Wie lief eure "Vormilitärische Ausbildung" in der Polytechnischen Oberschule ab?

Barbarossa

Aktives Mitglied
Hallo Leute!

Ich habe heute ein "kleines Attentat" auf euch vor.
:D
Ich habe meine heutige Frage absichtlich in die Rurik "Fragen" gestellt, weil es sein könnte, daß sich der eine oder andere Gast ebenfalls daran beteiligen möchte und eine Anmeldung in der entsprechenden Rubrik "DDR/BRD" nicht so schnell geht. Ich möchte deshalb auch die Moderatoren bitten, diese Frage wenigstens für einige Wochen in dieser Rubrik zu belassen.

Ich möchte gern die Leute bitten, die in den ´80er Jahren in der DDR in die Schule gegangen sind, von ihren Erlebnissen während der sogenannten "Vormilitärischen Ausbildung" zu erzählen.

Zur kurzen Erklärung für alle:
Die "Vormilitärische Ausbildung" gehörte ab 1978 in der DDR praktisch zur Schule dazu und man mußte ab der 9. Klasse für ein bis zwei Wochen in ein Lager, wo wir alle Disziplinen einer militärischen Grundausbildung durchlaufen haben, einschließlich einer Schießausbildung mit einer KK-MPi. Jedes Jahr wiederholte sich das und zog sich bis in die Lehre hinein.

Es gehr mir heute auch nicht um eine politische/moralische Bewertung dieser Ausbildung sondern nur um möglichst genaue Zeitzeugenberichte, in denen auch erzählt wird wann und wo das war.

Und ich mache dann auch gleich den Anfang:
;)

Meine erste "Vormilitärische Ausbildung" war im Schuljahr 1983/84 im Kreis Oranienburg. Wir fuhren damals mit dem Zug in ein Ferienlager nach Prebelow, wo wir zwei Wochen waren.
Nach der Ankunft wurden wir zunächst eingekleidet - wir bekamen alle eine Uniform - und uns wurde ein Bungalow zugewiesen, wo wir (ich glaube zu acht) untergebracht wurden. Unsere Ausbildung übernahmen Offiziersschüler, die mit uns alle geforderten Übungen zu absolvieren hatten bis wir sie konnten. Dazu gehörte:

Morgens um 6.00 Uhr aufstehen zum Frühsport, dann Waschen, anziehen und zum Frühstück marschieren. Zu jeder Mahlzeit wurde marschiert. Dann die eigentliche Ausbildung mit Exerzieren - vor allem im Gleichschritt marschieren üben, Geländeausbildung inklusive Tarnen, Übungen mit dem Kompass und der Simulation eines Nahkampfes, Sturmbahn und weitere Übungen zur Körperertüchtigung wie Dauerläufe und Sprintübungen. Wir machten auch einen sehr langen Marsch - ich glaube, das müssen über 20 km gewesen sein und auch eine Ausbildung an der KK-MPi (wie ich schon erwähnte). An dieser Schießausbildung brauchte nur einer von uns nicht mitmachen und zwar aus religiösen (Gewissens-)Gründen. Am Ende der 2 Wochen kamen die Direktoren der Schulen ins Lager um uns zu besuchen. Dazu hatten wir am Tag davor noch einmal exerzieren geübt und zwar so lange, bis es klappte. Zur Begrüßung der Direktoren mußten wir zu einem Appell zusammen treten. Unsere Direktorin brachte auch Kuchen für uns alle mit, den sie uns gab, als der Appell zu Ende war.
Ganz am Schluß (am letzten Tag+Nacht sogar) hatten wir noch Wachausbildung, wo wir das ganze Objekt zu bewachen hatten mit 4 Stunden Wache - 4 Stunden Bereitschaft und 4 Stunden schlafen.
Da dies nun am letzten Tag+Nacht fuhr ich total müde nach Hause - das weiß ich noch.
Auf der Zugfahrt nach Hause herrschte eine ziemlich gereizte Stimmung - das weiß ich auch noch und fast wäre es im Zug noch zu Radalierereien gekommen - übrigens bei der Wache gab es auch schon irgend einen Zwischenfall, wo es wohl zu irgend welchen Ausschreitungen einiger Schüler kam (genaueres habe ich leider nicht erfahren).

