Der Beitrag stützt sich auf Forschungen zur Schädelform und zu den Blutgruppen.
Zu Blutgruppen fehlt mir die Kompetenz um irgendetwas dazu zu sagen. Ich sehe hier nur das Problem, dass extreme Blutgruppenwerte aus dem Atlas auf alle Berber übertragen werden. Und hier liegt wohl auch die Gemeinsamkeit von Atlas-Berbern und Basken: Diese lebten in teils unzugänglichen Gebirgsregionen, waren also relativ isoliert (klar, die Basken sind auch als Seefahrer bekannt und lebten ebenfalls rund um die wichtigen Pyrenäenpässe, aber viele Täler in Nordspanien sind extrem unzugänglich).
Ich sehe allerdings nicht, dass Erich Fred Legner sich auf Blutgruppenforschung und Kraniometrie stützt, sondern diese vielmehr als ein Argument neben anderen heranzieht.
Man lese sich nur mal diese Passage durch:
When the central Sahara became unlivable because of fast advancing desertification (See Climate), which forced them to flee to the coast, the Sea Peoples were ready and available to ferry the displaced tribes and their livestock north to Europe. The Sea Peoples included the following three main tribes:
The dark featured, Rh-negative Berbers, originally from Morocco, Algiers and Senegal, who had discovered and populated the Canary and Cape Verde islands, all of the Atlantic islands off Europe, the Basque country and had established reindeer hunting camps in Finnmark in Arctic Norway and leather tanning stations on the southern tip of Sweden and the west coast of Ireland. They controlled all Atlantic traffic and the far western part of the Mediterranean. The Berbers from Morocco likely were the Shekelesh (3) of the Egyptian records, while the people of Britain may have been called the Aqaiwasha. It appears that the people of the Hebrides and Scotland were known to the Egyptians as the Tyrrhenoi(4), the people of Odysseus' tribe, later known to the Romans as the Picts.
Fehler Nummer 1: Die Besiedlung der Kanaren ist ca. anderthalb Jahrtausende zu früh angesetzt. Kapverden habe ich keine Ahnung (aber ich gehe davon aus, dass auch deren Besiedlung viel zu früh angesetzt ist).
Dann lassen wir uns das mal auf der Zunge zergehen: Die Saharabewohner verlassen die Sahara, wegen fortschreitender Desertifikation und wandern mit ihrem Vieh nach Europa aus. Die Seevölker warten nur auf diese, um einen Fährservice nach Europa anzubieten und die Berber besiedeln nicht nur das Baskenland, sondern gründen gleich auch noch Rentierlager in Lappland. Dann sagt er, die Menschen Schottlands und der Hebriden seien für die Ägypter die Tyrrhenoi gewesen. Also sorry, aber das ist kein ägyptischer, sondern ein griechischer Begriff und zwar für die Etrusker.
Die Shekelsh - wie Legner darauf kommt, dass sie der ägyptische Ausdruck für "Marokkaner" gewesen wären, bleibt sein Geheimnis - erklärt Legner in einer Fußnote:
3. Shekelesh, a sheke is a young bull, ele is a story and esh may come from exzepziozko (exceptional): "The story of the exceptional young bulls"; could this refer to the bull fights which still are practiced in Spain, a leftover from the Moorish occupation of Spain?
Da haben die Berber - oder die Ägypter? - also vor 3500 Jahren modernes Baskisch mit lateinischem bzw. romanischem Lehnwortschatz gesprochen (
exzepziozko ist eindeutig lateinisch oder romanisch entlehnt - er übersetzt es sogar korrekt ins Englische und merkt es nicht einmal(!) als er
exzepziozko und
exceptional nebeneinanderstehen hat.)
Und warum soll ein Volk "die Geschichte der jungen Bullen" heißen? Eine ähnlich absurde Herleitung wie
Kyrenaika (auch unter abenteuerlichem Rückgriff auf das moderne Baskisch - nicht etwa von der Hauptstadt
Kyrene - als "furchtlose blonde Kuhherden" "übersetzt".
