Ich muss gestehen – aber das ist ausdrücklich nur meine persönliche Meinung –, dass ich an Deiner Stelle mich auf Stimmen aus der Mitte der Gesellschaft beschränken würde und solche von den Rändern allenfalls der Vollständigkeit halber, aber explizit so gekennzeichnet, in meine Arbeit einfließen lassen würde.
Es liegt nämlich meiner Meinung nach in der Natur der Sache, dass von Akteuren wie etwa der AfD auf der einen Seite, aber auch bspw. der Amadeu-Antonio-Stiftung auf der anderen Seite, kaum objektive Einschätzungen zu bekommen sind, welche Konsequenzen die Gesellschaft gezogen hat bzw. ziehen sollte.
Die Amadeu-Antonio-Stiftung an den Rand der Gesellschaft zu verorten, ist für mich irritierend, nicht zuletzt auch wegen der Kooperation mit dem "stern". Gehört die auch an den "Rand"? Die "Amadeu-Antonio-Stiftung" setzt sich gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus ein und für die Stärkung der emanzipativen Elemente - wie Frauenbewegung - in der Zivilgesellschaft. Diese in einer Äquidistanz von der sogenannten "Mitte" zur AfD zu vermuten, die sich zunehmend radikalisiert und in den Bereich einer Überwachung durch den Verfassungsschutz gerät und Gefahr läuft, verboten zu werden, ist für mich ein dubioses politischer Befund. Ich hoffe er beruht auf Unkenntnis.
Für eine Diskussion über Rechtsextremismus in seiner historischen Ausprägung in der BRD wäre ein breiteres Verständnis des Rechtsextremismus notwendig. Und da ist die "Wehrsportgruppe Hoffmann" und ein "Kühnen" nur einzelne Meilensteine. (vgl. Sunderm
Zur Bedeutung rechtsradikaler Einstellungen in der deutschen Gesellschaft
Wehrsportgruppe Hoffmann – Wikipedia
Michael Kühnen – Wikipedia
Wichtig bei einem solchen Thema ist eine möglichst neutrale Sprache und Darstellung, damit es eben nicht wie eine persönliche Meinung oder Bewertung aussieht. Von daher ist ein Stützen auf Fakten und Aussagen Dritter (Medien, Politiker, Spezialisten) absolut notwendig.
Richtig! Es werden viele Behauptung zur Diskussion gestellt, für die noch nicht einmal im Ansatz Belge vorgelegt werden. Aus diesem Grund wenigstens ein Verweis auf eine Auswahl an Literatur zu dem Themenkomplex.
Ansonsten strukturiert sich das Thema entlang der historischen Entwicklung zentraler rechter Denker, den konkreten historischen Vorbildern aus der Weimarer Zeit und der NS-Periode. Nicht erst seit Mohler umgangreich dokumentiert und mit Evola, Carl Schmitt, Möller van den Bruck etc. im Rahmen der "Neuen Rechten" wieder aktiv diskutiert.
Das vor allem auch deswegen, da sich Rechtsextreme in einer historischen Tradition sehen, die sich ideologisch, symbolisch und verhaltensmäßig manifestiert. Und auf die sie in ihren Weltbildern immer wieder sich besinnen.
Es ist zudem zu Berücksichtigen, und an diesem Punkt ergeben sich Parallelen zum Terrorismus von angeblichen "Linken", dass das Konstrukt eines politischen Kontinuums im Prinzip zutrifft. Es sind Übergänge von der konservativen Mitte zu nationalistischen Konservativen bis hin zur "Neuen Rechten" bzw. zu "Neo-Nationalsozialisten".
Und die Frage, ob rechter Terrorismus die Gesellschaft verändert hat, kann man sicherlich mit ja beantworten. Es wird aber auch andersherum ein Schuh daraus. Die Ausdifferenzierung der Gesellschaft in die Nähe rechter Ideologien hat eine Voraussetzung geschaffen für die kollektive Akzeptanz von Gewalt bzw. im instrumentellen Sinne als Terrorismus. Es ist ein Interaktionsverhältnis, das in der Literatur auch beschrieben wird. Die "Schreibtischtäter" liefern die entsprechenden Motive bzw. Feindbilder, die dann von den etwas schlichteren Zeitgenossen in Aktionen - sprich Morde, Gewalt, Mobbing im Web etc., umgesetzt werden.
Und an diesem Punkt ergeben sich sicherlich Parallelen in der Rolle der Hugenberg-Presse und den Morden in der Weimarer Republik und dem publizistischen Verhalten moderner rechter Demagogen.
Historisch:
McGowan, Lee (2002): The radical right in Germany. 1870 to the present. London: Longman
Pfahl-Traughber, Armin (1998): Konservative Revolution und neue Rechte. Rechtsextremistische Intellektuelle gegen den demokratischen Verfassungsstaat. Opladen: Leske + Budrich.
Sedgwick, Mark (Hg.) (2019): Key thinkers of the radical right. Behind the new threat to liberal democracy. New York, NY: Oxford University Press.
Neue Recht Übersicht
Pfahl-Traughber, Armin (2018): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. In: Eckhard Jesse und
Tom Mannewitz (Hg.): Extremismusforschung. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. 1. Auflage. Baden-Baden: Nomos , S. 303–338.
Kowalsky, Wolfgang; Schröder, Wolfgang (Hg.) (1994): Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Neue Recht:
Heitmeyer, Wilhelm (2018): Autoritäre Versuchungen. Signaturen der Bedrohung I. Erste Auflage, Originalausgabe. Berlin: Suhrkamp
Salzborn, Samuel (2014): Rechtsextremismus. Erscheinungsformen und Erklärungsansätze. 1. Aufl. Baden-Baden: Nomos (UTB, 4162).
Staud, Toralf (2005): Moderne Nazis. Die neuen Rechten und der Aufstieg der NPD. 1. Aufl. Köln: Kiepenheuer & Witsch
Weiss, Volker (2017): Die autoritäre Revolte. Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes. Stuttgart: Klett-Cotta.
Zeit, online (Hg.) (2013): Neue deutsche Nazis. Wie Rechtsextremismus die Mitte der Gesellschaft erobert. Berlin: epubli GmbH.
Rechte Gewalt und rechter Terror:
Röpke, Andrea (2018): 2018 Jahrbuch rechte Gewalt. Hintergründe, Analysen und Ereignisse 2017. Chronik des Hasses. München: Knaur
Röpke, Andrea; Speit, Andreas (Hg.) (2013): Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland. 1. Aufl. Berlin: Links
Sundermeyer, Olaf (2012): Rechter Terror in Deutschland. Eine Geschichte der Gewalt. München: C.H. Beck
NSU und NSU-Prozess:
Le_rstellen im NSU-Komplex
438 Verhandlungstage sind nicht das Ende der Aufklärung. Zum Urteil im ersten NSU-Prozess
Die Rohfassung eines - zumindest nach innen in die Szene gerichteten - Bekennervideos gab es ja.
Das Video wurde von Zschäpe 12 Mal an Medien i Deutschland verschickt. Der als "Paulchen Panther" bekannt gewordene Film zeigt eine zynische und die Opfer verhöhnenden Darstellung der "Deutschlandtour" der NSU. Und beherrschte in 2011 rückwirkend die Sicht auf diese Terrorgruppe (vgl. Sundermeyer)