Weiße Justeaucorps extrem praktisch?

AnDro

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Weiß ist als Uniformfarbe während des 18. Jahrhunderts sehr verbreitet. An sich dürfte weiß eher unpraktisch sein, da es nunmal extrem Fleckanfällig ist.
Nun zitiert Christopher Duffy in seinem Buch zur Armee Maria Theresias eine Quelle die gegenteiliges besagt:
"Diese Farbe ist bei weitem die beste und ansehnlichste für den militärischen Verschleiß. Der weiße Rock sieht immer gut aus, ob er nun alt oder neu ist. Es ist so einfach die Erscheinung eines alten Uniformrockes durch den Gebrauch von Pfeifenton wiederherzustellen. Nach einer kurzen Tragzeit werden blaue Röcke weißlich, hechtgraue Röcke wandeln sich in eine schmutzige Aschfarbe um, und grüne Röcke werden gelblich. Ausbesserungen an weißen Röcken sind kaum sichtbar, während sie bei einem gefärbten Rock fürchterlich aussehen."
(Christopher Duffy: Maria Theresia und ihre Armee, S. 109)

Leider macht Duffy keine Quellenangaben. Ich würde vermuten, dass dieses Zitat zeitgenössisch ist. Sein Buch ist aus dem englischen, die originale deutsche Schreibweise ist bei der Übersetzung abhanden gekommen.

Die österreichische Armee hat im 18. Jahrhundert ungefärbte Wolle mit Pfeifenton geweißt. Tonpfeifen gehen schnell in die Brüche, für genügend Färbmaterial war also gesorgt. Kostengünstig dürfte diese Methode ebenfalls gewesen sein.
Wie kann man sich die Färbung mit Pfeifenton wohl vorstellen und war weiß damit wirklich so praktisch? Warum war dieser Farbton bei Zivilkleidung weniger verbreitet, wo es doch recht günstig war?
 
Ich müsste nochmal in meinen französischen Quellen nachschlagen. Es kommt wohl auf die Toleranz gegenüber dem Thema "Dreck" an. Vor einer Parade oder wenn das Regiment ohnehin in Garnison lag, ließ sich das mit dem Pfeifenton sicherlich machen. Aber im Felde dürften die weißen Röcke rasch unansehnlich gewesen sein. Man kann sich vorstellen wie eine weiße Uniform, die mit Straßenkot bespritzt ist, aussieht. Weinflecken, Flecken vom Gewehrputzen (zumeist nur über der Weste) waren sicherlich alltäglich. Auf meinem blauen Uniformrock sehe ich jedenfalls nicht soviele Flecken wie bei den weißen Rabatten und der weißen Weste.
Also es ist mit der Pflegeleichtigkeit des weißen Stoffes eine zweischneidige Sache. Man kann, neben dem Pfeifenton auch mit Kleie, verhältnismäßig gut weißen Stoff aufhellen und so die Farbigkeit wieder herstellen. Andererseits sieht der Stoff ohne die Möglichkeit zur Reinigung besonders rasch dreckig aus.

Warum weiße Röcke bei den Zivilisten so selten waren, kann ich nicht sagen. Es kann auch schlicht sein, dass man es individuell einfach zu auffällig oder eben nicht schön fand. (In der Mode nach dem "Warum" zu fragen, ist sowieso eine unendliche Geschichte.)
Zwar werden welche bisweilen erwähnt, aber z.B. bei "Tom Jones" könnte das Konstrukt sein. Der weiße Rock wird ja nur hervorgehoben, als Tom Jones den einen Soldaten durch seinen weißen Rock mit den vielen Blutspritzern zu Tode erschrak.
 
Ich habe leider keine Ahnung wo ich das her habe, also verbürge ich mich mal nicht dafür: Meines Wissens nach waren weiße Uniformröcke praktisch, da einfach sauber zu halten. Flecken konnte man mit einem Stück Kreide "wegradieren". Ob's stimmt und wie das ganze dann nach einem ordentlichen Wolkenbruch aussah, weiß ich leider nicht.
 
Wird der Stoff denn weiß gefärbt oder ist das so ein Naturweiß?
Nach Duffy haben die Österreicher perlgraue (!) Wolle mit Pfeifenton "makellos" weiß bekommen. Das impliziert eigentlich mehr eine dauerhafte Färbung.

