Wie nah war die DDR 1989 am Staatsbankrott?

Barbarossa

Aktives Mitglied
ursi schrieb:
Mach mal. Wenn die Gemüter wieder aufkochen, werden wir dafür sorgen, dass sie sich abkühlen. Vielleicht ist es ja auch nicht nötig.
Also gut.
Vor Kurzem habe ich in der Rubrik "Meinungen zum Forum" in einer Diskussion über die hitzig gefürten DDR/BRD-Themen nebenbei die Frage gestellt, wie nah die DDR eigentlich am Staatsbankrott war (ich weiß, da gehörte es nicht hin, wurde auch gelöscht :red: ). Ich bekam daraufhin einen Link, den ich sehr interessant finde und den ich auch den anderen Forumsteilnehmern nicht vorenthalten möchte. Darauf gekommen bin ich mit diesem Beitrag:
Barbarossa schrieb:
Ich habe heute bei der Arbeit mal ein wenig darüber nachgedacht, warum es - ich finde noch relativ viele - Leute gibt, die die untergegangene DDR noch so energisch verteidigen. Ich bin ja auch in diesem Staat geboren und aufgewachsen bis ich 22 war. Ich habe nun überlegt, was war gut an der DDR? (genug Negatives habe ich ja inzwischen von mir gegeben) Ich habe wirklich lange überlegt und mir viel tatsächlich nur ein, daß der Sozialbereich bei uns besser war. Wer mit dem Staat nicht in Konflikt geraten ist, für den muß es tatsächlich "der Sozialismus" gewesen sein.
Für jeden standen ausreichend Kindergartenplätze zur Verfügung. Es gab keine Arbeitslosen - somit auch kein Arbeitslosengeld - das Soziale war hier der sichere Arbeitsplatz. Auch die Leistungen der Krankenversicherung waren besser. Mit einem Pauschalbeitrag von 60,- M im Monat (SVK-vom Bruttolohn abgezogen) war alles abgegolten. Dafür gab es Medikamente - ohne Zuzahlung, Arztbesuch - ohne was zu bezahlen, Krankenhausaufenthalt - ohne Krankenhaustagegeld und für ein neues Brillengestell, das kein Kassengestell war, brauchte ich nur 14,- M zuzahlen - der Rest war von der SVK abgedeckt. Aber - und das muß man eben auch sagen - die SVK konnte sich nicht selbst tragen, sondern mußte vom Staat subventioniert werden. So wie vieles Andere auch subventioniert wurde. Wer nur diese Dinge sah, muß es tatsächlich gut gefunden haben.

Jemand, der sich jedoch für politische Dinge interessiert hat, hat aber vielleicht auch die negativen Dinge erkannt, so wie ich z. B. bereits mit 14 erkannt habe, daß die Existenz der Intershops eine Ungerechtigkeit war. Und dann kommen immer mehr Dinge dazu, die man nicht mag und dann wird der Sozialismus am Ende zum "goldenen Käfig"...
Es ist klar, daß eine derartige Subventionspolitik den Staatshaushalt in erheblichem Maße belastet. Die Auswirkungen waren u. a. diese: Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlußfolgerungen
Sehr interessant, wie ich finde... :fs:
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht könnten die Moderatoren so freundlich sein, und meine dazu bereits geschriebene Antwort hier reinsetzen...
 
eigentlich hatte ich dir den artikel hier gelinkt:

geheime kommandosache

hier wird noch deutlicher darauf eingegangen, dass die ddr ihre zahlungsverpflichtungen gegenüber den westlichen banken kaum noch wahrnehmen konnte.

ganz interessant fand ich den hinweis, dass der ddr-haushalt 1990 schon überwiegend von westdeutschland finaziert wurde:
Auch nach den Wahlen vom 18. März 1990 konnten mehrere kurzfristige BRD-Zuschüsse in Höhe von je 3 - 5 Milliarden DM die Situation der DDR-Zahlungsbilanz nicht nachhaltig bessern; dies entsprach den Prophezeiungen von Schürer und Schalck aus 1989. Als die Volkskammer nach der Währungsunion den Haushalt für das zweite Halbjahr 1990 verabschiedete, ergab sich trotz des Zuflusses von weiteren 33 Milliarden DM aus dem Westen noch eine Deckungslücke von rund 3 Milliarden - bei einem Gesamtumfang des Haushaltes von ca. 64 Milliarden DM (13). Die BRD trug zu diesem Zeitpunkt also schon etwa die Hälfte des DDR-Staatshaushaltes. Die Lage wurde nochmals verschlimmert durch die Probleme im SU-Export bzw. im "Osthandel" nach der Währungsunion.
 
