Wasserbau und Wasserbauten

zaphodB.

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Wenige Werke der Ingenieurskunst haben das tägliche Leben der Menschen so beeinflusst wie Wasserbauten, also Bewässerungssysteme,Brunnen, Stau- und Schutzdämme,Kanäle und Bundeswasserstrassen nach der Bundeswasserstrassenverordnung.
Also mach ich mal einen Thread auf ,in dem man diese Bauten vorstellen und über ihre Auswikungen und historische und technische Bedeutung diskutieren kann.
 
Wenige Werke der Ingenieurskunst haben das tägliche Leben der Menschen so beeinflusst wie Wasserbauten, also Bewässerungssysteme,Brunnen, Stau- und Schutzdämme,Kanäle und Bundeswasserstrassen nach der Bundeswasserstrassenverordnung.
Also mach ich mal einen Thread auf ,in dem man diese Bauten vorstellen und über ihre Auswikungen und historische und technische Bedeutung diskutieren kann.

Klasse Thema, aber es gibt auch viele negative Seiten, vor allem in der Zeit des technischen Fortschritts ab dem 19. Jahrhundert ... Flußwegbegradigungen die nachhaltig für nicht beherrschbare Überschwemmungen sorgten, oder Stauseen, die Dörfer vernichteten ...

Und erst nach ca. 100 Jahren wird grade der Wasserstraßenbaukunst bewußt, was für ein "Raubbau" an der natürlichen Struktur der Natur betrieben wurde ...
 
Spannendes Thema. Interessiert mich auch & besonders, seit unser Dörflein nach einem verregneten Sommer und einem finalen Gnadenstoß-Gewitterregen im letzten Herbst zwei Wochen lang medienwirksam unter Wasser stand.
Als Literaturtipp ein Ausstellungskatalog, den ich gerade vor mir zu liegen habe, vom Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg herausgegeben: Wasserwelten. Badekultur und Technik.
Und als eines der Kuriosa menschlicher baulicher Fehler: Die holländische Stadt Batavia - das heutige Jakarta - galt im 18. Jahrhundert als einer der ungesündesten Plätze der Erde. Grund war angeblich (hab's mal wo gelesen, aber keine belastbare Quelle parat) ein technischer Eingriff der Kolonisatoren: Weil man zu Hause so schöne Grachten & Kanäle hatte, hat man die einfach auch im neuen Lebensmittelpunkt angebaut. Das viele stehende Oberflächenwasser lud leider Myriaden von Stechmücken ein, sich häuslich zur Familiengründung niederzulassen. Damit war Batavia zu einem Fiebernest par excellence geworden...
 
Von mir auch ein Literaturtipp, zur Melioration im Oderbruch:
Herrmann, Bernd: "Nun blüht es von End' zu End' überall". Die Eindeichung des Nieder-Oderbruches 1747 - 1753. Münster, New York, München, Berlin 1997.
 
Wenige Werke der Ingenieurskunst haben das tägliche Leben der Menschen so beeinflusst wie Wasserbauten, [...]

Mir fällt da noch spontan der Kaiser-Wilhelm- Kanal bzw. heute, Nord-Ostsee-Kanal ein.

Ein sehr wichtiges Bauwerk, vor allem auch für ein Zusammengehörigkeitsgefühl, der Norddeutschen -West- und Norddeutschen -Ost- als eine Küste mit gleichen Anteilen im wirtschaftlichen, wie miltärischen bzw. Schutz-Aspekt ...

Schnelle Wege verbinden und im gleichen Zuge schaffte es die Dampfschiffahrt mit der Eisenbahn gleich zu ziehen, nur dies waren unflexible Wege, der neue Warenverkehr mit LKW oder Lufttransport ging dann neue Wege ...

Der Wasserweg ist heute fast nur noch Nostalgie ...
 
