Wie man SED Mitglied wurde - mein Beispiel

(wie witzelte man zur wendezeit? früher hast du eventuell probleme bekommen, wenn du sagst, was du denkst. heute kannst du alles sagen, was du denkst, aber es interessiert keinen.)


So pauschal würde ich das nicht sehen.

Warum Bekenntnisse über die Mitgliedschaft in der SED nicht von Interesse sein könnten liegt klar auf der Hand.

Nach dem Zerfall der DDR und des SED-Regimes sind solche Bekenntnisse noch nicht richtig verstanden. Liegt daran, dass die Geschichte der DDR bei uns Deutschen nicht ordnungsgemäß aufgearbeitet ist.
Das wiederum liegt aber auch daran, dass immer noch Unwahrheiten und Unklarheiten über die Machenschaften der SED gibt, die mit der Nachfolgepartei PDS und der aktuellen Partei DieLinke in tagespolitische Themen aufgenommen werden und immer noch Politik machen.

Eine Aufarbeitung kann aber erst erfolgen, wenn ein geschichtlicher Vorgang abgeschlossen ist, damit hier keine Meinung und Erfahrung in die aktuelle Politik einfließen.

@flitzpiepe, deine Ansicht in allen Ehren, aber daraus lässt sich eine Verharmlosung der SED erkennen, denn deine Argumente über die SED und deren Mitgliedschaft, lesen sich, wie das "rausreden" diverser Politiker diverser Parteien. Damit wird es schwierig für ein öffentliches Blatt solche Meinungen zu verbreiten, ohne dabei zu Polarisieren und das politische Barometer zu beeinflussen.

Somit ist dies ein schweres Thema, ohne in aktuelle politische Ereignisse abzugleiten, weil der Aufarbeitungsmodus im Bezug auf die DDR noch nicht abgeschlossen ist. Zuviel Emotionen halt.
 
Noch ein Beispiel.
Ich kannte viele Unteroffiziere, die ja drei Jahre dienen mussten, die sagten, wenn ich mich nicht für drei Jahre verpflichtet hätte, würde man mich nicht zum Studium zulassen.
Das war wohl so üblich. Diene für dein Vaterland, dann schenkt er dir ein Studium, dass natürlich dann völlig unendgeldlich.
Da wahr dann aber nicht bedingung, in die SED einzutreten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir fällt an der Stelle eine Anekdote aus einem Didaktikseminar ein: diskutiert wurde der Vorschlag Schüler eine Zeitzeugenbefragung machen zu lassen und ihre Eltern zu Urlaubserlebnissen in der DDR zu befragen (ja, die Aufgabensteller gingen davon aus, dass alle Osteltern haben). Einwurf eines Kommilitonen: "besteht nicht die Gefahr, dass die Erzählungen der Eltern positiv ausfallen könnten und die Schüler ein positives Bild von der DDR bekommen und sich so mit dem Staat identifizieren?" (nochmal: positive Erinnerungen würde so etwas betreffen wie "planschen in der Ostsee war schön") - ganz ehrlich: ich glaube soviel Wahrheit können die Leser einer Zeitung ab, dass es Leute gab, denen Aspekte der DDR gefielen oder die die Wende etwas anders wahrnehmen. Dass diese eher die Minderheit stellten kann ja aus der Zusammenstellung hervorgehen.
 
@Themistokles, sicher hast Du recht. Das Problem liegt nur darin, dass gerade diese "Verniedlichung" oder "positiven Erinnerungen des Lebens" gern von denen genutzt werden, die vom eigentlichen Problem ablenken wollen.
Sicher haben sich die meisten Leute in der DDR über Jahrzehnte "persönlich" Eingerichtet. Dieses Einrichten und Leben der DDR Bevölkerung im Nachhinein als die schönen Seiten der DDR hinzustellen ist in meinen Augen genauso lächerlich, wie die vielen Lügen des SED Regimes, gegen die eigene Bevölkerung.
Außerdem wäre die DDR ohne das „Einrichten der Bevölkerung“ wohl nicht über das Jahr 1961 hinausgekommen.