Aus Barbarossas link:
so daß die Gesamtverschuldung (der DDR) 1990 insgesamt 140 Mrd. M beträgt.
In der wikipedia fangen die BRD-Staatschulden leider erst 1991 an. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Staatsverschuldung der BRD rund 1100 Milliarden DM (laut Grafik etwa 560 Mrd. Euro). Dazuzählen muß man für die BRD noch die Schulden der Unternehmen (die in der DDR ja vokseigen waren, also in die Staatsschulden mit eingingen) in einer mir leider nicht bekannten Höhe, die aber sicher ein Mehrfaches der Staatsverschuldung ausmachten (Für 2002 ist die Zahl umgerechnet über 6 Milliarden DM).

Somit scheint die reine Zahl der DDR-Schulden kein Problem darzustellen. Das Problem war nur die Wirtschaftsstärke (BIP), damit der Importüberschuß und die Kreditwürdigkeit.
 
schulden muss man immer im zusammenhang mit der wirtschaftsleistung sehen, die absolute zahl an sich sagt überhaupt nichts aus.

die ddr war seit den achtzigern jahren so hoch verschuldet, dass sie neue kredite aufnehmen musste, um alte zu bedienen. was unter anderem daran lag, dass der staat mehr ausgab, als er sich leisten konnte.

deinen hinweis auf die schulden von privatunternehmen verstehe ich nicht, erstens gehört es nicht zum thema "staatsbankrott der ddr" (wie auch der ganze verweis auf die schulden der bundesrepublik), zweitens vergleichst du hier äpfel mit birnen:

für die schulden der veb musste der staat ddr aufkommen, für die schulden eines privatunternehmens ist der staat jedoch nicht verantwortlich ("staatsunternehmen" wie die bahn ausgenommen)
 
deinen hinweis auf die schulden von privatunternehmen verstehe ich nicht, ...für die schulden der veb musste der staat ddr aufkommen, für die schulden eines privatunternehmens ist der staat jedoch nicht verantwortlich
Na dann verstehst Du es ja doch. Ich meine damit, daß die DDR mit einer umfassender Privatisierung vielleicht plötzlich wieder zahlungsfähig und kreditwürdig gewesen wäre. Weil man dann alle Schulden von Privatunternehmen aus der Staatsschuld hätte herausrechnen können. Wenn ich den link richtig verstanden hab, war ja genau das geplant bzw. zumindest vorgeschlagen worden.
 
Na dann verstehst Du es ja doch. Ich meine damit, daß die DDR mit einer umfassender Privatisierung vielleicht plötzlich wieder zahlungsfähig und kreditwürdig gewesen wäre. Weil man dann alle Schulden von Privatunternehmen aus der Staatsschuld hätte herausrechnen können. Wenn ich den link richtig verstanden hab, war ja genau das geplant bzw. zumindest vorgeschlagen worden.

dann nenne bitte die stelle, die du so verstanden hast, ich finde weder in der einen noch in der anderen quelle einen entsprechenden hinweis. ich verstehe es nämlich immer noch nicht:

es ist ein trugschluss, dass durch eine privatisierung die ddr wieder zahlungsfähig und kreditwürdig geworden wäre, da sich durch so eine massnahme das grundlegende problem, nämlich genügend devisen zu erwirtschaften, um die zahlungsverpflichtungen einhalten zu können, nicht gelöst worden wäre.

im gegenteil, der staat hätte sein "tafelsilber" weggegeben, die veb, die 1989 schon nicht mehr in der lage waren, genügend devisen zu erwirtschaften. geblieben wären einnahmen aus der transitpauschale (die war schon längst verpfändet gewesen) oder dem zwangsumtausch. und gegen welche sicherheit hätte man eine internationale anleihe auflegen können?
 
Somit scheint die reine Zahl der DDR-Schulden kein Problem darzustellen. Das Problem war nur die Wirtschaftsstärke (BIP), damit der Importüberschuß und die Kreditwürdigkeit.

