Warum konnte sich die Hanse nicht stärker durchsetzen?

Griffel

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Eine der interessantesten Erscheinungen im deutschen Raum war ja die Deutsche Hanse.
Hanse – Wikipedia
Diese Organisation verfügte ja über alle Voraussetzungen, eine "Bürgerliche Selbstverwaltung" zu etablieren. Was ja nur teilweise gelang. In der damaligen Zeit waren Städte ja relativ sichere Orte. Im Gegensatz zum flachen Land. Dennoch war die Zahl der freien Reichsstädte relativ gering. Die Hanse hatte ja zu ihren Hochzeiten mehrere Dutzend Vollmitglieder und angebundene Städte.

Innerhalb dieser Städte existierte ja eine gewisse Form von Demokratie. Natürlich nicht nach unserer heutigen Definition. Wäre die Hanse erfolgreicher gewesen, hätte sich das HRR als stabiler erweisen können. Die Städte sind und waren ja immer ein Motor des Fortschritts. Wie bekannt ist, konnte ja die Hanse an dem Zeitalter der Entdeckungen nicht "erfolgreich teilnehmen". Wenn, man in diesem Zusammenhang von erfolgreich sprechen kann.
 
Diese Organisation verfügte ja über alle Voraussetzungen, eine "Bürgerliche Selbstverwaltung" zu etablieren.
Welche wären das deiner Meinung nach?

In der damaligen Zeit waren Städte ja relativ sichere Orte.
Das kommt darauf an, wie die Machtverhältnisse innerhalb der Städte gerade waren. Wenn es da zu Auseinandersetzungen zwischen verschidenen Gruppierungen über Einfluss im Rat oder zu Fehden patrizischer Cliquen und ihrer Klientelverbände kam, konnten Städte regelrechte Pulverfässer sein.

Dennoch war die Zahl der freien Reichsstädte relativ gering.
Das Modell der freien Reichsstädte hat ja auch nur sehr bedingt etwas mit der Hanse zu tun. Der Großte Teil der Hansestädte im Norden bestand gerade nicht aus reichsunmittelbaren Städten und ein Großtel dieser Städte lag im Süden und Westen des deutschsprachigen Raumes oder in Italien und hatte wiederrum nichts mit der Hanse zu tun.

Die Hanse hatte ja zu ihren Hochzeiten mehrere Dutzend Vollmitglieder und angebundene Städte.
Aber die waren zum Großteil nicht reichsunmittelbar.

Innerhalb dieser Städte existierte ja eine gewisse Form von Demokratie.
Ne.

Als die Hanse entstand, besaßen die Städte teilweise nich einmal einen Stadtrat, der Handwerkern oder Kaufleuten zugänglich gewesen wäre.
Im Spätmittelalter ab dem 13/14. Jahrhundert setzte sich nördlich der Alpen allmählich die Entwicklung durch, dass Stadträte, die vormaligen adligen Stadtherren verdrängten aber wie offen diese Räte dann für die einzelnen Zünfte, Handelsvereinigungen etc. tatsächlich waren, das ist höchst unterschiedlich und wurde in der Regel nach und nach in Machtkämpfen zwischen dem Patriziat und diesen Korporationen ausgekämpft. Mit teilweise sehr unterschiedlichem Ausgang.
Ein Extrembeipiel ist etwa Nürnberg, wo das Partiziat diesn Machtkampf gewann und die Zünfte etc. erstmal nichts mehr zu melden hatten, teilweise aufgelöst werden mussten.
In anderen Fällen übernahmen die Handwerker und nichtpatrizischen Bürger die Macht, aber das war keine homogene Entwicklung.

Und da wie gesagt, ein großer Teil der Hansestädte gerade nicht reichsunmittelbar war, hatte dann auch der adlige Landesherr zu dessen Gebiet die Stadt gehörte noch ein Wörtchen mitzureden.

Wäre die Hanse erfolgreicher gewesen, hätte sich das HRR als stabiler erweisen können.
Angesichts ihrer räumlichen Ausdehung und ihres Zerfalls in unterschiedliche Teilnehmergruppen kaum.

Die Städte sind und waren ja immer ein Motor des Fortschritts.
Sie brachten die Vorraussetzung mit das zu sein, was nicht bedeutet, dass sie es immer unbedingt gewesen wären. Auch sollte man sich unter "Stadt" im Mittelalter nicht zuviel vorstellen. Wir reden da auch bei den kleineren Hansesstädten zum Teil von nicht mehr als einigen tausend Einwohnern, da waren die Ressourcen sehr begrenzt.

