Warum wurden die Südstaaten nach dem Bürgerkrieg so "milde" Behandelt?

Griffel

Mitglied
Ich möchte mal die Zeit nutzen, um ein Thema zu beleuchten, dass wie ich finde, nur sehr oberflächlich behandelt wird! Es geht um die Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sezessionskrieg
Es liegt in der Natur der Sache, dass man in den USA nicht gerne über diese Zeit spricht! Was einen nicht wundern muss, wenn, man sich die Folgen anschaut, die der Krieg für die jungen USA damals hatte.:rolleyes:
Die USA, waren seinerzeit noch ein blutjunges Land und erst in der dritten Generation unabhängig. Und doch gab es eine Gefahr von innen, die in einen Krieg gemündet ist.

Aber ich frage mich dennoch, warum die Südstaaten, so milde davon kamen? Immerhin, war der Krieg der Inbegriff von Hochverrat.:mad:
https://de.wikipedia.org/wiki/Reconstruction
Und dennoch wurde den rebellischen Staaten relativ schnell wieder erlaubt, in die Union zurückzukehren. Ich kann mir natürlich vorstellen bzw. denken, dass man versuchen wollte, durch relativ milde Maßnahmen, die Gräben nicht noch tiefer werden zu lassen. Allerdings dürfte das nicht bei allen auf Gegenliebe gestoßen sein.
Wäre schön wenn, sich viele beteiligen.
 
Was passiert, wenn eine Seite Rache will, konnte man in Europa nachdem 1. Weltkrieg sehen, da waren die Amis mal deutlich gescheiter.
 
Milde?
a) Der Krieg wurde ja geführt, um den Süden in der Union zu halten, also finde ich es schon logisch, dass man die Staaten wieder aufnimmt.
b) Der deutsche Wiki-Artikel lässt das in der Tat recht harmlos erscheinen. War es aber nicht so ganz:
- "Besatzungstruppen", die Südstaaten kamen zeitweise unter Militärverwaltung
- wirtschaftlicher Ruin: Der Süden war durch den Krieg ruiniert, jetzt kamen Geschäftsleute aus dem Norden und kauften alles billig auf (Grund, Viehherden, Gebäude ...) => Google "Carpetbaggers"
- bestimmten Personen des Südens wurde erst einmal das Wahlrecht oder sogar das Bürgerrecht aberkannt
c) Wäre es nach Lincoln gegangen, wäre die Reconstruction noch "freundlicher" abgelaufen, mit "malice towards none and charity for all".
Allerdings: Vizepräsident Johnson, der nach Lincolns Ermordung Präsident wurde, hatte als Vize den Hardliner gegenüber dem Süden gegeben, als Präsident war er dann tatsächlich deutlich milder als er ursprünglich verlauten ließ und richtete sich in vielen Punkten nach Lincolns Linie.
 
Gute Frage mit der >milden Behandlung der Südstaaten<.

Eine Faktenmäßige Behandlung dieser Frage ist allerdings sehr komplexer Art/Natur und führt letztendlich zu einen recht umfassenden Beitrag. Immerhin, man muss da einen Zeitraum von 1776 – 1865, also bald um die 100 Jahre betrachten.

Ich glaube im Vordergrund der damals politisch Verantwortlichen, beginnend bei George Washington/parteilos und Präsident von 1789-1797 bis Präsident Abraham Lincoln/Republikaner und Präsident von 1861 – 1865, hatten wir noch 14 weitere Präsidenten. Darunter einen Joan Adams, einen Thomas Jefferson und auch einen John Taylor. John Taylor rückte ja nur nach, der gewählte Präsident William Henry Harrison war kurz nach seiner Wahl (1 Monat Präsident) verstorben.

Also ich glaube sie alle eint das sie sich als Amerikaner, als Bürger einer Neuen Welt verstanden.

Letztendlich ist ja die USA ein Staat der aus der Verdrängung der Indianer hervorgegangen ist, ein Staat ursprünglich europäischer Einwanderer.
Wäre die USA ein Staat geworden mit ursprünglich asiatischen Einwanderer, wäre das wohl dann anders gelaufen.

Ich glaube man wollte auf diesen Territorium Frieden haben und nicht einen Import der Feindschaften der Menschen aus Europa (Jeder gegen jeden und das auch noch innerhalb gleichen Sprachraums).