Warum weiße Röcke bei den Zivilisten so selten waren, kann ich nicht sagen. Es kann auch schlicht sein, dass man es individuell einfach zu auffällig oder eben nicht schön fand. (In der Mode nach dem "Warum" zu fragen, ist sowieso eine unendliche Geschichte.)
Das stimmt natürlich, gerade heutzutage haben weiße Anzüge ja nicht gerade das beste Ansehen.
 
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Ein Hinweis. Die Haltbarkeit von Textilfarben ist unterschiedlich, wenn sie Sonne und Regen ausgesetzt sind. Rot, schwarz und blau werden schnell unansehnlich - grün hält sich ganz gut, weiß sowieso. Ob das bei den damaligen Überlegungen eine Rolle spielte, weiß ich nicht. Bei Feldzügen mit Märschen, Schlachten und Biwaks haben die Soldaten aber bestimmt schon nach wenigen Wochen wie verlauste Strauchdiebe ausgesehen und werden entsprechend gerochen haben.
 

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Ich habe leider keine Ahnung wo ich das her habe, also verbürge ich mich mal nicht dafür: Meines Wissens nach waren weiße Uniformröcke praktisch, da einfach sauber zu halten. Flecken konnte man mit einem Stück Kreide "wegradieren". Ob's stimmt und wie das ganze dann nach einem ordentlichen Wolkenbruch aussah, weiß ich leider nicht.
Radieren ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ich kann mich daran entsinnen, dass man weißes Zeug auftrug, das dann ausklopfte und hoffte, dass genug von dem Pfeifenton einfach auf dem Stoff zurückblieb. Effektiv hieß das aber auch, dass man eine gewisse Weile nach der Bearbeitung mit dem Pfeifenton noch ein bisschen stiebt. Weg waren die Flecken damit nicht, eher überdeckt.

Bei der Kleie kann ich mich noch daran erinnern, dass es bei Selbstexperiment einfach dazu führte, wenn man sie feucht auftrug, dass es Flecken von der Kleie gab, welche dann eben die Flecken von Wein, Öl etc. überdeckten :D, wenn man es trocken auftrug, war das Resultat etwa gegen null. Angeblich soll man aber mit der Kleie dann den Dreck rausbürsten, so ein Handbuch für Unteroffiziere aus Napoleonischer Zeit. Bin aber kein Chemiker, um dazu was sagen zu können.
 
Nach Duffy haben die Österreicher perlgraue (!) Wolle mit Pfeifenton "makellos" weiß bekommen. Das impliziert eigentlich mehr eine dauerhafte Färbung.


Das stimmt natürlich, gerade heutzutage haben weiße Anzüge ja nicht gerade das beste Ansehen.

@AnDro

Wenn hier im Forum nicht gerade ein Textilrestaurator zugange ist, der auch schon österreichische Uniformen restauriert oder sich damit beschäftigt hat, wirst Du auf dem "Problem" sitzen bleiben. Es sei denn, ein Mitdiskutant findet ein Buch oder Aufsatz hierzu. Meine Recherche führte mich dahin:

http://www.textilrestaurierung.at/Information.htm

Achtung! Das ist ein kommerzieller Link, die Web-Site ist auch suboptimal, aber garantiert ist die Inhaberin einigermaßen aussagefähig.

Natürlich könntest Du auch im österreichischem Archiv recherchieren:

AT-OeStA/KA ZSt HKR Wiener Hofkriegsrat (HKR), 1557 - 1848 (Bestand)

Hier Department E "Monturs- und Ausrüstungsfragen". Wäre allerdings die Zeit nach 1800 aber da gibt es immer "Querverweise".

o.t.

Du bist offensichtlich kein Raucher, eine gebrauchte Tonpfeife hätte die Uniform eher braun eingefärbt. Also dann doch eher "Pfeifenton" als originären Grundstoff. ;)


M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du bist offensichtlich kein Raucher, eine gebrauchte Tonpfeife hätte die Uniform eher braun eingefärbt. Also dann doch eher "Pfeifenton" als originären Grundstoff.
Wenn ich eine Pfeife ins Feuer lege, sind die Rückstände in Kürze ausgebrannt. :winke:
Meine Erfahrung ist nur, dass es schwierig ist, die Tonpfeife dann unbeschadet wieder raus zu bekommen. Stößt man dann nur ein wenig an einen Holzscheit mit dem heizen Teil, dann kann sie leicht zerbrechen.
 
