Was ist eine Fluchtburg?

Marcia

Aktives Mitglied
Ich bin auf diesen Begriff wiederholt gestoßen, jetzt wieder in „Die Daker – Archäologie in Rumänien“, wo die dakische Königsstadt Sarmizegetusa im Unterschied zu den anderen dakischen Festungen als Fluchtburg bezeichnet wird. Was eine Fluchtburg ist und wodurch sie sich von anderen Burgen unterscheidet, ist mir aber bisher nicht klar geworden. Kann mir das jemand erklären?
 
Guten Morgen!

Eine Flieh- oder Fluchtburg ist eine Befestigungsanlage, die meist nicht fest bewohnt war (z.B. von einer Adelsfamilie), sondern dazu diente, der Bevölkerung der Umgebung Schutz vor anrückenden Feinden zu geben. Diese zogen sich bei einer Alarmierung mit ihrer Familie und ihrem Gut (Wertsachen und auch ein Teil des Viehs - einiges mußte aber zwangläufig dem Feind zur Plünderung überlassen werden) in diese Befestigung zurück, um dort den Feindeseinfall auszusitzen oder sich besser verteidigen zu können als auf ihren Höfen.

Ich hoffe geholfen zu haben!

HvS
 
Speaker schrieb:
PS: Wie kann ich eigentlich so ein Link umbenennen, so daß da z.B. nur ein Wort steht? :ichdoof:

Du mußt folgenden UBB-Code anwenden:

[ URL=URL_der_Webseite]angezeigter Text[/URL ]

Damit du den Code lesen kannst, habe ich nach der ersten und vor der letzten eckigen Klammer ein Leerzeichen gelassen, die du bei Anwendung natürlich entfernen solltest.
 
Speaker schrieb:
PS: Wie kann ich eigentlich so ein Link umbenennen, so daß da z.B. nur ein Wort steht? :ichdoof:

Im WYSIWYG-Editor ist es am Einfachsten:
Du schreibst zuerst das Wort, markierst es, kopierst dann den Link und fügst ihn über den Button, der aussieht wie eine Weltkugel mit unten zwei Kettengliedern dran, in den Text ein.

v. Salzas Version funktioniert natürlich auch - aber nicht jeder mag gerne Codes schreiben
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank an Speaker und H. v. Salza für die schnelle Antwort, ich habe nun etwas genauere Vorstellungen. Ich war mir nicht sicher, ob sich der Begriff von fliehen/flüchten ableitet.

Danke und Gruß
Marcia
 
War eine Fluchtburg auch zur aktiven Verteidigung geeignet/gedacht oder fast auschließlich auf "drinhocken und warten" ausgelegt?
 
Ich kann dazu nur sagen, dass Sarmizegetusa über Wehranlagen, -türme, Kriegsmaschinen... verfügte und die Daker sich gegen die Römer verteidigt haben, weiß aber nicht, ob das auch für andere Fluchtburgen gilt.
 
Themistokles schrieb:
War eine Fluchtburg auch zur aktiven Verteidigung geeignet/gedacht oder fast auschließlich auf "drinhocken und warten" ausgelegt?

Wie H.v.Salza schon erwähnte werden als Fluchtburgen Befestigungsanlagen bezeichnet, die, wenn sie nicht gerade benötigt wurden, unbewohnt waren. Daher gibt es auch nicht viele Funde aus solchen Anlagen.

Die Anlagen waren meist von einfacher Art, und bestanden aus Gräben, Wällen und Palisaden. Einen Bergfried, zinnenbewehrte Mauern mit Pechnasen, Mauertürmen, Tortürmen und eine Garnison hatten sie nicht.

Beispiel: http://www.regionalgeschichte.net/1151.html

Und wenn sie das hatten, werden sie gewöhnlich nicht mehr als Fluchtburgen bezeichnet.

Das Volk, dass sich in einer solchen Fluchtburg einfand, war sicher keine militärische Truppe, sondern ein zusammengewürfelter Haufen.