Dabei war den Nordstaaten die importierte Sklaverei in den Südstaat ein Dorn im Auge oder auch eine Pestbeule die man beseitigen muss. Gleichzeit passte wohl den Verantwortlich nicht das nach Sieg über die Kolonialmacht GB sich die Kolonialmacht Frankreich vielleicht breit macht.

Aber so „Friede Freude Eierkuchen“ gabs ja nun auch nicht. Es gab allerdings in den USA die sogenannte „Reconstruktion“.
Allerdings wurden wichtige Posten durch Nordstaatler besetzt (John Schofield, Daniel E. Sickles, John Pope, Edward Ord, Philip Sheridan u.a.).

Mir persönlich gefiel dabei allerdings nicht was 1866 in Pulaski/BS Tennessee passiert.
6 Offiziere der Konföderierten (Calvin E. Jones, John B. Kennedy, Frank O. McCord, John C. Lester, Richard R. Reed und James R. Crowe) gründeten eine Vereinigung unter denen die USA noch heute in Misskredit kam.

USA heißt Liberty und nicht Bondage.

Es gibt ja auch eine Unmenge Dokumentationen, Romane, Lieder und sogar auch ein Oper.
Ich nenne mal den großen Roman „Die Füchse im Weinberg“ und ich nenne auch mal Ambrose Bierce seine Erzählung aus „Bittere Stories“ „Der Reiter am Himmel“, wo ein Sohn wärend dieser Kriege seinen Vater erschießt.

Hier noch ein Foto von mir zur ältesten durchgehend besiedelten Stadt der Europäer auf den Festland der USA. Hier BS Florida, Sankt Augustin.

Übrigens, wer gern mal die „Lady Liberty“ besuchen möchte, braucht nicht unbedingt über den großen Teich zu fliegen oder zu schippern. Über den Skagerrak geht auch.

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Ich möchte mal die Zeit nutzen, um ein Thema zu beleuchten, dass wie ich finde, nur sehr oberflächlich behandelt wird! Es geht um die Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sezessionskrieg
Es liegt in der Natur der Sache, dass man in den USA nicht gerne über diese Zeit spricht! Was einen nicht wundern muss, wenn, man sich die Folgen anschaut, die der Krieg für die jungen USA damals hatte.:rolleyes:
Die USA, waren seinerzeit noch ein blutjunges Land und erst in der dritten Generation unabhängig. Und doch gab es eine Gefahr von innen, die in einen Krieg gemündet ist.

Aber ich frage mich dennoch, warum die Südstaaten, so milde davon kamen? Immerhin, war der Krieg der Inbegriff von Hochverrat.:mad:
https://de.wikipedia.org/wiki/Reconstruction
Und dennoch wurde den rebellischen Staaten relativ schnell wieder erlaubt, in die Union zurückzukehren. Ich kann mir natürlich vorstellen bzw. denken, dass man versuchen wollte, durch relativ milde Maßnahmen, die Gräben nicht noch tiefer werden zu lassen. Allerdings dürfte das nicht bei allen auf Gegenliebe gestoßen sein.
Wäre schön wenn, sich viele beteiligen.

Wo wird denn die Reconstruction oberflächlich behandelt-in deutschsprachigen Geschichtsdokus?
Es mag sein, dass "man" in den USA sich nicht gerne an die Reconstruction erinnert, darüber gesprochen wird sehr viel, wenige Perioden in der Geschichte der USA haben im Geschichtsbewusstsein tiefere Spuren hinterlassen. In den Südstaaten hat man manchmal den Eindruck, der Bürgerkrieg habe erst vor kurzem geendet, wenn von "dem Krieg" die Rede ist, dann ist nicht der 1. oder 2. Weltkrieg, nicht der Vietnamkrieg, sondern der Bürgerkrieg gemeint. Es wird vielleicht nicht gerne, aber fast von nichts anderem gesprochen und der Bürgerkrieg durchgehechelt und "ruhmvoll gewonnen, hätte nicht...wenn nicht...Die Bewertung der Reconstruction ist sehr kontrovers.