Aber um mal das Thema Urlaub in der DDR und den Bogen zur SED wieder zu spannen, es gab nicht für alle Arbeiter und Bauern einen Urlaubsplatz. Dies war auch nicht so, wie heute, daß man etwas Bucht oder einfach mal losfährt.
Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie meine Eltern schimpften, daß es schon wieder keinen Platz an der Ostsee gab. Übrigens, ich glaube wir waren nur 1-2 mal in 20 Jahren an der Ostsee.

Das Urlaubsplatzverteilungssystem richtete sich im Großen und Ganzen an dem Rang der SED Zugehörigkeit, bis hin zu den Arbeitern und Bauern.
An Auslandsurlaub war für solche Arbeiter und Bauern wie meine Eltern auch gar nicht zu denken, oder es lag einfach nur an unseren Westkontakten, wer weis….
 
@ Das Problem liegt nur darin, dass gerade diese "Verniedlichung" oder "positiven Erinnerungen des Lebens" gern von denen genutzt werden, die vom eigentlichen Problem ablenken wollen.

Walter, da muss doch noch etwas mehr dahinterstecken, dass du so einen Hass hast.
Du kannst doch nicht sagen, alle 17 Mio Einwohner waren zu Tränen betrübt.
Klar war manches Mist, aber wir haben doch auch gelebt und im Gegensatz zu anderen Ostländern sogar sehr gut.
Und ich war auch bei den Montagsdemonstrationen dabei, will die DDR auch nicht wieder haben.
 
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An der Stelle ein Versuch meinerseits, die Wogen ein wenig zu glätten...

... sicher hast Du recht. Das Problem liegt nur darin, dass gerade diese "Verniedlichung" oder "positiven Erinnerungen des Lebens" gern von denen genutzt werden, die vom eigentlichen Problem ablenken wollen.

Grundsätzlich kein Widerspruch von meiner Seite, aber derartige Probleme - nämlich, daß bestimmte Aspekte politisch vereinnahmt werden können - gibt es immer wieder. Gerade deswegen ist Aufarbeitung wichtig, und deswegen ist es bspw. Aufgabe des Historikers, ein möglichst umfassendes Gesamtbild zu zeichnen, in dem nicht verschiedene Bereiche u. dgl. unzulässig miteinander vermischt werden.

Zur Verdeutlichung ein Beispiel, das jedem einleuchten sollte: Den Fakt "in der DDR wurde Privateigentum nicht gefördert" mit der Aussage zu kontern "Aber ich hatte ja dafür eine Mietwohnung mit Balkon, wo ich es mir sehr wohnlich eingerichtet hatte; und gefallen hat es mir auch", ist diesbezüglich eine Verknüpfung von Dingen, die so eben nicht verknüpfbar sind.

Sicher haben sich die meisten Leute in der DDR über Jahrzehnte "persönlich" Eingerichtet. Dieses Einrichten und Leben der DDR Bevölkerung im Nachhinein als die schönen Seiten der DDR hinzustellen ist in meinen Augen genauso lächerlich, wie die vielen Lügen des SED Regimes, gegen die eigene Bevölkerung.

Deswegen ist eben der Historiker gefragt, seine Arbeit gewissenhaft zu erledigen - siehe oben :fs:

Wie kann man denken, einen Staat oder besser eine Diktatur über die Mitgliedschaft in dessen politischer Organisation zu ändern?
Was hättest Du ändern wollen?

...

Jeder, der in der SED Mitglied war, hat das Verbrecherregime unterstützt! Was ich dir anrechne, ist die Tatsache, dass Du dazu stehst und aus wohl aus der Überzeugung etwas zu ändern, getan hast.
Was ich noch viel schlimmer finde, sind die Mitglieder, die nur aus egoistischen persönlichen Streben den Staat DDR indirekt mit der Mitgliedschaft stützten.

