Warum Christenverfolgung?

Zar Alexander

Mitglied
Hallo,

wieso ließen römische Kaiser Christen verfolgen? Was gab es für sie für Gründe? Fürchteten sie, dass das Reich durch zwei Religionen gespalten würde? Aber warum hatten sie dann genau das Christentum mit so einer Brutalität verfolgt?

Danke,
Zar Alexader.
 
Gehört das nicht in die Sparte "Christentum"? ist das nicht dort auch schon beantwortet worden?

Gleichwie: der Glaube an die römischen Götter war Staatsreligion, ihn abzulehnen hieß, den Staat (die Gesellschaft, die Welt, das Universum) abzulehnen. Eine gemeingefährliche Verrücktheit und Verunsicherung der Lebensbedingungen. Und natürlich eine Infragestellung der Autorität des Staates. Autoritäre Regimes sind in solchen Situationen selten zu sanfter Umerziehung und Anti-Ideologie-Therapien geneigt.
 
Gleichwie: der Glaube an die römischen Götter war Staatsreligion, ihn abzulehnen hieß, den Staat (die Gesellschaft, die Welt, das Universum) abzulehnen. Eine gemeingefährliche Verrücktheit und Verunsicherung der Lebensbedingungen. Und natürlich eine Infragestellung der Autorität des Staates. Autoritäre Regimes sind in solchen Situationen selten zu sanfter Umerziehung und Anti-Ideologie-Therapien geneigt.

Naja, es gab Zeiten aktiver Verfolgung und Zeiten passiver Verfolgung. Passive Verfolgung scheint zunächst ein Paardoxon zu sein, aber ich verweise hierbei auf den Briefwechsel zwischen Plinius Minor und Traian. Offiziell wurden Christen danach zwar verfolgt, aber der Kaiser und sein Prokurator einigten sich z.B darauf, keine anonymen Beschuldigungen mehr zu berücksichtigen.
 
Niemand kann über eine Periode von 300 Jahren politische Kontinuität erwarten, das schafften nicht einmal die sonst so statischen Ägypter. Obendrein veränderte sich auch das Christentum: aus der "Erweckungsbewegung" der apokalyptischen Sekte wurde eine durchorganisierte religiöse Gruppe, die im Wettbewerb mit anderen Religionen eklektisch Organisationsformen, Festriten und Feiertage der erfolgreichsten Konkurrenz übernahm … und sich streckenweise auch zu arrangieren suchte. So gesehen gab es nicht nur Schwankungen in der Christenverfolgung, sondern auch Schwankungen in der Christenaufmüpfigkeit – schließlich war die Kirche gegen Ende der Verfolgungszeit so gut durchorganisiert, dass sie mit ihrer Legitimierung gleich als mächtiger politischer Faktor auftrat.

Und einmal mehr wird für mich deutlich, dass dies hier besser ins Forum "Christentum" gehört …
 
Verfolgung Andersdenkender hat auch eine politische Dimension. Christenverfolgungen lenkten von innen- und außenpolitischen Problemen ab, kanalisierten Unzufriedenheit und den sogenannten 'Volkszorn' in eine Richtung. Also ein Mittel der Machterhaltung der jeweiligen Herrscher! Wurde vermutlich gezielt iniziiert.
Wie bei heutige Glaubensauseinandersetzungen ging es wohl, meiner Ansicht nach, um Macht.

Der erste Beitrag vom 'Verrücktes Pferd'
 
Fürchteten sie, dass das Reich durch zwei Religionen gespalten würde?

Wieso zwei? -zig, oder? Das war sicher nicht as Problem. Nur hatten die Christen einen Alleinvertretungsanspruch und setzten diesen, als das Christentum Saatsreligion (und damit Staatstragend) geworden war, durchaus auch mit Feuer und Schwert durch ... Dieser Alleinvertretungsanspruch war das Gefährliche, was den "inneren Frieden" und damit natürlich die kaiserliche Macht, gefährdete.