Überhaupt waren diese zwei Wochen Ausbildung nach meinen Erinnerungen sehr hart und auch die Ausbilder machten uns gleich zu Anfang klar, daß sie uns zwar auf dem Dienstweg nicht zwingen können mit zu machen, da sie sich aber in ihrer Ehre verletzt sehen würden, müßten sie sich dann mit demjenigen schlagen, der da nicht mitzieht. Es machten alle mit - nur einmal kam es zu einem Zwischenfall wo einer wirklich sagte, er macht nicht mehr mit und nach kurzem Kampf mit dem Offiziersschüler gab er auf. (Ich glaube, der "Offi" verpasste ihm einen Kinnhaken).
Auf Grund dieser übertriebenen Härte gegen uns Schüler gab es wohl auch Ärger (das habe ich erst lange nach der Wende erfahren) und jemand aus den nächsten Schuljahr erzählte dann auch, daß sie überhaupt nichts mitgemacht haben und niemand unternahm etwas dagegen.

Wir waren jedenfalls alle froh, als wir nach Hause fuhren und im ganzen Zug hörte man Leute singen: "Nie wieder Prebelow! Wer hat das gesagt? Nie wieder Prebelow - der hat recht gehabt..."

So, das waren meine Erinnerungen an das erste "GST-Lager", wie wir es nannten und nun seit ihr mit erzählen dran.
:winke:
 
Wieso erst ab 1978?
Meine erste Erfahrung war 1968. Da wurde von der Schule und der Pateneinheit.das "Manöver Schneeflocke" gestartet.
Ich habe das eher als Geländespiel angesehen, aber im nachinein, ist mir schon klar, was die bezweckten.
Als ich dann 76 in die Lehre kam, war GST (Gesellschaft für Sport und Technik) also vormilitärische Ausbildung schon Pflichtfach. Die Mädels mussten eine DRK Ausbildung über sich ergehen lassen.
78 dann haben die mir sogar den LKW Führerschen geschenkt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich erinnere mich an ein 2wöchiges Lager in Prerow/Darss, als ich 1979 in der 11. Klasse war. Das ganze Programm wie von @Barbarossa geschildert.
Insgesamt waren wir 2 Hundertschaften (aus 2 Schulen).
Unser Hundertschaftsführer war im Zivilleben unser Physiklehrer Hoffmann. Daher nannten wir uns intern Wehrsportgruppe Hoffmann ? Wikipedia ,hihi.
Morgens hatte die Lagerleitung vom Zugführer aufwärts meist glasige Augen...
Zugführer waren GST-Mitglieder, die etwas älter waren, meist Lehrlinge. Meiner war ein 8. Klasse-Abgänger mit entsprechendem Intellekt. Gruppenführer waren Mitschüler, die sich für die Offizierslaufbahn entschlossen hatten, man kannte sich und sie waren ganz ok - schliesslich mussten die auch im nächsten Schuljahr noch mit uns auskommen.

Ich splitte meine Erfahrungen, sonst wird der Beitrag zu lang und keiner liest ihn.
Der nächste Bericht handelt von 6 Wochen Zivilverteidigungslager im 2. Studienjahr.
Nur soviel: 20 Männlein waren da mit 500 jungen Damen eingepfercht...:still:
 
Zuletzt bearbeitet:
Wieso erst ab 1978?
Meine erste Erfahrung war 1968. Da wurde von der Schule und der Pateneinheit.das "Manöver Schneeflocke" gestartet.
Ich habe das eher als Geländespiel angesehen, aber im nachinein, ist mir schon klar, was die bezweckten.
Als ich dann 76 in die Lehre kam, war GST (Gesellschaft für Sport und Technik) also vormilitärische Ausbildung schon Pflichtfach. Die Mädels mussten eine DRK Ausbildung über sich ergehen lassen.
78 dann haben die mir sogar den LKW Führerschen geschenkt.
Echt? Das wußte ich nicht. Laut Wiki gab es das erst ab 1978. Schau hier: Wehrunterricht ? Wikipedia
 
@Barb, mit dem Wehrunterricht, der später für alle obligatorisch war, hat das nix zu tun.
Ich musste ihn nicht mitmachen, weil ich bei der Einführung desselbigen schon in der Abiturstufe war.
Schirmherr dieser beschriebenen Lager war die GST, in der wir ab 16 aber fast alle waren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Gesellschaft_f%C3%BCr_Sport_und_Technik

Wenn ich meinen kleinen Bruder ärgern will, muss ich ihn nur darauf hinweisen, dass er kurz vorm Mauerfall mal der "Star" einer Titelstory in der "Sport und Technik" war. Die gab es 1xmonatlich für 30 Pf an jedem Kiosk. Ich habe sie sogar gern gelesen, weil militärhistorische Themen aus allen Epochen einen breiten Raum darin einnahmen.
 
