Wie kam das Huhn nach Afrika?

silesia

Moderator
Teammitglied
Mit der Verbreitung des Geflügels haben sich in letzter Zeit einige beschäftigt, jetzt hier wieder:

International Journal of Osteoarchaeology
Early Evidence for Domestic Chickens (Gallus gallus domesticus) in the Horn of Africa - Woldekiros - 2016 - International Journal of Osteoarchaeology - Wiley Online Library
Online frei verfügbar.

Hund, Schwein etc. hatten wir schon im Forum. Einen Zusammenhang zwischen Verzehr von Geflügel und Schweinefleisch wurde hier diskutiert:
http://www.geschichtsforum.de/f36/schweinefleisch-52764/index7.html
 
Da die Wildform unseres Huhns aus dem indisch-pakistanischen Raum stammt ist von Seehandel auszugehen. Interessant wäre, ob hier das Sabäische Reich in den Zwischenhandel eingebunden war. Das liegt ja genau dazwischen und die frühstens belegten Hühnerknochen in Aksum fallen von der Datierung genau in die Hochphase des Sabäerreiches.
 
Fortsetzung (für das Mittelalter, aber ergänzend zur Frühgeschichte bzw. prähistorischen Phasen):

Die Swahili-Küste war offenbar ein bedeutender Ort für den Wirtschaftsaustausch zwischen Afrika und Asien. In einem neuen Beitrag der PLOSone geht es nun um die Verbreitung des in Asien domestizierten Huhnes nach Afrika, gleich mal in Begleitung einer asiatischen Rattenart.

Presse:
Early Indian Ocean Trade bring Chicken, Black Rat to Eastern Africa
"During the Medieval period (7th-15th century AD), maritime trade took off between this region and other areas of the Indian Ocean. Archaeological evidence for this vast trade network includes imported ceramics, glass beads and Asian crops. Now, domestic chickens and black rats can be added to this list, with their earliest in eastern Africa dating to between the 7th and 8th century AD."

Nach dem Aufsatz weiter oben ist dies bzgl. des Huhns eine weitere (zweite) Runde der Einschleppung, und betrifft die ursprünglich in China domestizierte Variante.

Freier download:
Reconstructing Asian faunal introductions to eastern Africa from multi-proxy biomolecular and archaeological datasets

Abstract:
Human-mediated biological exchange has had global social and ecological impacts. In sub-Saharan Africa, several domestic and commensal animals were introduced from Asia in the pre-modern period; however, the timing and nature of these introductions remain contentious. One model supports introduction to the eastern African coast after the mid-first millennium CE, while another posits introduction dating back to 3000 BCE. These distinct scenarios have implications for understanding the emergence of long-distance maritime connectivity, and the ecological and economic impacts of introduced species. Resolution of this longstanding debate requires new efforts, given the lack of well-dated fauna from high-precision excavations, and ambiguous osteomorphological identifications. We analysed faunal remains from 22 eastern African sites spanning a wide geographic and chronological range, and applied biomolecular techniques to confirm identifications of two Asian taxa: domestic chicken (Gallus gallus) and black rat (Rattus rattus). Our approach included ancient DNA (aDNA) analysis aided by BLAST-based bioinformatics, Zooarchaeology by Mass Spectrometry (ZooMS) collagen fingerprinting, and direct AMS (accelerator mass spectrometry) radiocarbon dating. Our results support a late, mid-first millennium CE introduction of these species. We discuss the implications of our findings for models of biological exchange, and emphasize the applicability of our approach to tropical areas with poor bone preservation.
 
Eine Frage am Rande: Waren Hühnervögel jemals freilaufende Mitglieder der Schiffsbesatzungen, wie die Schiffskatzen?
Anbieten würde sich das ja, da sie sich problemlos von Kakerlaken etc ernähren könnten....
 
Eine Frage am Rande: Waren Hühnervögel jemals freilaufende Mitglieder der Schiffsbesatzungen, wie die Schiffskatzen?
Anbieten würde sich das ja, da sie sich problemlos von Kakerlaken etc ernähren könnten....
Das waren sie. Auf Maltesergaleeren liefen die Hühner teilweise unter den Ruderbänken herum, wie sie auf einigen Illustrationen in Joseph Muscats "Food and Drink on maltese Galleys" , "Galley Slaves at Work", "Slaves on maltese Galleys" dargestellt sind. Ungeziefer fanden sie dort bestimmt in großer Menge. Auch auf anderen Schiffen waren stets Hühner an Bord, aber meist in Käfigen. Im Pilgerbericht des Ritters von Grünemberg wurde die Anschaffung eigener Hühner, wegen der Eier für Schiffsreisende sehr empfohlen.
 