Außerdem: Alle Religionen durften ausgeübt werden, solange es öffentlich geschah. Da frühe Christentum legte jedoch Wert darauf, daß bei dieser Religionsausübung Außenstehende nicht teilnahmen. Diese Geheimniskrämerei roch förmlich nach Verschwörung, und so handelten die Regierenden dann auch ...

Bye

Suedwester
 
Ich bin mir jetzt nicht sicher, @Suedwester, ob Du nicht Ursache und Wirkung vertauscht. Wurden die Christen verfolgt, weil sie sich im Geheimen trafen oder trafen sie sich im Geheimen, weil sie verfolgt wurden?
Desweiteren ist zunächst weniger der Alleinvertretungsanspruch des Christentums ausschlaggebend für ihre "Verfolgungswürdigkeit" sondern vielmehr der Umstand, dass sie den Kaiserkult verweigerten und damit aus römischer Sicht die zentrale Ordnung der Welt gefährdeten.
Diese Durchsetzung mit Feuer und Schwert ist immer einer lokale Sache gewesen, häufig von Konvertiten, die das Gefühl hatten, sich beweisen zu müssenm durchgeführt. Nicht jeder antike Christ war ein Radikalinski á la Origines, der sich z.B. selbst kastriert haben soll (aber ich schweife ab).
 
@El Quijote:
- Das Christentum war in seinem Ursprung durchaus eine esoterische (nicht im New Wave sondern im spirituellen Sinne) Religion. Damit war sie nur für Eingeweihte interessant. Die ersten christlichen Kulthandlungen fanden in Wohnhäusern Gläubiger statt und waren für "Außenstehende" (im räumlichen wie auch im religiösen Sinne, gesperrt.

- Die Aberkennung der Göttlichkeit der römischen Kaiser und damit ihres Machtanspruches ergibt sich aus der Forderung der alleinigen Göttlichkeit des christlichen Gottes.

- Die Christlichen Kaiser gingen durchaus nicht nur lokal gegen Nichtchristen vor.
 
Moment mal, Geheimhaltung war durchaus nichts unübliches. Die Eleusischen Mysterien wurden über Jahrhunderte praktiziert – und die Adepten hielten wirklich so brav den Mund, dass wir nichts oder fast nichts darüber wissen. Der Kult der Magna Mater, immerhin im zweiten punischen Krieg eingeführt, noch bevor in Rom Theater gebaut wurden, war ein Mysterienkult der nur Frauen zugänglich war. Der Mithras-Kult – zeitgleich mit den ersten Christen in Rom eintreffend – war gleichfalls ein Geheimkult (und wurde zeitweise verfolgt).

Das Christentum ist also nicht die Form von brandneuem Religionskonzept gewesen, sondern erschien zumindest in der Anfangszeit als eine Art durchgeknalltes, missionarisches Judentum mit krasser Staatsablehnung (wie sehr die Ablehnung des Staates und seiner Religion bei traditionsbewussten Römern auf Verwunderung und Unverständnis stieß, belegen die zeitgenössischen Autoren – unser heutiges Bild des "Verfassungsfeinds" ist gar nichts dagegen).

Das "Verrücktes Pferd" hat sicher in Bezug auf die neronische Christenverfolgung nicht ganz Unrecht, auch wenn wir aus heutiger Sicht nur eine denkbar schlechte Rekonstruktion der Brandursachen vornehmen können – und unsere Perzeption unter einer Kirchengeschichte des "Wir waren's nicht", Dutzenden Büchern, 9 Verfilmungen allein des "Quo Vadis"-Stoffes und mehreren Quadrametern Alma-Tadema begraben liegt.
 
Verfolgung Andersdenkender hat auch eine politische Dimension. Christenverfolgungen lenkten von innen- und außenpolitischen Problemen ab, kanalisierten Unzufriedenheit und den sogenannten 'Volkszorn' in eine Richtung. Also ein Mittel der Machterhaltung der jeweiligen Herrscher! Wurde vermutlich gezielt iniziiert.
Wie bei heutige Glaubensauseinandersetzungen ging es wohl, meiner Ansicht nach, um Macht.

Der erste Beitrag vom 'Verrücktes Pferd'

Das dürfte zumindest für die erste Verfolgung unter Nero tatsächlich der Fall gewesen sein, der den Christen die Schuld am großen Brand von 64 in die Schuhe schob, was ihm die Römer nicht so recht abnahmen. Ähnliches berichtet ja auch Tertullian: "Tritt der Tiber über die Ufer, bleibt die Nilschwemme aus, so schreit das Volk: "Die Christen vor die Löwen."

Bei späteren Verfolgungen dürfte der Druck aber auch von unten ausgegangen sein, und wie es den Christen erging, war vor allem auch abhängig, wie gut diese es verstanden mit den Heiden auszukommen. So hatten sich offenbar die Metzger und Devotionalienhändler bei Plinius über bithynische Christen beschwert, der Trajan berichtet, dass kaum noch Opferfleisch verkauft werde. Der rät Plinius, nicht nach ihnen zu fahnden (coquerendi non sunt) und gibt ihm auf dessen Anfrage den Bescheid, dass nicht das Bekenntnis als Christ allein (nomen ipsum) Anlass für Strafverfolgung sein soll. Der Kaiser billigte aber Plinius Entscheidung, der Christen hinrichten ließ, die sich der Kaiserverehrung verweigerten und Christus nicht abschwören wollten.


Tacitus schreibt von den Christen sie seien unter Nero weniger wegen ihrer Verbrechen, als wegen ihres Hasses auf das Menschengeschlecht verurteilt worden. Odium humani generis, griechisch Misanthropia konnte durchaus Grund für eine Anklage sein, und die Verweigerung des Kaiserkultes konnte leicht als prinzipielle Opposition und mangelnde "Verfassungstreue" interpretiert werden.
 
Ich denke, die Hauptursache liegt im politischen begründet. Die meisten und schlimmsten Christenverfolgungen geschahen im 3. Jh., zu einer Zeit, als es schon viele Christen gab und zum anderen das Reich massiv Probleme hatte. In dieser Zeit sind die schon erwähnten Kaiseropfer eben auch als Loyalitätsbekundungen für das Reich, seinen Herrscher und seinen Fortbestand gesehen worden.

Verweigern dies Leute, dann lehnen die auch Reich und Kaiser ab. Mit welcher religiösen Motivation dies dann geschah ist vollkommen egal, auch, ob die Christen nun sonst loyale Untertanen waren oder nicht.
 
Ich denke, die Hauptursache liegt im politischen begründet. Die meisten und schlimmsten Christenverfolgungen geschahen im 3. Jh., zu einer Zeit, als es schon viele Christen gab und zum anderen das Reich massiv Probleme hatte. In dieser Zeit sind die schon erwähnten Kaiseropfer eben auch als Loyalitätsbekundungen für das Reich, seinen Herrscher und seinen Fortbestand gesehen worden.

Verweigern dies Leute, dann lehnen die auch Reich und Kaiser ab. Mit welcher religiösen Motivation dies dann geschah ist vollkommen egal, auch, ob die Christen nun sonst loyale Untertanen waren oder nicht.


Das ist sicher richtig, doch war das Verhalten der Soldatenkaiser recht unterschiedlich gegenüber den Christen. Valerian hat das Christentum stark bekämpft, sein Sohn Gallienus ließ die Christen in Frieden, obwohl er keine Sympathien für sie hatte. Es waren vor allem illyrische Kaiser, die eine Art von römischen Patriotismus auf ihre Fahnen geschrieben hatten mit einer reaktionären Religionspolitik, die eine Atmosphäre beschwor, die längst der Vergangenheit angehörte. Die Religionspolitik Decius und Diocletians ging rigoros gegen diejenigen vor, die die Optik eines solchen politischen Ideals störten.
 
War Rom nicht voller unzähliger Bildnisse, Statuen und Tempeln der Mythenwelt übersäet?
Gäbe es die Verfolgung nach dem Brand im Anschluss nicht, wäre es ein Motiv gewesen. Obwohl dadurch ergibt sich wieder das Märtyrertum.
Wir können nur spekulieren.
 
Religionen oder Gesellschaftskonzepte die selbstgefällig unfehlbar seien stehen auch heute unter ständiger Beobachtung.
Die zum Teil aggressive und ablehnende Haltung der Christen zur römischen Gesellschaftsordnung und Kultur verschaffte Nero Schuldige seines selbstinszenierten Stadtbrandes zu finden.
 
Religionen oder Gesellschaftskonzepte die selbstgefällig unfehlbar seien stehen auch heute unter ständiger Beobachtung.
Die zum Teil aggressive und ablehnende Haltung der Christen zur römischen Gesellschaftsordnung und Kultur verschaffte Nero Schuldige seines selbstinszenierten Stadtbrandes zu finden.

Das orthodoxe Judentum stand aber der römisch-hellenistischen Gesellschaftsordnung und Kultur weitaus ablehnender und aggressiver gegenüber, als die frühen Christen, und niemand hat den Römern größere Schwierigkeiten gemacht, als die Juden, die allgemein häufig missachtet wurden. Dennoch waren die Römer bereit, der mosaischen Religion Zugeständnisse zu machen, die bis in die Zeit Konstantins eine religio licita war. Juden die Getreidespenden erhielten, brauchten diese nicht am Sabbat abzuholen, ebensowenig wie sie dann vor Gericht erscheinen mussten. Die Sabbatruhe galt sogar für Soldaten, die sich in der römischen Armee dienstverpflichteten.

Am großen Brand von 64 n. Chr war Nero mit aller Wahrscheinlichkeit unschuldig. Brandkatastrophen waren nichts Ungewöhnliches, und unter Titus ereignete sich eine ähnliche Katastrophe. Vermutlich versuchten die Prätorianer den Brand mit Gegenfeuern zu bekämpfen, wodurch der Eindruck entstanden sein mag, sie handelten auf kaiserlichen Befehl, und Neros Ruf war bereits so schlecht, dass man ihm so etwas Ungeheuerliches zutraute.
 
Das orthodoxe Judentum stand aber der römisch-hellenistischen Gesellschaftsordnung und Kultur weitaus ablehnender und aggressiver gegenüber, als die frühen Christen, und niemand hat den Römern größere Schwierigkeiten gemacht, als die Juden, die allgemein häufig missachtet wurden. Dennoch waren die Römer bereit, der mosaischen Religion Zugeständnisse zu machen, die bis in die Zeit Konstantins eine religio licita war. Juden die Getreidespenden erhielten, brauchten diese nicht am Sabbat abzuholen, ebensowenig wie sie dann vor Gericht erscheinen mussten. Die Sabbatruhe galt sogar für Soldaten, die sich in der römischen Armee dienstverpflichteten.

Nach dem Judäischen Krieg wurden die Spannungen zwischen Judentum und römischen Reich stärker (fiscus Iudaicus).
http://egora.uni-muenster.de/fb2/exegesent/Der_religionspolitische_Hintergrund_Muenstr3.pdf
 
Nach dem Judäischen Krieg wurden die Spannungen zwischen Judentum und römischen Reich stärker (fiscus Iudaicus).
http://egora.uni-muenster.de/fb2/exegesent/Der_religionspolitische_Hintergrund_Muenstr3.pdf


Ein Judenaufstand in Ägypten, der Cyrenaica und vermutlich auch in Palästina gefährdete die römischen Eroberungen im Partherkrieg Trajans, so dass sich Hadrian aus Mesopotamien zurückzog, und auch Hadrian hatte während des Bar Kochba aufstandes noch einmal in Judäa zu kämpfen, wobei seine Idee einer Neugründung Jerusalems als Colonia Aelia Capitolina den Widerstand der orthodoxen Juden provozierte. Dennoch änderte all das nichts am Status des Judentums als "religio licita", was sich, wie gesagt, erst unter Konstantin änderte.

Der jüdische Krieg und die Zerstörung des Tempels in Jerusalem wurde auch zur Zäsur in der Geschichte von Judentum und Christentum, die danach eigene Wege gingen seit die Tempelsteuer an den kapitolinischen Juppiter abgeführt wurde.
 
Stein des Anstoßes war wohl schon, dass die Christen jemanden als ihren Erlöser und Herrn verehrten, der von den Römern für einen Aufrührer gehalten und hingerichtet worden war. Die Juden, mit den Christen in Auseinandersetzung stehend und sie als abtrünnige Sektierer betrachtend, werden es nicht versäumt haben, die Obrigkeit auf diesen Umstand hinzuweisen. Ähnlich klagen Juden die Christen in der Apostelgeschichte (17,7) gegenüber den "Stadtobersten" von Thessaloniki an: "Sie alle handeln gegen die Verordnung des Kaisers, da sie behaupten, ein anderer sei König, nämlich Jesus." Demgegenüber war den Christen naheliegenderweise daran gelegen, sich als nicht im Konflikt mit Rom befindlich darzustellen.

Das orthodoxe Judentum stand aber der römisch-hellenistischen Gesellschaftsordnung und Kultur weitaus ablehnender und aggressiver gegenüber, als die frühen Christen, und niemand hat den Römern größere Schwierigkeiten gemacht, als die Juden

Keine Frage. So wie das Christentum wurde auch das Judentum von "heidnischen" Beobachtern als verächtlicher und schändlicher Aberglaube mit unsinnigen Lehrmeinungen und fragwürdigen Sitten eingestuft. Juden wie Christen leugneten die Götter, boykottierten die sonst in aller Welt gebräuchlichen Kulte und grenzten sich in dieser Hinsicht von der übrigen Gesellschaft ab. War das für Tacitus Anlass, bei den Christen einen "Hass gegen das Menschengeschlecht" zu diagnostizieren, so bescheinigt er den Juden "feindseligen Haß" gegen alle Nicht-Juden (Historien 5, 5,1).

Worin kann nun in den Augen Roms der Unterschied zwischen Juden und Christen gelegen haben?
Erstens hatten die Juden in Sachen Religionsausübung verbriefte Rechte, die auf Caesar zurückgingen und von Augustus bestätigt worden waren. Sie verfügten also über eine rechtliche Absicherung, an der nicht so einfach zu rütteln war.
Zweitens bildeten die Juden mehr eine abgeschlossene Gruppe als die (stärker) missionarisch tätigen (und erfolgreichen) Christen. Schwierigkeiten mit den Juden waren für Rom in erster Linie militärische Probleme, wenn nämlich messianische Erwartungen antirömische Erhebungen veranlassten (man denke an die Aufstände von 66-73, 115-117 und 132-135). Die Christen dagegen waren ein größerer Irritationsfaktor, weil sie eine erfolgreiche Missionierung betrieben und immer mehr Menschen im Reich vom "heidnischen" Gottesdienst (und vom Kaiserkult) abzogen und zum "schändlichen Aberglauben", wenn nicht zum "Atheismus" (Leugnung der Götter) verführten - womit sie aus Sicht der Obrigkeit das Fundament der ganzen Gesellschaft auszuhöhlen drohten.

Bei späteren Verfolgungen dürfte der Druck aber auch von unten ausgegangen sein...So hatten sich offenbar die Metzger und Devotionalienhändler bei Plinius über bithynische Christen beschwert, der Trajan berichtet, dass kaum noch Opferfleisch verkauft werde.

Man muss die Äußerungen des Plinius (96. Brief) nicht dahingehend interpretieren, dass es Beschwerden von Metzgern und Devotionalienhändlern gegeben hat, obwohl das zweifellos eine Möglichkeit ist. Diesen (in dem Falle mutmaßlichen) Druck von unten als entscheidend anzunehmen erscheint mir jedoch übertrieben angesichts der aufrichtigen Abscheu und Besorgnis des Plinius und auch des Traian wegen der Ausbreitung des Christentums. Plinius beklagt sich über die "Seuche des Aberglaubens", die "beinahe verödeten Tempel" und die "lange ausgesetzten feierlichen Opfer", umgekehrt freut er sich über den Abfall vom Christentum vor allem deshalb, weil "eine Masse von Menschen gebessert werden kann, wenn man der Reue Raum gibt". Ich denke, die römische Obrigkeit und Oberschicht war mehr über die Entwicklung der Gesellschaft beunruhigt als über den Absatz von Opferfleisch und Devotionalien.

...dass nicht das Bekenntnis als Christ allein (nomen ipsum) Anlass für Strafverfolgung sein soll...

Das halte ich für einen Irrtum. Plinius fragt ja, "ob schon der Name allein, auch wenn keine Verbrechen vorliegen, oder nur mit dem Namen verbundene Verbrechen bestraft werden." Die Antwort Traians lautet: Werden Christen "angezeigt und überführt" (d.h. überführt, Christ zu sein), "sind sie zu betrafen". Selbstverständlich ist man nur dann überführt, wenn man trotz Leugnung die Anrufung der römischen Götter verweigert, aber ein "mit dem Namen verbundene Verbrechen" muss man nicht begangen haben, um bestraft zu werden - es reicht schon das Bekenntnis als Christ allein. Etwas anderes ist es, dass die römische Obrigkeit von sich aus tatsächlich nicht nach Christen gefahndet hat. Das stimmt natürlich. Wenn aber einmal eine Anzeige vorlag, dann war eine Untersuchung durchzuführen und dann genügte auch das "Bekenntnis als Christ allein" für eine Verurteilung zur Todesstrafe.

Ich denke, die Hauptursache liegt im politischen begründet...
In dieser Zeit sind die schon erwähnten Kaiseropfer eben auch als Loyalitätsbekundungen für das Reich, seinen Herrscher und seinen Fortbestand gesehen worden. Verweigern dies Leute, dann lehnen die auch Reich und Kaiser ab. Mit welcher religiösen Motivation dies dann geschah ist vollkommen egal, auch, ob die Christen nun sonst loyale Untertanen waren oder nicht.

Das ist sicher richtig, doch war das Verhalten der Soldatenkaiser recht unterschiedlich gegenüber den Christen...Es waren vor allem illyrische Kaiser, die eine Art von römischen Patriotismus auf ihre Fahnen geschrieben hatten mit einer reaktionären Religionspolitik, die eine Atmosphäre beschwor, die längst der Vergangenheit angehörte.

Die zitierten Erläuterungen dürften den Kern der Sache treffen. Gezielte Verfolgung setzten erst im 3. Jahrhundets ein, als die Kaiser mehr und mehr Wert auf das Gewicht ihres Amtes und auf die Verehrung durch ihre Untertanen legten. Diese Entwicklung führte zur offenen Auseinandersetzung mit den Christen (aber auch mit den Manichäern), die erst mit dem Toleranzedikt von Nikomedia 311 ein Ende fand. Will man die Christen- und Manichäerverfolgungen verstehen, muss man sich wohl besonders mit dem römischen Kaisertum (Verfassung, Ideologie) und seiner Entwicklung befassen.
 
Grundsätzlich würde ich sagen, dass die Römer die Christen verfolgten, weil sie sie als "atheoi" (griech.: Gottlos) empfanden. In der Antike lässt sich jedoch unser heutiges Verständnis von "Atheisten" nicht anwenden, da es früher selbstverständlich war, an einen Gott zu glauben. Die Römer waren schließlich dem Kult des Polytheismus verfallen und empfanden andere Randgruppen, wie Juden und Christen, die den Monotheismus und ein anderes Verständniss des Mysteriums Gott empfanden, als gottlos und falsch, wodurch sich meiner meinung nach auch die Christenverfolgung ergab.
 
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