Widerstand und Dissens von Frauen

ursi

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Der Frauenanteil beim Widerstand betrug 15%. Sie konnten das Regime nicht stürzen oder den Krieg verhindern oder beenden, dennoch sahen die Nationalsozialisten in ihnen eine ernsthafte Bedrohung für die Volksgemeinschaft. Deshalb waren sie bedroht, sobald ihre Namen der Gestapo bekannt wurden.

Verschiedene Milieus und mögliche Gründe für die Verfolgung durch die Gestapo so erhält man ein differenzierteres Bild der Beteiligung von Frauen im Widerstand:

Politisch Verfolgte 5% bis 10%
Religiöse Gründe 20% bis 25% (grösster Anteil waren die Zeugen Jehovas)
Alltagskonflikte 15% bis 22% ( vor allem im Krieg)

Nach 1938 und dann im Krieg waren die Alltagskonflikte der grösste Anteil der Anklagepunkte gegen Frauen bis zu 50%.

Schaut man den Widerstand der Frauen genauer an muss man auf die Lebenssituation näher eingehen.

Wie konnten die Frauen unter den Nationalsozialistischen Bedingungen möglich Familie und Haushalt im Alltag erhalten

- Wenn sie dem politischen Widerstand nahe standen oder aktiv waren?
- Wenn religiöse Bindungen ihr Leben mehr bestimmten als die Ziele der Nationalsozialisten
- Wenn sei aus rassischen oder sozialen Gründen aus der Volksgemeinschaft ausgegrenzt wurden?
- Wenn manch nach und nach von den Versprechen der Nationalsozialisten enttäuscht, vor allem im Krieg, ihren Unmut Luft machten, angezeigt und der Gestapo verfolgt wurden?

Weiter kann man die Fragen untersuchen, ob es einen Unterschied der Kritik von Frauen und Männern gab und welchen Einfluss dies im Alltag hatte? Und welche Rolle haben Frauen und Männer konkret im Widerstand gespielt?

1. Frauen im Erwerbsleben, Politik und Familie

Der Frauenanteil der Bevölkerung war nach dem ersten Weltkrieg bei 54%.

1919 bis 1933 aktives und passives Wahlrecht
1933 bis 1945 in politischen Entscheidungen hatten Frauen nichts mehr zu suchen.

Schon während der Weimarer Republik waren die Politikerinnen den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Die NSDAP war eine reine Männerpartei, Frauen durften keine Funktionen übernehmen. Selbst die Leiterin des NS-Frauenwerks und der NS-Frauenschaft hatte kaum Einfluss auf politische oder ideologische Entscheidungen.

Während der Weimarer Republik wurden Frauen immer mehr im Arbeitsmark integriert. 1925 war der arbeitenden Frauen bei 51,5% dieser sank wegen der Wirtschaftskrise bis 1933 auf 49,3%. Stieg dann im Dritten Reich wieder an so waren 1939 52,5% und 1944 54% der Frauen im Arbeitsmarkt vertreten.

1933 bis 1936 Umschichtung des Arbeitsmarktes: Frauen aus der Haus- und Landwirtschaft übernahmen Arbeitsplätze in der Konsumgüterindustrie, hier wurden die Arbeitsplätze frei von den Frauen die in die Rüstungsindustrie abwanderten.


Laut der Nazi-Ideologie war die Rolle der Frau so vorgesehen. Sie soll sich um Mann, Familie, Kinder und Haushalt kümmern. Dies war ihr Beitrag zum Volkswohl. Die Frauen wurden eingestuft in „wertvoll“, diese erhielten öffentliche, ideale und materielle Hilfe und in Frauen deren öffentlicher „Wert“ abgesprochen wurde, sie wurden als „rassisch-minderwertig“ und „asozial“ oder politisch nicht tragbar bezeichnet. Diese Frauen wurden denunziert, bewusst benachteiligt, beschädigt, zur Zwangsarbeit verschleppt, verfolgt und umgebracht.