Wie bekannt ist, konnte ja die Hanse an dem Zeitalter der Entdeckungen nicht "erfolgreich teilnehmen".
Sie war auch nie zu solchen Zwecken konzipiert worden.
Die Hanse war eine Vereinigung, deren Modell der Zwischenhandel in Ost-West-Richtung grob zwischen dem Baltikum und Großbritannien und den Niederlanden war.
Sie war ein Zusammenschlusss in erster Linie von Kaufleuten, nicht einmal unbedingt von Seefahrern, die zu großen Teilen überhaupt nicht über eigene Schiffe verfügten.
Die Hanse war ursprünglich mal ein Projekt westfälischer (!) Kaufleute. Also von Händlern, die in Teilen mit der Seefahrt selbst herzlich wenig am Hut hatten, sondern gerade als eine Gruppe mit Verwurzelung im Binnenland einfach ein Interesse am Zwischenhandel hatte.

Schau dir einfach mal eine Liste der Hansestädte an:


Natürlich sind bei dem Begriff "Hansestadt" die ersten Assoziationen sicherlich Lübeck, Hamburg und die norddeutschen Küstenstädte.

Aber de facto hatte ein Großteil der in der Hannse organisierten Städte überhaupt keinen direkten Meereszugang, sondern allenfalls einen mittelbaren Zugang zum Seehandel über die schiffbaren Flüsse:

Hansestadt – Wikipedia (Bild stammt aus dem Wiki-Artikel zur Verdeutlichung).

Für diese im Binnenland verorteten Mitglieder der Hanse, wäre allein der Gedanke auf den Ozeanen irgendelche Entdeckungsfahrten zu finanzieren oder zu unternehmen, völlig abwegig gewesen. Geschweigedenn, dass sie sich da sinnvoll hätten beteiligen können.
Das entsprach nicht ihren Vorraussetzungen.
 
Ich versteh die Frage gar nicht: Stärker durchsetzen wogegen? Stärker als was? Was sind die Relationspunkte?
Was meinst du mit, "es gelang nur teilweise eine bürgerliche Selbstverwaltung zu etablieren"?
Wie viele Reichsstädte müsste es geben, damit du ihre Anzahl nicht als "relativ gering" wahrnimmst? (Es gab über 100.) Wie bemisst du die Menge?

Wie kommst du zu der These, dass das HRR stabiler gewesen wäre, wenn die Hanse erfolgreicher gewesen wäre? Wo siehst du die Zusammenhänge zwischen diesen beiden Sachverhalten und wie kommst du zu der implizit inhärenten Behauptung, die Hanse sei nicht erfolgreich gewesen? These von mir: Wäre die Hanse nicht erfolgreich gewesen, würdest du nie von ihr gehört haben!

Zum Zeitalter der Entdeckungen: Da war der Zenit der Hanse bereits vorüber. (Abgesehen davon waren die Hansestädte ja nicht nur die Küstenstädte, sondern auch u.a. Köln, Dortmund, Münster, Soest etc.)
 
Wäre die Hanse erfolgreicher gewesen, hätte sich das HRR als stabiler erweisen können.
Inwiefern? Das HRR bestand aus einer zunehmend schwächer werdenden Zentralgewalt (König/Kaiser), (vor allem in der Neuzeit dann auch noch) verschiedenen Institutionen (Reichstag, Reichskammergericht, ...) mit begrenzten Möglichkeiten und einer Vielzahl an Subjekten (größere und kleinere weltliche Fürstentümer, größere und kleinere geistliche Territorien, dazu noch Reichsstädte - teilweise in Bünden organisiert). Eine "erfolgreichere" (wie auch immer man das definiert) Hanse hätte das alles nur weiter verkompliziert. Dazu kommt ja noch, dass, wie bereits von Shinigami angemerkt, der Hanse nicht nur reichsunmittelbare Städte angehörten. Soweit Städte einem weltlichen oder geistlichen Landesherrn gehörten, gab es ohnehin oft Konflikte mit den nach mehr Selbstständigkeit strebenden Städten. Eine "erfolgreichere" Hanse hätte also im Gegenteil Fürstentümer, denen Mitgliedsstädte angehörten, noch weiter destabilisieren können. Sie hätte eine weitere Ebene dargestellt, die sich mit den Rechten von Kaiser und Landesherrn schnitt.
 
