Ich glaube nicht, das beispielsweise ein Lüderitz im Voraus bekannt war, das es in Deutsch-Südwestafrika, Erze, Edelsteine oder Marmor gab.
Ich behaupte auch nicht das er das wusste. Ich wollte nur bemerkt haben, dass es vielleicht ganz Interessant wäre, sich mal die Rechnungsbücher von Lüderitz und anderen Personen aus dem Umfeld der norddeutschen Händler/Handelsgesellschaften/Reeder etc. anzusehen (sofern noch erhalten), um mal ein Bild davon zu gewinnen, wie es um potentielle Profite der daran beteiligten privaten Unternehmer am Ende so bestellt war.
Das die Kolonien aus Sicht des Reiches, wie du richtig schreibst defizitär waren, bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass das auf betriebswirtschaftlicher Ebene für die dort engagierten Teile der Privatwirtschaft ebenfalls galt.
Der "Reichsschutz" für diese Gebiete lief ja nicht nur darauf hinaus, das Kaiserreich außenpolitisch in die Kolonialen Schauplätze hinein zu verwickeln, sondern auch darauf, die Lasten für die Sicherung der Ansprüche der beteiligten Privaten Akteure an den Gebieten, auf das Reich und damit die Allgemeinheit abzuwälzen.
Das bedeutet aber natürlich, dass mit der Gestellung offizieller staatlicher "Schutztruppen", die vor Ort aggierenden Unternehmer einen Teil ihrer Investitionen in die militärische Sicherung ihrer Ansprüche mit sicherheit einsparen konnten.
Auch die vom Reich finanzierten oder mitfinanzierten Infrastrukturprojekte, wie der Ausbau von Hafenanlagen und Bahnlinien dürfte für die Unkosten der Unternehmer, die sich vor der Aufnahme der offiziellen Kolonialpolitik in Afrika festgesetzt hatten eine Entlastung dargestellt haben, jedenfalls da, wo sie die Protektion der Berliner Regierung erhalten konnten.
Bei der Kosten-Nutzen-Rechnung aus der Perspektive des Reiches, wäre ja durchaus zu berücksichtigen, dass das Reich zwar einen Großteil der Kosten trug, aber qua Steuern und Zöllen natürlich nur einen Teil der wirtschaftlichen Profite des Gebiets abgreifen konnte, während der Großteil davon bei den privaten Unternehmern hängen geblieben sein dürfte.
Von dem her würde man wahrscheinlich die Frage diskutieren können, ob die Kolonialpolitik am Ende so etwas wie ein verdecktes Konjunkturprogramm für die, im Besonderen Norddeutschen Unternehmer war (auch wenn das so vielleicht nicht die Hauptintention war), die daran beteiligt waren, insofern die Kolonien aus Sicht des Reiches defizitär waren, und daher die Defizite über den Reichshaushalt und dessen Finanzierung sozialisiert wurden, während es durchaus im Bereich des Denkbaren ist, dass es sich für den einen oder anderen Unternehmer möglicherweise doch gelohnt haben mag, allerdings wenn, dann wahrscheinlich nur, weil das Reich den Großteil der Kosten für Infrastruktur und militärische Sicherung übernahm.