Welche antiken Wurzeln hat die geografische Bezeichnung 'Ägypten'?

oberhaenslir

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Ich habe zwei verschiedene Erklärungen gefunden. Welche ist wissenschaftlich belegt? Von wem?

"Undurchsichtig wird es, wenn man Ägypten auf den Grund gehen will. In direkter Linie steht das griechische Aígyptos, das der griechische Geograph Strabo so zutreffend wie langweilig mit Aigaiou hyptios - unterhalb der Ägäis - bezeichnete. Stolze Ägypter freilich bevorzugen die Etymologie vom altägyptischen Namen der Pharaonen-Hauptstadt Memphis: hawit ku pitan, der Tempel des Gottes Ptah."

Wortwörtlich - Koydls kleines Lexikon sueddeutsche.de

Der griechische Geograph Strabon lebte von etwa 63 vC bis 2 nC:
Strabon – Wikipedia
 
Strabos Theorie ist eher unwahrscheinlich.
"Oben" und "Unten" sind natürlich verwirrende Begriffe.

Seit in Alexandrinischer Zeit Weltkarten auf Basis eines kugelförmigen Erdmodells gezeichnet wurden, mit verschieden langen Breitenkreisen, hat sich die Darstellung "Nordpol oben" durchgesetzt. Dies war zu Strabos Zeit sicherlich im allgemeinen Bewusstsein, und erst recht bei ihm selbst als "Geograph". Von Ptolemäus ist diese Sicht dann 100 Jahre später perfektioniert worden.

Es sind jedoch keine Karten erhalten, spätere Nachzeichnungen gehen immer von einer - horribile dictu - Nordorientierung aus, teilweise weil uns dies geläufiger ist. Es gibt allerdings sprachliche Hinweise, die dies stützen; Herodot (um 450 BC) spricht z.B. vom "hohen Norden" und dass die "Perser unten am Südmeer" leben würden...

Als im Mittelalter Ptolemäus etwas vergessen wurde, konnte sich für 1000 Jahre die Darstellung "Osten oben" (daher auch das Wort. "Orientierung") durchsetzen, obwohl sie für eine Kugelmodell der Erde absolut unnatürlich ist.

Aber für die gesamte Frühzeit der nördlichen Halbkugel war in der Regel "oben" = "Süden". Dies insbesondere in Ägypten, wo der Nil - natürlich! - von oben nach unten floss!
 
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Als im Mittelalter Ptolemäus etwas vergessen wurde, konnte sich für 1000 Jahre die Darstellung "Osten oben" (daher auch das Wort. "Orientierung") durchsetzen, obwohl sie für eine Kugelmodell der Erde absolut unnatürlich ist.
Für das Mittelalter war Ost nur deshalb oben, weil Jerusalem dort lag und als "Mittelpunkt" der Welt wichtigster Bezugs (und "Orientierungspunkt") war. Die Kartengestaltung sollte die Bedeutung von Orten ausdrücken und weniger geographische Zwecke erfüllen.
 
Karte und Kompass sind nur auf der nördlichen Halbkugel nach Norden ausgerichtet,auf der südlichen Halbkugel nach Süden
Karten zeigen im Allgemeinen immer auf den Dreh (mittel)punkt,und in der mittelalterlichen Welt war nun mal Jerusalem der Dreh und Angelpunkt der Welt und deshalb waren die Karten logischerweise nach dort,eben Osten ausgerichtet.
 
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Für das Mittelalter war Ost nur deshalb oben, weil Jerusalem dort lag und als "Mittelpunkt" der Welt wichtigster Bezugs (und "Orientierungspunkt") war. Die Kartengestaltung sollte die Bedeutung von Orten ausdrücken und weniger geographische Zwecke erfüllen.

Karte und Kompass sind nur auf der nördlichen Halbkugel nach Norden ausgerichtet,auf der südlichen Halbkugel nach Süden
Karten zeigen im Allgemeinen immer auf den Dreh (mittel)punkt,und in der mittelalterlichen Welt war nun mal Jerusalem der Dreh und Angelpunkt der Welt und deshalb waren die Karten logischerweise nach dort, eben Osten ausgerichtet.

Das ist so nicht ganz richtig. Richtig ist, Jerusalem galt als der Mittelpunkt der Welt. Richtig ist auch, dass mittelalterliche Kartengestaltung die Bedeutung von Orten ausdrücken sollte und geographische Zwecke nur sehr sekundär. Gattungsgeschichtlich bedeutend sind insbesondere die auf Isidor zurückgehenden T-O-Schema-Karten des Mittelalters, selbst die Ebstorfer Weltkarte ist im Prinzip nichts anderes als eine versteckte T-O-Schema-Karte. Aber die Orientierung war nicht Jerusalem, dass ja in der Mitte der Karte lag, sondern das Paradies, welches am oberen Rand der Karte angesiedelt war - getreu der Bibel ganz im Osten der Welt.

http://www.saudiaramcoworld.com/issue/200504/images/mon_Beatus_map_retouch.jpg
http://www.landschaftsmuseum.de/Bilder/Ebstorf/Ebstorf_oben-2.jpg
 
So, habe noch ein bisschen recherchiert:
Aigyptos ist ein griechischer Begriff, der "volksetymologisch" dann wie bei Strabo angegeben gedeutet werden kann.