Da fehlen noch einige andere Faktoren. Z.B. das Vertrauen in die "Unternehmensführung". Oder die Bereitschaft der "Mitarbeiter" schmerzhafte Sanierungsmaßnahmen mitzutragen.

Die "Zerschlagung" der DDR war nun mal nüchtern gesehen die einzige Alternative zur kurz- und mittelfristigen Erhaltung des Wohlstandes und des inneren Friedens.
 
Direkt gesagt wird das nicht. Ich lese das daraus:
b Die DDR ist interessiert, mit Konzernen und Firmen der BRD und anderen Ländern zu kooperieren, Lizenzen und Technologien zu übernehmen, Leasinggeschäfte durchzuführen sowie die Gestattungsproduktion weiter zu entwickeln, wenn der Aufwand refinanziert und ein Gewinn erreicht werden kann.
Das ist ohne gewissen Freiheiten der Betriebe in ihrer Planung nicht möglich.
Diese Vorschläge erhöhen die Verschuldung der DDR weiter und stellen ein Risiko dar. Die Verschuldung wird jedoch langfristig und refinanzierbar konzipiert und ist verbunden mit dem Zeitgewinn für die grundsätzliche Änderung der Wirtschaftspolitik der DDR und der Vermeidung eines Diktats des Internationalen Währungsfonds.
Grundsätzliche Änderung - was kommt da in Frage außer Privatisierung?
durch diese und weitergehende Maßnahmen der ökonomischen und wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit DDR - BRD noch in diesem Jahrhundert solche Bedingungen geschaffen werden könnten, die heute existierende Form der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten überflüssig zu machen.
Weitergehende Maßnahmen, also über das geschriebene hinausgehend.

Wahrscheinlich konnte man Ende Oktober 89 noch nicht einfach so von einer Ausdehnung der Privatwirtschaft reden (wehrte sich sogar dagegen), aber so zwischen den Zeilen steht es.

Ich weiß nicht, ob man die VEBs als Tafelsilber bezeichnen konnte. Vielleicht ein oder zwei Dutzend Großbetriebe, die weltmarktfähig waren. Letztendlich hat man aber die VEBs verschenkt - inklusive der hochmodernen Betriebe, die kurz darauf aufgelöst wurden. Dadurch ist ein sehr falsches Bild vom Wert dieser Betriebe entstanden. Denn wie will man in Geld ausdrücken, welchen Vorteil es bringt, einen Konkurrenten auszuschalten?

Für mich wären Immobilien Tafelsilber gewesen. Aber daran dachte wahrscheinlich keiner.
 
eigentlich hatte ich dir den artikel hier gelinkt:

geheime kommandosache

hier wird noch deutlicher darauf eingegangen, dass die ddr ihre zahlungsverpflichtungen gegenüber den westlichen banken kaum noch wahrnehmen konnte.

ganz interessant fand ich den hinweis, dass der ddr-haushalt 1990 schon überwiegend von westdeutschland finaziert wurde:


Da schmeiss ich doch glatt nochmal Öl ins Feuer, ohne mich mit der Thematik näher beschäftigt zu haben.
Es gibt andere Ansichten:

http://www.memo.uni-bremen.de/docs/m2706b.pdf
 
Es lässt sich feststellen, dass die massive Verschuldung der DDR, die Anfang der 70er Jahre begann, zwei Phasen durchlief. Die erste Phase ist durch einen relativ scharfen Anstieg der Verbindlichkeiten gegenüber dem westlichen Ausland gekennzeichnet, wobei Mittel vorwiegend zur Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung eingesetzt wurden. Die zu Beginn der 80er Jahre im Gefolge der erfolgreichen westlichen Antiinflationspolitik entstandene Verteuerung der Kredite, die im RGW besonders Polen und Ungarn hart traf, brachte auch die DDR in erhebliche Finanzierungsnot. Unter anderem der von Franz Josef Strauß (CSU) im Jahr 1984 vermittelte Kredit in Höhe von rund 1 Mrd. DM verhinderte den vorzeitigen Staatsbankrott und ermöglichte es der DDR, in den 80er Jahren weiterhin kreditwürdig zu bleiben. In dieser zweiten Phase der Verschuldung erforderten Tilgung und Verzinsung bestehender Verbindlichkeiten in zunehmendem Maße die Neuverschuldung.

Die westlichen Kredite mögen zumindest zeitweise systemstabilisierend gewirkt haben. Mit zunehmender Verschuldung und abnehmender Finanzkraft aufgrund stark verminderter internationaler Wettbewerbsfähigkeit strangulierte sich die DDR in finanzieller Hinsicht jedoch selbst. Die Schuldendienstrate - also das Verhältnis vom Exporterlös zu den im gleichen Jahr fälligen Zinsen und Rückzahlungen - betrug 1989 etwa 150%. Seit Beginn der 80er Jahre bewegte sich die DDR permanent am Rande der Illiquidität.

Die Gründe für diese ständig steigende Schuldenlast sind offensichtlich. Am meisten expandierten in den 80er Jahren die Subventionen zur Stützung von niedrigen Endverbraucherpreisen bei Grundnahrungsmitteln und sozialpolitisch bedeutsamen Industriewaren wie z.B. Kindebekleidung, Schulartikeln, Lehrbüchern und zur Beibehaltung von Mini-Tarifen im Personenverkehr und bei den öffentlichen Versorgungsleistungen. Hier gab es von 1980-1988 einen Anstieg von 16,85 Mrd. auf 49,81 Mrd. Mark. Rund zwei Drittel dieser angesichts der Wirtschaftsleistung der DDR gigantischen Summe verschlang die dirigistische Absenkung der Verbraucherpreise für Lebensmittel UNTER die Gestehungskosten dieser Güter.

Eine Vorstellung von der aus dem Ruder laufenden Subventionswelle geben folgende Zahlen: Zu Beginn der Honecker-Mittag-Ära 1971 subventionierte der Staat den Kauf von Lebensmitteln im Einzelhandel im Wert von 100,- DM noch mit bescheidenen 14,90 und den von Industriewaren mit 10,30 DM. 1988 wurde bei diesen beiden Warengruppen ein Subventionsanteil von 52,- Mark bzw. 18,30 Mark erreicht.

Für die Subventionierung und direkte Förderung der Staatswirtschaft und der genossenschaftlichen Betriebe in der Landwirtschaft gab die Regierung der DDR in den 80er Jahren etwa 35-38% aller Haushaltsmittel aus. Da die Produktivität dieser Branchen weit hinter dem internationalen Niveau zurücklag, häufte jeder Betrieb Jahr für Jahr verdeckte Schulden an, was den Staatshaushalt wegen der ständig steigenden Subventionslast unerhört belastete.

Spätestens ab Mitte der 80er Jahre war die explosiv angewachsene Subventionslast bei den komsumtiven Ausgaben nicht mehr finanzierbar. In der DDR wurden diese "Ausgaben zur Sicherung stabiler Preise für die Bevölkerung" als eine der bedeutendsten "sozialistischen Errungenschaften" gepriesen. In Wirklichkeit war es eine gigantische Spirale der Verschuldung, die nicht länger finanzierbar war.

Nachlesen kann man einiges davon in:
H. Buck, Formen, Instrumente und Methoden zur Verdrängung, Einbeziehung und Liquidierung der Privatwirtschaft in der SBZ/DDR, in: Materialien der Enquete-Kommission, hrsg. vom Deutschen Bundestag, Bd. 2, Baden-Baden 1995
H. Hase, Grundzüge und Strukturen des Haushaltswesens der DDR, Berlin 1978
J. Gurtz, G. Kaltofen, Der Staatshaushalt der DDR, Berlin (Ost) 1982
 
Danke Leo!

Das Papier hat mich erst skeptische gemacht, weil es doch kurz gehalten war und selektive Datenbeispiele aufzeigte. Der Autor scheint aber mit der Materie vertraut, so dass man vermuten kann, dass er die Daten nicht zur Verschleierung reduziert hat, sondern zwecks Anschaulichkeit.

Am Besten gefiel mir dann das Fazit:

Karl Mai schrieb:
Es ist nicht zu leugnen, dass die DDR-Wirtschaft 1989 sich in einem noch verschlechternden Zustand befand, der durch langjährige erhebliche Rückstände an Produktivität, Effizienz und ökologischer Qualität entstand. Einerseits war dies durch den rapiden Rückgang der West-Exporterlöse im Verhältnis zu den Produktionskosten und andererseits durch die ab 1975 vertragsmäßigen Erhöhungen für Rohölpreise aus der SU bedingt. Die DDR konnte sich beiden gleichzeitigen Einwirkungen nicht entziehen, die sich summierten.

Auch die Ausstattung mit Anlagen in manchen Zweigen im Wirtschaftsbereich sowie mit Bauten auf kommunaler und regionaler Ebene war vergleichsweise zur BRD viel stärker veraltet, mangelhaft oder z. T. stark vernachlässigt.

Hier muss daran erinnert werden, dass die DDR-Planwirtschaft sich niemals an rein marktwirtschaftlichen Kriterien messen lassen wollte, da sie typischen zentralistischen und bürokratischen Lenkungsformen verhaftet war und staatssozialistischen Wirtschaftszielen diente. Ihre Struktur war eng, fest und langfristig mit dem RGW-Stoffkreislauf verzahnt, daher nicht in den westlichen Weltmarkt arbeitsteilig integriert und folglich von nur vergleichsweise mäßiger Änderungsdynamik bzw. -flexibilität.

Aber dieser Zustand war nicht nur durch implizite Mängel des DDR-Planungssystems und durch die Regelungen im RGW bedingt. Andere Faktoren kamen hinzu, so z. B. die außerordentlichen Lasten der unproduktiven Konsumtion des Verteidigungshaushalts und des inneren Sicherheitssystems. Die Gesamtausgaben im Militär- und Sicherheitsbereich lagen 1988 offiziell bei 21,7 Mrd. M 53 und erreichten damit 8 % des „produzierten Volkseinkommens“.

Dies findet seine politische Ursache im Kalten Krieg und im auszehrenden Wettrüsten. Immerhin wurde durch die NATO das wirtschaftsstrategische Ziel verfolgt, die Ressourcen der RGW-Staaten in unproduktive Konsumtion des Militärwesens fehlzuleiten und den 12 Lebensstandard der RGW-Staaten zu drücken, da sie sich pro Kopf (im Vergleich zur volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) relativ höher mit den Verteidigungsausgaben belasteten. Die Politik dominierte hier auch wesentlich die DDR-Ökonomie. Der Abzug von materiellen Ressourcen aus dem wirtschaftlichen Kreislauf für den Militärverbrauch wirkte sich hierbei relativ stärker aus: Die niedrigere Produktivität der DDR-Wirtschaft im Verhältnis zur westdeutschen Marktwirtschaft hatte - infolge der pro Kopf vergleichbar hohen Verteidigungslasten - schon in den 60er Jahren eine relative chronische Schwächung der volkswirtschaftlichen Effektivität zur Folge.

Nicht zuletzt fiel zunehmend ins Gewicht, dass die Exporterlösquote in Devisen sich verschlechterte. Diese Verschlechterung drückte die realsozialistischen Exporterlöse unter eine tragbare Relation und erwiesen sich damit als ein Hammer im ökonomischen Wettbewerb der unterschiedlichen Gesellschaftssysteme zugunsten des Kapitalismus. Das im Inland verwendete Volkseinkommen fiel im Vergleich mit dem produzierten weiter zurück.
 
Zuletzt bearbeitet:
der artikel ist wirklich sehr interessant, danke!

in einigen passagen muss der verfasser aber auch zugeben, dass es nicht mehr lange gut gegangen wäre:

Die Devisen-Zinslast betrug zuletzt, bezogen auf die Brutto-Auslandsverschuldung insgesamt, etwa 2,5 Mrd. DM (bei 8 % Zinssatz). Daher stieß die Höhe des Schuldendienstes (Zinsen plus Tilgungen) hart an die Grenzen des erschwerten Exports in die Devisengläubiger-Länder.
Gleichzeitig reduzierten auch die hohen Rückzahlungsverpflichtungen (mit Zinsen) den im Inland noch verfügbaren Zuwachs an Volkseinkommen pro Jahr spürbar, mit analogen Wirkungen auf die jährlichen inländischen Endverwendungen.

Zunehmende Schwierigkeiten für die Stabilisierung der DDR-Westverschuldung wurden bereits 1987 in einem internen Papier von​
Schalck-Golodkowski (an Günter Mittag) avisiert, worin er einen jährlichen Exportüberschuss ab 1991 von mindestens 5 Mrd. VM als notwendig erkannte, der jedoch nur bei Einsatz von 20 Mrd. M (1 : 4) an laufendem Volkseinkommen erreichbar wäre.
...
André Steiner lieferte ein ausgewogenes Urteil, wenn er schreibt: „Dabei belief sich die politisch relevante Verschuldung in konvertiblen Devisen auf 15, Mrd. Valutamark und damit auf 8,5 Mrd. Dollar... Diese Größenordnung scheint, quantitativ betrachtet, durchaus beherrschbar gewesen zu sein. Insofern war die DDR im engeren Sinne tatsächlich (noch) nicht pleite.“ 39 Die Chance, die Devisenlage generell zu verbessern, hing allerdings von der Ungewissheit der künftigen politischen Stabilität der SED-Herrschaft ab, noch selbst zu einer drastischen Korrektur ihrer Wirtschaftspolitik zu gelangen.

...​
Nicht zuletzt fiel zunehmend ins Gewicht, dass die Exporterlösquote in Devisen sich verschlechterte. Diese Verschlechterung drückte die realsozialistischen Exporterlöse​
unter eine tragbare Relation und erwiesen sich damit als ein Hammer im ökonomischen Wettbewerb der unterschiedlichen Gesellschaftssysteme zugunsten des Kapitalismus. Das im Inland verwendete Volkseinkommen fiel im Vergleich mit dem produzierten weiter zurück.


zu saxos einlassungen: ich verstand unter "grundsätzlicher änderung der wirtschaftspolitik" die abkehr von der planwirtschaft und von unwirtschaftlichen prestigeobjekten. in etwa so wie die chinesen es seit den achtzigern vorgemacht haben.​
 
politische Ursache im Kalten Krieg und im auszehrenden Wettrüsten. Immerhin wurde durch die NATO das wirtschaftsstrategische Ziel verfolgt, die Ressourcen der RGW-Staaten in unproduktive Konsumtion des Militärwesens fehlzuleiten und den 12 Lebensstandard der RGW-Staaten zu drücken
Solche Sätze zeigen für mich ganz klar, daß die finanziellen Probleme der DDR weder systemimmanent noch typisch für die Planwirtschaft waren. Es wurde von außen marktwirtschaftlicher Druck ausgeübt, den es ohne kalten Krieg nicht gegeben hätte. Ich würde also eher die westlichen Staaten als Sieger im Kalten Krieg bezeichnen, nicht aber die DDR-Wirtschaft als grundsätzlich zukunftslos aufgebaut. Dazu passen auch die Preissteigerungen bei Rohstoffen, besonders Erdöl. Das Phänomen steigender Preise war eigentlich im sozialistischen Umfeld nicht vorhanden, also gab es auch keine Möglichkeit, schnell darauf zu reagieren.

Was die Rolle der Subventionen angeht, so bin ich da erheblich anderer Meinung: Radios und Fernseher kosteten bei uns etwa das 10 bis 15-fache wie in der BRD. Ich sehe da keinen Raum für Subventionen, es sei denn jemand glaubt, die Produktivität hätte in der DDR nur bei 7 bis 10% der westdeutschen gelegen, was sich nicht halten läßt.

Bei Nahrungsmitteln ist es nicht ganz so deutlich, weil die einzelnen Produkte verschieden von Importen und Mißernten abhängig waren. Fakt ist, daß es z. B. bei Zucker, Margarine, Butter und Milch nur geringe Unterschiede zur BRD gab. Backwaren (Brot, Schrippen, Kuchen) kosteten aber nur 10 bis 25% der späteren Preise, was wohl zum Teil durch höhere Arbeitskraftkosten und Steuerausgaben in kapitalistischen Systemen begründen läßt.

Bleiben wieder die Energie- und Rohstoffpreise, die wesentlich gestützt werden mußten, da es teilweise Importgüter waren. Damit zusammen hängen dann auch die Trasporttarife. Im großen und ganzen sehe ich die Mehrzahl der Probleme nach wie vor in mangelnder Flexibilität gegenüber von außen aufgezwungenen Veränderungen.
 
Solche Sätze zeigen für mich ganz klar, daß die finanziellen Probleme der DDR weder systemimmanent noch typisch für die Planwirtschaft waren.

Ähhh?! Da stand eine Reihe von Ursachen und Du ziehst die eine heraus, die sich zudem nach Angabe des Autors nur deshalb nachteilig auf die Oststaaten auswirkte, weil ihr System wirtschaftlich ineffizienter war - sie also mehr Ressourcen brauchten, um das selbe Ergebnis zu erlangen. Der Kalte Krieg beschleunigte den Niedergang, er verursachte ihn nicht.