Doch zur Frage. Der Bürgerkrieg hatte die Wirtschaft des Südens vernichtet, die Sklaverei war endlich abgeschafft. es ging darum, der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen und die Südstaaten wieder in die Union zu integrieren. Ein Strafgericht über den Süden hätte das von vornherein blockiert und unmöglich gemacht. Es gab einige radikale Republikaner, die ein Strafgericht forderten, aber das war politisch vollkommener Schwachsinn, und das wussten auch die meisten. Gegen die alten Eliten, gegen die Bewohner der Südstaaten war ein Wiederaufbau nicht zu machen. Man konnte Georgia, die Carolinas, Louisiana, Alabama, Texas und Mississippi nicht wie eine Kolonie verwalten. Es galt, der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen und die Südstaaten wieder in die Union zu integrieren. Der Norden war es bald leid, Militär in den Süden zu schicken. Rassismus war auch in den Nordstaaten weit verbreitet, auch im Norden wünschte allenfalls eine kleine Minderheit eine Gleichstellung von Afro-Amerikanern. Als die Demokraten wieder wählen durften, gab es bald wieder die Rassentrennung nach dem Motto "seperate but equal". Die Sklaverei war endgültig abgeschafft, vielerorts gerieten ehemalige Sklaven aber wieder in Abhängigkeit der Grundbesitzer.

Für den Süden und die alten Eliten war die Niederlage und Besatzung ein Trauma. In Margret Mitchells Südstaatenepos kommt Ashley Wilkes nie darüber hinweg, dass seine Welt untergegangen ist. Viele Pflanzer verloren ihr Vermögen, konnten die Grundsteuern nicht bezahlen. Mitchell zeichnet ein überaus düsteres Bild der Yankee-Besatzung und des angeblich total korrupten Regiments von Gouverneur Bullock. Die "Scalawags", Gesinnungslumpen, Südstaatler, die mit den Yankees kollaborieren und die "Carpetbeggars", Kriegsgewinnler aus dem Norden, die versuchen den Süden zu übernehmen, sind in "Vom Winde verweht" die Feindbilder der "Alten Garde von Atlanta".

Im Süden war buchstäblich eine Welt zusammengebrochen, vielerorts hatten sich aber die Besitzverhältnisse nicht grundlegend geändert. Viele Vertreter der alten Eliten hatten Grundbesitz wahren können. Die Südstaaten-Aristokratie war für immer dahin, aber natürlich existierten die genealogischen Verbindungen weiter, das vielverzweigte Verwandschafts- und Freundschaftssystem des alten Südens bestand natürlich weiter und es bildeten sich neue Verflechtungen. Manche Unternehmer aus dem Norden investierten im Süden, schickten Familienangehörige dorthin, von denen einige Gefallen am Süden fanden und die Werte der alten Eliten übernahmen.
 
Milde?
a) Der Krieg wurde ja geführt, um den Süden in der Union zu halten, also finde ich es schon logisch, dass man die Staaten wieder aufnimmt.
b) Der deutsche Wiki-Artikel lässt das in der Tat recht harmlos erscheinen. War es aber nicht so ganz:
- "Besatzungstruppen", die Südstaaten kamen zeitweise unter Militärverwaltung
- wirtschaftlicher Ruin: Der Süden war durch den Krieg ruiniert, jetzt kamen Geschäftsleute aus dem Norden und kauften alles billig auf (Grund, Viehherden, Gebäude ...) => Google "Carpetbaggers"
- bestimmten Personen des Südens wurde erst einmal das Wahlrecht oder sogar das Bürgerrecht aberkannt
c) Wäre es nach Lincoln gegangen, wäre die Reconstruction noch "freundlicher" abgelaufen, mit "malice towards none and charity for all".
Allerdings: Vizepräsident Johnson, der nach Lincolns Ermordung Präsident wurde, hatte als Vize den Hardliner gegenüber dem Süden gegeben, als Präsident war er dann tatsächlich deutlich milder als er ursprünglich verlauten ließ und richtete sich in vielen Punkten nach Lincolns Linie.

Andrew Johnson stammte aus Tennessee, und er hatte einige Sklaven besessen, war aber nicht das, was man einen Aristokraten nannte. Er verabscheute die Pflanzer-Aristokratie, teilte aber rassistische Vorurteile der Rednecks und hielt die weiße Rasse für überlegen. Fred Douglass lernte ihn persönlich kennen und sagte nach der Begegnung: Was immer dieser Mann sonst sein mag, ein Freund unserer Rasse ist er jedenfalls nicht. Johnson widersetzte sich Hardlinern der Republikaner, die ein Strafgericht über den Süden forderten, lehnte aber Lincolns Vorstellungen über die Integration der Afro-Amerikaner ab.

