Mit dem Fall von Konstantinopel im Jahre 1453 war die "byzantinische Welt" in der Tat noch nicht (ganz) am Ende.
Zu Trapezunt:
Trapezunt verstand sich trotz seiner Abspaltung im Jahre 1204 vollkommen selbstverständlich als "byzantinischer Staat" - es herrschten bis zu seinem Ende 1461 byzantinische Herrscher, die mit den Herrschern der anderen Teilstaaten (Nikaia, Epirus, dann wieder "dem byz. Reich" mit Hauptstadt Konstantinopel) verwandt waren. In Begriffen wie "Teilstaat" und "Nachfolgestaat" wurde von den Zeitgenossen allerdings nur sehr bedingt, wenn nicht eher gar nicht, gedacht. Wer wen als was anerkannte, war immer eine Frage des Standpunktes, der Machtverhältnisse und der Interessenlage - und somit nie deckungsgleich. Ideologie, Anspruch und Wirklichkeit waren auch selten identisch. In der Regel wurde auf Kontinuität gebaut und ein theor. Macht- oder zumindest Anerkennungsanspruch erhoben. Trapezunt in irgend einer Weise sein "Byzantinertum" abzusprechen, wäre so, als wolle man einem (wenn auch oft nur für kurze Zeit existierenden) spätantik-römischen Teilstaat von außen betrachtet seine römische Identität aberkennen.
Mit lange ausharrenden Bürgern auf einer Insel ist es natürlich so eine Sache. Vielleicht wurde ja noch ein kleines Inselchen "vergessen" und die dortigen Hirten glaubten sich - frei nach dem Bild des einzelnen Japaners im Pazifik, der Jahrzehnte nach Kriegsende entdeckt wurde - als freie Römer (wir wissen ja, dass es den "Byzantiner" im Selbstverständis und auch in der begrifflichen Realität nicht gab)...Wären diese Hirten damit automatisch "der letzte Rest" vom Reich..?!
Das führt denn auch zu Monemvasia.
Von Staatswesen kann keinerlei Rede mehr sein - der Herrscher und Kaisererbe Thomas saß bereits in Italien (dessen Bruder Andreas verkaufte nach seinen Tod seine nun ebenfalls ererbten Titular-Kaisertitel erst an den franz. König, dann an den spanischen - von diesem nahm aber wohlgemerkt niemand einen Herrschaftsanspruch war. Die spanische Krone hat diesen Titel bis heute inne!!). Die militärisch aussichtslose Lage der isolierten Stadt führte ja dann zwangsweise zu den "sich-unter-Schutz-Stellungen" - zuletzt, wie richtig gesagt - unter Venedig. Dies war als langjähriger Teil des Reiches zumindest noch äußerst stark "byzantinisch" geprägt und verstand sich seit der Eroberung und Aufteilung des "gefallenen Konstantinopels" als "Beherrscher von 3/8" des ehem. Mutterstaates und mitunter auch als "Nachfolger". Dies mag 1464 keine ideologisch tragende Rolle mehr gespielt haben - es wurde vielmehr dadurch ein militärisch wichtiger Außenposten für Venedig gewonnen, der erst 1540 an die Osmanen verloren ging.
Wie die "staatsrechtliche Situation" nach einer solchen Schutzunterstellung konkret aussah, ist mir nicht bekannt. Behielt das so de facto inkorporierte Gebiet noch de jure die (zumindest theoretische) Anerkennung als ein wie auch immer zu bezeichnendes (Rest-)Reich der Romäer/Römer?! Wie sahen das die griechischen Stadtbewohner? Wie die Venezianer? Wie der Rest der umgebenden Staatenwelt? Es ist mir nicht bekannt - und es ist äußerst unwahrscheinlich -, dass ein Chronist der Zeit das Ende des "byzant. Reiches" erst im Jahre 1540 gesehen hätte. Meiner Meinung nach wäre das auch arg "konstruiert", wenn eine Stadt ohne eigenen zumindest minimal autarken Herrscher und vollkommen einer Seemacht unterstellt noch als tatsächlichen Rest des römischen Reiches aufgefasst werden würde. Spannend ist der Gedanke ja schon, aber, aber.....
Epirus hatte, wie beschrieben, seit 1318 keine aus direkter Linie stammenden byz. Herrscher, sondern italienische. Es war wiewohl dennoch bis zu einen hohen Grad trotz starker slawischer Einwanderungswellen griechisch-byzant. geprägt, dürfte man annehmen. Epirus hätte in der Zeit vor 1230 fast "das Rennen auf Konstantinopel" gegen Nikaia gewonnen - besaß es doch
Zeitweise auch Makedonien, Teile der Peloponnes, Thessalien und Mittelalbanien. Ein Anspruch auf den byzantinischen Thron wurde aber meines Wissens nach 1261 nicht mehr erhoben - vielmehr arrangierten sich die Herrscher in wechselnden Konstellation mit dem Kaiserhaus in Konstantinopel.
Zum falschen Terminus der entsprechende wiki-Eintrag: "Die Bezeichnung
Despotat Epirus für den westgriechischen Staat ist unhistorisch und wird in zeitgenössischen Quellen nicht verwendet, denn der Titel Despot bezeichnet die Einordnung seines Trägers in die Hierarchie des byzantinischen Hofes. Epirus war jedoch stets unabhängig vom
Kaiserreich Nikaia bzw. dem restaurierten Byzantinischen Reich. Zumeist nannten sich die Regenten
Archon oder einfach
Kyrios (Herr). Gleichwohl haben nach 1230 einzelne Herrscher von Epirus den Despotentitel vom Kaiser verliehen bekommen."
Das, was bis 1449 oder im allergroßzügigsten Sinn 1479, noch unter der Herrschaft von Carlo II. und Leonardo Tocco, die allerdings noch den vom Kaiser verliehenen Despotentitel trugen, stand (Arta - und zuletzt nur noch die Küsten-Festungen Vonitsa, Varnazza und Angelokastron), kann deshalb ebenfalls nur sehr schwer als "letzter Rest des byz. Reiches" bezeichnet werden. Wiewohl es natürlich Städte eines in starker Tradition zu Byzanz stehenden (halb-byzant. Teil-)Staates waren.
Mit dem Fürstentum Theodoro verhällt es sich meiner Meinung nach ähnlich:
"Das Fürstentum hatte sich im 13. Jahrhundert aus jenem Teil des ehemaligen byzantinischen
Themas Cherson (auch Thema ta Klimata) auf der Krim gebildet, das nicht zu einer
Kolonie Genuas geworden war. Es war eng mit dem
Kaiserreich Trapezunt verbündet. Die
armenisch-
byzantinische Herrscherdynastie der
Gabras (auch
türkisch Chowra), war durch Heirat mit den
Komnenen und den
Palaiologen verwandt." (wikipedia)
Es fühlte sich augenscheinlich Zeit seines Bestehen als Teil der byz. (Staaten-)Welt, war meiner Meinung nach dem Fall des Reiches aber auch nur ein überlebender griech. geprägter byz. Staat unter mehreren, und nicht, wie Wikipedia es ähnlich ausdrückt, das "letzte verbliebene Territorium des byzantinischen Imperiums". Aber es spielt, wenn gleich auch nicht im Rang von Trapezunt und Morea, wohl eine Rolle in der "Liga" Epirus (wenn auch keinesfalls machtpolitisch). Obwohl die Fürsten bis zur Eroberung im Jahre 1475 anscheinend nicht mit dem (nur vom Kaiser zu verleihenden) Despoten-Titel ausgestattet wurden und somit auch nicht in der ideellen Hierarchie verankert waren.