Sie werden sich, aus dem Schutz der Anlage heraus, so gut verteidigt haben, wie es nach Personal und Ausrüstung eben möglich war, aber das Gelingen militärisch bedeutsamer Operationen kann ich mir unter den Voraussetzungen nicht vorstellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gibt es nicht auch später -sprich bspw. im Mittelalter- den Begriff Fluchtburg? Da scheint er m.W.n. auch für dauerhafte Festungen angewandt worden zu sein, die für das umliegende "Landvolk" in Kriegszeiten zugänglich waren und ansonsten wohl die Wohnstätte von Rittern etc. darstellten...inwiefern das auf antike Zeiten übertragbar ist, weiss ich nicht, wobei ich generell denke, dass dies kein feststehender Begriff ist, sondern durchaus epochale und regionale Unterschiede beeinhaltet...
 
Ich finde die unterschiedlichen Meinungen hier interessant.:)
Die dakische Königsstadt (antik) war – das liegt zumindest nahe – mehr als eine Fluchtburg. Als Laie traue ich einer Begriffszuordnung, die von Fachleuten getroffen wird.
 
Macca schrieb:
Gibt es nicht auch später -sprich bspw. im Mittelalter- den Begriff Fluchtburg? Da scheint er m.W.n. auch für dauerhafte Festungen angewandt worden zu sein, die für das umliegende "Landvolk" in Kriegszeiten zugänglich waren und ansonsten wohl die Wohnstätte von Rittern etc. darstellten...inwiefern das auf antike Zeiten übertragbar ist, weiss ich nicht, wobei ich generell denke, dass dies kein feststehender Begriff ist, sondern durchaus epochale und regionale Unterschiede beeinhaltet...

Zur Erklärung dazu erlaube ich mir, aus Werner Meyer "Deutsche Burgen, Schlösser und Festungen" zu zitieren...

Fliehburg der jüngeren Steinzeit schrieb:
Die Burg... ist auf einer sanften Anhöhe, die eine gute Übersicht über das Gelände bietet, an das Flußufer angelehnt. Ein riesiges halbrundes Hindernis wird durch einen Wall zwischen zwei Sohlgräben gebildet, der in einigem Abstand innen von einer Palisade begleitet wird. zahlreiche Tore führen in den Innenraum. Während der äußere Graben nur von den Toren durchbrochen ist, hat man dem inneren mehrere Erdbrücken eingefügt, über welche die Verteidiger schnell ihren Platz auf dem Wall hinter der Brustwehr erreichen konnten. Die Tore waren im allgemeinen offen, nur in Kriegszeiten verrammelte man sie mit Holzwerk...
Fluchtburgen sind durch die Vielzahl der Tore kenntlich, während die Anzahl von weniger Toren auf dauernde Besiedlung deutet...

Germanische Fliehburg um die Zeitwende schrieb:
... liegt auf einer Bergkuppe und ist von drei Verteidigungsringen aus je einem Spitzgraben... mit vorgelagertem Erdwall und verschiedenartigen Palisaden umschlossen...
... so begegnen uns diese Anlagen... auch noch in den Kriegen, die Karl der Große zur Eroberung des Sachsenlandes führte. Diese Burgen waren die Hauptziele seiner Feldzüge, weil die Sachsen, die lange die offene Feldschlacht vermieden, an ihnen den stärksten Rückhalt ihres Widerstandes fanden...
Sie (die Germanen - Anm. von mir) hatten eine aristokratische Gesellschaftsordnung mit demokratischem Einschlag, und demnach waren ihre Burgen Herrenburgen, zu deren Bau und Erhaltung das Volk beitrug, um auch in Notzeiten Schutz zu genießen...

Anm.: Fliehburg und Fluchtburg werden in der Literatur synonym verwendet - wird aus den Textstellen ja auch ersichtlich...

Obwohl man über manche Interpretation Meyers evt. streiten mag (was hier aber nicht Thema sein sollte), so wird doch eines deutlich: es gibt zum Mittelalter hin eine Entwicklung von der reinen Fliehburg oder Fluchtburg zur Herrenburg, welche dem "gemeinen Volk" aber immer noch den Schutz in Kriegszeiten bot, was die traditionelle Fliehburg bereits tat.
Diesen Charakter (Schutzfunktion für die Untertanen in Notzeiten) behielten mW auch die Burganlagen bis ins Hochmittelalter bei, wenngleich die Literatur da nicht mehr von Fliehburgen spricht - was auch dahingehend Sinn macht, da es tatsächlich Herrensitze waren.
Eine diesbezüglich interessanter mittelalterlicher Burgentyp (im süddeutschen Raum) ist die sogenannte Turmburg bzw. das Turmhaus, zu dem ich mich an anderer Stelle bereits einmal geäußert hatte: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=142739&postcount=20
 
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