Was die Rolle der Subventionen angeht, so bin ich da erheblich anderer Meinung: Radios und Fernseher kosteten bei uns etwa das 10 bis 15-fache wie in der BRD. Ich sehe da keinen Raum für Subventionen, es sei denn jemand glaubt, die Produktivität hätte in der DDR nur bei 7 bis 10% der westdeutschen gelegen, was sich nicht halten läßt.

Bei Nahrungsmitteln ist es nicht ganz so deutlich, weil die einzelnen Produkte verschieden von Importen und Mißernten abhängig waren. Fakt ist, daß es z. B. bei Zucker, Margarine, Butter und Milch nur geringe Unterschiede zur BRD gab. Backwaren (Brot, Schrippen, Kuchen) kosteten aber nur 10 bis 25% der späteren Preise, was wohl zum Teil durch höhere Arbeitskraftkosten und Steuerausgaben in kapitalistischen Systemen begründen läßt.

Bleiben wieder die Energie- und Rohstoffpreise, die wesentlich gestützt werden mußten, da es teilweise Importgüter waren. Damit zusammen hängen dann auch die Trasporttarife. Im großen und ganzen sehe ich die Mehrzahl der Probleme nach wie vor in mangelnder Flexibilität gegenüber von außen aufgezwungenen Veränderungen.

Also Elektrogeräte waren erheblich teurer, Güter des allgemeinen Bedarfs erheblich billiger. Entschuldige, aber was sagt das über die Höhe von Subventionen? WENN subventioniert wurde, dann erst recht die Alltagsgüter. Und dass selbst ein 1000%iger Aufschlag auf Fernseher es nicht vermag künstlich niedrig gehaltene Lebensmittel- und Strompreise zu decken, wird wohl selbst jedem Laien klar.

Deine Argumentation ist mir daher unverständlich.
 
Danke für den "Einwurf" Leo. Ich muß zugeben, daß ich nach dem Lesen dieses Artikels ziemlich baff bin.
Aber eines dürfte ziemlich klar sein: daß die DDR technologisch immer weiter hinter dem Westen zurückgefallen wäre. Groß genug war er 1989 aus meiner Sicht bereits. Die Entwicklungssprünge in der Computertechnik z. B. hätten bei einem anderen Verlauf der Geschichte wohl nicht mitgemacht werden können, schätze ich.
 
Solche Sätze zeigen für mich ganz klar, daß die finanziellen Probleme der DDR weder systemimmanent noch typisch für die Planwirtschaft waren. Es wurde von außen marktwirtschaftlicher Druck ausgeübt, den es ohne kalten Krieg nicht gegeben hätte. Ich würde also eher die westlichen Staaten als Sieger im Kalten Krieg bezeichnen, nicht aber die DDR-Wirtschaft als grundsätzlich zukunftslos aufgebaut. Dazu passen auch die Preissteigerungen bei Rohstoffen, besonders Erdöl. Das Phänomen steigender Preise war eigentlich im sozialistischen Umfeld nicht vorhanden, also gab es auch keine Möglichkeit, schnell darauf zu reagieren.

Was die Rolle der Subventionen angeht, so bin ich da erheblich anderer Meinung: Radios und Fernseher kosteten bei uns etwa das 10 bis 15-fache wie in der BRD. Ich sehe da keinen Raum für Subventionen, es sei denn jemand glaubt, die Produktivität hätte in der DDR nur bei 7 bis 10% der westdeutschen gelegen, was sich nicht halten läßt.

Bei Nahrungsmitteln ist es nicht ganz so deutlich, weil die einzelnen Produkte verschieden von Importen und Mißernten abhängig waren. Fakt ist, daß es z. B. bei Zucker, Margarine, Butter und Milch nur geringe Unterschiede zur BRD gab. Backwaren (Brot, Schrippen, Kuchen) kosteten aber nur 10 bis 25% der späteren Preise, was wohl zum Teil durch höhere Arbeitskraftkosten und Steuerausgaben in kapitalistischen Systemen begründen läßt.