Dem Süden wurden eigentlich große Zugeständnisse gemacht. Für eine politische Betätigung wurde nur der Treueeid auf die Union verlangt. Aber auch das erschien vielen der alten Eliten schon als Verrat und nicht mit dem eigenen Ehrenkodex vereinbar. James Longstreet wurde heftig kritisiert, als er auf die Union schwor.

Die Niederlage und der wirtschaftliche Niedergang wurde von vielen Südstaatlern als Trauma empfunden, dennoch könnte man sagen, dass der Norden den Bürgerkrieg gewann, der Süden aber die Reconstruction. Nach dem Krieg gab es tatsächlich in einigen Parlamenten schwarze Abgeordnete. Margret Mitchell beschreibt sie als einfältige Wilde, die noch vor kurzem Afrikas Urwald bevölkerten, aber das war natürlich ein Zerrbild. 1866 wurde als erster der Südstaaten Tennessee bis 1870 auch Georgia, Louisiana und South Carolina wieder in die Union aufgenommen.

In Louisiana wurden Afro-Amerikaner teilweise mit Gewalt am Wahlrecht gehindert, zahlreiche Staaten erließen Gesetze, die das Wahlrecht erschwerten und Verordnungen, die den Erwerb von Landbesitz durch Afro-Amerikaner erschwerten. Vielerorts gerieten Schwarze in wirtschaftliche Abhängigkeit. In den 1870er Jahren war in vielen Bundesstaaten wieder eine Rassentrennung etabliert. Sie sollte sich fast 100 Jahre halten.
 
Das erklärt schon mal einiges! Danke dafür.;) Wurde der Süden eigentlich industrialisiert? Ich habe mal in der Schule gelernt, dass neben den kulturellen Unterschieden, Sprache, Sitten und Abstammung, auch der technische Stand eine Rolle dabei gespielt hat.

Die Südstaaten, hatten meines Wissens nach, so gut wie keine Industrie. Im Gegensatz zum Norden! Was mich auch schon zu einem weiteren Punkt bringt:
Im Gegensatz zum Norden, herrschte im Süden, an vielen wichtigen Dingen ja Mangel. Was dazu führte, dass die Südstaaten auf eine umfangreiche Schattenwirtschaft angewiesen waren. So gab es regelrechte Schmuggelrouten von Europa nach Amerika bzw. die Südstaaten. Unter anderem Rohstoffe und Waffen sollen ja gegen Baumwolle gehandelt worden sein.

Das dürfte der Union sicherlich nicht entgangen und alles andere als Recht gewesen sein. Was natürlich auch die Frage aufwirft, inwieweit ausländische Mächte in diesen Konflikt involviert waren! Vor allem GB hätte ja den Bürgerkrieg nutzten können, um sich einen Teil seiner Kolonien wiederzuholen. Immerhin waren die USA damals stark geschwächt. Allerdings war man im Empire damals mit sich selbst beschäftigt.

Frankreich allerdings, hätte ja durchaus die Möglichkeit gehabt, sich einzumischen! Damals war man ja in Mexiko aktiv. Und historisch gab es ja durchaus Verbindungen. Und was die Sklavenfrage anging; trotz der großartigen Erklärung der Menschenrechte, hat das niemanden davon abgehalten, sich ein Kolonialreich zuzulegen. Somit dürfte man mit Sklaverei per se kein Problem gehabt haben.

Übrigens:' Ich will niemandem auf den Keks gehen! Aber das Thema interessiert mich durchaus! Gibt es in Deutschland ein halbwegs brauchbares Buch zu dem Thema?
 
Im Auslandsrundfunk „DW“ vom 02.07.2013 findet man in Rahmen Geschichte sogar einen Artikel „Deutsche im Amerikanischen Bürgerkrieg“.

Da heißt es: „Rund 216.000 amerikanische Bürger deutscher Herkunft sollen insgesamt während der vier Jahre des Bürgerkrieges als Soldaten in der Unionsarmee gedient haben.“
Quelle: Heike Bungert, Uni Münster, Nordamerikanische Geschichte.
Heike Bungert sagt auch weiter: „In Missouri haben die Deutschen wohl tatsächlich den Ausschlag dafür gegeben, dass der Staat sich nicht der Konföderation anschloss."