Das von den Griechen verwendete Wort scheint in der Tat abgeleitet zu sein von einem Namen der Stadt Memphis: Hw.t-kA-PtH (oder: Ha-Ka-Ptach, in verbreiteten akkadischen Texten: Hikuptah ).
Auf Linear-B-Täfelchen aus dem 13. Jh. v. Chr. taucht der Personennamen Ai-ku-pi-ti-jo auf ("der Ägypter"?)

Die alten Ägygter selbst nannten ihr Land KMT (Kemet), die "schwarze Erde". Die umliegende Wüste war Deschet, die "rote Erde".
 
Der heutige arabische Name "Masr" heisst, glaube ich, auch : "Schwarzes Land".

Ich dachte immer das der Name Ägypten sich tatsächlich auf den Tempel des Ptah bezieht, denn das "Haus des Ptah" hiesse auf griechisch Oiko´Ptah (oder so ähnlich, ich kann kein gr.)
 
Der heutige arabische Name "Masr" heisst, glaube ich, auch : "Schwarzes Land".

Das ist falsch. Ägypten heißt auf Arabisch Miṣr. 'Schwarz' ist aswad, wovon sich der Name des Sūdān ableitet, ein unregelmäßiger (oder in arabischer Terminologie ein "gebrochener") Plural von aswad. Miṣr dagegen heißt eigentlich 'Metropole'.
 
Interessantes Thema! Dass die alten Ägypter ihr Land Kemet nannten, habe ich auch schon irgentwo gelesen, allerdings wusste ich noch nicht dass es "schwarze Erde" bedeutete. Nur, warum nannten sie es so? Kommt der Name von dem Fruchtbaren Boden der Nilebene?
In dem Zusammenhang frage ich mich, woher das Volk der Ägypter kam. Die modernen Ägypter sind ja vorwiegend arabischen Ursprungs. Das hat mir zumindest jemand erzählt, der dorther kommt. Anscheinend haben sich im Laufe der Jahrhunderte, eingewanderte arabische Stämme mit der dortigen Bevölkerung vermischt (gut, Alexanders Truppen haben mit Sicherheit auch ihre Spuren dort gelassen^^). Mich interessiert aber, eher welches Volk es war, aus dem dem die Hochkultur erwachsen ist.

MfG

Carolvs
 
Interessantes Thema! Dass die alten Ägypter ihr Land Kemet nannten, habe ich auch schon irgentwo gelesen, allerdings wusste ich noch nicht dass es "schwarze Erde" bedeutete. Nur, warum nannten sie es so? Kommt der Name von dem Fruchtbaren Boden der Nilebene?
Dem würde ich zustimmen.Jedes Jahr nach der Überschwemmung der Felder ließ der Nil fruchtbaren (schwarzen) Schlamm auf den Feldern zurück,der die Existenz der Ägypter sicherte.Die Ägypter wussten höchst wahrscheinlich um die wichtige Bedeutung des Nils und der angeschwemmten Erde (,da sie ja sahen,dass in der Gegend sonst Wüste vorherrscht) und benannten sich demnach.
 
...In dem Zusammenhang frage ich mich, woher das Volk der Ägypter kam. Die modernen Ägypter sind ja vorwiegend arabischen Ursprungs. Das hat mir zumindest jemand erzählt, der dorther kommt. Anscheinend haben sich im Laufe der Jahrhunderte, eingewanderte arabische Stämme mit der dortigen Bevölkerung vermischt (gut, Alexanders Truppen haben mit Sicherheit auch ihre Spuren dort gelassen^^). Mich interessiert aber, eher welches Volk es war, aus dem dem die Hochkultur erwachsen ist...

Ich habe mit einem Ägypter, der in der Nachbarschaft einen Imbiss betreibt, über dieses Thema gesprochen.

Er wehrt sich erheblich dagegen, als Araber bezeichnet zu werden. Er besteht darauf Ägypter zu sein, keinesfalls Araber.

Er bezichtigt die Araber, ägyptische Kultur, ägyptischen Glauben und ägyptische Sprache zu unterdrücken. Im Falle der ägyptischen Sprache wäre es bereits gelungen, diese dem ägyptischen Volk zu nehmen.

Er sagt, dass das ägyptische Volk ständigen Repressalien der "Araber" ausgesetzt sei und dass er sich wünschte, dass hier in Europa die Christen mehr zueinander stehen würden.

Er ist koptischer Christ.

MfG Jürgen
 
Ich habe mit einem Ägypter, der in der Nachbarschaft einen Imbiss betreibt, über dieses Thema gesprochen.

Er wehrt sich erheblich dagegen, als Araber bezeichnet zu werden. Er besteht darauf Ägypter zu sein, keinesfalls Araber.

