Warum gehörte Mecklenburg nie zu Preußen?

MacX

Mitglied
Hallo,

mein Bruder fragte mich das kürzlich, und ich wusste ihm keine rechte Antwort zu geben.

Preußen hat so gut wie das gesamte Nord- und Mitteldeutschland unter seine Kontrolle gebracht. Das kleine Mecklenburg blieb allerdings davon verschont...

Meine Vermutung war die, dass es irgendetwas mit der Verbandelung des Herzogshauses mit Russland zu tun haben könnte. Auch die Schutzmacht Schweden kam mir in den Sinn.

Vielleicht kann jemand Licht ins Dunkel bringen?
 
Es gab noch einige weitere Staaten in Nord- und Mitteldeutschland, die nie von Preußen annektiert wurden und zum Teil erheblich kleiner waren als Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Da beide im Krieg von 1866 auf preußischer Seite standen, ereilte sie auch nicht das Schicksal der feindlichen Staaten wie z.B. Hannover. Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes war die Abhängigkeit von Preußen dann so stark, dass eine Annexion nicht mehr nötig war.
 
Preußen hat so gut wie das gesamte Nord- und Mitteldeutschland unter seine Kontrolle gebracht. Das kleine Mecklenburg blieb allerdings davon verschont...

Preußen annektierte lediglich die Staaten, die sich 1866 mit Österreich verbündet hatten bzw. Preußen feindlich gesonnen waren. So annektierte Preußen nach 1866 folgerichtig das Königreich Hannover, Kurhessen und Nassau, nicht aber das mitten im hannoverschen Territorium liegende winzige Herzogtum Braunschweig, da es rechtzeitig auf die Seite Preußens getreten war. Das gilt ebenso für andere norddeutsche und thüringische Kleinstaaten, die entweder bei Ausbruch des Deutschen Kriegs 1866 mit Preußen verbündet oder aber neutral waren. Dazu zählten auch Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz.

Bezeichnenderweise ließ Preußen die süddeutschen Staaten, die auf Österreichs Seite gestanden hatten, ungeschoren, da es nicht alle deutschen Dynasien und Länder gegen sich aufbringen wollte; ein diplomatischer Schachzug Bismarcks, der - abgesehen von den Erwerbungen nördlich der Mainlinie - Mäßigung übte, um Süddeutschland seinen künftigen Plänen geneigt zu stimmen.
 
Bezeichnenderweise ließ Preußen die süddeutschen Staaten, die auf Österreichs Seite gestanden hatten, ungeschoren, da es nicht alle deutschen Dynasien und Länder gegen sich aufbringen wollte; ein diplomatischer Schachzug Bismarcks, der - abgesehen von den Erwerbungen nördlich der Mainlinie - Mäßigung übte, um Süddeutschland seinen künftigen Plänen geneigt zu stimmen.

Genau genommen ging es bei den Annexionen hauptsächlich um Hannover, um eine Verbindung der beiden Reichsteile Westfalen/Rheinland und Brandenburg/Schlesien/Preußen herzustellen. Annexionen im süddeutschen Bereich standen da eigentlich gar nicht zur Debatte, obwohl da ein Anspruch im mainfränkischen Bereich ja durchaus da gewesen wäre.
Zusätzliches Ziel war es, dass Österreich aus Norddeutschland herausgedrängt wird und die Hessen haben halt das Pech gehabt auf der falschen Seite zu stehen...
Anbei noch: Wenn Braunschweig winzig war, was ist dann mein Heimatland Schaumburg-Lippe gewesen? :scheinheilig:
 
Dieter , Braunschweig lag nicht "mitten in Hannover" sondern zwischen Hannover und Preußen. Auch haben sich die Braunschweiger 1866 rausgehalten, das ist neutral. Zu der Zeit waren die Braunschweiger gerade mal nicht sooo wehrhaft wie sonst ( in der Spitze hatten die bis zu 10% der Gesamtbevölkerung unter Waffen), 1866 wäre gerade mal der Landsturm wehrfähig gewesen.
 
Genau genommen ging es bei den Annexionen hauptsächlich um Hannover, um eine Verbindung der beiden Reichsteile Westfalen/Rheinland und Brandenburg/Schlesien/Preußen herzustellen.

Man muss sich wundern, dass das Königreich Hannover an die Seite Österreichs trat und nicht neutral blieb oder sich mit Preußen verbündete. Angesichts des hoch aufgerüsteten Preußen konnte sich der hannoversche König nur geringe Chancen auf einen Sieg ausrechnen und das Unheil folgte dann ja auf dem Fuße: zuerst in der verlorenen Schlacht bei Langensalza und danach mit der Annexion.

Annexionen im süddeutschen Bereich standen da eigentlich gar nicht zur Debatte, obwohl da ein Anspruch im mainfränkischen Bereich ja durchaus da gewesen wäre.

Immerhin wurden das Kurfürstentum Hessen und das Herzogtum Nassau annektiert und leicht hätte es auch Württemberg oder Baden treffen können. Aber dazu war Bismarck zu klug und verordnete Mäßigung, um nicht ganz Deutschland gegen Preußen aufzubringen.

Anbei noch: Wenn Braunschweig winzig war, was ist dann mein Heimatland Schaumburg-Lippe gewesen?

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Kleinste im deutschen Land? Schaumburg-Lippe war immerhin mit 340 km² nicht das kleinste Land, denn diese Ehre gebührt dem Fürstentum Reuß (ältere Linie) mit nur 316 km².

Hier gilt das Wort: Small is beautiful! :D
 
Man muss sich wundern, dass das Königreich Hannover an die Seite Österreichs trat und nicht neutral blieb oder sich mit Preußen verbündete.

Einerseits stand Preußen offiziell gegen den Deutschen Bund, dem die Mitgliedstaaten zu Beistand verpflichtet waren, zum anderen gab es auf Seiten Österreichs für Hannover mehr zu erobern. Und mit den süddeutschen Staaten im Rücken war die Ausgangsposition auf dem Papier auch gar nicht so übel.

Wie reagierte eigentlich Großbritannien auf die Absetzung des hannoverschen Königs? Vielleicht hat man sich ja auch angesichts der dynastischen Verbindungen sicher gefühlt.
 
Ach, hab hier gar nicht mehr reingeguckt :D

Vielen Dank für die Beiträge! Das beantwortet meine Frage.
 
Nur mal so nebenbei, Preußen hat ja nicht jeden einfach so annektiert, der schwächer war.
Andererseits sah Preußen Mecklenburg immer als Rückzugsland. Der alte Fritz soll mal gesagt haben: "Mecklenburg ist wie ein leerer Mehlsack, wenn man draufschlägt stäubt er noch".
Preußen schickte seine Truppen gerne ins Winterquartier nach Mecklenburg. Eine Quasiannektion. Proteste der mecklenburgischen Herzöge wurden ignoriert.
Andererseit, der mecklenburgische Adel war im preußischen Millitär stark vertreten. Der große Schweiger, Helmuth Karl Bernhard Graf von Moltke, der für Preußen 1866 die Schlacht bei Königgrätz gewann, war da das herausragendste Beispiel.
"Getrennt marschieren, gemeinsam schlagen."
 
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