Eine der interessantesten Erscheinungen im deutschen Raum war ja die Deutsche Hanse.
Hanse – Wikipedia
Diese Organisation verfügte ja über alle Voraussetzungen, eine "Bürgerliche Selbstverwaltung" zu etablieren. Was ja nur teilweise gelang. In der damaligen Zeit waren Städte ja relativ sichere Orte. Im Gegensatz zum flachen Land. Dennoch war die Zahl der freien Reichsstädte relativ gering. Die Hanse hatte ja zu ihren Hochzeiten mehrere Dutzend Vollmitglieder und angebundene Städte.

Innerhalb dieser Städte existierte ja eine gewisse Form von Demokratie. Natürlich nicht nach unserer heutigen Definition. Wäre die Hanse erfolgreicher gewesen, hätte sich das HRR als stabiler erweisen können. Die Städte sind und waren ja immer ein Motor des Fortschritts. Wie bekannt ist, konnte ja die Hanse an dem Zeitalter der Entdeckungen nicht "erfolgreich teilnehmen". Wenn, man in diesem Zusammenhang von erfolgreich sprechen kann.
1. Freie Reichsstadt und Hansestadt das ist nicht das Gleiche. Soweit ich es überschaue, gab es beim Ende des Reiches noch 45 Freie Reichsstädte, von denen noch etliche mediatisiert wurden, ursprünglich mal gut 100 Städte, und das ist nicht "relativ wenig", sondern eine ganze Menge.

2. Als das Zeitalter der Entdeckungen begann, da hatte die Hanse als ein mittelalterlicher Städtebund ihren Zenit auch schon lange überschritten. Der Einflussbereich der Hanse ging weit über den deutschen und deutschsprachigen Raum hinaus. Ein Großteil der Städte die zeitweilig Mitglied der Hanse waren, lagen außerhalb des Heiligen Römischen Reiches. Mitglieder der Hanse waren auch Städte wie Riga, Reval und Dorpat, Bergen, Zwolle.
Die Hanse war ein Städtebund und ein Großteil der Städte war auch gar nicht am Seehandel orientiert. Beim letzten Hansetag 1669 waren noch 9 Städte vertreten. Man verbindet mit der Hanse Städte wie Hamburg, Lübeck und Bremen. Beim letzten Hansetag waren neben Lübeck, Bremen Hamburg, Rostock und Danzig auch Städte wie Braunschweig, Köln, Hildesheim und Osnabrück vertreten, die weit im Binnenland lagen. Hansestädte waren auch Städte wie Köln oder Dortmund, und einige Hansestädte waren auch recht kleine Orte wie Lemgo in Westfalen oder Korbach in Nordhessen.

3. Die Hansestädte waren ihrem politischen Gefüge nach und von ihrem wirtschaftlichen Profil sehr unterschiedlich. Unterschiedlich waren daher auch ihre wirtschaftlichen Interessen. Städte wie Köln, Hamburg, Riga oder Dortmund konnten kaum unterschiedlicher sein.


Im Rahmen ihrer Möglichkeiten haben Städte wie Hamburg, Bremen, Lübeck oder Köln sehr wohl auch im Zeitalter der Entdeckungen erfolgreich agiert. Hamburg, Bremen haben als Zwischenhändler mit Kolonialprodukten profitiert, und Städte wie Hamburg, Bremen oder Lübeck haben sich ihre Selbstständigkeit bis zur Reichsgründung bewahrt.

Hamburg hatte eine sehr liberale Verfassung. Der Historiker Percy Ernst Schramm sprach von Hamburg als einem Sonderfall der deutschen Geschichte.

Kölner Kaufleute haben im 17. Jahrhundert sehr stark am Handel mit England profitiert. Die Stadt Köln hat dadurch eine bemerkenswerte Spätblüte erlebt. Da war das große Zeitalter der Hanse schon lange vorbei.


Mit dem Heiligen Römischen Reich hatte die Hanse nicht allzu viel zu tun.

Vor einigen Monaten hast du dich gefragt, warum das Heilige Römische Reich (angeblich) nicht reformiert werden konnte.
Kurz darauf hast du dich gefragt, warum die Hanse es "versäumt hat", am Zeitalter der Entdeckungen mitzumischen.

Da haben dich verschiedene Diskussionsteilnehmer schon auf Zirkelschlüsse und Fehldeutungen hingewiesen. Mit dem Resultat, dass du einige Monate später genau die gleichen Zirkelschlüsse, die gleichen Fehldeutungen, die gleichen Klischees und Vorurteile, das gleiche (falsche) Narrativ bemühst und dich nun wunderst, was die Hanse wohl versäumt hat, weshalb das Heilige Römische Reich nicht reformiert werden konnte, gipfelnd in der These:

Hätte es mit der Hanse besser geklappt, dann wäre auch das Heilige Römische Reich reformiert worden und dann hätte es mit der Reichsgründung früher geklappt, und Deutschland und der Rest der Welt stünden insgesamt besser da.
 