Er bezichtigt die Araber, ägyptische Kultur, ägyptischen Glauben und ägyptische Sprache zu unterdrücken. Im Falle der ägyptischen Sprache wäre es bereits gelungen, diese dem ägyptischen Volk zu nehmen.

Er sagt, dass das ägyptische Volk ständigen Repressalien der "Araber" ausgesetzt sei und dass er sich wünschte, dass hier in Europa die Christen mehr zueinander stehen würden.

Er ist koptischer Christ.

MfG Jürgen
Selbst viele muslimische Ägypter bestehen darauf, nicht Araber genannt zu werden. Im ägyptischen Sprachgebrauch gibt es auch lustigerweise die Abstufung Ägypter-Araber-Ausländer, also ausländische Araber sind nicht ganz so ausländisch wie andere Ausländer. :p
Man kann sowieso nur sehr vage schätzen, wie viele Araber (und andere) in Ägypten eingewandert sind, aber die "Ureinwohner" wurden ja durch die arabische Eroberung und die späteren Einwanderungen nicht ausgelöscht, sondern haben sich einfach mit den Neuankömmlingen vermischt.
Wenn die Kopten von Arabern in Ägypten sprechen, meinen sie natürlich die Muslime. Ethnisch gesehen dürfte es da nicht so große Unterschiede mehr geben. Vielleicht sind die Kopten ein bißchen mehr unter sich geblieben.
 
Selbst viele muslimische Ägypter bestehen darauf, nicht Araber genannt zu werden. Im ägyptischen Sprachgebrauch gibt es auch lustigerweise die Abstufung Ägypter-Araber-Ausländer, also ausländische Araber sind nicht ganz so ausländisch wie andere Ausländer. :p
Man kann sowieso nur sehr vage schätzen, wie viele Araber (und andere) in Ägypten eingewandert sind, aber die "Ureinwohner" wurden ja durch die arabische Eroberung und die späteren Einwanderungen nicht ausgelöscht, sondern haben sich einfach mit den Neuankömmlingen vermischt.
Wenn die Kopten von Arabern in Ägypten sprechen, meinen sie natürlich die Muslime. Ethnisch gesehen dürfte es da nicht so große Unterschiede mehr geben. Vielleicht sind die Kopten ein bißchen mehr unter sich geblieben.

Dann zählt sich also auch ein muslimischer Ägypter nicht zu den Arabern.

Somit wäre auch die Aussage, dass die modernen Ägypter vorwiegend arabischer Abstammung wären, zu relativieren.
 
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Dann zählt sich also auch ein muslimischer Ägypter nicht zu den Arabern.
Jein. Ich hab dazu keine Statistik und kann deshalb nur aus Erfahrung mit Ägyptern sprechen. Muslimische Ägypter fühlen sich erst mal als Ägypter und nur in zweiter Linie als Araber. Ein ägyptischer Freund von mir fühlt sich aber als Araber, weil er die Geschichte seiner Familie recht gut zurückverfolgen kann, und die gehörten eben zu einem eingewanderten arabischen Clan. Koptische Ägypter wiederum betonen, Ur-Ägypter und nicht etwa Nachkommen von dahergelaufenen arabischen Beduinen zu sein.

Somit wäre auch die Aussage, dass die meissten Agypter, arabischer Abstammung wären, zu relativieren.
Wieso? Das Identitätsgefühl eines Volkes muß doch nichts mit der tatsächlichen ethnischen Abstammung zu tun haben.
 
Ur-Ägypter ...... die nennt man Fellachen.
Fallah heißt einfach nur Bauer auf Arabisch. Über die ethnische Herkunft sagt das erst mal gar nichts. Ursprünglich waren halt die arabischen Eroberer eher keine Bauern,sondern Beduinen, daher paßte diese Unterscheidung anfangs. Aber das dürfte nach ein paar Jahrhunderten auch vorbei gewesen sein.
 
Bisher war ich der Meinung, dass die arabische Sprache im Zuge der Islamisierung in vielen Ländern Nordafrikas und Nahosts übernommen wurde und dass die Bevölkerungszusammensetzung sich nur unwesentlich verändert hat.
 
Bisher war ich der Meinung, dass die arabische Sprache im Zuge der Islamisierung in vielen Ländern Nordafrikas und Nahosts übernommen wurde und dass die Bevölkerungszusammensetzung sich nur unwesentlich verändert hat.
Grundsätzlich ist das erst mal richtig. In Ägypten und Nordafrika sind aber weit nach der islamischen Expansion immer wieder arabische Stämme eingewandert. Z.B. die Banu Hilal und Banu Sulaym im 10./11. Jh., die Banu Tayyi' im 11. Jh., die Beni Hassan im 13. Jh.
Gerade diese massive Westwanderung arabischer Stämme hat in Nordafrika die Islamisierung erst so richtig angekurbelt.
Und dann kamen natürlich noch die bunt gemischten Heere der Fatimiden, Ayyubiden und Mamluken dazu, die aus Berbern, Armeniern, Kurden, Turkmenen, Iranern und Türken zusammengesetzt waren. Die sind alle im ägyptischen Genpool mit drin.
 
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