Von wann sind denn diese detaillierten Illustrationen des Bordlebens?
Die Illustrationen stammen von dem maltesischen Marinehistoriker Joseph Muscat, der eine ganze Reihe von Büchern über die Schiffstypen der Malteserritter und das Bordleben, speziell auf den Galeeren verfasst hat. Da es sich weder um Kinderbücher oder Romane sondern wissenschaftliche Abhandlungen handelt, gehe ich davon aus, dass er die Hühner nicht als Gag unter die Rudersklaven gezeichnet hat. Es gibt fast keine besser dokumentierte ,jahrhundertelang geführten Aufzeichnungen über Flottenaktivitäten, Schiffsausrüstungen ,Bordvorschriften etc. wie die in der Bibliothek von Valetta verwahrten Aufzeichnungen, auf die der Autor zugreifen konnte. In "Die Marine des Johanniter-Malteser-Ritter-Ordens" von Robert L.Dauber (selbst Ordensmitglied) findet sich auch die Passage über die Ausgabenstruktur der Ordensmarine unter 7. "Die Kosten für Verproviantierung und Bekleidung der Galeeren- und Segelschiffbesatzungen, insbesondere Zwieback, Olivenöl, Käse, Essig ,Getreide, Geflügel, Fleisch...". Da Kriegsgaleeren kaum Platz für Käfige boten, halte ich freilaufende Hühner für absolut plausibel. Da der Orden auch Wert auf die Gesunderhaltung seiner Besatzungen Wert legte, waren frische Lebensmittel, neben gdörrter und gebackener Nahrung unverzichtbar.
 
Da es sich weder um Kinderbücher oder Romane sondern wissenschaftliche Abhandlungen handelt, gehe ich davon aus, dass er die Hühner nicht als Gag unter die Rudersklaven gezeichnet hat.
...
Da Kriegsgaleeren kaum Platz für Käfige boten, halte ich freilaufende Hühner für absolut plausibel.

Muscat hat jedenfalls auch Käfige gezeichnet:
5350050001805.jpg
 
Muscat hat jedenfalls auch Käfige gezeichnet:
5350050001805.jpg
Wieder eine vollkommen sinnlose Rechthaberei. Ich habe dieses Buch ebenfalls und die paar Hühner, die in dem Käfig zu sehen sind werden wohl kaum die eier für die komplette 500-köpfige Mannschaft geliefert haben. Der hier dargestellte Käfig befindet sich am Fogon, der Galeerenküche. Möglicherweise wurden diese Hühner für die Tafel des Kapitäns und der Offiziere als Schlachtvieh gehalten, ein beil ist ja neben dem Koch zu sehen. Wenn der gleiche Autor freilaufende Hühner darstellt ist das unglaubwürdiger als auf dem Bild der Käfig ? Im Übrigen zeigt das Titelbild eine der späten Galeeren, da die Kochstellen, in der Hochzeit dieser Schiffe offene Feuerstellen ,mit einer Traverse für drei sehr große Kessel waren, die an der Stelle einer Ruderbank untergebracht war. Ein solcher Ofen, wie auf dem Titelbild ,gehört ebenso wie die Kleidung des Kochs ins ausgehende 18. Jh.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei einer einfachen Frage muss man nicht gleich wieder patzig werden.

Außerdem könnte man mal auf das Datum antworten, was nicht erfolgt ist. Es ging um die Frage, woher der Mann wann seine Quellen hatte, wenn er das Bordleben illustriert.

Eine - an sich selbstverständliche - Frage wird wohl noch möglich sein.
 
Eine - an sich selbstverständliche - Frage wird wohl noch möglich sein.
das steht zu hoffen ;) denn eine solche habe ich: lat. und ahd. kennen das Gackertier schon, zumal auch in der Bibel der Hahn dreimal krähen soll, sodass also die abgebildeten und kritisierten Hühnertransportweise in den Beiträgen #5-#9 für die lateinischen und althochdeutschen Hühner wenig hilfreich sind; laut Tante Wiki gibt es eisenzeitliche Haushuhnfunde in Mitteleuropa - dem wäre zu entnehmen, dass das Huhn schon vor Caesar in Gallien ansässig war :) Interessant an Tante Wiki zur Historie des Haushuhns ist, dass es bei Homer nicht erwähnt wird, aber auf Vasen aus altgriechischer Zeit abgebildet ist siehe Haushuhn – Wikipedia
aber nun zu meiner Frage: was für Quellen haben wir über das antike Haushuhn?
 
Wenn der gleiche Autor freilaufende Hühner darstellt ist das unglaubwürdiger als auf dem Bild der Käfig ?
Zur Glaubwürdigkeit des Autors habe ich mich nicht geäußert. Ich stelle nur fest, dass auf dem Titelbild ein Hühnerkäfig zu sehen ist.

die paar Hühner, die in dem Käfig zu sehen sind werden wohl kaum die eier für die komplette 500-köpfige Mannschaft geliefert haben.
Wohl kaum. Zumal die Legeleistung nur einen Bruchteil der heutiger Rassen betrug. Daher möchte ich bezweifeln, dass die Eier freilaufender Bordhühner einen wesentlichen Bestandteil der Verpflegung der 500-köpfigen Mannschaft ausmachten.
(Die nächste Frage wäre dann, wieviele Bordkakerlaken zur täglichen Verpflegung der Hühner gebraucht wurden.)