Ich verstehe Deinen Einwand, doch die Formel "SED Mitgliedschaft = Stütze des Regimes" ist zu stark vereinfacht - schon, weil es auch Nichtgenossen gab, die äußerst systemkonform bis systemmittragend waren.

Ohne etwas beschönigen oder rechtfertigen zu wollen, muß hier freilich ebenso noch hinzugefügt werden, daß es einerseits Leute gab, denen das DDR-/SED-Regime eben nicht verbrecherisch erschien (denn das wurde einem meist erst dann bewußt, wenn man irgendwo politisch angeeckt war) und die deswegen davon überzeugt waren, einer guten Sache zu dienen (sie wurden eigentlich von der eigenen Seite am meisten betrogen), sowie daß andererseits SED-Genossen durchaus Mißstände erkannten und gewillt waren, diese zu ändern (ich kenne einige Beispiele, wo große Hoffnungen auf Glasnost & Perestroika Gorbatschows gesetzt wurden, auf daß sich auf diese Weise das Leben bzw. die Zustände ebenso in der DDR bessern ließen, woraufhin die betreffenden Genossen dann auch richtig Ärger bekamen). Daß Letztgenannte schlußendlich scheiterten, kann ihnen - wenn überhaupt - nur sehr bedingt zum Vorwurf gemacht werden.

Außerdem wäre die DDR ohne das „Einrichten der Bevölkerung“ wohl nicht über das Jahr 1961 hinausgekommen.

Vor allem hätte die DDR auch ohne die Schließung der Grenze vom 13. August 1961 - um es eingermaßen wertneutral auszudrücken - wohl massiv weiterhin Bevölkerung durch Abwanderung in die BRD und Westberlin verloren, so daß sich ehedem die Frage stellt, wieviel Bevölkerung noch verblieben wäre, um sich einzurichten. Aber das ist 1. spekulativ (denn es kam ab 1961 anders) und hat 2. mit dem Threadthema hier nur am Rande zu tun...

Die ganzen Missstände, die Timotheus treffend darstellt?
...
Von der wirtschaftlichen Misswirtschaft wollen wir gar nicht erst sprechen.

Die wirtschaftliche Seite - also daß diese eigentlich nur durch faktische Abschottung gegen den Weltmarkt existieren konnte - hatte ich extra außen vor gelassen, weil auch dies mit dem eigentlichen Threadthema nur z.T. zu tun hat. Wiewohl auch hierbei hinzuzufügen ist, daß die Auswirkungen dieser Wirtschaftsentwicklung für jeden doch recht greifbar waren und dementsprechend zumindest zu einiger Unzufriedenheit führen mußten bzw. auch führten - und das übrigens unter SED-Genossen genauso wie unter Nichtgenossen.
 
guten morgen barbarossa,

es ist gut, dass du deine sicht auch dazu tust, denn wenn jemand, der die DDR und die SED nicht erlebte, hier mitliest, dann hat er nun recht gegensätzliche erfahrungen und kann sich daraus sein eigenes bild machen...
Das finde ich auch ok.

...wie sollen unsere kinder und kindeskinder, die es nicht selbst erlebten, verstehen können, dass jemand freiwillig zum verbrecher wurde und sich von ganzem herzen für eine schlechte sache engagierte?

(in einem anderen thema sprach ich mich dafür aus, verstehen und bewerten in der geschichtsbetrachtung zu trennen. das gilt auch hier.)

gruß!

Es gab ja tatsächlich etliche Leute, die "von der Sache" auch überzeugt waren. Nur werde ich nie wirklich verstehen, warum. Ich habe jedenfalls z. B. bereits mit 14 Jahren die Intershops selbst als etwas Ungerechtes gegenüber denen, die kein "Westgeld" hatten, erkannt und das, obwohl wir selbst "Westverwandte" und damit auch "Westgeld" hatten.
Höchst wahrscheinlich lag diese "Überzeugung" schon in der Erziehung im Elternhaus begründet. Eltern sind ja nun mal das Vorbild für Kinder.
In der Schule selbst wurde jedenfalls niemand zum überzeugten Kommunisten - und wenn sie sich noch solche Mühe gaben - ich kenne da jedenfalls kein Beispiel.

...aber es fällt auf, dass alle dort veröffentlichten zeitzeugen-berichte drei hauptaussagen enthalten:

a) "ich freute mich so, als die wende kam"
b) "es war so faszinierend, als wir das erste mal in den westen fuhren"
c) "zunächst ängstlich, aber dann immer mutiger traten wir gegen das verbrecherische SED-regime auf"

nein, etwas anderes kommt nicht vor. und die 3 aussagen entsprechen ja auch dem öffentlichen bild. anderes kommt nicht vor, oder?...
Das waren nun mal die sehr überwiegenden Erlebnisse bei uns. Selbst bei vielen PDS-Wählern (am 18. 3. 90 immerhin 16 % ) gehe ich davon aus, daß selbst von denen viele erst mal wie benebelt waren von den vollen Regalen in den Kaufhallen im Westen. Mir persönlich wurde von dem überwältigenden Warenangebot wirklich erst einmal schwindlig, muß ich zugeben und meinem Vater ging es ebenso.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo und guten Abend.
Ich freue mich, dass durch flitzpiepe und Barbarossa noch weitere persönliche Episoden aufgeschrieben wurden. Diese Beiträge sind m. E. mindestens genauso wertvoll, wie für den Historiker die Jahreszahl oder für den Foristen der link. Solche Beiträge bereichern das Forum.
Man bedenke, die Verfasser dieser Artikel stellen ihre Erlebnisse hier freiwillig offen. Sie gestehen Fehler und Irrtümer ein und stellen auch ihre damalige Denkweise und Gefühlswelt bloß.
Darüber kann man diskutieren und werten!
Aber man sollte 20 Jahre nach dem Mauerfall den Betreffenden nicht schmähen, dessen Erlebnisse in der DDR ja nun noch älter sind.

Das Leben in der DDR war schon schizophren.
Zum einen gab es eine offizielle gesellschaftliche Lebensart, die von den Bürgern beim Parteisekretär, in der Schule, in Beamtenstuben, bei Versammlungen usw. befolgt werden musste. Da wurde eben linientreu diskutiert und gelehrt. "Ich verpflichte mich...!", so fingen da die DDR Märchen an.
Zum anderen die private Lebensart vor den offiziellen Türen. Da war wichtig, ob es Südfrüchte gibt, wie die Bundesliga gespielt hat oder wo man mehr verdient, was im Westfernsehen läuft usw.usf..
Damit zurecht zu kommen oder nicht, das war eben die Kunst zu leben in der DDR. Natürlich durften die Ansprüche nicht sehr hoch sein.
Wie gesagt, jeder versuchte in dieser Welt mit dem Ar... an die Wand zu kommen und Hut ab vor denen, die heute so freimütig darüber berichten können - ein Zeichen, dass sie mit diesem Kapitel ihrer Biographie ins Reine kommen - es mindestens versuchen.
 
Walter, da muss doch noch etwas mehr dahinterstecken, dass du so einen Hass hast.
Du kannst doch nicht sagen, alle 17 Mio Einwohner waren zu Tränen betrübt.
Klar war manches Mist, aber wir haben doch auch gelebt und im Gegensatz zu anderen Ostländern sogar sehr gut.
Und ich war auch bei den Montagsdemonstrationen dabei, will die DDR auch nicht wieder haben.

Hallo Florian,

ich habe doch keinen Hass?! Nein, das habe ich nicht.

Wie ich schon geschrieben habe, sind wir in Deutschland lange noch nicht mit dieser Geschichte in einer gerechten Auswertung übergegangen.

Ich bin schon als Kind immer gegen die DDR erzogen worden und stelle fest, daß meine Jugend im nachhinein betrachtet nicht schlecht war, mehr so normal, wie die meisten Leute oder jungen Leute damals im Osten lebten.
Aber ich habe damals das Gefühl gehabt, daß ich mein Leben in einer freien Welt besser leben hätte können. Somit war meine Leben an Sich in der DDR kein graus, aber dennoch verlor ich Zeit, die mir das politische System gestohlen hat.

Somit bin ich der Meinung, daß die DDR als Unrechtsstaat mit all seinen Personen, die diese Organisation ermöglichten, nicht ordnungsgemäß in die Verantwortung gezogen wurde. Das liegt sicherlich daran, dass viele ehemalige Verantwortungspersonen der SED und der DDR heute wieder verantwortungsvolle Positionen inne haben.
Und solange sich sogar Parteien formieren und die Geschichte der DDR immernoch aus persönlichen oder anderen Gründen verschleiern, bin ich halt Sauer!

http://geschichtspuls.de/art1350-stasi-lockte-und-entfuehrte-400-menschen-in-die-ddr
 
Lieber flitzpiepe,

.....

Was ich noch viel schlimmer finde, sind die Mitglieder, die nur aus egoistischen persönlichen Streben den Staat DDR indirekt mit der Mitgliedschaft stützten.

Hast du das in deiner DDR Vergangenheit auch so öffentlich gesagt? Hast du dich das getraut?
Hinterher - nach der Wende - ist man allerdings schlauer und hat es besser gewusst.

Noch'n Gedicht:

Und als man ihn dann wiederfand,
Da war er auch beim Widerstand!
 
Hallo und guten Abend.
Ich freue mich, dass durch flitzpiepe und Barbarossa noch weitere persönliche Episoden aufgeschrieben wurden. Diese Beiträge sind m. E. mindestens genauso wertvoll, wie für den Historiker die Jahreszahl oder für den Foristen der link. Solche Beiträge bereichern das Forum.
Man bedenke, die Verfasser dieser Artikel stellen ihre Erlebnisse hier freiwillig offen. Sie gestehen Fehler und Irrtümer ein und stellen auch ihre damalige Denkweise und Gefühlswelt bloß.
Darüber kann man diskutieren und werten!
Aber man sollte 20 Jahre nach dem Mauerfall den Betreffenden nicht schmähen, dessen Erlebnisse in der DDR ja nun noch älter sind.

Das Leben in der DDR war schon schizophren.
Zum einen gab es eine offizielle gesellschaftliche Lebensart, die von den Bürgern beim Parteisekretär, in der Schule, in Beamtenstuben, bei Versammlungen usw. befolgt werden musste. Da wurde eben linientreu diskutiert und gelehrt. "Ich verpflichte mich...!", so fingen da die DDR Märchen an.
Zum anderen die private Lebensart vor den offiziellen Türen. Da war wichtig, ob es Südfrüchte gibt, wie die Bundesliga gespielt hat oder wo man mehr verdient, was im Westfernsehen läuft usw.usf..
Damit zurecht zu kommen oder nicht, das war eben die Kunst zu leben in der DDR. Natürlich durften die Ansprüche nicht sehr hoch sein.
Wie gesagt, jeder versuchte in dieser Welt mit dem Ar... an die Wand zu kommen und Hut ab vor denen, die heute so freimütig darüber berichten können - ein Zeichen, dass sie mit diesem Kapitel ihrer Biographie ins Reine kommen - es mindestens versuchen.

Ich habe die Beiträge in diesem Thread mit sehr großem Interesse gelesen, zumal es sich dabei oft um sehr persönliche, intime Erfahrungsberichte handelt.

Ich finde, dass diese Offenheit- ganz unabhängig von der individuellen Bewertung der DDR- Respekt verdient. Dank auch an @Timo für seine klugen abwägenden Beiträge und die souveräne Moderation.

Ich kann nicht jeden Forianer bewerten, daher wollte ich an dieser Stelle den beteiligten Diskutanten meine Anerkennung aussprechen.
 
Hast du das in deiner DDR Vergangenheit auch so öffentlich gesagt? Hast du dich das getraut?
Hinterher - nach der Wende - ist man allerdings schlauer und hat es besser gewusst.

Noch'n Gedicht:

Und als man ihn dann wiederfand,
Da war er auch beim Widerstand!

Halt Stopp,

ich habe nie behauptet, daß ich zu DDR Zeiten im sog. Widerstand war.

Und, ja, ich habe mein Maul schon früh aufgemacht, auch meist zum Nachteil meiner Person und meiner Eltern.

Sicherlich war ich zu DDR Zeiten noch nicht so im Bilde, über die Machenschaften dieses Staates, aber das er nur aus Lügen und geistiger Beugung durch Gewalt bestand, habe ich schon früh gemerkt.

Die Verunglimpfung meiner Meinung und Aussagen durch solche Behauptungen passen übrigens ebenfalls gut in das SED Bild.

Konnte man die Leute nicht beugen durch geistige Gewalt, ging man einher, sie falscher Aussagen zu bezichtigen, so daß man jedes Vertrauen gegenüber von z.B. Freunden verlor. Also Vorsicht, segula, ich weiß wovon ich spreche.

Und scorpio, ich finde auch, daß Timo sehr gute Arbeit leistet und so manch emotionale Aussage in einer sachlichen Weise wiedergibt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
... ist eben der Historiker gefragt, seine Arbeit gewissenhaft zu erledigen
Als jemand, der vor 1990 ein Dutzend mal in der DDR zu Besuch war, finde ich die Diskussion sehr interessant, maße mir aber nicht an, die Sichtweise der dort Aufgewachsenen bewerten zu wollen.

Als Historiker habe ich eine Bemerkung zu Deinem Beispiel:
Zur Verdeutlichung ein Beispiel, das jedem einleuchten sollte: Den Fakt "in der DDR wurde Privateigentum nicht gefördert" mit der Aussage zu kontern "Aber ich hatte ja dafür eine Mietwohnung mit Balkon, wo ich es mir sehr wohnlich eingerichtet hatte; und gefallen hat es mir auch", ist diesbezüglich eine Verknüpfung von Dingen, die so eben nicht verknüpfbar sind.
Richtig ist, dass Eigentum und Miete (= Besitz) zwei paar Schuhe sind, hüben wie drüben, wobei allerdings der Mieterschutz drüben tendenziell weiter ging.

Was den erwähnten "Fakt" betrifft, so war die Eigentumsordnung in der DDR zweifellos eine andere:

  • Systemlogischen und realen Vorrang hatte das sozialistische Eigentum (Art. 10 DDR-Verf.).
  • Danach kam das "persönliche Eigentum der Bürger" (Art. 11), das deren "Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse" diente.
Inwieweit die DDR als Staat das persönliche Eigentum nicht nur duldete, sondern "förderte" [1], sollte man am besten an konkreten Beispielen diskutieren. In einigen Bereichen, etwa bei Kraftfahrzeugen, wurde der Eigentumserwerb (unter Hinweis auf übergeordnete ökonomische Faktoren) bewusst erschwert. Stattdessen wurde versucht, dieses Bedürfnis durch den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und niedrige Nutzungspreise zu kompensieren, was aber nicht zufriedenstellend gelang.