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Stimmt. Wehruntericht gab es erst nach meiner Zeit.

Aber ein aber muss da kommen.
Es wurde auch im Sportuntericht und Staatsbürgerkunde schon auf etwas hingearbeitet.
 
@Barb, mit dem Wehrunterricht, der später für alle obligatorisch war, hat das nix zu tun.
Ich musste ihn nicht mitmachen, weil ich bei der Einführung desselbigen schon in der Abiturstufe war.
Schirmherr dieser beschriebenen Lager war die GST, in der wir ab 16 aber fast alle waren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Gesellschaft_f%C3%BCr_Sport_und_Technik
Genau um dieses Lagerim Rahmen der "Wehrerziehung" in der Schule geht es mir jetzt aber. Man mußte dabei auch nicht unbedingt in der GST Mitglied sein und die wenigsten von uns waren auch tatsächlich drin.

Das mit den GST-Migliedern und der Betätigung dort, das war wieder ein anderes Thema.

Zu dieser "Wehrerziehung", um die es mir geht, gehörte ja auch noch ein theoretischer Teil, der in der Schule stattfand.

..Der nächste Bericht handelt von 6 Wochen Zivilverteidigungslager im 2. Studienjahr.
Nur soviel: 20 Männlein waren da mit 500 jungen Damen eingepfercht...:still:
:D
Wo du das erwähnst - da fällt mir auch eine Story ein, das war aber schon in der Lehre. Da waren wir mit den Mädels zusammen in einem Lager, natürlich in zwei getrennten Blöcken, die aber genau nebeneinander standen. Und unten in ihrem Block war bei den Mädels der Wasch- und Duschraum - ohne Gardinen oder so und mit einer großen Fensterscheibe, wo man von gegenüber in diesen ganzen Raum rein schauen konnte. Und ein paar Mädels dachten sich nichts dabei und zogen sich aus und duschten und wir Jungs von gegenüber sahen das und hangen nun alle am Fenster und - (diese Idioten!) - fast alle jodelten und lachten laut, was natürlich unsere Ausbilder mitbekamen. Sie stürmten in unser Zimmer und schriehen: "Was ist denn hier los!" und jagten uns vom Fenster weg - also da war was los...
=)
 
Und ein paar Mädels dachten sich nichts dabei und zogen sich aus und duschten und wir Jungs von gegenüber sahen das und hangen nun alle am Fenster und - (diese Idioten!) - fast alle jodelten und lachten laut, was natürlich unsere Ausbilder mitbekamen. Sie stürmten in unser Zimmer und schriehen: "Was ist denn hier los!" und jagten uns vom Fenster weg - also da war was los...
=)

Na, bei dieser Spannerei hätte ich euch aber auch in den Hintern getreten.:motz:
 
Zu meiner Zeit (Ende 80er) hieß das ZV=Zivilverteidigung. Die Mädchen blieben in der Zeit an der Schule und hatten dort diese Ausbildung. Die Jungs fuhren in besagtes Lager. Bei uns kamen aber nur drei Jungen in den Genuß, da der Rest aus verschiedensten Gründen nicht wehrtauglich war (katastrophaler Heuschnupfen etc.). Wir Daheimgebliebenen hatten viel Spaß, und nach dem, was die drei Herren erzählen, war das Lager auch recht lustig.
Mit der GST hatte kaum einer was zu tun. Die beiden Sachen liefen voneinander unabhängig ab.
 
Zu meiner Zeit (Ende 80er) hieß das ZV=Zivilverteidigung. Die Mädchen blieben in der Zeit an der Schule und hatten dort diese Ausbildung. Die Jungs fuhren in besagtes Lager. Bei uns kamen aber nur drei Jungen in den Genuß, da der Rest aus verschiedensten Gründen nicht wehrtauglich war (katastrophaler Heuschnupfen etc.)...
Aha... ;)

Die Mädchen mußten tatsächlich nur einmal mit in so ein Lager - wie gesagt: es war ab der 9. Klasse jedes Jahr. Wenn sie zu Hause blieben, dann hatten sie Zivilverteidigung, das stimmt. Und bei uns war das nur ein Junge, der aus gesundheitlichen Gründen auch zu Hause blieb und dann mit den Mäcdchen Zivilverteidigung hatte. Und wie gesagt: nicht einmal religiöse Gründe reichten dafür aus um nicht mit zu müssen - er brauchte dann nur nicht schießen.
 