Du bist offensichtlich kein Raucher, eine gebrauchte Tonpfeife hätte die Uniform eher braun eingefärbt. Also dann doch eher "Pfeifenton" als originären Grundstoff. ;)
Das wäre dann die Variante für die österreichische Artillerie. :still: Ich würde mich dabei auch gar nicht so sehr auf Österreich beziehen. Nachweißen musste halb Europa; Spanien, Frankreich, ein Großteil des HRRDN und einige italienische Staaten trugen weiß.

Es wird kein "Pfeifenton" gewesen sein, sondern dieses Material. Ist auch zum Reinigen geeignet, zumal Österreich früher traditionell Meerschaum verarbeitete.
Sepiolith ? Wikipedia
Bin gerade über diese kleine Abhandlung zum weißen von Leder gestolpert:
Weißen des Lederzeugs
Dort ist tatsächlich von Pfeifenton die Rede. Allerdings scheint Pfeifenton unschöne Nebenwirkungen zu haben:
[SIZE=+1] "Der Riemen der Patronentasche ist mit Pfeifenton bedeckt. Diese Erde verätzt [brule] das Sämischleder, macht die Erneuerung der Riemen sehr häufig notwendig." [/SIZE]
(Pankouke. »Art militaire.« In Encyclopédie Methodique , 6 Bde., Paris 1785. )

Bei der Kleie kann ich mich noch daran erinnern, dass es bei Selbstexperiment einfach dazu führte, wenn man sie feucht auftrug, dass es Flecken von der Kleie gab, welche dann eben die Flecken von Wein, Öl etc. überdeckten :D, wenn man es trocken auftrug, war das Resultat etwa gegen null. Angeblich soll man aber mit der Kleie dann den Dreck rausbürsten, so ein Handbuch für Unteroffiziere aus Napoleonischer Zeit. Bin aber kein Chemiker, um dazu was sagen zu können.
Hört sich jedenfalls nach einer ziemlichen Sauerei an. :yes:

 
Dort ist tatsächlich von Pfeifenton die Rede. Allerdings scheint Pfeifenton unschöne Nebenwirkungen zu haben:
[SIZE=+1]"Der Riemen der Patronentasche ist mit Pfeifenton bedeckt. Diese Erde verätzt [brule] das Sämischleder, macht die Erneuerung der Riemen sehr häufig notwendig." [/SIZE]
(Pankouke. »Art militaire.« In Encyclopédie Methodique , 6 Bde., Paris 1785. )
Die nachteilige Wirkung des Pfeifentons war damals allgemein bekannt. Ich glaube sogar an den Originalen in Paris, also den weißen Uniformen im Besonderen, aber auch den weißen Rabatten der blauen Uniformen, Zeugnisse der zerstörerischen Wirkung des Pfeifentons gesehen zu haben.
 
Die nachteilige Wirkung des Pfeifentons war damals allgemein bekannt. Ich glaube sogar an den Originalen in Paris, also den weißen Uniformen im Besonderen, aber auch den weißen Rabatten der blauen Uniformen, Zeugnisse der zerstörerischen Wirkung des Pfeifentons gesehen zu haben.

Aus was waren denn die damaligen Uniformen?
Leinen? Baumwolle?
 
Wolltuch, also Wolle von Schafen.

Noch nie eine in einem Museum gesehen?


Die vom alten Fritzen schon, mit geflicktem Einschussloch. Aber die haben das Ding hinter viel viel Glas und vermutlich noch mehr Mottenkugeln.:D

Nöö Du, die Fummel haben mich noch nie groß interessiert:S
dachte jetzt nur, das könnte hier mit dem Färben zu tun haben, und da kommt es auf das Material an.
 
@ Repo
Bei Friedrich II. fallen mir nur Stücke aus Samt (wohl Seidensamt) und Wolltuch ein. Ich glaube der Uniformrock, den ich zuletzt im DHM in Berlin sah, war aus Seidensamt.

Leider sah ich in Wien im HGM keine österreichischen Uniformen aus der Zeit von Maria Theresia, wobei es mich wundern würde, wenn es aus der Epoche keine Originale erhalten gäbe, auch wenn die frühen Röcke in Paris, im Musée d'Armée auch allesamt aus dem späten 18.Jh. (Ancien Régime oder v.a. ab der Revolutionszeit) stammten.
 
@ Repo
Bei Friedrich II. fallen mir nur Stücke aus Samt (wohl Seidensamt) und Wolltuch ein. Ich glaube der Uniformrock, den ich zuletzt im DHM in Berlin sah, war aus Seidensamt.