Im Pilgerbericht des Ritters von Grünemberg wurde die Anschaffung eigener Hühner, wegen der Eier für Schiffsreisende sehr empfohlen.

Bei Konrad Grünemberg (wohl kein Ritter, sondern ein Konstanzer Bürger) empfiehlt, ein Hühnerkäfig mitzunehmen und Eier und Hühner unterwegs zu kaufen. Dass er die Anschaffung der Hühner "wegen der Eier" empfiehlt, kann ich dem Bericht nicht entnehmen:

"Für dich vnd din Rott versiche dich wol mit Biscoten: Das ist zwir oder dry st[un]den gebachen Brot vnd verdirbt nit. Deßglych S[ch]maltz Kese vnd ayger. Vnd laß dir zu Vened[ig] machen ain Hünerhuß oder groß[en] kef[ig]. Dar inn du habest Hüner / alt vnd jung. Die vindst du in allen Inseln wider dar in ze kouffen, vnd etwenn ayg[er] deßglych Brot vnd ettlich Frucht; Vssgenommen Schmaltz vn mußmel noch gersten findst du nit mer. Darumb dasselb alles vnd darzu ettlich Zungen und Schwyny schultern Hecht die dürr sind vnd Saltz kouff alles zu vened[ig] mit dir zunemen."

Handschriften / Beschreibung der Reise von Konstanz nach Jerusalem - St. Peter...
 
Kurz zur Frage von dekumatland: erste archäologische Funde in Mitteleuropa soweit ich mich erinnere bei den Ausgrabungen in der Heuneburg, d.h. im Frühlatene (5.Jahrhundert v.Chr.).
Wichtig vielleicht auch für die Kontroverse zwischen Galeotto und Sepiola: zumindest für die Eisenzeit gehen die Wissenschaftler von gut flugfähigen Hühnern aus, wenn auch Kurzstreckenflieger, daher gab es wahrscheinlich eine Käfighaltung des Huhns - und es gibt die Spekulation, ob die Hühner bzw. eher Hähne ursprünglich für Hahnenkämpfe gehalten wurden, für die Ernährung in der frühen Eisenzeit spielten sie noch keine große Rolle.
 
...
(Die nächste Frage wäre dann, wieviele Bordkakerlaken zur täglichen Verpflegung der Hühner gebraucht wurden.)....

Ich hatte meine Frage im Hinblick darauf gestellt, dass unter den hygienischen Bedingungen welche auf den Schiffen geherrscht haben müssen sicher reichlich Kakerlaken vorhanden waren. Gerade auf Galeeren (ich weiß nicht wie genau ich wissen will, wie es da mit Sanitäreinrichtungen aussah).
Auch wenn die Hühner zusätzlich gefüttert werden mussten, der Kollateralnutzen durch die Insektenbekämpfung könnte etwas Schwund ("Huhn über Bord") mehr als aufgewogen haben.
 
Ich hatte meine Frage im Hinblick darauf gestellt, dass unter den hygienischen Bedingungen welche auf den Schiffen geherrscht haben müssen sicher reichlich Kakerlaken vorhanden waren.

"Es ist auch unten im Schiff voll Fliegen, Wümer und Käfer und mancherlei Ungeziefer, Maden, Mäuse und Ratten...", schreibt Grünemberg.

Auch wenn die Hühner zusätzlich gefüttert werden mussten, der Kollateralnutzen durch die Insektenbekämpfung könnte etwas Schwund ("Huhn über Bord") mehr als aufgewogen haben.

Der Beitrag des Geflügels zur Verbesserung der hygienischen Verhältnisse wurde andererseits wohl auch wieder insofern aufgewogen, als Hühnerhintern nicht nur Eiern Durchlass gewähren.
 
Ziegen, Hunde, Wanzen usw. weden regelmäßig mit Bevölkerungsbewegungen in Zusammenhang gebracht.

Oben in #1 ist es Geflügel, dessen Domestizierung erst spät einsetzte (in Südostasien) und die um 8000 BP geschätzt wird, mit dem sich Ausbreitungsstudien beschäftigen. Das Anthropozän als Geflügelzeitalter? Der Broiler als Signal menschlich (um)gestalteter Biosphäre? Südostasien, Indus, Levante, Spanien-Phönizier?

Dazu läuft in der Uni Leicester seit 2013 ein Projekt.

Hier die neuste Publikation, im freien download der RSP:
https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsos.180325

Die Presse macht daraus das "age of chicken":
Are we living in the age of the chicken?
Chickens to be marker of Anthropocene - HeritageDaily - Archaeology News
 
Schätze mal ,das nach dem die Phönizier Westafrika erkundet haben kam wohl durch Handel das Geflügelvieh in diesen Teil Afrikas dort hin.

Spätestens mit den Römern ...denn in den lokalen Sprachen findet man ähnlich wie Pulus lautenden Bezeichnung dafür,im Süden MA heisst es Afulus.

Auf den Kanaren gab es kein Geflügel das vom Festland mitgebracht würde stattdessen Ziegen...also wurde das Archipel vor dem 5.jahrhundert B.C(?) besiedelt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben