Was genau war der Unterschied was die Lebensweise angeht?

Striezi

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Die Franzosen haben den Liberalismus bereits vor den Deutschen angenommen. Nach Deutschland kam er ja erst nach dem verlorenem ersten Weltkrieg. Was genau war etwa anno 1900 der Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich was die Lebensweise und das Alltagsleben angeht.
 
Bei Mark Hewitson: National Identity and Political Thought in Germany wird ein Vergleich des Wilhelminischen Deutschlands mit Frankreich einerseits und GB andererseits - beide als "West" bezeichnet - vorgenommen. Ausgangspunkt ist allerdings die These vom "Sonderweg" Deutschlands.

Im Ergebnis sieht Hewitson im politischen Bereich Angleichungsprozesse vor dem WW1 vom DR zu F und GB. Gleichzeitig konstatiert er, auch in Bezug auf Weber, dass gerade im DR eine zunehmende Heterogenität in der nationalstaatlichen Identität sich ausprägt.

Ein Prozess, der sich auch in den politischen bzw. sozialen Konfliktlinien nach dem WW1 fortsetzt.

Ein Vergleich der "Lebensweisen" oder des "Alltagsleben" ist mir als "Studie" nicht bekannt, was nicht viel aussagt. Ich hätte auch meine Zweifel, ob es jenseits von Kennzahlen aus komparativ aufgebauten Statistiken einen Zugang gibt.

Die Beschreibung von "Lebensweisen" hat Bourdieu mit den "Feinen Unterschieden" für die französische Nachkriegsgesellschaft - für die 70er Jahre - vorgenommen. Eines der interessantesten und methodisch anspruchsvollsten Bücher, um eine Gesellschaft zu beschreiben.
 
Unserer Geschichteprofessorin meinte, dass Deutschland auch vor dem erste Weltkrieg viel konservativer war als Frankreich oder UK. Jetzt meine Frage: worin äußerte sich das?
 
Eure Geschichtsprofessorin hat Euch aber sicherlich nicht aufgefordert nicht mit zu denken oder selber mal etwas zu lesen.

Oben wurde auf die Diskussion zur "Sonderweg"-These hingewiesen. Das findest Du im Web sicherlich alleine.

Die Wirkungen des Defizits an "politischer Kultur" beschreibt dann Winkler (Weimar 1918-1933) wie folgt: "Wenn es eine Ursache letzter Instanz für das Scheitern der Weimarer Republik gibt, liegt sie in den massiven Vorbehalten gegenüber der westlichen Demokratie, die es in Teilen der Gesellschaft, mit am stärksten aber im gebildeten Bürgertum gab. Die Vorbehalte hatte ihren tieferen Grund in der obrigkeitlichen Prägung der politischen Kultur Deutschlands...."

Und dieses Defizit an demokratischem Verständnis einer Generation, die ihre politische Sozialisation im Kaiserreich hatte.

Das ließe sich durch zahlreiche Stichworte ergänzen, die auf die Androhung eines Staatsstreichs durch Bismarck, auf die "Sozialistengesetze" oder auf die "verspätete Nation" abzielen.

Unabhängig davon, dass das Kaiserreich ein Rechtsstaat mit einer Verfassung war. Nicht schwarz oder weiss, sondern grau.
 
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