Von einem Gottfried Weitzel (1835 in Winzeln, jetzt Pirmasens – 1884 Philadelphia) ist da auch die Rede.
Gottfried Weitzel, ein Generalmajor der Unionsarmee.
Er nahm 1865 mit seinen konföderierten Soldaten die Hauptstadt Richmond/BS Virginia ein. Richmond war ja damals die Hauptstadt der Konföderierten.

Nebenbei: Richmond gilt auch als eigentliche Heimatstadt von Edgar Allen Poe.

Hier zum Artikel der „DW“ mit Quelle von Uni MÜnster:
https://www.dw.com/de/deutsche-im-amerikanischen-bürgerkrieg/a-16918079
 
"Das dürfte der Union sicherlich nicht entgangen und alles andere als Recht gewesen sein. Was natürlich auch die Frage aufwirft, inwieweit ausländische Mächte in diesen Konflikt involviert waren! Vor allem GB hätte ja den Bürgerkrieg nutzten können, um sich einen Teil seiner Kolonien wiederzuholen. Immerhin waren die USA damals stark geschwächt. Allerdings war man im Empire damals mit sich selbst beschäftigt."

Der erste Oberkommandierende der Union, Winfield Scott, plante, den Krieg hautpsächlich durch eine Seeblockade der Häfen des Südens zu beenden (der "Anaconda-Plan"), gerade weil ihm bewusst war, wie abhängig der Süden von europäischen Lieferungen war. Er war gar nicht begeistert vom Gedanken, auf dem Landweg nach Richmond vorzustossen. Das hat dann McClellan ja auch mit wenig Erfolg versucht.

Da Baumwolle in Europa sehr gefragt war und England und Frankreich durchaus - aus verschiedenen Gründen - Sympathien für den Süden bzw. Aversionen gegen den Norden hatten, unterstützten sie den Süden auch. Lincoln fürchtete sogar in Zeiten großer Erfolge des Südens einen direkten Kriegseintritt Englands und/oder Frankreichs.
Das war ein Hintergrund der Emancipation Proclamation: Aus dem Krieg um die Erhaltung der Union wurde damit (zumindest im Ansatz) ein Krieg um die Abschaffung der Sklaverei - und das war dann großen Teilen der Bevölkerung England (und Frankreichs) nicht mehr zu vermitteln, wenn man auf der Seite des Südens in den Krieg eingetreten wäre. Es mag eine Art Persönlichkeitsspaltung sein, aber ein Kolonialreich erobern und ausbeuten und Sklaverei verteidigen ging für viele Menschen damals nicht zusammen.

Für mich das Standardwerk zum Bürgerkrieg: James McPherson, Für die Freiheit sterben. (im Original natürlich ein amerikansiches Buch, aber gute dt. Übersetzung).

Über die Rolle der Deutschen in dem Krieg hab ich Zulassungsarbeit an der Uni geschrieben ... ja, die Deutschen haben einen großen Beitrag geleistet, Missouri in der Union zu halten. Andererseits waren sie auch die Buhmänner (sie meldeten sich in großer Zahl freiwillig zur Unionsarmee und viele Anführer der Deutschen wurden auch hohe Offiziere, weil sie z.T. in den dt. Staaten in der Armee gedient hatten) wenn es militärisch nicht so lief (wie nach der Schlacht von Chancellorsville).
 
Das erklärt schon mal einiges! Danke dafür.;) Wurde der Süden eigentlich industrialisiert? Ich habe mal in der Schule gelernt, dass neben den kulturellen Unterschieden, Sprache, Sitten und Abstammung, auch der technische Stand eine Rolle dabei gespielt hat.

Die Südstaaten, hatten meines Wissens nach, so gut wie keine Industrie. Im Gegensatz zum Norden! Was mich auch schon zu einem weiteren Punkt bringt:
Im Gegensatz zum Norden, herrschte im Süden, an vielen wichtigen Dingen ja Mangel. Was dazu führte, dass die Südstaaten auf eine umfangreiche Schattenwirtschaft angewiesen waren. So gab es regelrechte Schmuggelrouten von Europa nach Amerika bzw. die Südstaaten. Unter anderem Rohstoffe und Waffen sollen ja gegen Baumwolle gehandelt worden sein.

Das dürfte der Union sicherlich nicht entgangen und alles andere als Recht gewesen sein. Was natürlich auch die Frage aufwirft, inwieweit ausländische Mächte in diesen Konflikt involviert waren! Vor allem GB hätte ja den Bürgerkrieg nutzten können, um sich einen Teil seiner Kolonien wiederzuholen. Immerhin waren die USA damals stark geschwächt. Allerdings war man im Empire damals mit sich selbst beschäftigt.

