Was ist von dieser Seite zu halten?

Ashigaru

Premiummitglied
Offenbar eine neue "Strömung" in der Laienforschung zu den Germanenkrieg:

http://www.kult-ur-institut.de/cms/...le=article&sid=68&mode=thread&order=0&thold=0

Die Verfasser nehmen eine Provinzialisierung Germaniens schon zurzeit der Drusus-Feldzüge an. Das Interessante an der Seite sind Infarot-Luftaufnahmen, die römische Lager bezeugen sollen. Die Autoren wollen aber sogar auch Gutshöfe mit den typischen Risaliten festgestellt haben.

Allerdings sehen gerade diese Fotos von den Gutshöfen ein wenig fragwürdig aus. Gleiches gilt für einige der Lager-Aufnahmen, besonders die von den angeblichen Lagern in Büren und Nienheim.
Dazu gibt es an einer Stelle eine ebenfalls merkwürdige Erklärung:

"Dieses Abschneiden erklärte sich dadurch, dass für den Fotografen während der Bildaufnahme die Strukturen unsichtbar waren. Diese sind erst nach der Diaentwicklung auszumachen."

Wie konnte er die Bewuchsmarken dann überhaupt finden?

Ich bin kein Experte für Luftbildarchäologie, aber ich finde einiges daran recht ominös.
Was haltet ihr davon?
 
@ Mercy: na ja, ich möchte dem Club an sich gar nicht die Existenzberechtigung absprechen, mit Irenäus Eibl-Eibesfeldt ist sogar eine in der Psychologie recht bekannte Persönlichkeit unter den Mitgliedern, zu den Links kann ich auch nur soviel sagen, dass mit dem Dünsberg-Verein ein lokal durchaus renommierter Verein aus meiner Gegend dabei ist.

Aber mir gings sowieso mehr um den Artikel, dessen Seriosität ich unter anderem deswegen absprechen möchte, weil die Autoren im Text architektonische Strukturen aus dem Limesgebiet in die frühe Kaiserzeit zurückprojizieren. Aber es sind halt die Fotos: Es wäre sicher nicht schwer, es am Computer etwas zurecht zu fummeln. Aber hätte wirklich jemand die Chuzpe, sowas zu "basteln"? Hat jemand irgendwelche Informationen von anderer Seite über die dort beschriebenen Anlagen?
 
Ashigaru schrieb:
Die Verfasser nehmen eine Provinzialisierung Germaniens schon zurzeit der Drusus-Feldzüge an. Das Interessante an der Seite sind Infarot-Luftaufnahmen, die römische Lager bezeugen sollen. Die Autoren wollen aber sogar auch Gutshöfe mit den typischen Risaliten festgestellt haben.

Es wird hier allerdings vergessen, daß Drusus bei ARBALO fast vernichtet wurde. Ferner gab es um die Zeitenwende einen "immensum bellum" (=ungeheurer Aufstandskrieg). Tiberius mußte dann bis 4 n.Chr. erst alle Stämme wieder unterwerfen bzw. durch Verträge an sich binden (Cherusker).
Zweifelsfrei hat Drusus auch Standlager bzw. Versorgungslager gebaut, die er für seine Expeditionen dringend benötigte. So starb Drusus nach Sueton auch im Sommerlager (castra scelerata).

Florus II30,26f. schrieb in der letzten Zeit des Drusus, daß in Germanien Frieden herrschte und die Germanen wie verwandelt seien und selbst das Land sei wie ein anderes und das Klima milder.....also Friede, Freude, Eierkuchen. Aber ob das schon für eine Provinzialisierung ausreichte? :grübel:
Das bezweifel ich. Erst nach Tiberius muß Varus von einem ruhigen Germanien ausgegangen sein. Vorher waren römische Siedlungen doch eher ein "gefundenes Fressen" für Germanen auf Raubzug. So sind römische Siedlungen erst im Frieden in bestimmten Gebieten möglich gewesen (siehe Waldgirmes).
 
Ich habe mir die Seite noch nicht angesehen, aber kann man nicht auch - aus römischer Sicht -ein noch gar nicht erobertes Gebiet zur Provinz erklären? Immerhin kommt Provinz von pro vincere, was ich als 'zu besiegen' wiedergeben würde.
 