Da hat es mich doch vorhin mehrmals rausgeschmissen,aber drei mal ist Bremer Recht, also auf ein Neues:
Bei den Wasserbauten darf die Ingenieurleistung des 17.Jahrhunderts nicht fehlen,auf der ich letzten Herbst mit großem Vergnügen mit dem Hausboot unterwegs war:

Der Canal du Midi

Der Kanal verbindet Sete am französischen Mittelmeer mit Bordeaux am Atlantik.
Am Bau beteiligt waren bis zu 12.000 Arbeiter,die Bau-und Unterhaltungskosten beliefen sich auf 15 Millionen Lievre,die Bauzeit betrug ca.19 Jahre(da ist heute bei uns grade mal das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen
biggrin.gif
).


Am 7. Oktober 1666 erließ Louis XIV ein Edikt über den Bau eines der erstaunlichsten Bauwerke des 17.Jahrhunderts, eines Kanals zwischen Mittelmeer und Atlantik. Planer und Erbauer des Kanals war Pierre Paul Riquet , der die Trasse zuvor Jahe lang erkundet hatte und mit der Schwelle von Naurouze den optimalen Punkt zur Überwindung der Wasserscheide gefunden hatte. und mit dem Bau eine beispiellose Ingenieurleistung vollbrachte. Nach seinem Tod führte übrigens kein Geringerer als Vauban den Ausbau des Kanals fort.
1681 erfolgte eine erste Inbetriebnahme des Kanal-Abschnittes zwischen Naurouze und Beziers und im März 1685 konnte nach 19 Jahren die erfolgreiche Beendigung des Kanalbaus vermeldet werden.
Das größte Problem für die Kanalbauer war das der Wasserversorgung des Kanals, das Riquet allerdings elegant löste.
Das Wasser wurde aus den etwa 30 Kilometer entfernten Hügeln der Montagne Noire herangeholt, in dem einige nach Süden fließende Bäche gestaut und ihr Wasser gemeinsam in einem höhenlinienparallelen, die Bäche kreuzenden Graben (Rigole de la Montagne Noire) in den nach Westen fließenden Sor eingeleitet wurden. Bei Revel wurde es dem Sor wieder entnommen und durch einen weiteren Graben (Rigole de la Plaine) bis zum Scheitelpunkt von Naurouze geführt. Dort wurde mit dem Wasser ein achteckiges Bassin befüllt und nach und nach in den Kanal abgegeben.Ferner legte man bei Revel eine Talsperre ,das Reservoir de Saint-Ferreol mit einem Volumen von 7 Millionen Kubikmetern Wasser an , das damals das größte Ingenieurbauwerk Europas war. Das dort gestaute Wasser war nur zum Ausgleich in trockenen Sommern vorgesehen und konnte bei bedarf in die Rigole de la Plaine geleitet werden..

Weitere technische Meisterleistungen waren der Tunnel Malpas, der auf 160 Metern durch den Hügel führt, auf dem sich das keltische Oppidum Enserune befindet, sowie die aus 8 hintereinander liegenden Schleusen bestehende Schleusentreppe von Fonserannes bei Béziers, die einen Höhenunterschied von ca. 14 Metern überwindet.
Ferner die Aquaedukte über die Flüsse Cesse , Orbiel,Fresquel, Répudre , Ognon und Orb sowie die niveaugleiche Kreuzung der Flüsse Herault und Libron und ca. 50 kleinerer Bäche..
Hier war das Problem die Vermeidung in den Kanal einfließenden temporären Hochwassers aus den gekreuzten Bächen und Flüssen., das nur mit umfangreichen Überläufen und Ableitungen gelöst werden konnte.

Derzeit sind 63 Schleusenanlagen mit insgesamt 98 meist ovalen Schleusenbecken in Betrieb
An den Ufern des Kanals wurden 42.000 Platanen gepflanzt um die Wasserverdunstung im Sommer in Grenzen zu halten.

Nicht nur die Konstruktion,auch die Finanzierung war "revolutionär"
Der König und der Teilstaat Languedoc bezahlten im wesentlichen den Bau, aber Riquet und seine Erben waren aufgrund des Vertrages mit Ludwig XIV quasi die Eigentümer,die an den Kanalgebühren klotzig verdient haben.Dafür hatten sie für Instandhaltung und Ausbau zu sorgen.Erst unter Napoleon wurde die Familie ausgezahlt und die halbstaatliche Kanalgesellschaft übernahm das Teil.
 
Flußwegbegradigungen die nachhaltig für nicht beherrschbare Überschwemmungen sorgten

Nun Köbis auch die Medaillie hat zwei Seiten:
Ich komme ja aus der oberrheinischen Tiefebene und wenn ich die Chronikmeines Heimatortes so lese,danngab es dort bis zur Tullaschen Rheinbegradigung regelmäßig heftige Überschwemmungen bei der teilweise dias Geiet zwischen Main- und Neckarmündung komplett unter Wasser gestanden haben muß
Seit der Rheinbegradigung sind solche dramatischen Hochwässer nicht mehr vorgekommen.
Dafür hat der Niederrhein mit Hochwässer zu kämpfen,was allerdings zu einem Gutteil auch an der Tatsache liegt,daß dort hochwassergefährdete Flächen bebaut und besiedelt wurden.
 
Nicht vergessen sollte man natürlich auch die antiken Kanalbauten, z. B.:
- Der Necho-Kanal und seine Nachfolger zwischen dem Roten Meer und dem Nil
- Der Kanal, den Xerxes durch die Athos-Halbinsel bauen ließ
- Der Kanal des Drusus im Norden Germaniens
- Der römische Kanal zwischen Rhein und Maas
- Die nicht realisierten Kanalprojekte am Isthmus von Korinth

Zurück in der Neuzeit möchte ich den Wiener Neustädter Kanal aus dem 19. Jhdt. in Niederösterreich erwähnen.
 
aus dem frühen Mittelalter: der Karlsgraben bzw. Fossa Carolina
Fossa Carolina ? Wikipedia

vor Ort finden sich erläuternde Hinweistafeln, welche die große technische Leistung des Karlsgrabens erklären, auch die Geschichte dieses Wasserbauwerks. Übrigens ein sehr idyllischer Ort, für einen kleinen Ausflug oder Abstecher zu empfehlen, wenn man durch diese Gegend kommt.
 
eine weitere Sorte ungewöhnlicher Wasserbauten findet sich im militärischen Bereich, nämlich im Festungsbau: die so genannte Innundation / Innundierung
z.B. in Mainz:
Das malerische und romantische Rheinland: Mit 60 Stahlstichen - Karl Simrock - Google Books

sofern das Gelände es ermöglichte, verfügten die Festungen des 18. und 19. Jhs über ein ausgeklügeltes System, nicht nur die Festungsgräben selber mit Wasser zu füllen, sondern auch großflächig Arreale des Vorfelds zu fluten. z.B. in der Festung Landau kann eine Innundationsschleuse besichtigt werden. In Warschau errichtete das russ. Militär einige kilometerlange Wassergrabenlinien hinter dem äußeren Fortgürtel. In Ulm konnten teilweise die Gräben Stadtenciente sowie die Gräben der Neuulmer Kernfestung geflutet werden - es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele. Interessant hierbei ist, dass die Innundierung relativ rasch, also binnen weniger Tage, zu geschehen hatte: die Schleusen und Kanäle wurden permanent gepflegt und gewartet.

im 16. und 17. Jh war man besonders in Holland sehr erfinderisch bei der Innundierung, was sich bis ins frühe 20. Jh. gehalten hatte (hierfür spircht die berühmte "Wasserlinie" der Großfestung Amsterdam mit ihren zahlreichen Forts.
 
bzgl der Bewässerungssystemen sind natürlich zu nennen:
die berühmten röm.-antiken Wasserleitungen (Rom, Köln) mit ihren unterirdischen Röhren und staunenswerten Aquaedukten (z.B. pont du Gard)

des weiteren die mittelalterlichen "Wasserkünste"
Wasserkunst ? Wikipedia
 
Apropos berühmte römischeWasserleitungen:
Vor ein paar Wochen wanderte ich mit meinem Stammtisch in der Eifel und bin oberhalb von Blankenheim auf Reste der römischen Eifelwasserleitung gestoßen- schlicht beeindruckend !!!

