Warum immer nur Unterschiede Ost/West?

Barbarossa

Aktives Mitglied
Jetzt mal wieder ein Thema von mir ( Ich hoffe, das Thema wird nicht gleich wieder geschlossen, weil es zu sehr Diskussionen über Tagespolitik zuläßt... oder sowas
ähnliches - ich will, daß wir dabei schon nach den historischen Ursachen suchen - ok? )
Also:
Meine Meinung ist, daß es DIE Ostdeutschen eigentlich nie gab. Das wird auch in einem Lied, das in den ´70er Jahren sehr populär war, sehr deutlich, denn da hieß es:
"Und kommt der Sachse nach Berlin, da könn´ se ihn nicht leiden, da woll´n se´n eene drüberzieh´n, da woll´n se mit ihm streiten und tut man ´n ooch verscheißern, sein Liedchen singt er eisern: Sing mei Sachse sing..."
Warum wird also immer nur von den Unterschieden zwischen "Ost- und Westdeutschland" gesprochen?
Gibt es dafür historische Gründe?
 
Ist doch ganz einfach: der Vergleich BRD - DDR ist ein Vergleich zwischen zwei Staaten, zwei nachlesbaren Gesetzgebungen, zwei politisch-ökonomischen Systemen. Regionale Differenzen sind dagegen höchst subjektive Geschichten, die sehr viel schwieriger nachzuvollziehen sind und meistens auch nicht wirklich wissenschaftlich erfassbar - es sei denn sie lassen sich anhand historischer Grenzen (politisch, religiös, sprachlich etc.) erklären.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist doch ganz einfach
Also ich denke, man kann ruhig etwas weiter in die Vergangenheit gehen. Der Osten Deutschlands war immer das Armenhaus; ob das nun Mecklenburg, Pommern oder Ostpreußen hieß. Es gab keine Überseehäfen, keine Infrastruktur, keine moderne Industrie, keine Bodenschätze (bis auf Oberschlesien)... Es waren eben Agrarländer, in denen die Zeit stehengeblieben schien, mit nur wenigen Lichtblicken (Berlin, Danzig, Königsberg). Zu allem Unglück wurden sie 45 auch noch besetzt durch eine Land, das auch nicht als das reichste und fortschrittlichste galt ("Russentechnik"). Weiter in die Gegenwart will ich gar nicht gehen... :devil:
 
Also ich denke, man kann ruhig etwas weiter in die Vergangenheit gehen. Der Osten Deutschlands war immer das Armenhaus; ob das nun Mecklenburg, Pommern oder Ostpreußen hieß. Es gab keine Überseehäfen, keine Infrastruktur, keine moderne Industrie, keine Bodenschätze (bis auf Oberschlesien)... Es waren eben Agrarländer, in denen die Zeit stehengeblieben schien, mit nur wenigen Lichtblicken (Berlin, Danzig, Königsberg). Zu allem Unglück wurden sie 45 auch noch besetzt durch eine Land, das auch nicht als das reichste und fortschrittlichste galt ("Russentechnik"). Weiter in die Gegenwart will ich gar nicht gehen... :devil:

Also, jetzt glaube ich es doch.
Um darauf zu antworten fehlen mir einfach die Worte.
 
Wir sollten uns hier wohl über Begrifflichkeiten einig werden...

... man kann ruhig etwas weiter in die Vergangenheit gehen. Der Osten Deutschlands war immer das Armenhaus; ob das nun Mecklenburg, Pommern oder Ostpreußen hieß. Es gab keine Überseehäfen, keine Infrastruktur, keine moderne Industrie, keine Bodenschätze (bis auf Oberschlesien)... Es waren eben Agrarländer, in denen die Zeit stehengeblieben schien, mit nur wenigen Lichtblicken (Berlin, Danzig, Königsberg).

Demnach zählst Du Sachsen und Thüringen also nicht zum Osten; Barbarossa hatte ich hingegen so verstanden, daß er mit "Osten" die fünf "Neuländer" meint.
Ergo müßte Deine Betrachtung für dieses Gebiet relativiert werden, wo das mit den hauptsächlich agrarisch-ländlich geprägten Gebieten für Mecklenburg-Vorpommern, Teile Brandenburgs und auch Teile Sachsen-Anhalts - ausgenommen davon natürlich bspw. der Hallenser Raum, der doch eher als Verdichtungsraum zu zählen ist - gilt.
Thüringen und Sachsen jedoch waren bereits vor 1945 industrialisiert und eben Verdichtungsräume, so daß sie nicht in dieses Schema passen.
Anm.: Es mag ja sein, daß an der Ostseeküste keine Überseehäfen i.e.S. gelegen sind; es wäre jedoch verfehlt, die Bedeutung der Hafenstädte dort einfach kleinzureden!

Ich stimme El Quijote zu, daß die Existenz zweier deutscher Staaten - immerhin über vier Jahrzehnte - dazu geführt hat, daß die von Barbarossa angesprochene Ost-West-Differenzierung derart stark hervorgetreten ist.
(Anm.: Eine weitere Diskussion über Sinn und Unsinn des Hervorkehrens dieser Unterschiede würde jedoch politisch werden, weswegen ich dies nicht vertiefe...)
Viel älter und mindestens ebenso signifikant verglichen mit dem Ost-West-Gegensatz war bzw. ist in Deutschland der Nord-Süd-Gegensatz.

Wenn ich nun nämlich noch weiter in der Geschichte zurückgehe, so sehe ich Gegensätze bspw. auch deutlicher zwischen Sachsen und Brandenburg (bereits zu Zeiten von Kursachsen und Preußen) als zwischen Sachsen und Bayern. Selbst mit Österreich-Ungarn hatte Sachsen in seiner Geschichte mehr Berührungspunkte als mit Preußen.
Auf der anderen Seite wiederum standen sich bspw. auch Hessen und Thüringen näher als eben Hessen und das niedersächsische Kernland um Hannover.
 
Ist doch ganz einfach: der Vergleich BRD - DDR ist ein Vergleich zwischen zwei Staaten, zwei nachlesbaren Gesetzgebungen, zwei politisch-ökonomischen Systemen. Regionale Differenzen sind dagegen höchst subjektive Geschichten, die sehr viel schwieriger nachzuvollziehen sind und meistens auch nicht wirklich wissenschaftlich erfassbar - es sei denn sie lassen sich anhand historischer Grenzen (politisch, religiös, sprachlich etc.) erklären.

Da muss ich El Quijote meine vollste Zustimmung geben. Der historische Grund, ein sehr junger historischer Grund, ist verwurzelt im Kalten Krieg.
Vor der Aufteilung, oder der Spaltung, in verschiedene politische Systeme war der Begriff "Ostdeutscher/Westdeutscher" zwar geläufig, allerdings gab es da keine genauen Grenzlinien. Lag teilweise wohl auch an der Nichtsexistenz moderner Informationsverteilung und damit dem "Mangel" an Wissen. Dazu kann ich nur empfehlen sich Bücher aus den 30ern oder 20ern zu Gemüte zu führen. Ab und zu stolpert man über eine verschwommene Grenze zwischen Ost-/West- und Mitteldeutschland! Nur waren diese Begriffe nicht so klischeehaft wie heute, sondern vielmehr nötig um den ungenfähren (Herkunfts-) Ort zu nennen.

Nach dem Krieg änderte sich das plötzlich. Zwei klare Trennlinien, zwischen denen die Diffusion sehr gering war: Oder-Neiße-Linie, die Grenze DDR/BRD. Nun konnte nach Herzenlust pauschalisiert werden, was vom Propagandawesen auch schamlos ausgenutzt wurde ("Der Westen" ,"Der Osten"). Aufeinmal war da was, was genau bestimmt werden konnte, man konnte sagen, ab da ist Westen, ab da ist Osten.
Also kann man festhalten: "Harte" Grenzen + dadurch ermöglichte "geographische" Propaganda. Natürlich eine subjektive Meinung...;)

Also ich denke, man kann ruhig etwas weiter in die Vergangenheit gehen. Der Osten Deutschlands war immer das Armenhaus; ob das nun Mecklenburg, Pommern oder Ostpreußen hieß. Es gab keine Überseehäfen, keine Infrastruktur, keine moderne Industrie, keine Bodenschätze (bis auf Oberschlesien)... Es waren eben Agrarländer, in denen die Zeit stehengeblieben schien, mit nur wenigen Lichtblicken (Berlin, Danzig, Königsberg). Zu allem Unglück wurden sie 45 auch noch besetzt durch eine Land, das auch nicht als das reichste und fortschrittlichste galt ("Russentechnik"). Weiter in die Gegenwart will ich gar nicht gehen... :devil:

Ist dir aufgefallen, dass du am Ende alle deine anfangs aufgestellten Thesen zu nichte machst?:grübel::autsch: Und was ist das überhaupt..."Russentechnik"..abfälliger geht es wohl nicht...
Wir haben in der Schule Voltmeter, russische(!!!), und die funktionieren inzwischen seit über 40 Jahren.
Und dieser Satz, der letzte: "Zu allem Unglück wurden sie 45 auch noch besetzt durch ein Land..." Also bitte...wahre deine Neutralität...
Also, jetzt glaube ich es doch.
Um darauf zu antworten fehlen mir einfach die Worte.

Haben sie bei mir auch getan, dann fielen mir ein paar ein...
 
In allen älteren Geographiebüchern, eigentlich bis 1945, findet man nicht diese Einteilung in Ost/West, sondern eine Einteilung Nord/Süd, in zwei oder drei Zonen.
Ich zitiere hier mal aus Hellwald, Die Erde und ihre Völker - Ein geographisches Handbuch Berlin 1884:

"Eine große Scheidung geht durch Europa, die von Gebirgsland und Tiefland. Dieser europäische Dualismus zweiet auch das Deutsche Reich in N.- und S.-Deutschalnd, und wird weniger durch die verbindende Mitte des Mainlandes als durch die Fluss- und Bergzüge gemildert, welche vom oberdeutschen Gebirgslande gleich ebenso vielen starken Ketten in die niederdeutschen ebenen auslaufen. Mit dieser plastischen Zweiheit des deutschen Bodens geht auch die Zweiheit seiner Bewohner Hand in Hand, soweit dieselben der deutschen Zunge angehören, was bei elf Zwölftel der Gesamtbevölkerung des Deutschen Reiches der Fall ist. Die Deutschen zerfallen nämlich in zwei den Sitten, den Anschauungen, der Sprache und höchst wahrscheinlich auch der ethnischen Herkunft nach verschiedene Stämme, in die Oberdeutschen und die Niederdeutschen; vergleichen wir nun eine Bodenrelief- mit einer Sprach- und Völkerkarte Deutschlands, so gewahren wir sofort, wie die Grenze zwischen Ober- und Niederdeutschland mit ziemlicher Genauigkeit zusammenfällt mit jener zwischen Hoch- und Tiefland. Das niederdeutsche Element sitzt vorwiegend in den norddeutschen Niederungen bis zu 200 m Seehöhe und bloß der Harz und die Höhen des Sauerlandes ragen in dasselbe hienein."

Diese inteilung Nord/Süd findet man in vielfältiger Abwandlung immer wieder, eine Einteilung Ost/West fast nirgends.

Wenn heute die Einteilung Ost /West gang und gäbe ist, so ist das ganz klar eine Folge der Entwicklung seit 1945, die durch die politische Teilung in unterschiedliche Gesellschaftssysteme zu einer ganz unterschiedlichen Mentalitätsentwicklung geführt hat. Diese überlagert heute die alte Einteilung in Nord/Süd und wird nach meiner Meinung auch von der großen Mehrheit der Bevölkerung als wesentlicher empfunden.
 
Ich glaube, dass in der wissenschaftlichen Betrachtung der Wirtschaftsformen ein Unterschied von West-Ost auch schon historisch anzutreffen ist. Ich denke da an Max Webers Werk Die Verhältnisse der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland.
http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Weber
Ähnlich beschäftigte sich Albrecht Daniel Thaer mit der Wirtschaft speziel mit der Ökonomie in Ostelbien und seiner Heimat.http://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_Daniel_Thaer
Dies klammert allerdings völlig Sachsen und Thüringen, sowie Anhalt aus.

Im preußischen Brandenburg, aber auch Mecklenburg herschten noch lange Zeit völlig andere Verhältnisse zwischen Grundherr und Leibeigener als im Rest Deutschlands. Die Gebiete blieben bis auf Berlin und wenige industrielle Zentren hauptsächlich auf die Agrarerzeugnisse wirtschaftlich festgelegt, während Sachsen mit Luxusgütern aber auch durch die reichen Bodenschätze industriel ganz anders ausgerichtet war.
Was saxo allerdings schreibt ist ziemlicher unverständlich für mich. Davon habe ich noch nie was gelesen, dass diese Gebiete seit "immer das Armenhaus" waren. Gerade im 18.Jh. (entschuldigt, dass ich wieder auf meine Zeit zurück kommen muss), hatte Ostdeutschland wirtschaftlich einen starken Aufschwung erlebt, eben weil die Küstenregionen durch den nun vor allem zur See laufenden Fernhandel von primiärer Bedeutung waren. Während Süddeutschland zusehends zurück fiel (bis auf das Kunstgewerbe wie in Augsburg) gelangten die Waren über Oder, Havel und Elbe zu den wichtigen deutschen Häfen wie Hamburg. Die Handelsrouten hatten sich entschieden verlagert, nicht zuletzt, weil die preußische Politik mit dem Bestreben nach weniger Zollgrenzen, den Warenverkehr verbesserten.
 
Ich denke gar nciht, daß die Unterscheidung in West und Ost so omnipräsent ist, wie hier gerade angenommen wird.
In Bereichen der Politik, Wirtschaft und jüngeren Geschichte ist sie das sicher. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Genauso ist es, wenn man sich die Lebensumstände nach 45 anschaut.

Interessiert man sich aber für sprachliche, religiöse oder kulturelle Unterschiede, stößt man fast nur auf die Unterteilung in Nord und Süd, allenfalls mal, daß neue Entwicklungen seit 45 kurz erwähnt werden (wie der bekannte Broiler).

Unterschiede entstehen nunmal da, wo die Vermischung und Angleichung gehemmt sind. In früheren Zeiten lagen da die Grenzen eher zwischen Nord und Süd, nach 45 war es zwischen Ost und West, und je nachdem, auf welche Zeit der Unterschied zurückgeht, den man gerade betrachtet, wird man eben auf die entsprechden Klassifizierung stoßen.
 
In allen älteren Geographiebüchern, eigentlich bis 1945, findet man nicht diese Einteilung in Ost/West, sondern eine Einteilung Nord/Süd, in zwei oder drei Zonen.
Verständlich, für einen Geographen ist die Einteilung in Tiefland (durch die Eiszeit in die heutige Form gebracht), Mittelgebirge und Hochgebirge natürlich interessanter. Ein Linguist würde die Karte in Platt- und Hochdeutsch unterteilen und wir als historisch interessierte teilen in Bezug auf die jüngere Vergangenheit eben in Ost-West.
Wir haben in der Schule Voltmeter, russische(!!!), und die funktionieren inzwischen seit über 40 Jahren.
Noch nie nach neuerer Ausstattung in der SChule gesehnt?
 
Noch nie nach neuerer Ausstattung in der SChule gesehnt?

Doch:weinen: , gesehnt schon...aber wir bekommen ja kein Geld für Neuanschaffungen oder Ausbauten. Letztens strich man uns während der Bauarbeiten den zugesicherten Betrag, es gab einen Baustopp und es gab eine Verzögerung von Monaten...:(

Aber mit den russischen Voltmetern bin ich voll und ganz zufrieden! Einfach zu bedienen, praktisch zu handhaben und noch voll funktionstüchtig!:yes:
 
was saxo schreibt, traf auf den nordosten des ehemaligen deutschen reichs zu, also die preussischen provinzen ostpreussen, westpreussen, posen, pommern und brandenburg, mit der grossen ausnahme von berlin und dem "speckgürtel". dazu dann noch die beiden mecklenburgen. das war auch, was man gemeinhin unter ostelbien verstand, agrarisch, rückständig. die meisten gebiete verlor deutschland spätestens 45.

die ddr bestand aber auch (und bevölkerungsmässig gesehen überwiegend) aus sachsen, thüringen und der provinz sachsen und eben einem teil berlins mitsamt des umlandes. DAS war einmal das industrielle herz deutschlands. dagegen waren bayern, baden oder auch württemberg "armenhäuser". warum das jetzt nicht mehr so ist, wäre ein anderes thema.

vor der wiedervereinigung war die ddr für die meisten wessies ausland, in der man wie in österreich zufälligerweise auch deutsch sprach. die wenigsten hatten kontakte oder waren gar selbst einmal dort gewesen. die generation, die das noch bewusst und in frieden anders erlebt hatte, war 89/90 schon sechzig oder noch älter. vor der wende hat man sich hier im westen eher über die anderen bundesländer lustig gemacht, als über diese "entfernten" verwandten.

ich sehe die entwicklung nach der wiedervereinigung so: beide seiten fühlten sich über den tisch gezogen. die "wessies", weil sie sehr viel geld in ein "fass ohne boden" stecken, die "ossies", weil fast alles platt gemacht wurde...
 
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