Das ist es ja eben, die Autoren gehen davon aus, dass Germanien schon unter Drusus zur Provinz wurde und sogleich eine Besiedlung eingesetzt hat. Das denke ich nicht. Sehr merkwürdig finde ich halt, dass sie gleich eine Handvoll möglicher Römerbauten parat haben inklusive "Villae Rusticae". Erinnert ein wenig an die Vorgehensweise von Friebe, der gleich mal einige mittelalterliche und neuzeitliche Bauten im Umkreis von Halberstadt zu römischen Bauwerken erklärt hatte. Nur ist das hier sehr viel professioneller zumindest im Vergleich zu ihm, und einige der Fotos könnten tatsächlich Militärlager zeigen. Bei anderen hab ich so meine Zweifel....

@ Cherusker: übrigens beziehen die sich hauptsächlich auf ebenjenes Florus-Zitat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ashigaru schrieb:
@ Cherusker: übrigens beziehen die sich hauptsächlich auf ebenjenes Florus-Zitat.

Und das ist auch das Problem, das diese "Experten" haben. Sie denken immer alle, wenn es ruhig war, dann wurde auch gleich besiedelt.
Es muß auch bedacht werden, daß Augustus und Tiberius erst 8 v.Chr. die römerfeindlichen Sugambrer durch einen "Trick" ihrer Führung beraubten (ähnlich Caesar bei den Usipeter und Tencterer) und dann ca. 40.000 von ihnen auf der linken Rheinseite ansiedelten (wohl in der Gegend von Xanten). Diese Maßnahme hat bei den anderen Germanen und vor allem bei den Verbündeten der Sugambrer (z.B. die Cherusker) bestimmt kein Vertrauen zu den Römern erweckt. Eher hat es Mißtrauen geweckt!

9v.Chr. ist der Tod des Drusus zu verzeichnen und nach der Sugambrerübersiedlung hat es in den folgenden Jahren nur verstreute Meldungen gegeben. So wird Domitius Aehnobarbus erwähnt, der die "Langen Brücken" anlegte und sogar kurz die Elbe überschritt. Tiberius selbst fiel bei Augustus in Ungnade und zog sich für 7Jahre zurück (Rhodos).
Diese allgemeine Ruhephase mag für römische Händler interessant gewesen sein, aber das gleich mit einer Besiedlung zu verbinden, ist schon sehr gewagt. :confused:

Ferner stand den Römern auch ganz Gallien zur Verfügung. Sie benötigten daher nicht unbedingt neuen Lebensraum. Was sie brauchten waren finanzielle Mittel und die konnten die Römer durch Steuereintreibungen und Anwendung von römischen Recht auch bekommen.
Diese Entwicklung führte zu dem großen Aufstand um die Zeitenwende. Erst der aus seinem Exil zurückgekehrte Tiberius sorgte wieder für Ruhe.
Es soll der Fehler des Varus gewesen sein, daß er Germanien als Provinz ansah. Die Germanen haben sich mit Sicherheit nicht als ein Teil des Römischen Imperiums empfunden.

Und Friebe ist nur noch peinlich.....seine Erklärungen für seine Theorie werden immer schwächer. Ich selbst kann kein Latein, aber ich gebe nur den Hinweis "limes romana" :yes: . Und in einer neuen Übersetzung (wo war da eigentlich der Anlaß? :grübel: ) hat er sich wieder blamiert. :rolleyes:

Allein seine Behauptung, das bei Halberstadt ein "saltus" (so bezeichnet er es) bestanden hat, in dem schon Steinbauten errichtet wurden (übrigens ohne Bevölkerung, erst einmal bauen und dann als die "Neue Heimat" an die Römer übergeben), widerspricht dem Stand der römischen Entwicklung in Germanien. So sind alle anderen römischen Lager an der Lippe aus Holz-Erde-Konstruktionen errichtet worden, nur im tiefen Osten umzingelt von Germanen fingen anscheinend die Römer an aus Stein zu bauen..... :grübel:
Das muß für die Germanen wie ein Supermarkt gewesen sein. Jedes Jahr hätten sie diesen "saltus" ausgeplündert. =)
Allein Friebe sein Umgang mit Andersdenkenden läßt schon auf sein Verständnis zu anderen Leuten schließen. Wenn man ihm schmeichelt und ihn in seiner wilden Theorie unterstüzt, dann gibt er sich als wohlwollender "Oberlehrer", der eine Bleiwüste nach der anderen schreibt, obwohl man es gar nicht gefragt hat..... Hinterfragt man dagegen seine zweifelhaften Behauptungen, dann wird man mit einigen Ausdrücken beschimpft und herabgewürdigt.
Und jetzt haben wir hier auch noch seinen "kleinen Helfer" im Forum......