Die Eifelwasserleitung beginnt am Grünen Pütz im Urfttal bei Nettersheim und geht bei Kall über die Wasserscheide von Maas und Rhein
. Anschließend verlief die Leitung parallel zum Nordhang der Eifel und mittels Aquädukten über die Erft und die Swist( Bogenbrücke von 1400 Metern Länge und bis zu 10 Metern Höhe) ,um dann über Brühl und Hürth nach Köln zu gelangen.

Die Leitung ist,und das ist bemerkenswert, als eine reine Gefälleleitung ohne Pumpwerke oder Druckleitungen konstruiert und das auf einer Strecke von 95,4 Kilometern Länge (incl.Quellzuleitungen sogar von 130 km).und einem Durchfluss von bis zu 20.000 Kubikmetern pro Tag.
Sie hatte innen eine Breite von siebzig Zentimetern und eine Höhe von einem Meter und konnte damit auch von innen begangen werden.Gefertigt war sie aus Beton(in Schaltechnik) und Ziegelsteingewölben,die außen und innen verputzt waren und zwecks Frostschutz lag das Ganze ca.1 Meter unter der Erde.Außerdem gab es Revisionsschächte für Reinigung und Reparaturen und Absetzbecken um Trübstoffe auszufiltern.

Das Teil wurde 80 n.Chr. gebaut und war bis etwa 260 n.Chr. in Betrieb. Seither müssen die Kölner wieder das rheinisches Uferfiltrat trinken,in dem sie sich auch die Füße waschen ;) :D

Noch ein Schmankerl am Rande :
Um und über der römischen Leitungen existierte ein Streifen, innerhalb dessen landwirtschaftliche Nutzung verboten war. Wir wissen dies durch den Fund einer Verbotstafel an einer römischen Wasserleitung bei Lyon mit folgender Aufschrift:
Auf Geheiß des Kaiser Caesar Trajanus Hadrianus Augustus ist niemandem das Pflügen, Säen oder Pflanzen gestattet innerhalb des Raumes, der zum Schutz der Wasserleitung bestimmt ist.
 
Beachtenswert in diesem Zusammenhang ist der Kaiserkanal in China. Der ist teils heute noch in Betrieb. Auch darüber hinaus haben die alten Chinesen in Punkto Deichbau und Landgewinnung einiges geleistet. Die hatten halt damals schon jede Menge Arbeitskräfte zur Verfügung. Trotzdem dürften ihre wasserbaulichen Leistungen immense Ressourcen gebunden haben.

Kaiserkanal ? Wikipedia
 
Auch interessant:

die Navigli,ein Kanalsystem,das in der Spätantike bis ins Mittelalter rund um Mailand gebaut wurde und dem die Stadt ihren Aufstieg zur Metropole verdankte.

Der älteste der Mailänder Navigli namens Vettabia wurde zu Zeiten Hadrians gebaut er bildet das Zentrum eines großen Kanalnetzes ,dessen Hauptachsen Mailand mit den umliegenden Flüssen verbinden. Der Naviglio Grande bringt Wasser von Osten aus dem Ticino, der Naviglio della Martesana von Westen ,von der Adda und der Naviglio Pavese schafft die Verbindung nach Süden,nach Pavia und zum Zusammenfluss von Po und Ticino .
Diese Kanäle führten bis zu einem inneren Verteilerkreis des Kanalsystems innerhalb des städtischen Befestigungsrings und von da aus führten Stichkanäle u.a. bis zum Domo ,wo ein kleiner Hafen bestand.

Die Bedeutung der Kanäle lag dabei nicht nur in der Funktion als Transportweg und Wasserversorgung sondern hatten infolge der Verbreitung der Wassermühle im frühen Mittelalter auch große energetische Bedeutung.Auch das von Leonardo geplante Abwassersystem bezog das Kanalsystem mit ein.
 