Zu diesen Frauen gehörten:

- Angehörige und Mitstreiterinnen politischer Gegner
- Stark religiöse Frauen
- Prostituierte
- Jüdinnen
- Angehörige der Sinti und Roma
- Zwangsarbeiterinnen (vor allem aus dem Osten)
- Polinnen (auch solche die schon lange in Deutschland gearbeitet haben)
- Angebliche Erbkranke

Bei den „wertvollen“ Frauen war Abtreibung unter Strafe verboten. Bei den rassisch minderwertigen Frauen wurden diese in den KZs durchgeführt.

Diese NS-Frauenideologie und Frauenpolitik war ein Versuch der Politisierung des Familienlebens.

2. Politischer Widerstand – Weltanschaulicher Dissens- Alltagsdissens

Die Widerstandsform von Frauen und Männern gegen den Nationalsozialismus, politischer, weltanschaulicher Dissens und Alltagsdissens unterscheiden sich in den Zielen, den Möglichkeiten, Erfolgsaussichten und Grenzen. Die Aussetzung der zentralen Grundrechte hatte eine legale Opposition gegen die neue Regierung unmöglich gemacht.

Die Aktivitäten der politischen Gegner der Nationalsozialisten waren in der Illegalität, darauf waren die Parteien und Gruppen nicht vorbereitet und waren somit auf die Unterstützung von Familie und privaten Umfeld angewiesen. Die Frauen waren in dieser Situation für die Versorgung und psychischer Betreuung der Illegalen zuständig. Leitungsfunktionen hatten sie so gut wie keine. In den Gewerkschaften kamen sie im aktiven Widerstand fast nicht vertreten. Ausser im Internationalen Sozialistischen Kampfbund hatten sie eine grössere Bedeutung.

Die Ehefrauen der Verschwörer sahen es als selbstverständlich an im Hintergrund zu sein. Aber diese Frauen kann man nicht einfach auf die Frau neben dem Mann reduzieren. Zum Teil waren sie eingeweiht und die Männer liessen sie bewusst aussen vor um sie und ihre Familien zu schützen.

Der Widerstand der christlichen Kirchen und der Sekten muss man in diesem Zusammenhang klar vom politischen Widerstand trennen. Denn nur die Versuche der Bewahrung ihrer Identität und Tradition hätten Ähnlichkeiten mit dem politischen Widerstand.

Die Zeugen Jehovas und andere Sekten, Katholiken und Mitglieder der Bekennenden Kirche wehrten sich nur gegen Übergriffe auf die jeweilige Religionsgemeinschaft nicht aber gegen den Nazi-Staat.

Die religiösen Frauen wehrten sich vor allem gegen die Geburtenpolitik und versuchten sich von der Vereinnahmung durch das NS-Frauenwerk zu entziehen. Es gelang ihnen Nischen des religiösen Zusammenlebens zu schaffen, weil sie nicht an die Öffentlichkeit gingen. Dies wurde den Zeugen Jehovas zum Verhängnis, den sie verteilten Flugblätter und führten Aktionen in der Öffentlichkeit durch, und somit der Gestapo ausgesetzt.

Viele Frauen wurden denunziert, weil sie in ihren Wohnungen, auf dem Hausflur, während der Fahre zur Arbeit etwas „Regimekritisches“ sagten. Dies konnte ein einfacher Witz sein, der dann zur Verfolgung führte. Frauen sahen womöglich in der Denunziation die Chance, familiäre oder nachbarschaftliche Konfliktsituationen zu lösen.

Literatur:

Wickert, Christl, Frauen gegen die Diktatur, Widerstand und Verfolgung im nationalsozialistischen Deutschland, Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin, 1995

Steinbach Peter (Hrsg), Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Serie Piper, 1985

Steinbach, Peter, Der Widerstand gegen die Diktatur, Hauptgruppen und Grundzüge der Systemopposition
Aus Deutschland 1933 bis 1945 Neue Studien zur nationalsozialistischen Herrschaft

Mehringer, Hartmut, Widerstand und Emigration, Deutsche Geschichte der neusten Zeit, DTV, 2. Auflage 1998
 
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