Leider sah ich in Wien im HGM keine österreichischen Uniformen aus der Zeit von Maria Theresia, wobei es mich wundern würde, wenn es aus der Epoche keine Originale erhalten gäbe, auch wenn die frühen Röcke in Paris, im Musée d'Armée auch allesamt aus dem späten 18.Jh. (Ancien Régime oder v.a. ab der Revolutionszeit) stammten.

Ich kenne den Uniformrock von F. II. aus dem DHM. Auf alle Fälle ist es "Samtgewebe". Allerdings ist das der Uniformrock eines Königs und stellt eine Ausnahme dar.

Ein Problem bei Uniformen aus dem 18.Jh. ist, daß sie "aufgetragen" wurden, geändert etc. Ich denke, wer davon ausgeht, daß die Armeen des 18. Jh. so aussahen wie sie der gute alte Knötel aufgemalt hat, unterliegt einem am Idealtypus (Dienstvorschrift) orientierten Irrtum. Die wären "geflickt" gewesen sein, schmutzig. Zumal, zumindest in Preußen, die Uniform nach Beendigung der Dienstzeit bei dem Soldaten verblieb. Tuche waren im 18. Jh. ein sehr teueres Wirtschaftsgut.

Garde- und Haustruppen eventuell ausgenommen.

M.
 
Ich kenne den Uniformrock von F. II. aus dem DHM. Auf alle Fälle ist es "Samtgewebe". Allerdings ist das der Uniformrock eines Königs und stellt eine Ausnahme dar.
Ist mir klar, mir ging es auch nur um die Einordnung der Röcke vom König.

Einige erhaltene preußische Originale habe ich schon in einem Buch gesehen, leider sind sie in der Regel zum einen aus der zweiten Regierungshälfte des Königs und zum anderen, wie schon hier im Thread richtig angenommen, sehr ausgeblichen, d.h. sie verloren die originale Farbigkeit. Von daher sind Uniformen, welche kaum Gebrauchsspuren aufweisen auch ganz interessant, um zu sehen, wie die Röcke hinsichtlich der Farbe aussehen mochten, wenn sie an die Truppe ausgeliefert wurden. Es gab zweifelsohne auch zu dem Zeitpunkt eine gewisse Palette von Blautönen, ganz einfach weil beim Färben mit Naturfarben unterschiedliche Töne rauskommen. Selbst modern gefärbte Tuche weisen Nuancen von Abweichungen von Ballen zu Ballen auf.

S et F

B.;):winke:
 
Einige erhaltene preußische Originale habe ich schon in einem Buch gesehen, leider sind sie in der Regel zum einen aus der zweiten Regierungshälfte des Königs und zum anderen, wie schon hier im Thread richtig angenommen, sehr ausgeblichen, d.h. sie verloren die originale Farbigkeit. Von daher sind Uniformen, welche kaum Gebrauchsspuren aufweisen auch ganz interessant, um zu sehen, wie die Röcke hinsichtlich der Farbe aussehen mochten, wenn sie an die Truppe ausgeliefert wurden.

Das denke ich auch, gab ja keine "Indanthren-Farben":) deshalb vermute ich, dass die "Naturfarbe" weiß (und ihre Abarten) von dem her erhebliche Vorteile bot.
Und dies vielleicht die Antwort auf die Frage ist.

Es gab zweifelsohne auch zu dem Zeitpunkt eine gewisse Palette von Blautönen, ganz einfach weil beim Färben mit Naturfarben unterschiedliche Töne rauskommen. Selbst modern gefärbte Tuche weisen Nuancen von Abweichungen von Ballen zu Ballen auf.

Da kenne ich mich wieder aus
es ist immer eine größere Tragödie, wenn sich mein Handarbeitsclub in der Menge verschätzt, und keine Wolle mit der selben Farbpartie-Nr. mehr zu bekommen ist.:weinen:
 
@ Repo
Bei Friedrich II. fallen mir nur Stücke aus Samt (wohl Seidensamt) und Wolltuch ein. Ich glaube der Uniformrock, den ich zuletzt im DHM in Berlin sah, war aus Seidensamt.

Ich sah ihn auf dem Hohenzollern. Mit geflicktem Einschussloch und zugehöriger Tabaksdose in der die Kugel steckte.

Man sieht der Jacke an, dass sie einiges hinter sich hat.
Und, dass der König ein schmächtiges Männle war.
Aber an mehr kann ich mich nicht erinnern. Obwohl ich bestimmt schon 20mal davor stand.
 
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