ganz aktuell :
Ein neu entdecktes Wasserversorgungssystem der Maya bei deren Stadt Tikal.Kernstück war ein 75.000 m³ fassendes Speicherreservoir incl.Staudamm.
laut dpa heißt es hierzu:
Der neu entdeckte Palast-Damm wurde während der klassischen Maya-Periode etwa ab dem Jahr 250 nach Christus errichtet, wie die Archäologen berichten. Er ist 80 Meter lang und zehn Meter hoch und umfasst ein Volumen von mehr als 14.000 Kubikmetern Material. "Ausgrabungen zeigen, dass sein Kern aus einer Mauer aus zurechtgehauenen Steinen besteht", schreiben die Forscher. Diese sei durch einen massiven Wall aus Erde und Steinen verstärkt und später mit einer Deckschicht aus passend aneinander gefugten Steinen versiegelt worden.Nach Angaben der Wissenschaftler diente der Palast-Damm dazu, das Wasser aufzufangen, das von den vielen gepflasterten Steinflächen in der Innenstadt von Tikal abfloss. Der Damm bildete das untere Ende eines gewaltigen Reservoirs, das fast 75.000 Kubikmeter Wasser fasste - so viel wie 25 olympische Schwimmbecken. Mehrere, etwa 30 Zentimeter breite, von Steinplatten gesäumte Schleusentore durchbrachen den Damm in unterschiedlichen Höhen. Dadurch konnte der Wasserstand im Reservoir genau reguliert werden.
Um ihr Trinkwasser zu reinigen, bauten die Maya an den Ausflüssen mehrerer Reservoire Absetzbecken für Schwebstoffe und Sandfilter ein, wie die Forscher feststellten. Um auch organische Verunreinigungen aus dem Wasser zu entfernen, könnten sie es zudem mit Maisgries vermischt und fermentieren lassen haben. Dadurch zersetzten unschädliche Bakterien die organischen Reststoffe.
 
hi,

Ravenik,

besonders gut finde ich die Begründung, warum der Kanal am Isthmos von Korinth nicht gebaut wurde. Strabon spricht von einem Unterschied der Höhe des Meeresspiegels.

@all

im Zusammenhang zu römischen Wasserleitungen sind die Ausführungen von Frontius lesenswert.
-Zum einen bemüht er sich um eine Standardisierung der Rohrleitungen und auch eine Durchflussbegrenzung bei privater Wasserentnahme
-Er kümmmert sich intensiv um die Erhaltung der Wasserbauten
-Er bekämpft die Bestechung und Bestechlichkeit von Wasserbeamten
-Klar wird herausgestellt, das frisches, klares Wasser ein zu sicherndes Gemeingut ist.
Hingegen privates Wasser, als Luxus angesehen wird.
- seine Ansätze zur Volumenstromberechnung sind dann aber scgon recht hilflos und haben das Ziel nicht erreicht

Hinweisen möchte ich noch auf den "Kanal des Jauchzens" in Mesopotamien.
In Verbindung mit Kanalprojekten fällt auf, das der König selbst der Erbauer ist, von einem "Ingenieur" der das Ganze konzipiert und erdenkt ist so wenig die Rede, wie von den Arbeitern, die ihn ausgegraben haben.

Ferner ist interessant, das selbst in Mesopotamien scon Arbeitsanweisungen schriftlich formuliert wurden. So wird ein Beamter des Königs mit genauer anweisung los geschickt, um einen Kanal mit Schleusenwerk zu prüfen und ob eine Stadt auch mit Wasser versorgt wird.

ich grüße euch
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenige Werke der Ingenieurskunst haben das tägliche Leben der Menschen so beeinflusst wie Wasserbauten, also Bewässerungssysteme,Brunnen, Stau- und Schutzdämme,Kanäle und Bundeswasserstrassen nach der Bundeswasserstrassenverordnung.
Also mach ich mal einen Thread auf ,in dem man diese Bauten vorstellen und über ihre Auswikungen und historische und technische Bedeutung diskutieren kann.


Da beteilige ich mich sehr gerne, denn ich bin nah am Wasser groß geworden. Landgraf Philipp von Hessen ließ 1539 den Ort Ziegenhain zur Wasserfestung ausbauen. Zwei künstliche Wassergräben, der Wallgraben und der Schargraben sicherten die Festung waren mit einem Fluss, der Schwalm verbunden, die Ingenieure legten ein künstliches Flussbett, das als Neue Schwalm die Festung im Norden und Osten sicherte und sich erst einige Kilometer südlich mit dem Altarm wieder vereinigte. Durch ein System von Schleusen konnte das Umland kilometerweit geflutet werden.