Ich will da auch noch etwas loswerden.
In der NVA hatte ich den Eindruck, dass das alles nicht mehr so ernst genommen wurde.
Als Kind war ich da viel zugänglicher.
Später dann, wenn man etwas hinterfragen will und bekommt ein "Achtung" um ruhig zu sein, überlegt man sich schon, dass da etwas nicht stimmen kann.
 
Mädchen mußten doch gar nicht in so ein Lager. Bei uns jedenfalls nicht.
Doch bei uns ja. Einmal war das, in der Lehre, nur daß sie eine andere Ausbildung hatten als wir und wir kamen mit ihnen auch gar nicht weiter in Kontakt, aber es war in einem Lehrjahr. In der Lehre waren auch die Lehrer unserer Berufsschule unsere Ausbilder und nicht mehr Offiziersschüler.
 
Mädchen mußten doch gar nicht in so ein Lager. Bei uns jedenfalls nicht.

Bei uns auch nicht.
Ich hingegen wurde "ausgemustert" für das Wehrlager, weil OP-Rekonvaleszent. An der Schule mit den Mädels paar Tage in GST-Uniformen umhergestolpert, andere nannten das marschieren. Wir waren vier Jungs, drei wegen gesundheitlichen Gründen, einer durfte aus disziplinarischen Gründen nicht ins Wehrlager (Gefahr der Wehrkraftzersetzung).
 
Doch bei uns ja. Einmal war das, in der Lehre, nur daß sie eine andere Ausbildung hatten als wir und wir kamen mit ihnen auch gar nicht weiter in Kontakt, aber es war in einem Lehrjahr. In der Lehre waren auch die Lehrer unserer Berufsschule unsere Ausbilder und nicht mehr Offiziersschüler.
Aha. Dann war das also erst nach der Schule. Ich gehörte zum letzten Jahrgang, der ZV noch in der 9. Klasse machen mußte. Deshalb kann ich zu allem, was nach der POS passierte, nicht wirklich was sagen. :pfeif:
 
Doch bei uns ja. Einmal war das, in der Lehre, nur daß sie eine andere Ausbildung hatten als wir und wir kamen mit ihnen auch gar nicht weiter in Kontakt, aber es war in einem Lehrjahr. In der Lehre waren auch die Lehrer unserer Berufsschule unsere Ausbilder und nicht mehr Offiziersschüler.

Im Titel ist nach POS gefragt. ;)
 
Soweit ich mich erinnere war das bei mir in der 9.Klasse im Mai/Juni 82, hieß ZV-Lager und fand in und um ein Ferienlager statt.
Ansonsten so wie im ersten Beitrag beschrieben. Wir hatten zwar auch Offz.-Schüler als alles mögliche und manche von ihnen versuchten auch Stress zu machen, aber im allgemeinen waren sie verträglich. D.h. Leute die einiges nicht konnten (oder wollten) wurden nicht gequält oder anders fertig gemacht.
Nachtwache war total bescheuert (mit Holzgewehren ums Lager laufen), aber da es recht warm war, haben wir uns hingelegt und 2 Stunden gepennt. Eine Wache die es zu ernst nahm wurde verprügelt. Sie mußten sich unbedingt am Zaun mit einheimischen Discoheimkehren anlegen. Schon blöd - wir hatten von denselben Leuten einpaar Tage vorher Alkohol bekommen.

GST-Lager gab es auch erst in der Lehre/beim Abi. Da waren aber unsere Lehrausbilder auch unsere Gruppenführer usw. Da ich zur Marine wollte mußte ich nur im 1.Lehrjahr teilweise den ganzen "Sandlatscherkram" über mich ergehen lassen. Wir waren zwar im selben Lager, sind aber meißt über den Plauer See/Arendsee gesegelt oder gerudert und durften bei Regen drinn bleiben und Knoten üben. War also wesentlich lockerer.
Im letzten Jahr habe ich dann noch eine 2 wöchige Fahrt auf einem Segelschulschiff gemacht.
 
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