P.S. Aber lustig ist das Friebe-Forum schon...die Erklärungen von Friebe und seinen Freunden (siehe Ringkrieger Marko) sind beste Comedy! :)
Und mir hat bisher dort am besten der "Dunkle Mönch" mit seinem Kommentar gefallen! :yes:
 
Zitat:" "Dieses Abschneiden erklärte sich dadurch, dass für den Fotografen während der Bildaufnahme die Strukturen unsichtbar waren. Diese sind erst nach der Diaentwicklung auszumachen."

Wie konnte er die Bewuchsmarken dann überhaupt finden? "

Ganz einfach! Er hat sie nicht gefunden, sondern das Gebiet wurde taktweise und vollständig fotografiert und erst bei der Bildauswertung werden erst die Anomalien entdeckt. Das ist ein 08/15 Verfahren in der Fernerkundung.

Was spricht eigentlich, jetzt mal abseits ideologisch-akademischer Tabus, gegen eine römische Besiedlung des östlichen Germaniens? Es könnten sich doch um "wilde" Siedlungen handeln, um vorgelagerte Handelsposten oder ähnliches. Vergleichbares hat es in der Geschichte immer wieder gegeben.
 
Her Koch, heute um 90, fotographiert, zum Teil mit speziellen Kameras vom Flugzeug aus. Teilweise fotographiert er und sucht später, teilweise fotographiert er Besonderheiten, die vom Flugzeug aus zu erkennen sind. Seine Aufnahmen sind allerdings in Archäologenkreisen nicht unumstritten. Grabungen anhand seiner Fotos waren oft ohne Befund. Zum Teil verfährt er auch sehr großzügig mit seinen Datierungen. Nichts desto Trotz hat er der Nachwelt eine große Menge von Luftbildern hinterlassen.
Historische Aussagen die sich ganz allein auf seine Aussagen stützen, sollten nicht einfach übernommen werden, was nicht in jeden Fall die Richtigkeit bestreiten soll. Zur Frage der Römerpräsenz im Weserbergland läßt sich ein solcher durchaus vermuten, da die Cherusker, die in diesem Gebiet allgemein angesetzt werden mit ihnen lange Jahre verbunden waren. Die Römerlager der Fotos, sind aber meines Wissens noch nicht archäologisch ergraben.
 
@ Beorna: solche Infos habe ich gesucht, weißt du mehr darüber, warum manche der Aufnahmen umstritten sind?

Askan schrieb:
Was spricht eigentlich, jetzt mal abseits ideologisch-akademischer Tabus, gegen eine römische Besiedlung des östlichen Germaniens? Es könnten sich doch um "wilde" Siedlungen handeln, um vorgelagerte Handelsposten oder ähnliches. Vergleichbares hat es in der Geschichte immer wieder gegeben.

Was "ideologisch-akademische Tabus" sein sollen, lasse ich mir gerne mal erklären.
Ich würde es gar nicht für ausgeschlossen halten, dass man in diesem Gebiet zumindest einige Militärlager findet. Eine "wilde" Römersiedlung halte ich für ziemlich ausgeschlossen. Einen Handelsposten würde ich zwar für möglich halten, allerdings fehlt dafür im freien Germanien noch jeder "Präzedenzfall", so dass man keine Vorstellung hat, wie so etwas ausgesehen haben könnte.
Das Hauptproblem der Seite ist aber ein anderes: Bei ihrer Deutung stützen sich die Autoren vor allem auf Gebäude und Siedlungen, die erst in der Limeszeit entstanden sind. Diese Ergebnisse, wie architektonische Grundrisse etc., kann man aber nicht auf augusteische Zeit zurückprojizieren.
Auf den m.E. merkwürdigsten Bildern wollen die Autoren sechs Risalitvillen festgestellt haben - die es im linksrheinischen Germanien aber in dieser frühen Zeit noch nicht gab.
 
askan schrieb:
... Was spricht eigentlich, jetzt mal abseits ideologisch-akademischer Tabus, gegen eine römische Besiedlung des östlichen Germaniens? Es könnten sich doch um "wilde" Siedlungen handeln, um vorgelagerte Handelsposten oder ähnliches. Vergleichbares hat es in der Geschichte immer wieder gegeben.