Die Übersetzungs"methode" sieht so aus:
kir-unai-ika
kirru - unai - ikaragaitz
blond - cowherd - fearless
"The fearless blond cowherds".
Ich weiß nicht, ob das alles baskisch hergeleitet verstanden sein soll, aber
unai heißt auf baskisch 'jetzt', muss aber ja nicht zwingend baskisch sein. Legner verrät ja nicht, aus welchen Sprachen er seine Herleitungen nimmt.
Ikaragaitz ist jedoch sicher baskisch. Man könnte es sicherlich irgendwie als 'furchtlos' übersetzen, Google gibt 'unaufhaltsam' und
ikara 'Horror',
gaitz 'teuflisch'. Warum von
ikaragaitz nur
ika übirg bleibt, bleibt auch Legners Geheimnis.
Die Shardana hingegen, übersetzt "einer Schöner als der Andere" sollen blond und blauäugig und Rh D positiv gewesen sein.
Woher kennt man denn deren Blutgruppe?
Legner schreibt da:
Compared to the rather simple and restricted migration of the Berbers, the blond Tribe covered a huge area in Europe and Asia. They are easy to spot because they look quite different from the other tribes, with their blue eyes, fine and straight, straw-colored hair, and tall stature; especially the tallness of the women is notable. Wherever they went they built a reputation for being superb handlers and breeders of domestic animals, mostly horses and cattle. The word "blond" comes from. bel-ond., abel-onda, abelgorri (cattle) ondasuntsu (owning lots of): "Owning lots of cattle". What is rarely mentioned is that they were, and still are, superb sailors and navigators; in fact they were the "Shardana", one of the tribes that the Egyptians called "The Sea Peoples". Shardana comes from xar-dana, xarmagarri (attractive, good looking) dana (all of them): "All of them are good looking". They are also known for their independence of mind; "if you hire a Friesian, you hire a reliable worker and an argument" is the saying in Canada. They don't seem to be able (or willing) to change that.
Auch hier greift er wieder auf das moderne Baskische zurück, um ein antikes ägyptisches Wort zu erklären.
Blond ist in der Tat ein germanisches Wort, ich weiß nicht ob
abel-onda, was Legner als Etymon behauptet.
Es gibt ja in der Etymologie manchmal seltsame Irrungen und Wirrungen - z.B. sind das deutsche Worte
Gast und das spanische Wort für 'Heer' (
hueste) etymologisch miteinansder verwandt. Aber wie aus "besitzen viel Vieh" eine Haarfarbe werden soll, das bedürfte doch einer Erklärung.
In
xarmagarri steckt jedenfalls steckt das frz.
charmant. Dieses modern aus dem frz. ins Baskische entlehnte Wort für einen bronzezeitlichen Völkernamen heranzuziehen ist... abenteuerlich.
Wir haben also
- abenteuerliche pseudoetymologische Herleitungen (die sich auffällig oft ums Vieh drehen)
- willkürliche, nicht näher erläuterte Zuschreibungen von Seevölkern zu Völkern, die Legner Marokkaner, Briten, Friesen, Wikinger etc. nennt
- in diesem Zusammenhang sind gewisse Ähnlichkeiten zu Kossinnas Kulturkreistheorie zu sehen, die bereits seit 1929 mit Gordon Childe wissenschaftlich altes Eisen ist (sich aber speziell in Dtld. bis in die 1950er hielt.
- Anachronismen
- es fehlt eine Anbindung an die tatsächliche archäologische Chronologie, die Kulturen, die im Mittelmeerraum und Europa archäologisch nachweisbar sind
- Agens der Geschichte sind - nach Legner - auffälligerweise blond-blauäugige angelsächsische und eng verwandte Völker (Wikinger, Friesen)
Und die ganzen latent-rassistischen Äußerungen, die über Kraniologie und Volkscharaktere gehen etc. habe ich gar nicht näher beachtet.