschen Arbeiter deutlich.
Das Leben der Arbeiter war aber immer noch hart genug. Für mehr als das Lebensnotwendige reichte der Lohn meist nicht. Oft musste eine reiche Kinderschar ernährt werden.
Unter den Arbeitern bildete sich ein politisches Bewusstsein. Die SPD gewann immer mehr an Terrain. Irgendwann hätte man sich dort oben mit ihr arrangieren müssen. 1912 wurde sie mit 34,8 Prozent stärkste Fraktion im Reichstag. Über die Wahlergebnisse 1917 kann man nur spekulieren. Die Eliten im Deutschen Reich hätten jedoch früher oder später Macht abgeben müssen. Sicher hätte dies noch einiges an Arbeitskämpfe erfordert, aber (klingt wie eine Phrase) nur erkämpfte Freiheit ist wirkliche Freiheit.
 
Das Kaiserreich hatte aber auch in diesen Punkten den anderen europäischen Staaten (insbesondere England) einiges voraus, weil es zwar die SPD und die Gewerkschaften "klein hielt", aber die Belange der Arbeiterschaft nicht vollkommen unbeachtet ließ. Invalidenrenten, Gesundheitsversicherungen und Arbeitsschutzbestimmungen verbesserten das Leben der deutschen Arbeiter deutlich.
Es war aber auch nicht leicht, die Balance zwischen "Wirtschaftsbewusstsein", d.h. Ausbeutung der Arbeitskräfte und Einigkeit innerhalb der Bevölkerung zu halten. Nicht umsonst wurde versucht, die vielbesungene Einheit der Deutschen durch Monumentaldenkmäler, wie das Völkerschlachtendenkmal, den Kyffhäuser usw zu beschwören, um über soziale Spaltung im Inland hinwegzutäuschen.

Man kann sich auch einen Sozialstaat vorstellen, der weder demokratisch noch ein Rechtsstaat ist. Man kann auf der anderen Seite auch einen demokratischen Rechtsstaat haben, der in keinster Weise soziale Sicherungssysteme beinhaltet.

Zu den vorgenannten Beispielen mit den Regelungen des Zivil- und Sozialrechts könnte ich auch das Dritte Reich anführen, in dem die entsprechenden Regelungen weiterhin fortbestanden und sogar im Sozialbereich erweitert worden sind.

Entscheidendes Kriterium für einen Rechtsstaat sollte das Verhältnis des Bürgers gegenüber seinem Staat sein. Bietet das Rechtssystem einen Schutz des Bürgers vor dem Staat? Repressive Unrechtsstaaten haben doch eher den Schutz des Staates vor dem Bürger im Sinne.
 
Das Kaiserreich hatte aber auch in diesen Punkten den anderen europäischen Staaten (insbesondere England) einiges voraus, weil es zwar die SPD und die Gewerkschaften "klein hielt", aber die Belange der Arbeiterschaft nicht vollkommen unbeachtet ließ. Invalidenrenten, Gesundheitsversicherungen und Arbeitsschutzbestimmungen verbesserten das Leben der deutschen Arbeiter deutlich.
Die Sozialgesetzgebung war ein großer Fortschritt und er kam von oben. Das war wichtig für die Akzeptanz bei allen Gruppen der Gesellschaft, kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die politische Mitgestaltung durch die Arbeiterschaft nicht gewollt war.

Es war aber auch nicht leicht, die Balance zwischen "Wirtschaftsbewusstsein", d.h. Ausbeutung der Arbeitskräfte und Einigkeit innerhalb der Bevölkerung zu halten. Nicht umsonst wurde versucht, die vielbesungene Einheit der Deutschen durch Monumentaldenkmäler, wie das Völkerschlachtendenkmal, den Kyffhäuser usw zu beschwören, um über soziale Spaltung im Inland hinwegzutäuschen.
Wirtschaftsbewusstsein, was soll das sein? Das heutige Bewusstsein, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen arbeiten müssen, war vor 120 Jahren noch gar nicht da. Damals gab es Sozialleistungen von oben durch den Arbeitgeber (freiwillig) und dann halt durch den Staat. Der gesellschaftliche Konsens wurde nicht so hoch bewertet, was sich ja im allgemeinen Umgang der verschiedenen Interessengruppen miteinander zeigte.
 
Solwac
Wirtschaftsbewusstsein, was soll das sein?

War etwas unpräzise formuliert. Ich meinte staatlichen Wirtschaftsliberalismus. Also weder Arbeiter gegen den Staat aufbringen, noch Industrielle und Großbürger verprellen.

Das Leben der Arbeiter war aber immer noch hart genug. Für mehr als das Lebensnotwendige reichte der Lohn meist nicht. Oft musste eine reiche Kinderschar ernährt werden.
Unter den Arbeitern bildete sich ein politisches Bewusstsein. Die SPD gewann immer mehr an Terrain. Irgendwann hätte man sich dort oben mit ihr arrangieren müssen. 1912 wurde sie mit 34,8 Prozent stärkste Fraktion im Reichstag.

Stimmt, aber dennoch sagte ich ja nur, das deutsche Kaiserreich hatte schon vor den meisten anderen Ländern etwas für die Arbeiter getan, ich behauptete nie, es sei das Arbeiter- und Bauernparadies gewesen. :)
 
Man kann sich auch einen Sozialstaat vorstellen, der weder demokratisch noch ein Rechtsstaat ist. Man kann auf der anderen Seite auch einen demokratischen Rechtsstaat haben, der in keinster Weise soziale Sicherungssysteme beinhaltet.

Zu den vorgenannten Beispielen mit den Regelungen des Zivil- und Sozialrechts könnte ich auch das Dritte Reich anführen, in dem die entsprechenden Regelungen weiterhin fortbestanden und sogar im Sozialbereich erweitert worden sind.

Entscheidendes Kriterium für einen Rechtsstaat sollte das Verhältnis des Bürgers gegenüber seinem Staat sein. Bietet das Rechtssystem einen Schutz des Bürgers vor dem Staat? Repressive Unrechtsstaaten haben doch eher den Schutz des Staates vor dem Bürger im Sinne.

Daran musste ich auch denken. Nicht nur der 1. Mai als Feiertag, auch das Kindergeld geht auf die Nazis zurück.

Der "demokratische Rechtsstaat" das ist auch so eine Phrase wie "der mündige Bürger". Meistens wird der "Rechtsstaat" bemüht, wenn es darum geht, rechtsstaatliche Prinzipien zu beschneiden und einzuschränken und der "mündige Bürger" wenn es darum geht, ihn auszuspionieren, zu enteignen und zu entmündigen.
 
War etwas unpräzise formuliert. Ich meinte staatlichen Wirtschaftsliberalismus. Also weder Arbeiter gegen den Staat aufbringen, noch Industrielle und Großbürger verprellen.
Aber wer war denn der Staat? ;)
Die Vertreter von Handel, Industrie und Landwirtschaft hatten kein echtes Interesse an der Situation von Arbeitern und Abhängigen in der Landwirtschaft. Ja, gewisse Mindeststandards sollten aus christlicher Nächstenliebe schon sein, damit alleine war das Leben nicht zu meistern. Denn in der Umsetzung gab es große Mängel und mit der Not vieler konnten wenige ein gutes Geschäft machen.
 
Wie demokratisch oder rechtsstaatlich ein Staat ist, kann man wohl einerseits durch objektive Vergleichskriterien der jeweiligen Epoche als auch andererseits durch die subjektive Wahrnehmung seiner Bürger bewerten.
Das Deutsche Kaiserreich hatte sicherlich höhere Sozialstandards als die vielgepriesene Manchesterdemokratie in London oder der französische Staat. Dafür hatte das Parlament in Berlin "nur" die Budgethoheit (was man nicht geringschätzen darf, denn ohne das Parlament und auch die darin stark vertretene SPD hätte es 1914 keine Kriegsanleihen gegeben).

Mod an: Abschnitt gelöscht. Siehe Forenregeln Nr. 3 über das Verfassen von Beiträgen im Geschichtsforum Mod aus

Doch zurück zum Kaiserreich: Es war zumindest ein Staat, in dem man als Bürger keine Angst vor einer Geheimpolizei oder einer brutalen Zensur haben musste. Vom Wissenschaftler und Erfinder über den Künstler bis zum Philosophen konnte jeder damals unbeschadet seine Meinung äußern und seine Ziele verfolgen. Nicht umsonst ging damals jeder dritte oder vierte Nobelpreis nach Deutschland. Solche Ergebnisse wären in einem Unterdrückerstaat nicht möglich.
 
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Doch zurück zum Kaiserreich: Es war zumindest ein Staat, in dem man als Bürger keine Angst vor einer Geheimpolizei oder einer brutalen Zensur haben musste.

Wir sollten doch ein wenig die Kirche im Dorf lassen. Und bevor wir das DR zum verloren gegangenen Paradies ausrufen, sollte die Härte der Auseinandersetzung im Deutschen Reich in einer auch "kapitalistischen Wirtschaft" sehr deutlich betont werden.

Und auch sehr deutlich hervorgehoben werden, dass es die kaiserliche Armee war, die eine duale Funktion hatte, als "Bürgerkriegsarmee" gegen das numerisch zunehmende "Proletariat" und als Instrument der Landesverteidigung.

Und in dieser Rolle auch gerne in seinen Reihen auf "Arbeiterkinder" verzichtete, da die Agitation der SPD nicht erwünscht war.

Und in dieser Rolle als innenpolitisches Repressionsinstrument war die Armee eine der zentralen Stützen der Monarchie.

Wie beispielsweise hier:
Hamburger Hafenarbeiterstreik 1896/97 ? Wikipedia

Und für Arbeiter, die beispielsweise mit gestreikt hatten, wurden "Schwarze Listen" angelegt, mit der Konsequenz, dass sie keine Arbeit mehr gefunden haben. Nur durch beispielsweise ein "freiwilliges" "zur See fahren" konnte man die Papiere wieder "sauber" bekommen und erst dann Arbeit erhalten. Nur so konnte man sich in die wilhelminische Gesellschaft wieder reintegrieren.

Zudem: Es erfolgte durchaus eine "Bespitzelung" vor allem der Aktivitäten der - programmatischen noch marxistischen (allerdings nur noch auf dem "Papier) - SPD, aber auch der der Gewerkschaft (obwohl die deutlich revisionistischer war und sehr pragmatische Ziele verfolgt hat) und es wurde auch zensiert und die eigentlich demokratischen Rechte waren u.a. durch die "Sozialistengesetze" massiv eingeschränkt.

Die massive Repression im Rahmen des "Kulturkampfs" gegen das "Zentrum" bzw. gegen die katholische Kirche und seine Amtsträger sei der Vollständigkeit noch erwähnt.

Also werter "Rotbart" ganz so dolle war es nicht. Auch wenn es in mancher Hinsicht in anderen angrenzenden Ländern auch nicht viel besser war. Es gab Licht im Deutschen Reich, aber es gab auch durchaus Schatten.
 
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Wie demokratisch oder rechtsstaatlich ein Staat ist, kann man wohl einerseits durch objektive Vergleichskriterien der jeweiligen Epoche als auch andererseits durch die subjektive Wahrnehmung seiner Bürger bewerten.
Das Deutsche Kaiserreich hatte sicherlich höhere Sozialstandards als die vielgepriesene Manchesterdemokratie in London oder der französische Staat. Dafür hatte das Parlament in Berlin "nur" die Budgethoheit (was man nicht geringschätzen darf, denn ohne das Parlament und auch die darin stark vertretene SPD hätte es 1914 keine Kriegsanleihen gegeben).

Mod an: Abschnitt gelöscht. Siehe Forenregeln Nr. 3 über das Verfassen von Beiträgen im Geschichtsforum Mod aus

Doch zurück zum Kaiserreich: Es war zumindest ein Staat, in dem man als Bürger keine Angst vor einer Geheimpolizei oder einer brutalen Zensur haben musste. Vom Wissenschaftler und Erfinder über den Künstler bis zum Philosophen konnte jeder damals unbeschadet seine Meinung äußern und seine Ziele verfolgen. Nicht umsonst ging damals jeder dritte oder vierte Nobelpreis nach Deutschland. Solche Ergebnisse wären in einem Unterdrückerstaat nicht möglich.


Der Althistoriker und spätere Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde wurde wegen der Schrift "Caligula- eine Studie über Byzantinismus und Cäsarismus" wegen Majestätsbeleidigung belangt und schließlich drei Monate in Stadelheim absitzen, obwohl Wilhelm II. bei dem Quidde viele Parallelen zu einem römischen Kaiser ausmachte, in der Schrift nicht ein einziges Mal erwähnt wurde. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft lieferten lange keine handhabe. Quidde kritisierte, das Wilhelm II. seinem Großvater als Wilhelm den Großen glorifizieren wollte. Bei einer Veranstaltung hatte Quidde öffentlich gesagt, von einem Wilhelm dem Großen könne man nur sprechen, wenn man ihn von einem späteren Wilhelm dem Kleinen unterscheiden müsse, Dafür wurde Quidde eingebuchtet.
 
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Zunächst einmal bedanke ich mich für Eure kritischen Anmerkungen. Doch möchte ich auch klarstellen, daß ich das Deutsche Kaiserreich nicht als Paradies auf Erden beschrieben habe. Ich habe vielmehr dargestellt. daß man ein Land auch im Vergleich seiner Epoche betrachten muss. Und da war im kaiserreich auch sehr viel Licht. Die beschriebenen Krisen und Inhaftierungen Einzelner können nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Kaiserreich in seiner Zeit ein sehr fortschrittliches und auch ziemlich freies Land war.
Der von Scorpio erwähnte Ludwig Quidde wurde ja auch in der Weimarer Republik mal kurzzeitig inhaftiert.
Wer eines fernen Tages mal die Geschichte der Bundesrepublik unter die Lupe nimmt,
Mod an: Abschnitt gelöscht. Siehe Forenregeln Nr. 3 über das Verfassen von Beiträgen im Geschichtsforum Mod aus
 
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Das Kaiserreich war kein "Paradies", aber...

Wir sollten doch ein wenig die Kirche im Dorf lassen. Und bevor wir das DR zum verloren gegangenen Paradies ausrufen, sollte die Härte der Auseinandersetzung im Deutschen Reich in einer auch "kapitalistischen Wirtschaft" sehr deutlich betont werden.

Und auch sehr deutlich hervorgehoben werden, dass es die kaiserliche Armee war, die eine duale Funktion hatte, als "Bürgerkriegsarmee" gegen das numerisch zunehmende "Proletariat" und als Instrument der Landesverteidigung. (...)

Das wilhelminische Kaiserreich der letzten 20 Jahre vor dem Ersten Weltkrieg war sicher kein "Paradies", aber diese Periode war wohl einer der besten in unserer langen Geschichte. Wohlgemerkt immer im Bezug zu den Verhältnissen der jeweiligen Zeit. Auch den Vergleich zu den anderen Staaten in Europa braucht das Kaiserreich nicht zu scheuen.
Dass es auch bei uns damals repressive Situationen gab, in die auch das Militär und die Polizei eingebunden waren, ist nicht abzustreiten. Aber das war in den anderen europäischen Staaten der damaligen Zeit nicht anders. Bei uns gab es zumindest eine ordentliche, effektive und weitgehend korruptionsfreie Verwaltung und einen unabhängigen Rechtsstaat, anders als in vielen anderen Staaten in dieser Zeit.

Was waren die besten Zeiten in Deutschland in den letzen 200 Jahren? Ich denke die 20 Jahre vor dem Ersten Weltkrieg und die Jahre nach der Wiedervereinigung und Wiedererlangung der Souveränität nach 1990 bis heute.
 
Das wilhelminische Kaiserreich der letzten 20 Jahre vor dem Ersten Weltkrieg war sicher kein "Paradies", aber diese Periode war wohl einer der besten in unserer langen Geschichte. Wohlgemerkt immer im Bezug zu den Verhältnissen der jeweiligen Zeit. Auch den Vergleich zu den anderen Staaten in Europa braucht das Kaiserreich nicht zu scheuen.
Dass es auch bei uns damals repressive Situationen gab, in die auch das Militär und die Polizei eingebunden waren, ist nicht abzustreiten. Aber das war in den anderen europäischen Staaten der damaligen Zeit nicht anders. Bei uns gab es zumindest eine ordentliche, effektive und weitgehend korruptionsfreie Verwaltung und einen unabhängigen Rechtsstaat, anders als in vielen anderen Staaten in dieser Zeit.