Die Vorstellung, dass die Römer, abgesehen von ein paar Handelsposten, wilde Siedlungen gegründet haben, wirkt auf mich zu befremdlich, um mich mit dem Gedanken anzufreunden.

Platz zum siedeln muss genug vorhanden gewesen sein. Ganz Gallien war befriedet. In den befriedeten Gebieten wurden von den Römern in organisiertem Vorgehen Infrastrukturen geschaffen, Wälder gerodet, Strassen gebaut, Kanalisationen und Wasserleitungen angelegt. Landgüter, Siedlungen und Kolonien wurden aufgebaut, eine Verwaltung wurde geschaffen.

Was also, sollte römische Siedler in die dunklen germanischen Wälder getrieben haben?
 
Zuletzt bearbeitet:
Jürgen schrieb:
...
Was also, sollte römische Siedler in die dunklen germanischen Wälder getrieben haben?

Gar nichts....;)
Da stimme ich Dir zu. Römische Händler haben sich höchstwahrscheinlich nur in unmittelbarer Nähe zu Legionslagern und Flüssen niedergelassen. Das sich römische Siedler in unruhigen (auch wenn vorübergehend mal Ruhe herrschte) Germanengebieten niederlassen haben, ist mehr als fragwürdig.:grübel:
Bestimmte menschenleere Gebiete (Umsiedlung und Vertreibung von germanischen Stämmen) scheinen auch für die Römer interessant gewesen zu sein (Waldgirmes). Aber durch wiederholte Überfälle müssen auch die Römer einsichtig geworden sein, daß Germanien ohne ständige Präsenz der Legionen zu unruhig war.
Bsp.: An der Weser hat man einen Knochen gefunden, in dem ein Germane etwas eingeritzt hatte. Hier flehte er die Götter an, daß die römischen Händler doch wiederkommen mögen. Anscheinend hatten Unruhen diese vertrieben ...

Die Römer haben einige Jahre später auch begonnen den Limes zu errichten, damit die römischen Siedler vor den Germanen einigermaßen in Sicherheit waren. Zu Zeiten des Drusus kann man noch lange nicht von einem ruhigen Siedlungsgebiet sprechen.....selbst Varus mußte erkennen, daß er sich geirrt hat.
 
Hui... hab mir grade die "Infrarotbilder" auf der Seite angeschaut. Billiger gehts kaum. Das sind im Leben keine römischen Lager.
Die Römer hatten ja damals netterweise an ihre nachkommenden Erdenbürger gedacht und ihre Kastelle/Lager gnädigerweise nach einem leicht erkennbaren und vor allem standardisierten Muster erbaut. Die "vollständige Innenbebauung" des angeblichen Wachkastellts von Foto 1 hat beispielsweise weder eine via principalis noch eine via praetoria. Das kann beliebig man über die anscheinend dilettantisch gefälschten Fotos weiterführen. So jedenfalls der Anschein bei den Villen!

Davon halt ich NIX!;) :winke:
 
@ Bdaian: bin ich anderer Meinung: 2 und 3 auf jeden Fall - mit diesen roten Außenlinien, so was hat man nicht bei normalem Luftbild. bei 4 meine ich es auch, zeigt aber sowieso alles mögliche, nur keine klare Struktur.

P.S.: besagte Fotografien werden auf der Seite auch als Infrarotbilder bezeichnet.

Insgesamt: ich bin der Meinung, dass an diesen Bildern was "gedreht" wurde. Sie gleichen in keiner Weise luftbildarchäologischen Aufnahmen, die ich kenne. Da waren diese "Infrarot"-Mätzchen gar nicht nötig.

P.S: warum soll man Mauern überhaupt durch Infrarot-Bilder erkennen können?
Das hängt doch mit Wärme zusammen. Warum sollen Mauern in der Erde "wärmer" sein, als das drumherum. Hätten die Typen es wenigstens mit geomagnetischen Aufnahmen versucht.
 
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