Frankreich allerdings, hätte ja durchaus die Möglichkeit gehabt, sich einzumischen! Damals war man ja in Mexiko aktiv. Und historisch gab es ja durchaus Verbindungen. Und was die Sklavenfrage anging; trotz der großartigen Erklärung der Menschenrechte, hat das niemanden davon abgehalten, sich ein Kolonialreich zuzulegen. Somit dürfte man mit Sklaverei per se kein Problem gehabt haben.

Übrigens:' Ich will niemandem auf den Keks gehen! Aber das Thema interessiert mich durchaus! Gibt es in Deutschland ein halbwegs brauchbares Buch zu dem Thema?

GB hatte zwei Kriege, den Unabhängigkeitskrieg von 1775-1783 und den Krieg von 1812-14 gegen die USA geführt und hatte die USA damals nicht niederringen können, außerdem hatten die USA durch den Louisiana-Kauf von 1803 und den Krieg gegen Mexiko ihr Territorium verdreifacht und ihre Einwohnerzahl verdoppelt. Die USA wieder zurückzuerobern dafür waren sie inzwischen ein zu großer Brocken und das wusste man auch in GB, außerdem hatte GB die USA inzwischen völkerrechtlich anerkannt.

Die Südstaaten-Eliten hatten vor dem Krieg kein großes Problem damit, Waren aus GB oder Frankreich zu importieren. Die satten Gewinne aus dem Baumwoll, Tabak- und Reisanbau ermöglichten den Pflanzern, Konsumartikel des gehobenen Bedarfs zu importieren, und viele der kleinen und mittleren Farmer produzierten fast alles, was der Mensch zum leben und sterben braucht selbst.

Im Laufe der Zeit lebten sich Norden und Süden wirtschaftlich auseinander, und beide hatten sehr unterschiedliche Interessen. Eine Industrie existierte so gut wie gar nicht in den Südstaaten. Im Norden hatte die Industrielle Revolution Fahrt aufgenommen, ebenso das Banken- und Versicherungswesen. Der Norden wünschte sich Schutzzölle, damit die heimische Industrie vor Konkurrenzprodukten und Importen aus GB oder Frankreich geschützt wurde. Der Süden war agrarisch geprägt, seine Absatzmärkte waren vor allem GB und Frankreich, an Schutzzöllen hatte der Süden kein Interesse, da zu befürchten war, dass GB oder F ebenfalls Schutzzölle einführten, was den Export von Baumwolle, Tabak und Reis erschweren musste. Das hatte lange vor dem Krieg schon zu einer Entfremdung geführt.

Die Südstaaten hofften auf eine Intervention GB. Die britische Textilindustrie schrie geradezu nach Baumwolle aus den USA, die qualitativ besser war, als die aus Indien und Ägypten. Die Südstaaten aktiv zu unterstützen konnte sich aber weder GB, noch F leisten. GB hatte Anfang des 18. Jahrhunderts die Sklaverei abgeschafft und war seitdem die führende Nation in der Bekämpfung der Sklaverei. Frankreich hatte die Sklaverei bereits 1790 abgeschafft, allerdings sehr schnell erkannt, dass die Sklaverei sozusagen systemrelevant war. Als die Franzosen 1762 ihr Kolonialreich in Nordamerika verloren, durften sie Guadeloupe und Martinique behalten. Die beiden "Zuckerinseln" warfen damals aber mehr Gewinn ab, als Kanada und Louisiana. Napoleon führte daher die Sklaverei in den französischen Kolonien wieder ein. 1848 war es aber auch in den Kolonien zur Abschaffung der Sklaverei gekommen. Sich in den USA zu engagieren, dabei konnte Frankreich sich eigentlich nur verzetteln, außerdem hatte F ganz andere Interessen in Mexiko und war eigentlich ganz froh, dass der Sezessionskrieg die USA daran hinderte, ebenfalls in Mexiko einzugreifen.

Die Blockade war anfangs noch ziemlich durchlässig, und Blockadebrecher wie Rhett Butler versorgten den Süden mit Waffen, Medikamenten und Kriegsgerät, aber natürlich auch mit Konsumartikeln, die mehr Gewinn versprachen. Die Yankeeblockade brachte anfangs Lincoln in Argumentationsprobleme. Wenn es sich bei der Sezession nur um eine Rebellion handelte, wozu dann diese Blockade, die in gewisser Weise eine Anerkennung der Konföderierten bedeuten konnte. Ab 1862/63 wurde die Blockade immer undurchlässiger. Die europäischen Spinnereien schrien förmlich nach Baumwolle. In den Südstaaten stapelten sich ganze Baumwoll- und Tabakernten, die auf dem Weltmarkt nicht mehr verkauft werden konnten.

Wirtschaftlich konnten GB und F eigentlich ganz gut mit der Sklaverei in den USA leben, die Textilindustrie war eigentlich auf die qualitativ hochwertige Ware aus den USA angewiesen, politisch aber konnte es sich eigentlich keine Macht leisten, die Konföderierten Staaten anzuerkennen oder gar aktiv in den Krieg auf Seiten der Konföderierten einzutreten. Ein solches Projekt hätte politischen Selbstmord bedeutet- und so blöd ihn zu begehen war niemand. Frankreich hatte ohnehin ganz andere Interessen bereits in Mexiko.
 
Übrigens:' Ich will niemandem auf den Keks gehen! Aber das Thema interessiert mich durchaus! Gibt es in Deutschland ein halbwegs brauchbares Buch zu dem Thema?

Der bekannte Militärhistoriker Marcus Junkelmann, der in Deutschland durch seine experimentellen Archäologieprojekte bekannt wurde, hat auch ein Buch über den Sezessionskrieg geschrieben:

Marcus Junkelmann, Mörgenröte am Potomac.
 
Vorsichtiger Hinweis: Ich finde es nicht zielführend, bei einer Diskussion / einem Gespräch über Geschichte immer Beispiele aus fiktionalen Romanen mit einfließen zu lassen. Margaret Mitchells "Vom Winde verweht" mag ein tolles Buch sein, als Grundlage für historisches Wissen taugt es nicht (immer). Rhett Butler ist ein fiktionaler Charakter und kein Blockadebrecher, der wirklich existierte.
 
Vorsichtiger Hinweis: Ich finde es nicht zielführend, bei einer Diskussion / einem Gespräch über Geschichte immer Beispiele aus fiktionalen Romanen mit einfließen zu lassen. Margaret Mitchells "Vom Winde verweht" mag ein tolles Buch sein, als Grundlage für historisches Wissen taugt es nicht (immer). Rhett Butler ist ein fiktionaler Charakter und kein Blockadebrecher, der wirklich existierte.
@Papa_Leo das kommt hier darauf an, ob der literarische Text a) aus der betrachteten Zeit und Region stammt und b) ob er sich mit dieser thematisch befasst. Trifft beides zu, kann er quellenkrtisch ausgewertet werden.
Zur Heuschreckenvariante des Frühkapitalismus im Zarenreich ist Dostojewskis fiktionaler Roman "böse Geister" eine der relevantesten Quellen.
 
Ja, aber Quellenkritik sehe ich hier keine. Vielmehr werden hier literarische Darstellung und historische Wirklichkeit z.T. ohne Trennung vermischt.
 
Das kann ich in den so lesenswerten wie kundigen Beiträgen von @Scorpio zur amerikanischen Geschichte nicht sehen. Die ausgewählten Beispiele aus passenden (!) literarischen Texten ergänzen bzw illustrieren die Deskription von Haltungen und Stimmungen bestimmter Bevölkerungsteile.
 
Vorsichtiger Hinweis: Ich finde es nicht zielführend, bei einer Diskussion / einem Gespräch über Geschichte immer Beispiele aus fiktionalen Romanen mit einfließen zu lassen. Margaret Mitchells "Vom Winde verweht" mag ein tolles Buch sein, als Grundlage für historisches Wissen taugt es nicht (immer). Rhett Butler ist ein fiktionaler Charakter und kein Blockadebrecher, der wirklich existierte.

Mitchells Roman Vom Winde verweht erschien Ende der 1930er Jahre, sie kannte die Sklaverei, die Reconstruction und den KKK nicht aus eigenen Erfahrungen. Rhett Butler ist natürlich eine fiktive Persönlichkeit. Er und seine Geschäftspraktiken u. a. als Blockadebrecher sind aber doch recht authentisch und realistisch beschrieben.