Was waren die besten Zeiten in Deutschland in den letzen 200 Jahren? Ich denke die 20 Jahre vor dem Ersten Weltkrieg und die Jahre nach der Wiedervereinigung und Wiedererlangung der Souveränität nach 1990 bis heute.

Was ist mit den Jahren in der alten Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung?

Kurzum - das Kaiserreich war verglichen mit dem Dritten Reich oder der DDR imho schon ein Rechtsstaat trotz der oben genannten Mängel.
 
Deutschland heute

Was ist mit den Jahren in der alten Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung?

In der alten Bonner Bundesrepublik lebten die Westdeutschen nicht schlecht, das Grundgesetz war (und ist) eine gute und Verfassung, Verwaltung und Rechtsstaat funktionierten wieder nach deutscher Tradition. Aber etwas ganz entscheidendes fehlte eben: Deutschland war geteilt und nicht souverän. Die Siegermächte hatten immer noch das letzte Wort (und im östlichen Teil, dessen was von Deutschland nach der Niederlage übrig geblieben war, nicht nur das letzte). Nach dem vielen Unglück und Pech, dass die Deutschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten, hatten wir mit der friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung 1990 endlich einmal wieder ein großes verdientes Glück.

Heute kann man sagen, dass es wohl kaum einen Staat auf der Welt gibt, in dem es sich besser leben lässt, als in Deutschland. Dazu kommt, dass Deutschland heute im Ausland zu den angesehensten Ländern zählt. Deutschland ist heute die erste Führungsmacht der EU und wirtschaftlich eine Weltmacht. Das ist doch etwas, auf das man auch ein wenig stolz sein kann.
 
Heute kann man sagen, dass es wohl kaum einen Staat auf der Welt gibt, in dem es sich besser leben lässt, als in Deutschland. Dazu kommt, dass Deutschland heute im Ausland zu den angesehensten Ländern zählt. Deutschland ist heute die erste Führungsmacht der EU und wirtschaftlich eine Weltmacht. Das ist doch etwas, auf das man auch ein wenig stolz sein kann.
ich glaube nicht, dass patriotische Ergüsse zu Fragen nach dem Kaiserreich sonderlich viel beitragen...
 
Es hat doch etwas mit dem Thema zu tun.

ich glaube nicht, dass patriotische Ergüsse zu Fragen nach dem Kaiserreich sonderlich viel beitragen...

Das waren keine "patriotischen Ergüsse", sondern die Beantwortung einer Frage von Carolus, ob man nicht auch die alte Bonner Republik zu den besten Zeiten in Deutschland dazuzählen müsse. Der Ausgang dieser Diskussion war meine Beurteilung, dass die letzten 20 Jahre des Kaiserreiches und die Zeit nach 1990 zu den besten Zeiten in unserer jüngeren Geschichte gehören. Dies alles hat also schon mit dem Thema zu tun.
 
Das waren keine "patriotischen Ergüsse", (...) Dies alles hat also schon mit dem Thema zu tun.
mit Verlaub, ich zitiere noch mal:
Heute kann man sagen, dass es wohl kaum einen Staat auf der Welt gibt, in dem es sich besser leben lässt, als in Deutschland. Dazu kommt, dass Deutschland heute im Ausland zu den angesehensten Ländern zählt. Deutschland ist heute die erste Führungsmacht der EU und wirtschaftlich eine Weltmacht. Das ist doch etwas, auf das man auch ein wenig stolz sein kann.
(die Markierungen sind von mir)
das bezeichne ich nach wie vor als "patriotische Ergüsse"!

was deine Antwort auf Carolus Frage betrifft, so wundert man sich über die von dir behauptete "deutsche Tradition" von "Verwaltung und Rechtsstaat"...
 
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