In Hessen ging der Spruch "so fest wie Ziegenhain". Zeitweise waren das Staatsarchiv und der Staatsschatz in der Festung untergebracht, die im Dreißigjährigen Krieg als uneinnehmbar galt. Wirklich ernsthaft belagert wurde die Festung nur im Siebenjährigen Krieg, nützte allerdings mehr den Franzosen, als den Hessen, die 1761 versuchten, die Festung zurückzuerobern, was allerdings scheiterte.

1777 wurde die Festung Rekrutendepot für die "Hessians". Unter ihnen befand sich Johann Gottfried Seume. 1806 ließen die Franzosen die Festung schleifen. In den 1840er Jahren wurden das Schloss und andere Gebäude als Gefängnis genutzt. von Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 50er oder 60er Jahre diente das Kornhaus als Frauengefängnis, später saßen Andreas Baader und einige andere RAF- Gefangene in Ziegenhain, das Anfang der 1980er zum Hochsicherheitstrakt ausgebaut wurde. 1994 wurde die Festung Ziegenhain, das die JVA Schwalmstadt beherbergt zur Panzerfeste, als ein Zeitgenosse sich in Stadtallendorf bei Marburg einen Panzerspähwagen ausborgte und damit in die JVA einbrach und den Gefangenen Lothar Luft einsteigen ließ, der dann aus der JVA ausbrach.
Zur Zeit ist Schwalmstadt im Gespräch als Ort für Sicherungsverwahrte.

Der traditionsreiche Wallgraben, der so viele Feinde abschreckte droht zu verlanden. Die Kosten für die Sanierung sind zwar bereitgestellt, wie Wiesbaden seit Jahren versichert. Das Land Hessen wollte ihn nicht haben und schenkte ihn der Stadt, die ihn aber auch nicht haben will, weil noch zwei Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg auf seinem Grund schlummern. Wegen Bombengefahr ist jetzt das Betreten der Böschung verboten, obwohl dort seit über 60 Jahren geangelt wurde und Generationen von Festungsbewohnern dort gespielt haben, ohne dass jemand sich darum scherte.

Notizen aus der Provinz!
 
Spannendes Thema. Interessiert mich auch & besonders, seit unser Dörflein nach einem verregneten Sommer und einem finalen Gnadenstoß-Gewitterregen im letzten Herbst zwei Wochen lang medienwirksam unter Wasser stand.
Als Literaturtipp ein Ausstellungskatalog, den ich gerade vor mir zu liegen habe, vom Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg herausgegeben: Wasserwelten. Badekultur und Technik.
Und als eines der Kuriosa menschlicher baulicher Fehler: Die holländische Stadt Batavia - das heutige Jakarta - galt im 18. Jahrhundert als einer der ungesündesten Plätze der Erde. Grund war angeblich (hab's mal wo gelesen, aber keine belastbare Quelle parat) ein technischer Eingriff der Kolonisatoren: Weil man zu Hause so schöne Grachten & Kanäle hatte, hat man die einfach auch im neuen Lebensmittelpunkt angebaut. Das viele stehende Oberflächenwasser lud leider Myriaden von Stechmücken ein, sich häuslich zur Familiengründung niederzulassen. Damit war Batavia zu einem Fiebernest par excellence geworden...


Das Gelbfieber und die Malaria, die die betuchten Bewohner New Orleans im Sommer das Weite suchen ließen, werden in Webeschriften zur Auswanderung in Georgia und den Carolinas geflissentlich verschwiegen. Die Zahl der "Abgänge" durch Tropenkrankheiten im Dienste der Niederländischen West- und Ostindienkompanie war so hoch, dass Batavia einen sprichwörtlichen schlechten Ruf bekam, der sich auch literarisch niederschlug. Dem Dichter Schubart brachten seine Kaplieder einen Aufenthalt auf dem Hohen Asberg ein, während Kleist in seinem zerbrochenen Krug darauf anspielt. Der Dorfrichter Adam will von einem Mädchen gewisse erotische Dienste erpressen mit der falschen Drohung, dass ihr Geliebter Ruprecht Tümpel Kriegsdienst in Batavia leisten müsse, falls sie sich weigere.
 
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