2. Ein Großteil der Städte die zeitweilig Mitglied der Hanse waren, lagen außerhalb des Heiligen Römischen Reiches. Mitglieder der Hanse waren auch Städte wie Riga, Reval und Dorpat, Bergen, Zwolle.

Zwolle gehörte immerhin längere Zeit (de jure bis 1648) zum Heiligen Römischen Reich.
Die Liste bedeutender Hansestädte, die nie zum Heiligen Römischen Reich gehörten, ist lang, da könnte man z. B. noch Danzig, Königsberg, Visby oder Stockholm nennen.

Eine politisch starke Hanse hätte sicherlich nicht das Heilige Römische Reich stabilisiert.
 
Ich versteh die Frage gar nicht: Stärker durchsetzen wogegen? Stärker als was? Was sind die Relationspunkte?
Was meinst du mit, "es gelang nur teilweise eine bürgerliche Selbstverwaltung zu etablieren"?
Wie viele Reichsstädte müsste es geben, damit du ihre Anzahl nicht als "relativ gering" wahrnimmst? (Es gab über 100.) Wie bemisst du die Menge?

Wie kommst du zu der These, dass das HRR stabiler gewesen wäre, wenn die Hanse erfolgreicher gewesen wäre? Wo siehst du die Zusammenhänge zwischen diesen beiden Sachverhalten und wie kommst du zu der implizit inhärenten Behauptung, die Hanse sei nicht erfolgreich gewesen? These von mir: Wäre die Hanse nicht erfolgreich gewesen, würdest du nie von ihr gehört haben!

Zum Zeitalter der Entdeckungen: Da war der Zenit der Hanse bereits vorüber. (Abgesehen davon waren die Hansestädte ja nicht nur die Küstenstädte, sondern auch u.a. Köln, Dortmund, Münster, Soest etc.)

Welche Frage? Eigentlich handelt es sich bei @Griffels "Fragen" immer um Tatsachenbehauptungen, wobei @Griffel die Antworten auf frühere seiner "Fragen" leider ziemlich ignoriert.

Vor ein paar Monaten fragte er:

Warum konnte das Heilige Römische Reich nicht reformiert werden. Antwort: Das Heilige Römische Reich wurde reformiert, Beispiel X, Beispiel Y...

Nächste "Frage" Warum gab es keine Gebietsreform im Heiligen Römischen Reich? Antwort: Es gab Gebietsreformen, eine so radikale Gebietsreform wie sie dir vorschwebt, hätte aber den Bestand des Reiches gesprengt.

Frage (21.1.2022) Warum versäumte es die Hanse, neue Handelsrouten zu erkunden? Antwort: Die Handelsrouten waren bekannt und sie wurden von anderen Global Playern blockiert. Antwort: Als das Zeitalter der Entdeckungen begann, war der Einfluss der Hanse marginal, und das lag daran... Antwort: Von einem Versäumnis kann keine Rede sein, weil....


Darauf fragt sich @Griffel: Warum konnte sich die Hanse nicht stärker durchsetzen?
begleitet von der These: , Hätte sie sich durchgesetzt, dann hätte auch das Heilige Römische Reich reformiert werden können, dann hätte es mit der Reichsgründung früher geklappt und Deutschland und dem "Rest der Welt" wäre viel erspart geblieben.

Ich gebe zu, dass Griffels Threads einen großen Unterhaltungswert haben. In den von @Griffel gestarteten Threads werden meist auch viele kluge und sachliche Beiträge geschrieben, die sich bemühen, @Griffels Fragen sachlich und auch recht umfassend zu beantworten. Durchaus auch in sachlicher und höflicher Form zu beantworten.


So ein bisschen fühlt man sich da hoch bzw. nicht ernst genommen, wenn dann Antworten so völlig ignoriert werden.
 
Wäre die Hanse erfolgreicher gewesen, hätte sich das HRR als stabiler erweisen können.
Würden doch nur die Äpfel besser wachsen, dann ginge es auch den Birnen besser.

Die Hanse war ein Städtebund, das HRR war ein Reich. Wenn dieser Städtebund ein Ziel hatte, dann freien Handel zu ermöglichen.

Das "HRR" spielte für die Kaufleute in ihren Statuten, wie in ihrem Alltagsdenken keine Rolle.
 
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