Im Übrigen kann man davon ausgehen, dass die DDR-Führung sich der Bedeutung des persönlichen Eigentums (a) für die Sicherung von Massenloyalität und (b) für das Funktionieren der Volkswirtschaft durchaus bewusst war. Zu (b) sah Art. 14 DDR-Verf. sogar eine staatliche Förderung der "auf überwiegend persönlicher Arbeit beruhenden kleinen Handwerks- und anderen Gewerbebetriebe" vor - vielleicht ist jemand präsent, der etwas zur Praxis dieser "Förderung" sagen kann.


[1] Gemäß Art. 14 GG "fördert" die Bundesrepublik Deutschland das Eigentum ebenfalls nicht, sondern "gewährleistet" es.
 
Inwieweit die DDR als Staat das persönliche Eigentum nicht nur duldete, sondern "förderte" [1], sollte man am besten an konkreten Beispielen diskutieren...

Ich hatte mit dieser Aussage eigentlich tatsächlich insbesondere auf Wohneigentum gezielt: danach gab es bspw. für Besitzer von Häusern, deren Größe eine Vermietung einzelner Wohnrüume zuließ, eine Obergrenze für Mieten, welche sie als Vermieter verlangen durften (der Mietpreis war staatlich festgelegt - und subventioniert - auf < 1 Mark(DDR) pro m²) - und die übrigens zu niedrig war, als daß die Mieteinnahmen die auflaufenden Kosten real deckten (von Sanierung etc. ganz zu schweigen).

[1] Gemäß Art. 14 GG "fördert" die Bundesrepublik Deutschland das Eigentum ebenfalls nicht, sondern "gewährleistet" es.

Danke für die Korrektur; die "Gewährleistung" war auch gemeint.
Allerdings wollte ich dabei gar nicht auf die Gesetzeslage der BRD hinaus, sondern es ging um Dinge, die eben nicht vermischt werden sollten...

Im Übrigen kann man davon ausgehen, dass die DDR-Führung sich der Bedeutung des persönlichen Eigentums (a) für die Sicherung von Massenloyalität und (b) für das Funktionieren der Volkswirtschaft durchaus bewusst war...

... was ich auch keinesfalls bestreiten wollte, doch wie Du selbst zuvor richtig anmerktest: "systemlogischen und realen Vorrang hatte das sozialistische Eigentum" - und das meinte eben nicht das Privateigentum.

Zu (b) sah Art. 14 DDR-Verf. sogar eine staatliche Förderung der "auf überwiegend persönlicher Arbeit beruhenden kleinen Handwerks- und anderen Gewerbebetriebe" vor - vielleicht ist jemand präsent, der etwas zur Praxis dieser "Förderung" sagen kann.

Diese "Förderung" sah in der Praxis so aus, daß ab Februar 1976 private Einzelhandelsgeschäfte, Gaststätten und Handwerksbetriebe steuerlich und finanziell entlastet sowie Neuzulassungen privater Gewerbebetriebe wieder relativ großzügig gestattet wurden. Dies lag im Übrigen daran, daß einige Punkte der 1972 erfolgten Verstaatlichungswelle wieder korrigiert werden mußten - allerdings weniger, weil plötzlich dem privatwirtschaftlichen Bereich besonderer Vorrang eingeräumt worden wäre, sondern weil man sich darüber bewußt wurde, daß seine weitere Existenz "für das Funktionieren der Volkswirtschaft" notwendig war.
Der Hintergrund war also reiner Pragmatismus, der zudem nichts am verbreiften Vorrang des sozialistischen Eigentums (DDR-Bezeichnung: Volkseigentum; wirtschaftswissenschaftlich neutral betrachtet war es Staatseigentum) änderte. Die "Förderung" ist also mE eher als ein Zugeständnis a la "wir mögen Euch zwar eigentlich nicht, aber wir brauchen Euch und lassen Euch deswegen in Ruhe" zu sehen...



PS: Eigentlich war dieser Einwurf meinerseits aber ein Beispiel zur Verdeutlichung gewesen und hatte mit dem eigentlichen Threadthema nicht mehr direkt zu tun... :fs:
 
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