Bleiben wieder die Energie- und Rohstoffpreise, die wesentlich gestützt werden mußten, da es teilweise Importgüter waren. Damit zusammen hängen dann auch die Trasporttarife. Im großen und ganzen sehe ich die Mehrzahl der Probleme nach wie vor in mangelnder Flexibilität gegenüber von außen aufgezwungenen Veränderungen.

selbst ohne kalten krieg hätte es marktwirtschaftlichen druck von aussen gegeben, da nun einmal die weltwirtschaft nach marktwirtschaftlichen regeln ablief, dem sich das sozialistische wirtschaftsgebiet nicht entziehen konnte.

du schreibst ja selbst, es wurde nicht flexibel auf die veränderten (höheren) rohölpresie reagiert. aber genau das ist der knackpunkt, es konnte nicht flexibel darauf reagiert werden, weil eine planwirtschaft nicht flexibel ist (selbst der wesetn hat nur unter schmerzen die beiden ölpreisexploionen in den 70ern mehr oder minder gut verkraftet).
und wenn man dann aus politischen gründen sogar gegen die ökonomische vernunft handelt, und die preise für die waren und dienstleistungen nicht nach oben anpasst, weil die herstelllungskosten auch gestiegen sind, dann zehrt man von der substanz und dann dauert es auch nicht lange, bis es nicht mehr geht.

leider geht der artikel nicht auf die subventionspolitik in der ddr ein, ein grosses manko, da es für den wirtschaftlichen verfall der ddr von grösster bedeutung ist. dafür der beitrag, den dieter hier eingestellt hat. sicher gab es bereiche, die nicht oder nur wenig subventioniert wurden, dass betraf v.a. hochwertige konsumgüter. die waren des täglichen bedarfs, wohnraum waren dagegen so niedrig, dass noch nicht einmal die herstellungskosten gedeckt wurden. und das, obwohl die ddr-bürger immer mehr geld besassen, was sie nicht ausgeben konnten.

deine argumentation hinkt: wenn der teurere brotpreis im westen durch höhere arbeitskosten und steuern verursacht worden sein sollen, dann müsste dies für alle produkte gelten, auch für milch, und auch für hochwertige konsumgüter. das war aber eben nicht der fall.

ausserdem, solche faktoren wie schlechte ernten gab es auch im westen. dennoch spielten diese "umwelteinflüsse" keine derart gewichtige rolle, weil darauf mit ansteigenden preisen reagiert wurde (wobei der anteil des agrarischen rohstoffs in der wertschöpfungskette immer geringer wurde). subventioniert man aber den brotpreis, hält ihn auf einem so niedrigen niveau, dass es billiger war, brot zu verfüttern statt getreide, dann fallen solche schwankungen natürlich erheblich ins gewicht.

ein wort zur quelle von leo: es handelt sich um einen beitrag der arbeitsgemeinschaft alternative wirtschaftspolitik, die eine aussenseiterposition in den wirtschaftswissenschaften einnimmt und zum teil von den gewerkschaften getragen wird.
 
collo:
solche faktoren wie schlechte ernten gab es auch im westen. dennoch spielten diese "umwelteinflüsse" keine derart gewichtige rolle, weil darauf mit ansteigenden preisen reagiert wurde
Da fehlt was ganz wichtiges, was meiner Meinung nach viel zu selten erwähnt wird: das BRD-Handelsnetz war weit umfangreicher, als das der DDR. Und es bestand Konvertierbarkeit der Währung. Nach einer Mißernte konnte man problemlos Getreide in Kanada aufkaufen und wenn das da zu teuer war, eben in den USA. Es gab also keine direkte Verknappung der Waren, und darum waren die Eingriffe in die Preise meist moderat. Für die DDR bedeutete aber allein schon die Tatsache, Devisen für Getreide ausgeben zu müssen (anstatt für Medizin, Hightec, Lizensen), ein großes Wirtschaftsproblem. Denn theoretisch hätte sofort im selben Maße der Export steigen müssen, was natürlich nicht ging.

Noch was. aber bitte nicht die Wände hochgehen: Ein beträchtlicher Teil der deutschen Importgüter stammt aus extremer Ausbeutung der Arbeiter in Übersee. Nur dadurch sind die Preise für Kaffee, Kakao, manche Südfrüchte und auch einige Rohstoffe so niedrig, wie sie sind. Die DDR beteiligte sich an dieser Ausbeutung nicht. Natürlich war sie auch gar nicht dazu in der Lage. Aber trotzdem ist das ein Punkt, der ein wirtschaftliches Nadelöhr darstellte.

Was mir grad noch einfällt: Die DDR-Währung hatte keine Golddeckung. Aber das hatte Vor- und Nachteile.
 
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