Ähnliches gilt natürlich auch für Harriet Beecher Stowes Roman Uncle Tom´s Cabin. Die Handlung, die Charaktere sind allesamt fiktiv. Der Roman erschien 1851, und die Autorin hatte für den Roman sehr akribisch recherchiert. Beecher Stowe veröffentlichte nachdem ihr Roman eine wahre Flut von Parodien und Anti-Uncle Tom-Romane zur Folge hatte, ein Werk "A key to Uncle Tom, in dem sie sich zu Vorlagen und realen Vorbildern äußerte.

Der Roman ist ein fiktives Werk, Praktiken des Sklavenhandels, Preise von Sklaven, Lebensumstände, Praktiken von Sklavenfängern, Stationen der Underground Railroad werden sehr ausführlich und auch durchaus sehr authentisch und realistisch beschrieben. Wenn auch fiktiv, bildet der Roman doch zu einem guten Teil wenn nicht die historische Realität, so doch die historische Wirklichkeit in den USA im Jahre 1851 ab. Ein literarisches Werk kann so natürlich auch als historische Quelle dienen.
Auch nicht fiktiven historischen Quellen wird ein Historiker bei weitem nicht alles glauben.

Vom Winde verweht erschien Jahre nach dem Bürgerkrieg, und das Buch übernimmt die Sichtweise der alten Eliten im Bezug auf die Sklaverei, die Schwarzen, die Reconstruction. Es ist aus heutiger Sicht zweifellos rassistisch und problematisch. Rhett Butler erschießt einen Schwarzen, weil der eine Lady (sexuell) belästigt hat. Er ist eifersüchtig und vergewaltigt Scarlett, die es insgeheim genießt. Ich mag den Roman trotzdem, und mentalitätsgeschichtlich kann natürlich auch Vom Winde verweht als Kulturdokument dienen. Das Lebensgefühl der Kriegsgeneration ist doch recht authentisch beschrieben. Das mag auch ein Grund sein, weshalb der Roman nach der Bibel das meistverkaufte Buch in den USA ist. Natürlich ist eine Figur wie Ashley Wilkes fiktiv. Nicht fiktiv ist aber das Lebensgefühl vieler Südstaatler, dass ihre Welt und das soziale Gefüge in dem sie eine bestimmte Rolle spielten untergegangen ist. "Vom Winde verweht" erzeugt starke Bilder.

Literarische Texte können natürlich auch historische Quelle sein. In einem sehr alten Thread schrieb ein nicht mehr aktiver Forianer, fingalo, in ganz anderem Zusammenhang, dass 5000 gefundene Exemplare von Hänsel und Gretel nicht die Existenz von Lebkuchenhäusern beweisen würden, dagegen schon, dass es zur Abfassungszeit schon Lebkuchen gab. Wenn Theodor Fontane in Effi Briest von einem "Mirambo" spricht, so ist das ein Indiz dafür, dass Fontane Henry M. Stanleys "Wie ich Livingstone fand" und "Durch den Dunklen Erdteil gelesen hat, bevor er Effi Briest schrieb.

In einem anderen Thread habe ich mal darauf verwiesen, dass es Yankees gab, die Plantagen im Süden besaßen oder über Strohmänner daran beteiligt waren. Als Beleg habe ich damals die Figur des Simon Legree in Beecher-Stowes Roman angeführt. Simon Legree ist natürlich eine fiktive Figur. In einer wissenschaftlichen Arbeit würde ich reale Figuren erwähnen, um die These wirklich empirisch felsenfest zu belegen.

Ein zeitgenössischer Roman, im Jahre 1851 erschienen, ist sehr wohl eine Quelle für die These, dass es in den USA 1851 Yankees gab, die im Süden lebten und Plantagen betrieben oder über Strohmänner daran beteiligt waren

Grundsätzlich kann alles eine historische Quelle sein. Wenn ich mich mit dem amerikanischen Walfang im 19. Jahrhundert beschäftige, ist Moby Dick eine unschätzbare Quelle, auch wenn Kapitän Ahab, Starbuck, Quiqueg fiktiv sind. Natürlich sind sie fiktiv, aber sie sind authentisch. Als Beleg, dass es um 1851 in New Bedford und Nantucket Harpuniere aus Polynesien gab und Wampanoag-Indianer und Afrikaner, dafür kann Moby Dick schon dienen.

Der Roman erschien 1851, im gleichen Jahr wie Uncle Toms Cabin,herman Melville erlebte den Erfolg seines Romans nicht mehr.
 
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